Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160967/2/Ki/Da

Linz, 22.11.2005

 

 

 

VwSen-160967/2/Ki/Da Linz, am 22. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der A S, E, M, vom 4.11.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 21.10.2005, VerkR96-7649-2004, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufungswerberin mit Straferkenntnis vom 21.10.2005, VerkR96-7649-2004, für schuldig befunden, sie habe als Zulassungsbesitzerin des PKW Kennzeichen RI- am 28.9.2004 um 18.00 Uhr dem von der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. mit der Durchführung einer Lenkererhebung beauftragten Gendarmerieposten Eberschwang auf telefonische Anfrage und somit der Behörde keine Auskunft erteilt, wer dieses Fahrzeug zuletzt vor dem 21.7.2004 um 13.57 Uhr in Ried im Innkreis abgestellt hat, oder wer diese Auskunft erteilen kann. Sie habe dadurch § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 4 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 4.11.2005 Berufung, sie strebt die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens an.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Mit Schreiben vom 7.9.2004, VerkR96-7649-2004, hat die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis das (vormalige) Gendarmeriepostenkommando Eberschwang unter Bezug auf die Organstrafverfügung Kennzahl: 120002106406 ersucht, den schuldtragenden Lenker auszuforschen und dessen Rechtfertigung bekannt zu geben. Anlass hiefür war eine Organstrafverfügung betreffend das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen RI-, welches in Ried im Innkreis im Bereich eines Halteverbotes abgestellt worden sein soll.

 

Mit Schreiben vom 29.9.2004, GZ. E1/748/2004-Mau, teilte der Gendarmerieposten Eberschwang der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis mit, dass die Befragte erklärt habe, die verlangte Auskunft könne nicht erteilt werden, da sie keine entsprechenden Aufzeichnungen führe, sie habe ihre eigenen persönlichen Daten bekannt gegeben und erklärt, dass sie das Fahrzeug nicht im Halteverbot abgestellt habe. Die Person, welche das Fahrzeug gelenkt habe, habe sie bis dato nicht erreichen können, der Name dieser Person sei jedoch nicht bekannt gegeben worden.

 

Die Berufungswerberin hat gegen eine zunächst ergangene Strafverfügung Einspruch erhoben und im Ermittlungsverfahren hat die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eine zeugenschaftliche Einvernahme jenes Gendarmeriebeamten, welcher die Befragung durchgeführt hatte, vorgenommen. Bei seiner niederschriftlichen Befragung am 4.4.2005 gab der Beamte zu Protokoll, dass am 28.9.2004 um 18:00 Uhr von ihm gemäß Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 die Lenkererhebung mit A S telefonisch durchgeführt worden sei. Frau S sei von ihm befragt worden, wer den Golf RI-, von dem sie Zulassungsbesitzerin sei, am 21.7.2004 um 13:57 Uhr in Ried i.I. Schwimmbadstraße im Bereich des Halteverbots abgestellt habe. Frau S habe als Antwort die in der Lenkererhebung des GPK Eberschwang vom 29.9.2004 angeführten Angaben erteilt. Frau S habe auch seine Person als Gendarmeriebeamter in keiner Weise angezweifelt.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs.2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

 

Im gegenständlichen Falle wurde die Berufungswerberin von einem Gendarmeriebeamten mündlich befragt, wer das gegenständliche Fahrzeug am gegenständlichen Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt hat. Grundsätzlich wird dazu festgestellt, dass das Auskunftsverlangen an keine bestimmte äußere Form gebunden ist, dieses Verlangen kann sowohl schriftlich oder auch telefonisch erfolgen, wobei jedoch das Auskunftsverlangen bestimmten formellen Anforderungen zu genügen hat.

 

Ein Wahlrecht des Auskunftspflichtigen, anstelle einer mündlichen bzw. telefonischen eine schriftliche Aufforderung zu erhalten, besteht nicht, es muss jedoch die Anfrage im behördlichen Auftrag erfolgen und es ist überdies im Falle eines telefonischen Auskunftsverlangens dem Auskunftspflichtigen gegenüber zum Ausdruck zu bringen, dass die Anfrage im Auftrag der Behörde erfolgt.

 

Darüber hinaus ist nach allgemeiner Lebenserfahrung es durchaus denkbar, dass der befragten Person nicht immer sofort präsent sein kann, wer sein Kraftfahrzeug vor unter Umständen geraumer Zeit gelenkt bzw. abgestellt hat, sodass dem Zulassungsbesitzer in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit eingeräumt werden muss, innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist, die dem Wort unverzüglich gerecht wird, die Auskunft zu erteilen.

 

Im gegenständlichen Falle ist nicht ersichtlich, dass die zuständige Behörde (Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis) den Gendarmeriebeamten tatsächlich beauftragt hat, formell eine Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zu stellen, es wurde lediglich ersucht, den schuldtragenden Lenker auszuforschen und dessen Rechtfertigung bekannt zu geben. Einen ausdrücklichen Auftrag, für die Behörde eine formelle Lenkeranfrage iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 durchzuführen, wird in diesem Ersuchen nicht erblickt.

 

Dazu kommt, dass aus den vorliegenden Angaben des Gendarmeriebeamten nicht hervorgeht, dass er die Berufungswerberin dahingehend informiert hätte, dass er tatsächlich im behördlichen Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eine formelle Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 durchgeführt hätte.

 

Schließlich wurde der Berufungswerberin offensichtlich keinerlei Möglichkeit eingeräumt, allenfalls nachzuforschen, wem sie tatsächlich ihr Fahrzeug überlassen hat und es wurde, wie aus den Unterlagen hervorgeht, eine sofortige Auskunft verlangt. Der Gesetzgeber hat aber nicht eine sofortige sondern lediglich eine unverzügliche Auskunftspflicht angeordnet.

 

Zusammenfassend stellt daher der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass im gegenständlichen Falle die Erhebungen des Gendarmeriebeamten kein ausdrückliches Auskunftsverlangen iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 darstellten und überdies die Berufungswerberin auch nicht verpflichtet gewesen wäre, sofort die entsprechende Auskunft zu erteilen. Es hätte ihr jedenfalls eine angemessene Frist eingeräumt werden müssen, damit sie der tatsächlichen gebotenen gesetzlichen Verpflichtung, nämlich einer unverzüglichen Bekanntgabe, nachkommen hätte können.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat u.a. keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Wie bereits dargelegt wurde, stellt das Verhalten der Berufungswerberin im vorliegenden konkreten Falle keinen Verstoß gegen die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 dar und bildet sohin keine Verwaltungsübertretung. Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

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