Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160995/2/Ki/Da

Linz, 06.12.2005

 

 

 

VwSen-160995/2/Ki/Da Linz, am 6. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des H S, L, S, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. S E. S, L, F, vom 25.11.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d.Krems vom 9.11.2005, VerkR96-7227-2005, betreffend Übertretungen der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die verhängten Geldstrafen bezüglich Faktum 1 auf 180 Euro und bezüglich Faktum 2 auf 150 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafen bezüglich Faktum 1 auf 60 Stunden und bezüglich Faktum 2 auf 48 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Verfahrenskosten der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems wird auf 33 Euro herabgesetzt, für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: §§ 66 Abs.4 AVG iVm 19, 24 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Straferkenntnis vom 9.11.2005, VerkR96-7227-2005, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 1.3.2005 um ca. 19.30 Uhr den LKW, Kennzeichen KI- auf der Steyrtal Straße B 140 bei km. ca. 21,000 im Gemeindegebiet von Grünburg, in Richtung Kirchdorf/Krems gelenkt, wobei er

  1. es nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand unterließ, dass von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und
  2. er es unterließ nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallsbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.

Er habe dadurch

  1. § 4 Abs.1 lit.a StVO iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und
  2. § 4 Abs.5 StVO iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 verletzt.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 wurde hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) und gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO hinsichtlich Faktum 2 eine Geldstrafe in Höhe von 180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zu den Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt 39,80 Euro (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 25.11.2005 Berufung. Das Straferkenntnis wird seinem ganzen Inhalt nach angefochten und es wird dessen ersatzlose Aufhebung beantragt, ferner wird ausdrücklich die Höhe der verhängten Strafe bekämpft.

 

Es wird nicht bestritten, dass der Berufungswerber zur vorgeworfenen Tatzeit im Bereich des vorgeworfenen Tatortes den im Straferkenntnis bezeichneten LKW Richtung Kirchdorf gelenkt hat. Die B 140 beschreibe im genannten Bereich eine Kurve. Der Berufungswerber habe sein Fahrzeug auf seinem Fahrstreifen gelenkt, der Unfallgegner habe die Kurve geschnitten. Wenn jemand ein Verschulden am Zustandekommen des gegenständlichen Unfalls treffe, dann den Unfallgegner.

 

Der Berufungswerber habe folglich das Fahrzeug auf die unmittelbar nach der Kurve befindliche Parkfläche gelenkt und 5 Minuten gewartet, ob der Unfallgegner sein Fahrzeug gewendet hätte. Er sei auch ausgestiegen und habe geschaut, ob er das gegnerische Fahrzeug irgendwo habe wahrnehmen können. Nachdem aber der Unfallgegner von der Unfallstelle sich entfernt hatte, habe der Berufungswerber schließlich nicht länger gewartet und sei nach Hause gefahren.

 

Betreffend Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wird ausgeführt, dass der Berufungswerber derzeit arbeitslos mit einer monatlichen Unterstützung von etwa 900 Euro sei. Er sei für drei minderjährige Kinder unterhaltspflichtig und habe Schulden von etwa 45.000 Euro. Weder general- noch spezialpräventive Gründe würden für die Verhängung der Geldstrafe im erfolgten Umfang sprechen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil keine 500 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden und keine der Parteien die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

Der gegenständliche Sachverhalt wurde vom vormaligen Gendarmerieposten Molln am 3.3.2005 zur Anzeige gebracht.

 

Der Berufungswerber bestreitet den gegenständlichen Verkehrsunfall nicht. Bei einer niederschriftlichen Einvernahme am 21.6.2005 im Rechtshilfeweg im Gemeindeamt Grünberg gab er zu Protokoll, dass er nach dem Unfall gleich nach der nächsten Kreuzung rechts an eine Bushaltestelle herangefahren sei und dort 5 Minuten gewartet habe. In diesen 5 Minuten hätte der Zweitbeteiligte nicht ausgemacht werden können. Danach sei er nach Hause gefahren. Zu Hause habe er weder den Zweitbeteiligten noch die Gendarmerie wahrgenommen. Die Gendarmerie habe er nicht angerufen, da er kein Kennzeichen des Unfallgegners gehabt habe. Daher sei seiner Meinung nach auch keine Möglichkeit gewesen, den Unfallgegner auszuforschen. Um nicht auch noch die Blaulichtsteuer bezahlen zu müssen, habe er deswegen auf die Gendarmerie verzichtet. Er sei sich keiner Schuld bewusst.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

 

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Zunächst wird dazu festgestellt, dass die in § 4 StVO 1960 normierten Verpflichtungen von jedem Unfallbeteiligten zu befolgen sind, dies unabhängig davon, wer tatsächlich ein Verschulden am Unfall zu vertreten hat. Es kann daher im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, wer tatsächlich den gegenständlichen Verkehrsunfall verschuldet hat.

 

Was die Anhalteverpflichtung (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960) betrifft, so hat jeder Unfallbeteiligte sein Fahrzeug sofort anzuhalten. Der Berufungswerber selbst hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 21.6.2005 ausgeführt, dass er sein Fahrzeug gleich nach der nächsten Kurve rechts an einer Bushaltestelle angehalten hätte. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass diese - behauptete - Verhaltensweise im vorliegenden Falle kein sofortiges Anhalten im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung darstellt, auch dann nicht, wenn die Kurve im unmittelbaren Nahbereich des Unfallortes situiert wäre.

 

Der Berufungswerber hat daher objektiv das Tatbild der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Bei seiner Einvernahme am 21.6.2005 hat der Berufungswerber weiters angegeben, er habe deswegen die Gendarmerie nicht verständigt, weil er das Kennzeichen des Unfallbeteiligten nicht kannte und er sich die vorgesehene Gebühr für den Gendarmerieeinsatz ersparen wollte. Diese Rechtfertigung vermag ihn in keiner Weise zu entlasten, zumal es nicht unbedingt erforderlich ist, der Gendarmerie im Rahmen der Meldung auch das Kennzeichen anzugeben. Wesentlich ist, dass der Unfall gemeldet wird, um dann eine weitere Recherche zu ermöglichen. Ebenso mag dahingestellt bleiben, ob eine entsprechende Gebühr für den Gendarmerieeinsatz zu bezahlen gewesen wäre, jedenfalls wäre, da ein Identitätsaustausch nachweislich nicht erfolgte, eine Verständigung ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle geboten gewesen. Der Berufungswerber hat daher auch diesen ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Zur subjektiven Tatseite wird festgestellt, dass ein allfälliger Rechtsirrtum den Beschuldigten nicht entlasten würde. Von einem ordnungsgemäß handelnden und fachlich befähigten Kraftwagenlenker ist zu erwarten, dass er die relevanten straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften kennt und sich entsprechend diesen Vorschriften verhält. Andere Umstände im subjektiven Tatbereich, welche den Beschuldigten entlasten würden, sind nicht hervorgekommen.

 

Der Schuldspruch ist in beiden Fakten daher zu Recht erfolgt.

 

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so muss darauf hingewiesen werden, dass die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" als besonders verwerflich anzusehen sind und es ist deshalb in diesen Fällen grundsätzlich mit einer strengen Bestrafung vorzugehen.

 

Festgestellt werden muss dazu im vorliegenden Falle, dass in Anbetracht aktenkundiger Vormerkungen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zum Tragen kommt, andere Milderungsgründe aber auch Erschwerungsgründe werden keine festgestellt.

 

In der Berufung hat der Beschuldigte ausgeführt, er sei derzeit arbeitslos mit einer monatlichen Unterstützung von etwa 900 Euro und für drei minderjährige Kinder unterhaltspflichtig, auch habe er Schulden von etwa 45.000 Euro. General- und spezialpräventive Gründe würden nicht für die Verhängung der Geldstrafe im erfolgten Umfang sprechen.

 

Dazu wird ausgeführt, dass dem Vorbringen des Berufungswerbers hinsichtlich der präventiven Überlegungen nicht beigetreten werden kann. Wie bereits ausgeführt wurde, sind derartige Übertretungen keine Bagatelldelikte und es ist daher insbesondere aus generalpräventiven Gründen geboten, durch eine entsprechend strenge Bestrafung allgemein eine Bewusstseinsbildung bei den Verkehrsteilnehmern herbeizuführen und es ist weiters aus spezialpräventiven Gründen eine entsprechende Bestrafung geboten um den Beschuldigten für ein normengerechtes Verhalten zu sensibilisieren.

 

Andererseits erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass im vorliegenden Falle, hinsichtlich der verhängten Geldstrafen auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, eine Reduzierung auf das nunmehr festgelegte Ausmaß vertretbar ist, eine weitere Reduzierung kann jedoch aus den oben dargelegten Gründen nicht in Erwägung gezogen werden.

 

I.6. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Berufungswerber weder durch den Schuldspruch noch durch die nunmehr festgelegten Strafen in seinen Rechten verletzt wird, es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

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