Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160986/4/Ki/Da

Linz, 07.03.2006

 

 

 

VwSen-160986/4/Ki/Da Linz, am 7. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dr. W S, L, A, vertreten durch Rechtsanwälte G L T & Partner, L, E, vom 20.10.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.9.2005, VerkR96-24766-2003/Ps/Pos, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 30.9.2005, VerkR96-24766-2003/Ps/Pos, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 27.5.2003 um 11.15 Uhr im Gemeindegebiet Linz, Langgasse 10, das KFZ mit dem pol. Kz. LL-, gelenkt, und es dabei nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden entstanden ist, unterblieben ist.

 

Er habe dadurch § 4 Abs.5 und § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 7,20 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 20.10.2005 Berufung mit dem Antrag das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zusammenfassend wurde in der Begründung ausgeführt, dass, ob die Entstehung von Druck- und Kratzspuren auf den unfallbeteiligten Fahrzeugen dem gegenständlichen Ereignis zuzuordnen sind, ausschließlich von einem KFZ-technischen Sachverständigen beurteilt werden könne, insbesondere aber auch ob diese Spuren überhaupt als Beschädigungen für einen Laien sichtbar wären.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Unfallanzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 23.6.2003 zu Grunde.

 

Danach habe ein namentlich benannter Zeuge ausgeführt, dass er vor der Tür seines Geschäftes ein Anstoßgeräusch wahrgenommen habe, das sehr deutlich zu hören gewesen sei. Er habe hinausgesehen und einen weißen Mercedes beobachtet, wie dieser beim Einparken an ein abgestelltes Auto (Civic) angestoßen sei, wonach die Stoßstange des Fahrzeuges (Civic) ca. 10 - 15 cm nach innen gedrückt worden sei. Dann sei der PKW-Lenker (ein älterer Mann) wieder hinausgefahren und habe sich etwas weiter vorne an den Fahrbahnrand gestellt.

 

Der Berufungswerber habe als Lenker erhoben werden können.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat einen Antrag des Berufungswerbers entsprechend das Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen eingeholt und es hat der verkehrstechnische Amtssachverständige des Landes Oberösterreich unter Zugrundelegung der vorliegenden Aktenunterlagen aus technischer Sicht zu der Frage ob der Berufungswerber im Zuge des Rückwärtsfahrens an den abgestellten PKW Honda Civic angefahren ist und ob er dieses Anfahren wahrnehmen hätte müssen, nachstehendes Gutachten (VT-010191/1086-2005-Hag vom 25.2.2006) erstellt:

 

"Wie auf den Fotos der Lichtbildbeilage hervorgeht, handelt es sich beim gegenständlichen Mercedes 190 - Kz:LL-, um ein älteres Fahrzeugmodell. An der hinteren Stoßstange sind zahlreiche Abrieb- und Gebrauchsspuren erkennbar.

Eine eindeutige Zuordnung einer dieser Kontaktspuren zum gegenständlichen Fall, ist aus technischer Sicht nicht möglich. Bei den Spuren kann es sich um kleinere Vorschäden handeln.

Die Höhen der erkennbaren Kontaktspuren bei der Stoßstange des Mercedes, korrespondieren mit Kontaktspuren an der vorderen Stoßstange des Honda Civic. Die erkennbaren Kontaktspuren beim Honda sind nicht eindeutig dem gegenständlichen Fall zuzuordnen.

Die Aussage, dass die vordere Stoßstange des Honda um ca. 10 - 15 cm nach innen gedrückt wurde, kann auf Grund des augenscheinlich erkennbaren Schadensbildes beim Honda - Kontakt und Abriebspuren - nicht nachvollzogen werden.

Bei einer Eindrückung der Stoßstange um ca. 10 - 15 cm müssten plastische Verformungen oder Bruchstellen erkennbar sein.

Da augenscheinlich auch die erkennbaren Spaltmaße der Bauteile unauffällig sind, ist die beschriebene Verformung der Stoßstange des Honda nicht plausibel nachvollziehbar.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die erkennbaren Kontaktspuren auf den Stoßstangen höhenmäßig korrespondieren, aber daraus keine weiteren Schlüsse abgeleitet werden können.

Die erkennbaren Kontakt- bzw. Abriebspuren müssen nicht vom gegenständlichen Ausparkmanöver stammen."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet im Rahmen der freien Beweiswürdigung das vorliegende Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen als schlüssig und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen stehend, sodass keine Bedenken bestehen, dieses Gutachten der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legen.

 

Demnach kann insbesondere eine im erstbehördlichen Verfahren getätigte Aussage eines Belastungszeugen, wonach sich die Stoßstange des Civic ca. 10 - 15 cm nach innen gedrückt hätte, nicht nachvollzogen werden. Aus dem Umstand, dass die erkennbaren Kontaktspuren auf den Stoßstangen der beiden Fahrzeuge höhenmäßig korrespondieren, können aber keine weiteren belastenden Schlüsse gezogen werden. Jedenfalls unter Berücksichtigung des Grundsatzes in dubio pro reo kann daher die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden.

 

I.6. Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben die in Abs.1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Voraussetzung für die Meldepflicht gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 ist daher, dass die betreffende Person ursächlich an einem Verkehrsunfall beteiligt ist bzw. dass durch diesen Verkehrsunfall eine Sachbeschädigung in Bezug auf die Sache einer anderen Person eingetreten ist.

 

Das unter Pkt. I.5. dargelegte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass im vorliegenden konkreten Falle nicht nachgewiesen werden kann, dass durch einen allfälligen Verkehrsunfall, an welchem der Beschuldigte ursächlich beteiligt gewesen sein könnte, tatsächlich ein entsprechender Sachschaden verursacht wurde.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Nachdem dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann, war spruchgemäß in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

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