Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160983/16/Zo/Da

Linz, 03.05.2006

 

 

 

VwSen-160983/16/Zo/Da Linz, am 3. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J H sen., vertreten durch Rechtsanwälte A, M u. R, V, vom 31.10.2005 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 17.10.2005, Zl. III-S-4.157/05, wegen vier Übertretungen des GGBG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.3.2006 zu Recht erkannt:

 

1. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird teilweise stattgegeben.

Für jede der vier im Straferkenntnis angeführten Verwaltungsübertretungen wird die Geldstrafe mit jeweils 363 Euro festgesetzt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf jeweils 12 Stunden herabgesetzt.

 

Die angewendete Strafnorm wird auf § 27 Abs.1 Z1 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/98 idF BGBl. I Nr. 86/2002 konkretisiert.

 

2. Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren reduzieren sich auf 145,20 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 51 Abs.1, 51e, 19 und 20 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Polizeidirektor von Wels hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:

Sie haben, wie am 4.4.2005 um 9.55 Uhr in Wels, auf der Terminalstraße 100, festgestellt wurde, als das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen hin berufene Organ der Fa. J H I S GmbH als Beförderer mit dem Sattelzugfahrzeug Kennzeichen (internationales Unterscheidungszeichen "D") und dem Sattelanhänger Kennzeichen (D)

10 Paletten Dichlorisocyanursäure, Gesamtmasse 4.320 kg, Gefahrgut der Klasse 9, VG III ADR, Packgruppe II, UN-Nr. 3077, LQ-Kennzeichnung,

335 Fässer Dichlorisocyanursäure, Gesamtmasse 3.360 kg, Gefahrgut der Klasse 9, VG III ADR, UN-Nr. 3077,

576 Karton Trichlorisocyanursäure trocken, Gesamtmasse 3.456 kg, VG II, UN-Nr. 2468,

1 Palette ätzender saurer anorganischer fester Stoff, N:A:G. (Kaliumperoxomonosulfat), Gesamtmasse 432 kg, Gefahrgut der Klasse 8, VG III ADR, UN-Nr. 3260, LQ-Kennzeichnung,

288 Fässer Trichlorisocyanursäure trocken Gesamtmasse 2.880 kg, Gefahrgut der Klasse 5.1, VG II, UN-Nr. 2468,

befördert, obwohl Sie

  1. sich nicht vergewissert haben, dass die Beförderungseinheit den Vorschriften des ADR entsprach, weil ein Versandstück mit den Buchstaben UN und der UN-Nummer und den Buchstaben LQ gekennzeichnet war, obwohl sich in dem LQ-Versandstücken der UN-Nr. 3077 nur ein Gefahrgut befand,
  2. sich nicht vergewissert haben, dass die Beförderungseinheit den Vorschriften des ADR entsprach, weil die mit LQ gekennzeichneten Versandstücke mittels Umverpackung palettenweise zusammengestellt, die Umverpackung jedoch nicht gekennzeichnet war, obwohl die für alle in der Umverpackung enthaltenen gefährlichen Güter repräsentativen Kennzeichnungen nicht sichtbar waren,
  3. sich nicht vergewissert haben, dass die Beförderungseinheit den Vorschriften des ADR entsprach, weil auch die übrigen Versandstücke mittels Umverpackung palettenweise zusammengesellt waren, die Umverpackung jedoch nicht gekennzeichnet war, obwohl die für alle in der Umverpackung enthaltenen gefährlichen Güter repräsentativen Kennzeichnungen und Gefahrzettel nicht sichtbar waren,
  4. sich nicht vergewissert haben, dass das erforderliche Beförderungspapier ordnungsgemäß mitgeführt wird, weil ein Lieferschein mitgeführt wurde, auf dem die Angaben über die Art und Anzahl der Versandstücke und die Angaben über den Absender fehlten und es sich somit nicht um ein Beförderungspapier im Sinne des ADR handelte.

 

Der Berufungswerber habe dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

  1. § 13 Abs.1a Z3 GGBG iVm Abschnitt 3.4.5 ADR und Abs. 1.4.2.2.1 lit.c ADR
  2. § 13 Abs.1a Z3 GGBG iVm Abschnitt 3.4.7 ADR und Abs. 1.4.2.2.1 lit.c ADR
  3. § 13 Abs.1a Z3 GGBG iVm Abschnitt 5.1.2 ADR und Abs. 1.4.2.2.1 lit.c ADR
  4. § 7 Abs.1 GGBG iVm § 13 Abs.1a Z2 GGBG

 

Es wurden vier Geldstrafen von jeweils 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 12 Tage) gemäß § 27 Abs.1 Z1 GGBG verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 292 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, welche der Berufungswerber auf Aufforderung dahingehend begründete, dass er seiner Sicherheitsvorsorgepflicht ausreichend nachgekommen sei. Die Beförderungseinheit war mit orangefarbenen Tafeln als Gefahrgut gekennzeichnet und es hätten die entsprechenden Beförderungspapiere und Lieferscheine vorgelegen. Beim kritisierten Lieferschein hätten lediglich die Angaben über Art und Anzahl der Versandstücke und über den Absender gefehlt, diese Angaben seien ohnedies sofort per Telefax bzw. fernmündlich nachgereicht worden. Die fehlende Kennzeichnung der Umverpackung hätte der Lenker, Herr U Z umgehend bei der Kontrolle angebracht. Auch die Kennzeichnung mit den Buchstaben UN und der UN-Nr. sowie LQ habe der Fahrer korrigiert.

 

Nach den entsprechenden Korrekturen und ausreichender Kennzeichnung habe der Fahrer auch unverzüglich weiterfahren dürfen.

 

Der Berufungswerber kontrolliere grundsätzlich bei der Beförderung von Gefahrgütern, ob sich diese im ordnungsgemäßen Zustand befinden.

 

Auf Grund des steigenden Wettbewerbes, der Treibstoffpreise und Mautgebühren habe der Berufungswerber in den letzten Jahren erhebliche Verluste gemacht, weshalb die verhängte Strafe nicht angemessen sei. Alle gerügten Mängel seien innerhalb kürzester Zeit behoben worden, weshalb das Ausmaß der durch die Verwaltungsübertretungen vorliegenden Schäden nur gering sei. Es wurde daher beantragt, das Verfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

 

3. Der Polizeidirektor von Wels hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.3.2006, bei welcher der Meldungsleger als Zeuge einvernommen wurde. An dieser Verhandlung haben sowohl ein Vertreter der Erstinstanz als auch des Berufungswerbers teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Herr U Z lenkte am 4.4.2005 um 9.55 Uhr das Sattelkraftfahrzeug , in Wels. Bei einer Verkehrskontrolle auf der Terminalstraße wurde festgestellt, dass er die im Spruch des Straferkenntnisses der BPD Wels angeführten Gefahrgüter geladen hatte und dabei die im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Mängel hinsichtlich der Kennzeichnung sowie des Beförderungspapiers vorgelegen sind. Beförderer der Gefahrgüter war die J H I S GmbH, der Berufungswerber ist Inhaber und gesetzlicher Vertreter dieses Unternehmens.

 

Bei der mündlichen Verhandlung führte der Vertreter des Berufungswerbers aus, dass es sich um ein größeres Transportunternehmen handelt und bereits seit 15 Jahren gleichartige Gefahrguttransporte durchgeführt werden. Dabei ist es nie zu Verstößen gekommen. Der Beschuldigte hat eine interne Kontrolle eingerichtet, wobei Herr R als Kontrolleur dafür verantwortlich ist, dass die Bestimmungen des GGBG eingehalten werden. Er ist nach deutscher Rechtslage als Delegierter für diesen Bereich bestellt, wurde allerdings nicht als verantwortlicher Beauftragter iSd VStG bestellt. Der Berufungswerber beantragte vorerst, Herrn R zur Darlegung des Kontrollsystems zu einer weiteren Verhandlung zu laden, mit Schreiben vom 20.4.2006 verzichtete er schließlich auf eine weitere Verhandlung und schränkte seine Berufung auf die Strafhöhe ein.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Vorerst ist festzuhalten, dass die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde. Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist damit in Rechtskraft erwachsen.

 

Bezüglich der anzuwendenden Strafnorm ist darauf hinzuweisen, dass am 28.10.2005 die Strafbestimmungen des § 27 GGBG neu gestaltet wurden. Dabei sind je nach Gefahrenkategorie für die verschiedenen Übertretungen des GGBG unterschiedliche Strafdrohungen vorgesehen, welche teilweise geringfügig höher, teilweise aber auch deutlich niedriger sind als in der vorher geltenden Rechtslage.

 

§ 27 Abs.1 Z1 GGBG idF BGBl. I Nr. 86/2002 sah für jeden einzelnen Verstoß gegen das Gefahrgutbeförderungsgesetz durch den Beförderer einen Strafrahmen von 726 Euro bis 43.603 Euro vor. Diese Bestimmung war bis 27.10.2005 gültig.

 

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

 

Das gegenständliche Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber am 21.10.2005 zugestellt. Auf Grund der Regelung des § 1 Abs.2 VStG ist daher für alle vier Verwaltungsübertretungen die Strafnorm des § 27 Abs.1 Z1 GGBG idF BGBl. I Nr. 86/2002 anzuwenden.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Im konkreten Fall liegen keine Erschwerungsgründe vor. Einen wesentlichen Strafmilderungsgrund bildet die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers. Dem Berufungswerber wird weiters lediglich fahrlässiges Verhalten vorgeworfen, weil er zwar grundsätzlich ein Kontrollsystem eingerichtet hat, dieses aber nicht ausreichend war, um im konkreten Fall die Einhaltung der Bestimmungen des GGBG sicherstellen zu können.

 

Bezüglich des Unrechtsgehaltes der Übertretungen ist darauf hinzuweisen, dass lediglich Kennzeichnungsvorschriften nicht eingehalten wurden und ein Beförderungspapier zwar grundsätzlich vorhanden war, jedoch nicht alle notwendigen Angaben in diesem enthalten waren. Es handelt sich daher um Formalverstöße, welche keine konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer bewirkt haben.

 

Unter Abwägung all dieser Umstände ist davon auszugehen, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe tatsächlich erheblich überwiegen, weshalb die in § 27 Abs.1 Z1 GGBG vorgesehene Mindeststrafe von 726 Euro auf die Hälfte herabgesetzt werden konnte. Es war daher für jede einzelne Übertretung eine Geldstrafe in Höhe von 363 Euro festzusetzen. Auch die Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend dem im Gesetz vorgegebenen Verhältnis zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe anzupassen. Weder aus general- noch aus spezialpräventiven Gründen war die Verhängung einer höheren Geldstrafe erforderlich.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

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