Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161022/8/Ki/Da

Linz, 25.01.2006

 

 

 

VwSen-161022/8/Ki/Da Linz, am 25. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des R S, H, O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A S, N, A, vom 29.11.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 9.11.2005, BauR96-345-2005, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 9.11.2005, BauR96-345-2005, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe als Geschäftsführer der R GmbH, H, I, welche Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem deutschen Kennzeichen RH ist, trotz schriftlicher, nachweislich zugestellter Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 11.8.2005, BauR96-345-2005, nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt, wer dieses oben angeführte Kraftfahrzeug am 10.6.2005 um 13:37 Uhr gelenkt hat bzw. in Gewahrsam hatte oder wer diese Auskunft erteilen kann. Er habe auf das Auskunftsverlangen der Behörde in keiner Weise reagiert und somit keine gesetzeskonforme Lenkerauskunft erteilt. Er habe dadurch § 103 Abs.2 KFG 1967 verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 36,50 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob dagegen mit Schriftsatz vom 29.11.2005 Berufung, es wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides angestrebt.

 

Begründet wird die Berufung damit, dass die Zustellung nicht an den Geschäftsführer R S erfolgt sei. Dieser habe sich, wie die übrigen Mitarbeiter der Firma, in Betriebsferien befunden. Mangels Anwesenheit hätte er die Auskunft nicht erteilen können, weil er zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht in der Firma gewesen sei. Er habe die Zustellung nicht unterschrieben. Richtig sei, dass innerhalb der Frist keine Auskunft erfolgte, weil Herr R S urlaubsabwesend gewesen sei. Innerhalb der Frist habe er deshalb die Auskunft nicht erteilen können. Der 15. August 2005 sei der Beginn des Betriebsurlaubes der Firma gewesen, dieser habe bis zum 27. August 2005 gedauert.

 

Darüber hinaus komme hinzu, dass der 15. August 2005 in Bayern ein Feiertag sei, an dem die Firma auch aus diesem Grund geschlossen gewesen sei. Deswegen stelle sich die Frage, wie eine Zustellung erfolgt sein solle, zu dem noch eigenhändig unterschrieben, wenn die Firma an diesem Tag geschlossen gewesen sei. Somit könne der 15. August 2005 nicht als Datum der Übernahme eingetragen werden. Die Firma sei an diesem Tag geschlossen gewesen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Im Zuge des Berufungsverfahrens teilte der Berufungswerber mit, dass das gegenständliche Auskunftsverlangen während des Betriebsurlaubs der Firma von einem namentlich genannten Mitarbeiter, der trotz Betriebsurlaubs die Firma gelegentlich aufgesucht habe, entgegengenommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich die übrigen Mitarbeiter und auch der Geschäftsführer der Firma im Sommerurlaub befunden, der Berufungswerber habe sich mit seiner Familie in Schweden befunden, die Rückkehr sei erst nach Ablauf der 14tägigen Mitteilungsfrist erfolgt.

 

Über Verlangen des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich legte Herr S zwecks Glaubhaftmachung seiner Abwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung der Anfrage in Kopie eine Buchungsbestätigung vor, aus welcher hervorgeht, dass er am 15.8.2005 einen Flug von München nach Stockholm und am 24.8.2005 einen Flug von Stockholm nach München gebucht hatte. Weiters gab der Berufungswerber bekannt, dass er dann noch eine Woche bis einschließlich 4.9.2005 urlaubsbedingt von der Firma abwesend gewesen sei.

 

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 11.8.2005, BauR96-345-2005, wurde die R GmbH, deren Geschäftsführer der Berufungswerber ist, gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zu einer Auskunftserteilung aufgefordert. Diese Aufforderung wurde laut Postrückschein als eingeschriebene Briefsendung am 15.8.2005 am Abgabeort von einer Person, deren Unterschrift nicht lesbar, aber unterschiedlich zu der des Berufungswerbers ist, übernommen.

 

Die geforderte Auskunft wurde letztlich nicht innerhalb der Frist erteilt.

 

Nach Akteneinsicht teilte der Berufungswerber im Berufungsverfahren mit, dass die Sendung von dem Mitarbeiter, Herrn S, der trotz Betriebsurlaubs die Firma gelegentlich aufsuchte, entgegengenommen worden wäre, auf der Empfangsbestätigung habe es sich um dessen Unterschrift gehandelt.

 

Letztlich hat der Berufungswerber dann dargelegt, dass er zum Zeitpunkt der Empfangnahme der Anfrage durch den Mitarbeiter weiters für drei Wochen sich auf Urlaub befunden habe bzw. er während dieser Zeit nicht in der Firma anwesend gewesen ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt in freier Beweiswürdigung die Auffassung, dass Herr S seine Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung und darüber hinaus für die Dauer von drei Wochen glaubhaft machen konnte und legt diesen Umstand der Berufungsentscheidung zu Grunde.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

 

Unbestritten ist der Berufungswerber Geschäftsführer und damit nach außen Verantwortlicher der R GmbH, welche Zulassungsbesitzerin des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges ist.

 

Richtigerweise hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen die gegenständliche Anfrage auch an die Zulassungsbesitzerin adressiert und es ist diese Anfrage letztlich durch Entgegennahme durch einen Arbeitnehmer der Gesellschaft dieser auch zugegangen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob im vorliegenden konkreten Falle die Zustellung bewirkt, dass dem Berufungswerber als Geschäftsführer die nicht fristgerechte Erteilung der verlangten Auskunft verwaltungsstrafrechtlich zugerechnet werden kann.

 

Grundsätzlich ist nach der deutschen Rechtsordnung eine Ersatzzustellung auch im Falle einer als eigenhändig angeordneten Zustellung zulässig, im gegenständlichen Falle hat ein Arbeitnehmer der Gesellschaft die Sendung übernommen und es lag somit eine Ersatzzustellung vor.

 

Für die weitere Beurteilung des Falles wird jedoch die Problematik der Ersatzzustellung an der österreichischen Rechtsordnung zu messen sein.

Gemäß § 16 Abs.5 Zustellgesetz gilt eine Ersatzzustellung als nichtbewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs.3 (im vorliegenden Falle war der Berufungswerber der Vertreter der Gesellschaft) von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

 

Wie bereits oben dargelegt wurde, konnte der Berufungswerber glaubhaft machen, dass er (als zur Empfangnahme befugter Vertreter der Gesellschaft) zum Zeitpunkt der Zustellung und darüber hinaus weitere drei Wochen nicht an der Abgabestelle anwesend war, sodass letztlich die Ersatzzustellung als nicht bewirkt anzusehen ist, das heißt, dass die verfahrensgegenständliche Lenkeranfrage dem Berufungswerber als Verantwortlicher der Gesellschaft nicht gesetzmäßig zugekommen ist, sodass er auch nicht verpflichtet war, innerhalb der festgelegten Frist die Anfrage zu beantworten.

 

Eine gesetzliche Bestimmung, die den Zulassungsbesitzer verpflichten würde, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass einer in seiner Abwesenheit von der Abgabestelle anfragenden Behörde eine Auskunft nach § 103 Abs.2 KFG erteilt wird besteht grundsätzlich nicht, weshalb entgegen der Auffassung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen im vorliegenden Falle auch von einem Organisationsverschulden nicht die Rede sein kann.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nachdem, wie oben dargelegt wurde, die gegenständliche Lenkeranfrage dem Berufungswerber nicht rechtswirksam zugestellt wurde, war er nicht verpflichtet, die geforderte Auskunft zu erteilen. Demnach stellt die ihm zur Last gelegte Tat im vorliegenden Falle keine Verwaltungsübertretung dar, weshalb in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

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