Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160973/2/Bi/Be

Linz, 24.11.2005

 

 

 

VwSen-160973/2/Bi/Be Linz, am 24. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn D R, A 8, D 18 R, vom 8. November 2005 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 25. Oktober 2005, III-S-5.546/05/S, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 36 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG

zu II.: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 180 Euro (90 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen HRO, auf schriftliche Anfrage der BPD Wels vom 4. August 2005, zugestellt am 12. August 2005, nicht binnen zwei Wochen darüber Auskunft erteilt habe, wer dieses Kraftfahrzeug am 28. April 2005 um 14.27 Uhr gelenkt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 18 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Berufungswerber macht im Wesentlichen geltend, er sei mit dem Fahrzeug am 28. April 2005 persönlich nicht in Österreich gefahren und könne aus seinem Verwandten- und Bekanntenkreis trotz intensiver Bemühungen niemanden beschuldigen, gefahren zu sein. Es gebe auch kein entsprechendes Foto. Die Halterpflicht gebe es zwar in Österreich, nicht aber in Deutschland. Er ersuche daher, die Unterlagen an die Bundesrepublik Deutschland zu übergeben bzw das Straferkenntnis einzustellen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz .

Aus der Anzeige geht hervor, dass der auf den Berufungswerber zugelassene Pkw HRO am 28. April 2005, 14.27 Uhr, auf der A Autobahn bei km , FR , mittels Messsystem VKS 3.0 A11 mit einer Geschwindigkeit von 146 km/h gemessen wurde, obwohl dort nur 100 km/h erlaubt sind. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 141 km/h der Anzeige zugrunde gelegt. Eine Anhaltung des Pkw an Ort und Stelle erfolgte nicht. Der Anzeige waren Fotos angeschlossen, aus denen sich der Lenker des Pkw nicht ersehen lässt.

Mit Strafverfügung der Erstinstanz vom 28. Juni 2005 wurde dem Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs. 3lit.a StVO 1960 zur Last gelegt; dagegen erhob er fristgerecht Einspruch mit der Begründung, er könne sich nicht erinnern, zu diesem Zeitpunkt als Lenker mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen zu sein.

Mit Schreiben der Erstinstanz vom 4. August 2005 wurde er als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens mitzuteilen, wer das Kfz am 28. April 2005, 14.27 Uhr, gelenkt habe. Die Hinweise, dass die Auskunft Namen und Anschrift des Lenkers enthalten müsse und dass die Nichterteilung der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei, waren im Schreiben enthalten. Die Zustellung erfolgte laut Rückschein am 12. August 2005.

Mit Schriftsatz vom 15. August 2005 teilte der Berufungswerber mit, er sei zur Lenkerauskunft aufgefordert worden, aber ein Beweis, dass er das Fahrzeug gelenkt habe, sei nicht beilgelegt. Er ersuche daher erneut um Beweisführung. Im angeschlossenen Formular war die Rubrik "ich kann die verlangte Auskunft nicht erteilen" angekreuzt.

Gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 2. September 2005 wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 erhob der Berufungswerber fristgerecht Einspruch und wies darauf hin, auf den zugesandten Fotos sei kein Fahrer erkennbar, weshalb er auf dem Fragebogen Punkt 3 angekreuzt habe.

Daraufhin erging das nunmehr angefochten Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf den Berufungswerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem Kraftfahrzeug begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer Kraftfahrzeuge - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall war ausreichend bestimmt und auch leicht verständlich gehalten, zumal das Kennzeichen des auf den Berufungswerber zugelassenen Pkw und eine bestimmte Lenkzeit darin enthalten waren. Die "Auskunft" des Berufungswerbers lautete nur dahingehend, dass er selbst nicht das Fahrzeug gelenkt habe, jedoch weder eine Auskunftsperson noch einen konkreten Lenker benannte. Damit hat er keine Lenkerauskunft im Sinne der Bestimmung des
§ 103 Abs.2 KFG erteilt. Auch ist eine bestimmte Frist, nach deren Verstreichen dem Zulassungsbesitzer mangelndes Erinnerungsvermögen zugebilligt wird, im Gesetz nicht enthalten, sodass eine Lenkeranfrage auch Monate nach dem die Anfrage auslösenden Vorfallszeitpunkt noch zulässig ist. Zu diesem Zweck verweist das Gesetz auf die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen - wobei diese Aufzeichnungen nichts mit einem Fahrtenbuch zu tun haben.

Die Frist für die Erteilung der Lenkerauskunft, nämlich zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Anfrage, ist gesetzlich vorgegeben und daher nicht von der Behörde erstreckbar.

Im gegenständlichen Fall stand die Lenkeranfrage mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Erteilung der gewünschten Auskunft war unmissverständlich, sodass nach dem Wortlaut des Gesetzes der Berufungswerber verpflichtet gewesen wäre, fristgerecht Auskunft zu erteilen, wobei die Postaufgabe innerhalb der zweiwöchigen Frist ausreicht.

Zum Verschulden ist zu sagen, dass es sich bei der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt, bei dem zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber nicht gelungen. Vielmehr muss vom Zulassungsbesitzer (Halter) eines in Österreich gelenkten Kraftfahrzeuges verlangt werden können, dass er sich über die in Österreich für ihn geltenden gesetzlichen Bestimmungen rechtzeitig informiert und gegebenenfalls entsprechende Aufzeichnungen führt, wenn er den Pkw so vielen Personen zum Lenken überlässt, dass ihm eine solche Auskunftserteilung ohne Führung von Aufzeichnungen nicht möglich ist. Auf dieser Grundlage war im gegenständlichen Fall zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

Der zur Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige Verwaltungsübertretung, unabhängig vom Grunddelikt der Geschwindigkeitsüberschreitung, und mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft - zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG - verwirklicht.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt aus diesem Grund zu der Überzeugung, dass der Berufungswerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 103 Abs.2 KFG 1967 bis zu 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses - zutreffend - als mildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet und keine straferschwerenden Umstände gefunden. Die finanziellen Verhältnisse des Bw wurden auf 1.600 Euro geschätzt sowie Vermögenslosigkeit und das Fehlen von Sorgepflichten angenommen. Dem wurde nicht widersprochen, sodass auch im Rechtsmittelverfahren davon auszugehen war.

Grundsätzlich ist der Unrechtsgehalt einer Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht als geringfügig anzusehen, zumal durch die Nichterteilung der Lenkerauskunft die Ausforschung und Bestrafung des tatsächlichen Lenkers erschwert bzw wie im gegenständlichen Fall unmöglich gemacht wird. Es entfallen daher Präventivmaßnahmen, die im Sinne des Verkehrssicherheitsdenkens erforderlich gewesen wären, um den tatsächlichen Lenker von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass mit der verhängten Strafe das Auslangen gefunden werden kann. Diese liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

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