Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161009/10/Br/SE

Linz, 19.01.2006

 

 

VwSen-161009/10/Br/SE Linz, am 19. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn J K, H, M, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems, vom 5. September 2005, Zl.: VerkR96-13892-2005, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 13 Tage ermäßigt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf
100 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Straferkenntnis wurde wider den Berufungswerber wegen des Lenkens eines Mofas in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemalkoholgehalt 0,69 mg/l), eine Geldstrafe von 1.600 Euro und 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

 

1.1. Begründet wurde das Strafausmaß mit einer bereits einschlägigen Vormerkung aus dem Jahr 2004 und einer offenbar daraus abgeleitete spezialpräventiven Notwendigkeit. Dabei wurde ein Monatseinkommen in der Höhe von 1.200 Euro und weder Verbindlichkeiten noch Sorgepflichten zu Grunde gelegt.

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner am 24.11.2005 als fristgerecht eingebracht zu wertenden und nur gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung. Darin gibt er sein Monatseinkommen mit 500 Euro an, er verweist auf die Absolvierung eines Kurses beim AMS wobei er zwischen Linz und Wien gependelt hätte, sodass er das Straferkenntnis nicht beheben habe können. Abschließend ersucht er um Herabsetzung der Geldstrafe.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz legte den Verfahrensakt ohne Hinweis auf eine mögliche Verspätung des Rechtsmittels dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch ausführliche Erhebungen zum Zustellvorgang.

Dies durch ein Auskunftsbegehren an die Behörde erster Instanz vom 6.12.2005 und an den Berufungswerber per 30.12.2005, sowie an die Zustellbasis beim Postamt 4560 Kirchdorf an der Krems per 13.1.2006. Ebenfalls wurde mit dem Berufungswerber noch am 4.1.2006 ein Ferngespräch geführt, worin er auf die Mitteilung der Behörde erster Instanz zur Frage der Zustellung des Straferkenntnisses vom 9.9.2005, hinsichtlich seiner strittigen Präsenz am Zustellort, Bezug genommen wurde. Zuletzt wurde dem Berufungswerber die Mitteilung des Postamtes Kirchdorf an der Krems vom 17.1.2006 im Wege des Polizeianhaltezentrums zur Kenntnis gebracht, was von ihm noch am gleichen Tag beantwortet wurde.

 

 

4. Zum Zustellvorgang:

 

Das Ergebnis dieser Erhebungen lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Berufungswerber das ihm per 9.9.2005 an seiner Wohnadresse hinterlegte Straferkenntnis nicht behoben hat. Im Hinblick auf seine Berufungsausführungen, wonach er wegen eines Kurses beim AMS zwischen Linz und Wien gependelt hätte und er somit das Straferkenntnis nicht beheben habe können war nicht mehr abschließend klärbar.

Die Behörde erster Instanz teilte diesbezüglich am 2.1.2006 der Berufungsbehörde mit, dass der Berufungswerber vom hinterlegten und nicht behobenen Straferkenntnis im Zuge einer Vorsprache in einer Vollstreckungssache erst am 24.11.2005 bei der dortigen Behörde Kenntnis erlangte. Bei dieser Gelegenheit erhob er die hier verfahrensgegenständliche Strafberufung.

Die auf das h. Ersuchen von der Behörde erster Instanz durchgeführte Recherchen beim AMS führten zum Ergebnis, dass der Berufungswerber bei einem AMS-Kurs in Kirchdorf an der Krems angemeldet war, diesem aber unentschuldigt ferngeblieben sei und sich demnach sein Hinweis, die Sendung vom 9.9.2005 nicht beheben haben zu können, sich in diesem Zusammenhang als nicht nachvollziehbar erweisen würde.

Der gleichzeitig dem Berufungswerber mit normaler Post zugestellten Ladung sich spätestens bis 29.12.2005 bei der Behörde erster Instanz zwecks Klärung seines Aufenthaltes zur fraglichen Zeit einzufinden, befolgte er ebenfalls nicht.

Im Zuge eines mit ihm - über Recherche seiner Handynummer bei einem früheren Arbeitgeber - geführten Telefonates wurde ihm vorweg der Inhalt des h. Schreibens vom 30.12.2005 betreffend die Abklärung des Zustellvorganges vom 9.9.2005 dargelegt.

Zum diesem Schreiben äußerte sich der Berufungswerber anlässlich einer fernmündlichen Kontaktaufnahme am 4.1.2006. Im Zuge dieser Mitteilung brachte er zum Ausdruck von der Hinterlegung am 9.9.2005 keine Kenntnis erlangt zu haben. Der Berufungswerber bekräftigte die Behebungsabsicht des Schreibens vom 30.12.2005. Gleichzeitig vermeinte er seine Ortsabwesenheit ab dem 9.9.2005 bzw. die fehlende Möglichkeit hiervon Kenntnis erlangen zu können glaubhaft machen zu können.

Die von h. im Wege der Zustellbasis des Postamtes K a d K erlangte Mitteilung brachte zum Ergebnis, dass dem Zusteller über eine Ortsabwesenheit am 9.9.2005 keine Information vorlag. Der Berufungswerber melde sich beim Postamt weder ab noch an. An der Abgabestelle sein ein Wandregal angebracht zu dem alle Mieter des Mehrparteienhauses Zugang und wohl auch Zugriff hätten.

Zum Vorgang betreffend der per 4.1.2006 hinterlegten h. Sendung - die dem Berufungswerber vom Unabhängigen Verwaltungssenat angekündigt war und deren Behebungsabsicht mit guten Gründen angenommen werden kann - wurde seitens des Zustellers keine Äußerung erstattet.

Der seit 10.1.2006 im Polizeianhaltezentrum aufhältige Berufungswerber erklärte dazu im Rahmen eines abermaligen Telefonats bislang keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben.

Erforderlichenfalls könnte er nach dem Ende seiner Anhaltung ab 13.2.2006 einen Nachweis über seine Abwesenheit bzw. seinen etwa 1 1/2 wöchigen Aufenthalt in Wien nach dem 9.9.2005 erbringen.

Dem Berufungswerber wird im Lichte dieses umfassenden Ermittlungsergebnisses in seiner Darstellung dahingehend gefolgt, dass ihm der Zustellvorgang vom 9.9.2005 nicht bekannt wurde. Dem kann durchaus schon mit Blick auf die Beschaffenheit, nämlich des Hausbrieffaches dessen freie Zugänglichkeit gefolgt werden. Durchaus realistisch kann auch eine allfällige Fehleinlage der Hinterlegungsanzeige und/oder dessen Verstoß in Verbindung mit der Fülle des in Postfächer deponierten Werbematerials ausgegangen werden.

 

4.1. Ob jemand vom Zustellvorgang "rechtzeitig" Kenntnis erlangt, kann nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles beurteilt werden (Hauer/Leukauff, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, zu § 17 ZustG, Rz 41 u. 47a mit Judikaturhinweisen). Von einer bewirkten Zustellung kann hier angesichts des Beweisergebnisses, insbesondere der Nichtbehebung und der glaubhaften Abwesenheit zumindest zum Zeitpunkt des 9.9.2005 nicht ausgegangen werden. Ebenfalls liegen keine Anhaltspunkte auf eine allfällige Sanierung der - selbst wenn vom Zusteller in der objektiven Annahme der Ortsanwesenheit getätigten Hinterlegungsmitteilung - Hinterlegung durch eine allfällige Rückkehr an die Abgabestelle noch innerhalb der Hinterlegungsfrist vor (VwGH 25.2.1993, 92/18/0339).

Sohin kann hier erst mit der bewirkten Zustellung durch Kenntnisnahme oder Ausfolgung des angefochtenen Bescheides bei der Behörde erster Instanz am 24.11.2005 und somit von einem rechtzeitig eingebrachten Rechtsmittel ausgegangen werden (s. auch OGH 24.6.1993, 8 Ob 593/93).

Ausführungen über die Eignung eines für jedermann zugänglichen Ablagefaches und damit missbräuchlichen Manipulationen offen stehend müssen hier unterbleiben.

 

Zur Sache:

Der Berufungswerber lenkte am 11.6.2005 um 2.25 Uhr ein Moped auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, wobei der Alkoholsierungsgrad seiner Atemluft im oben angeführten Ausmaß festgestellt wurde. Der Berufungswerber zeigte sich von Anfang an tatsachengeständig. Die wesentlich ungünstigen Einkommensverhältnisse als dem angefochtenen Bescheid grundgelegt sind ebenfalls glaubhaft.

In diesem Zusammenhang kann weiter festgestellt werden, dass bei objektiver Beurteilung sowohl mit Blick auf die Tatzeit als auch die Art des gelenkten Fahrzeuges (ein Mofa) der Unwertgehalt dieses Fehlverhaltens hinter jenem Ausmaß zurückbleibt, als dies bei derartigen Übertretungen - etwa im Lenken eines Pkw und zu einer Zeit mit durchschnittlichem Verkehrsaufkommen - der Fall ist, erheblich zurückblieb.

 

 

 

 

 

 

5. Zur Strafzumessung:

 

§ 19 VStG:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

 

5.1. Im Lichte der Ergebnisse des Berufungsverfahrens stellten sich einerseits die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers wesentlich ungünstiger dar als diese seitens der Behörde erster Instanz ihrer Entscheidung offenbar zu Grunde gelegt wurden. Andererseits kann aber auch unter Hinweis auf das mit Blick auf die Tatzeit und die Art des gelenkten Fahrzeuges (ein Moped) von einer doch erheblich geringeren Gefahrenpotenz und damit einem beträchtlichen Zurückbleiben des Tatunwertes, hinter jenem Ausmaß als dies mit einer Alkofahrt typsicher Weise verbunden ist, ausgegangen werden. Die Geldstrafe scheint somit nahe dem gesetzlichen Mindeststrafrahmen durchaus noch im Rahmen des gesetzlichen Ermessenspielraumes beurteilbar.

Als straferschwerend war wohl die einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 2004 zu werten, sodass unter Hinweis auf spezialpräventive Überlegungen bei einem Strafrahmen bis zu 4.360 Euro mit der Mindeststrafe von 872 Euro eben nicht mehr das Auslangen gefunden werden konnte. Die mildernden Umstände können hier den erschwerenden Umstand der einschlägigen Vormerkung nicht zur Gänze kompensieren.

Als nicht innerhalb des gesetzlichen Ermessens erweist sich mit Blick auf die einschlägige Judikatur daher die von der Behörde erster Instanz das Mindeststrafausmaß nahezu verdoppelte Strafausmaß (vgl. unter vielen h. Erk. v. 7.10.2003, VwSen-109224/7/Kof/He und v. 17.6.2003, VwSen-109032/5/Sch/Pe, sowie VwGH 20.6.1990, 90/02/0098).

Auf Grund der beträchtlich unter dem Durchschnitt liegenden Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers war iSd § 19 Abs.2 VStG die Geldstrafe im Verhältnis zur Ersatzfreiheitsstrafe stärker zu reduzieren (Rahmen der Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage bis 6 Wochen).

Aus verfahrensökonomischen Erwägungen wird an dieser Stelle empfohlen, der Berufungswerber wolle künftighin dem Postzusteller allfällige Ortsabwesenheiten evident machen. Unter Hinweis auf die stattliche Anzahl verkehrs- und kraftfahrrechtlicher Vorschriften möge insbesondere dieses Verfahren für den Berufungswerber einen Impuls darstellen sich künftighin den einschlägigen Zielen der Rechtsordnung verstärkt zu öffnen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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