Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161010/2/Bi/Da

Linz, 06.12.2005

 

 

 

VwSen-161010/2/Bi/Da Linz, am 6. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau I P, vertreten durch Kanzlei B, vom 21. November 2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 14. November 2005, VerkR96-5077-2004, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 10 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 50 Euro (15 Stunden EFS) verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des Pkw, Kennzeichen (D), trotz schriftlicher Aufforderung der BH Ried/I., zugestellt am 16. Februar 2005, nicht binnen zwei Wochen, das war bis 2. März 2005, der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 11. April 2004 um 17.05 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 5 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat die Berufungswerberin fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Die Berufungswerberin macht im Wesentlichen geltend, sie habe immer mitgeteilt, dass sie anhand von Fotos mit größter Wahrscheinlichkeit den Fahrer benennen könne. Die übersandten Fotos seien praktisch schwarz gewesen und nicht hilfreich. Zwischenzeitlich habe sie auch ohne Foto und Fahrtenbuch ermittelt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihr Ehemann C P, zum Tatzeitpunkt mit ihrem Pkw auf der A8 Innkreisautobahn unterwegs gewesen sei.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz .

Aus der Anzeige geht hervor, dass der auf die Berufungswerberin zugelassene Pkw am 11. April 2004, 17.05 Uhr, auf der A8 Innkreisautobahn bei km 68.007, FR Suben, mittels Radargerät MUVR 6F, Nr.697, mit einer Geschwindigkeit von 163 km/h gemessen wurde, obwohl dort die auf österreichischen Autobahnen generelle Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h gilt. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 154 km/h der Anzeige zugrunde gelegt. Eine Anhaltung des Pkw an Ort und Stelle erfolgte nicht. Das Radarfoto zeigte den Pkw von hinten, nicht den Lenker.

Mit Strafverfügung der Erstinstanz vom 14. Juni 2004 wurde der Berufungswerberin eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zur Last gelegt; dagegen erhob sie fristgerecht Einspruch, verlangte Akteneinsicht - der Verfahrensakt bestand im Wesentlichen aus der Anzeige und dem inzwischen ausgearbeiteten Radarfoto mit Kennzeichenvergrößerung - reagierte aber auf die mehrmalige Aufforderung zur Rechtfertigung in keiner Weise.

Mit Schreiben der Erstinstanz vom 14. Februar 2005 erging an die Berufungswerberin (pA der rechtsfreundlichen Vertretung) als Zulassungsbesitzerin gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 die Aufforderung, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens der Erstinstanz mitzuteilen, wer den Kombi EI-IP65 am 11. April 2004, 17.05 Uhr, gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne. Die Hinweise, dass der Lenker wegen Übertretung der Verkehrsvorschriften in Antiesenhofen auf der A8 bei km 68.007, FR Suben, angezeigt worden sei, dass eine ungenaue oder unvollständige Auskunft bzw deren Verweigerung als Nichterteilen der Auskunft, somit als Verwaltungsübertretung strafbar sei, wobei der Wortlaut des § 103 Abs.2 KFG angeführt war, und dass die Strafbarkeit auch für ausländische Zulassungsbesitzer (Halter) gegeben sei, wobei für die Lenkerauskunft kein Radarfoto erforderlich sei, waren im Schreiben enthalten. Die Zustellung erfolgte laut Rückschein am 16. Februar 2005.

Im Schriftsatz vom 2. März 2005 führte die Berufungswerberin aus, es handle sich um ein Firmenfahrzeug, sodass eine Vielzahl von Personen als Lenker in Betracht kämen. Bei Vorlage eines Frontfotos sei der Fahrer mit großer Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, aber sie habe noch immer keine Akteneinsicht erhalten.

Gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 22. März 2005 wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 erhob die Berufungswerberin fristgerecht Einspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Nach Übersendung der wesentlichen Aktenteile (samt der Mitteilung, das Verfahren hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung sei eingestellt worden) blieb sie dabei, ohne brauchbare Fotos keine Angaben über den Lenker machen zu können, zumal auch kein Fahrtenbuch geführt werde, mit der Frage, da das Verfahren eingestellt sei, ob die Angelegenheit als erledigt anzusehen sei.

Daraufhin erging nach Mitteilung der Einkommensschätzung seitens der Erstinstanz das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf die Berufungswerberin zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem Kraftfahrzeug begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer Kraftfahrzeuge - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall war ausreichend bestimmt und auch leicht verständlich gehalten, zumal das Kennzeichen des auf die Berufungswerberin zugelassenen Pkw und eine bestimmte Lenkzeit darin enthalten waren. Ihre "Lenkerauskunft" lautete nur dahingehend, dass da ein Firmenfahrzeug sei, das von einer Vielzahl von Personen gelenkt werde, die ohne Foto nicht zu ermitteln seien, jedoch wurde binnen der zweiwöchigen Frist, die gesetzlich vorgegeben ist und von der Behörde nicht erstreckt werden kann, keine Auskunftsperson und kein konkreter Lenker benannt - die nunmehrige Nennung des Ehegatten kommt daher zu spät. Damit hat die Berufungswerberin keine Lenkerauskunft im Sinne der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG erteilt. Auch ist eine bestimmte Frist, nach deren Verstreichen dem Zulassungsbesitzer mangelndes Erinnerungsvermögen zugebilligt wird, im Gesetz nicht enthalten, sodass eine Lenkeranfrage auch Monate nach dem die Anfrage auslösenden Vorfallszeitpunkt noch zulässig ist. Zu diesem Zweck verweist das Gesetz auf die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen - wobei diese Aufzeichnungen nichts mit einem Fahrtenbuch zu tun haben.

Im gegenständlichen Fall stand die Lenkeranfrage mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Erteilung der gewünschten Auskunft war unmissverständlich, sodass nach dem Wortlaut des Gesetzes der Berufungswerber verpflichtet gewesen wäre, fristgerecht Auskunft zu erteilen, wobei die Postaufgabe innerhalb der zweiwöchigen Frist ausreicht.

Zum Verschulden ist zu sagen, dass es sich bei der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt, bei dem zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist der Berufungswerberin nicht gelungen. Vielmehr muss vom Zulassungsbesitzer (Halter) eines in Österreich gelenkten Kraftfahrzeuges verlangt werden können, dass er sich über die in Österreich für ihn geltenden gesetzlichen Bestimmungen rechtzeitig informiert und gegebenenfalls entsprechende Aufzeichnungen führt, wenn er den Pkw so vielen Personen zum Lenken überlässt, dass ihm eine solche Auskunftserteilung ohne Führung von Aufzeichnungen nicht möglich ist. Auf dieser Grundlage war im gegenständlichen Fall zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

Der zur Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige Verwaltungsübertretung, unabhängig vom Grunddelikt der Geschwindigkeitsüberschreitung, und mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft - zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG - verwirklicht.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt aus diesem Grund zu der Überzeugung, dass die Berufungswerberin den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 103 Abs.2 KFG 1967 bis zu 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe gefunden. Die finanziellen Verhältnisse der Bw wurden auf 1.300 Euro geschätzt sowie Vermögenslosigkeit und das Fehlen von Sorgepflichten angenommen. Dem wurde nicht widersprochen, sodass auch im Rechtsmittelverfahren davon auszugehen war.

Grundsätzlich ist der Unrechtsgehalt einer Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht als geringfügig anzusehen, zumal durch die Nichterteilung der Lenkerauskunft die Ausforschung und Bestrafung des tatsächlichen Lenkers erschwert oder unmöglich gemacht wird. Es entfallen daher Präventivmaßnahmen, die im Sinne des Verkehrssicherheitsdenkens erforderlich gewesen wären, um den tatsächlichen Lenker von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass mit der sehr niedrig angesetzten Strafe, die auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen standhält, das Auslangen gefunden werden kann. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

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