Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161029/8/Bi/Be

Linz, 16.02.2006

 

 

 

VwSen-161029/8/Bi/Be Linz, am 16. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn P R, vertreten durch RA Dr. H V, vom 21. November 2005 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 3. November 2005, S-9585/05 VP, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 2. Februar 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Schuld- und Strafausspruch mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt oder" zu entfallen hat.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 240 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 5 Abs.4a, 5 Abs.6 und 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.200 Euro (14 Tage EFS) verhängt, weil er am verdächtig gewesen sei, das Fahrrad, City Bike, KTM, violett, am 15. März 2005, 14.25 Uhr, in Linz, Khevenhüllerstraße in Richtung Franckstraße im Bereich der Kreuzung Khevenhüllerstraße -Schillerstraße, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: starker Alkoholgeruch aus dem Mund, gerötete Augenbindehäute) gelenkt zu haben, und sich am 15. März 2005, 15.10 Uhr, AUKH Linz, Blumauerplatz 1, im Schockraum geweigert habe, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehalts bei einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt vornehmen zu lassen.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 120 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 2. Februar 2006 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenvertreterin Dr. N V (BV) und der Zeugen Meldungsleger GI R K (Ml) und OA Dr. W M (Zeuge) durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist, ebenso wie der Bw, nicht erschienen. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe Unfallort und -zeit als Tatort und Tatzeit angeführt, obwohl der Tatvorwurf nicht das Unfallgeschehen, sondern die angebliche Verweigerung der Blutabnahme betreffe. Aber auch dieser Tatzeitpunkt 15.10 Uhr sei unrichtig, weil das Ende der Amtshandlung laut Anzeige 15.20 Uhr gewesen sei. Der Tatvorwurf selbst sei deshalb nicht berechtigt, weil er bei einem Verkehrsunfall ohne eigenes Verschulden schwer verletzt worden, vom Notarzt versorgt und ins UKH Linz gebracht worden sei, wo er im Schockraum behandelt und anschließend in die Intensivstation gebracht worden sei. Auch einem medizinischen Laien sei erklärbar, dass er gar nicht in der Lage gewesen sei, zu den vom Ml angeblich gestellten Fragen entsprechende Angaben zu machen. Der in der Anzeige genannte Arzt OA Dr. M sei nicht einmal der zuständige behandelnde Arzt gewesen und seine Überführung in die BPD Linz zur Blutabnahme wäre wegen seiner gesundheitlichen Situation nicht möglich gewesen. Ein diensthabender Arzt wäre bei einer angeblichen Blutabnahme gar nicht anwesend gewesen. Aus der Anzeige sei ersichtlich, dass er erst am 5. April 2005 persönliche Daten genannt habe, nicht bei der angeblichen Befragung im Schockraum. Der Tatvorwurf sei nicht gegeben, die Bestimmung der §§ 5 iVm 99 StVO reiche nicht aus, der Vorwurf sei nicht ordnungsgemäß, die Geldstrafe zu hoch. Beantragt wird Bescheidaufhebung und Verfahrenseinstellung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die BV gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw wurde als Lenker eines Fahrrades am 15. März 2005 gegen 14.25 Uhr in Linz, Kreuzung Schillerstraße - Khevenhüllerstraße, von einem Pkw erfasst und schwer verletzt - er erlitt laut Krankengeschichte ua eine Gehirnerschütterung, eine 1,5 cm lange Rissquetschwunde linke Scheitelregion, drei Rippenbrüche rechts. Er wurde an der Unfallstelle vom Notarzt versorgt und anschließend mit der Rettung ins UKH Linz gebracht, wo ihn der Zeuge im Schockraum erstversorgte.

Der Ml erfuhr bereits an der Unfallstelle von anderen Zeugen, dass der verunfallte Radfahrer Alkoholisierungssymptome, insbesondere starken Alkoholgeruch, aufgewiesen habe, und suchte daher nach der Unfallsaufnahme den Bw im UKH auf.

Der Bw lag beim Eintreffen des Ml im Schockraum und aus seinem Mund war deutlicher Alkoholgeruch feststellbar. Der Ml fragte den dort anwesenden Zeugen, ob beim Bw ein Alkotest mit einem Alkomat möglich sei, was der Arzt verneinte, ebenso die Frage nach der Möglichkeit einer klinischen Untersuchung. Der Zeuge erklärte auf die konkrete Frage des Ml, gegen eine Blutabnahme spreche nichts und er könne mit dem Bw reden.

Der Zeuge schilderte seinen persönlichen Eindruck vom damaligen gesundheitlichen Zustand des Bw in der Verhandlung so, dass für ihn, wenn er von den Rettungsleuten oder dem Patienten selbst Angaben über Erinnerungslücken oder eine kurze Bewusstlosigkeit erhalte, eine Gehirnerschütterung eine feststehende Diagnose sei - laut Krankengeschichte (Schockraumbefund 15.3.2005) hat der an der Unfallstelle tätig gewordene Notarzt beim Bw das Fehlen der Erinnerung an das Unfallereignis bestätigt. Im Schockraum habe der Bw aber den Unfallhergang bereits geschildert. Der Zeuge bestätigte die Angaben des Ml vom Gespräch über die Möglichkeit von Alkotest, klinischer Untersuchung oder Blutabnahme und führte aus, der Bw sei wach gewesen, habe Anweisungen (zB die Zehen zu bewegen oder die Hand zu heben) befolgt und sogar seinen Alkoholkonsum angegeben. Er sei daher davon ausgegangen, dass der Bw kontaktfähig sei und auch verstehe, was man mit ihm rede, dh auch die Frage eines Polizisten nach einer Blutabnahme. Er habe daher auch dem Ml gesagt, er könne mit dem Bw wegen der Blutabnahme "reden", wobei darunter eine Alkoholamtshandlung zu verstehen war, weil er davon ausging, dass der Bw in seiner damaligen Verfassung dem auch folgen könne. Anzeichen für das Vorliegen einer schweren Gehirnerschütterung seien sicher nicht vorgelegen, was auch in der Krankengeschichte dokumentiert sei.

Der Ml traf den Bw im Liegen an, wobei dieser keine Sauerstoffmaske trug - der Zeuge erläuterte dazu, dass beim Bw keine Atemprobleme bestanden hätten, jedoch Sauerstoff zusätzlich zur Beruhigung gegeben werde; die Maske werde beim Sprechen abgenommen. Der Zeuge teilte weiters mit, der Bw habe keine dämpfenden Medikamente bekommen und die Infusionen hätten sein Bewusstsein nicht verändert. Es habe medizinisch keinen Grund gegeben, keine Blutabnahme durchzuführen.

Bei der Amtshandlung, bei der neben Krankenhauspersonal auch der Zeuge anwesend war, teilte der Bw dem Ml, dem nur der Familienname des Bw bekannt war, seine weiteren Daten, nämlich Geburtsdatum, Vorname und Adresse, mit. Der Ml machte ihn auf den Alkoholgeruch seiner Atemluft aufmerksam und forderte ihn dann zur Blutabnahme zwecks Feststellung des Blutalkoholgehalts auf, worauf der Bw den Ml und auch den Zeugen einige Male fragte, was er tun solle, worauf der Zeuge antwortete, er sage dazu nichts. Der Ml erklärte dem Bw, wenn er einer Blutabnahme nicht zustimme, werde er ihn anzeigen. Der Ml und der Zeuge bestätigten die Reaktion des Bw auf die Aufforderung zur Blutabnahme inhaltlich übereinstimmend insofern, dass sich die Stimmung des Bw nicht geändert habe und er weder aufbrausend noch "böse" geworden sei. Schließlich habe er dem Ml mitgeteilt, er werde die Blutabnahme verweigern.

Der Ml legte in der Verhandlung dar, dass er beim - im Gegensatz zu den Behauptungen im Rechtsmittel ohne jeden Zweifel tatsächlich erfolgten - Gespräch mit dem Bw den Eindruck gewonnen habe, dass dieser sicher erkannt habe, dass er Polizist sei - er habe auch die Uniform getragen - und auch verstanden habe, worum es ging, und dass er weder benebelt gewesen sei noch etwas nicht mitbekommen habe. Vor seiner Entscheidung, die Blutabnahme zu verweigern, habe er gezögert, öfter gefragt, was er tun solle, und schließlich die Entscheidung alleine getroffen, da sich in die Amtshandlung niemand eingemischt habe. Der Zeuge bestätigte diese Aussagen inhaltlich übereinstimmend und führte aus, der Bw habe nach der Aufforderung zur Blutabnahme offensichtlich überlegt, einmal nein, dann wieder ja gesagt und sich schließlich zur Verweigerung entschlossen, obwohl ihn der Ml darauf aufmerksam gemacht habe, dass er ihn in diesem Fall anzeigen werde.

Der Zeuge führte aus, er könne nicht sagen, ob der Bw aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung in der Lage gewesen sei, die Konsequenzen seiner Verweigerung zu beurteilen. Personen in dieser Lage, die sicher auch ohne Berücksichtigung eines vorangegangenen Alkoholkonsums eine Ausnahmesituation darstelle, die anweisungsentsprechend reagierten und daher kontaktfähig seien, hätten zwar eine gewisse Urteilsfähigkeit; er könne aber nicht sagen, ob der Bw die Konsequenzen seiner Erklärung begriffen habe, auch wenn ihm der Ml eine Anzeige für diesen Fall in Aussicht gestellt habe.

Zum Beweis dafür, dass der Bw zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme körperlich und geistig nicht in der Lage gewesen sei, diese Aufforderung als solche zu verstehen und eine solche Entscheidung zu treffen bzw die Konsequenzen seiner Erklärung, keine Blutabnahme machen zu wollen, zu erkennen und zu verstehen, wurde von der BV die Einholung eines Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen beantragt.

Dem Beweisantrag wird seitens des UVS aus folgenden Überlegungen nicht entsprochen:

Die Aufforderung zur Blutabnahme erfolgte ca eine Stunde nach dem Verkehrsunfall nach der medizinischen Erstversorgung des Bw im UKH Linz, wo sich der Bw wieder an den Unfallshergang und seinen vorherigen Alkoholkonsum erinnern konnte. Der Bw war nach der nachvollziehbar und glaubwürdig dargelegten Aussage des Zeugen körperlich sicher in der Lage, eine Blutabnahme durchführen zu lassen, nachdem ihm der Ml auch die Gründe für die Aufforderung zur Blutabnahme erklärt hatte. Der Bw war nach Auffassung des Zeugen, dem als auch mit Erstversorgungen im Schockraum des UKH Linz befassten Unfallchirurgen sicher Erfahrung bei der Beurteilung von verletzten Unfallbeteiligten zuzubilligen ist, voll ansprechbar, kontaktfähig und er reagierte auch auf Anweisungen, was eine gewisse Urteilsfähigkeit voraussetzt. Er zögerte auf die Aufforderung, überlegte sichtlich und versuchte, die Meinung des Ml und des Zeugen in Erfahrung zu bringen, die ihm diese aber vorenthielten, sodass er schließlich alleine die Entscheidung traf, sich keiner Blutabnahme zu unterziehen. Nach Auffassung des UVS ist in dieser übereinstimmenden Darstellung des Verhaltens des Bw kein Anhaltspunkt dafür zu finden, dass dieser nicht erkannt hätte, worum es beim Gespräch mit dem Ml geht, dass dieser den Grund für die Aufforderung zur Blutabnahme in einer eventuellen Alkoholbeeinträchtigung des Bw beim Lenken des Fahrrades zur Unfallszeit sah und ihn im Fall der Weigerung, sich einer solchen zu unterziehen, anzeigen werde. Ein "Benebeltsein" oder eine Bewusstseinseinschränkung des Bw durch Medikamente haben sowohl der Ml (seinem persönlichen Eindruck vom Bw nach) als auch der Zeuge (aufgrund seines Fachwissens) glaubhaft eindeutig und zweifelsfrei ausgeschlossen; dem Bw wurde unfallbedingt - er wurde als Radfahrer von einem Pkw erfasst und über die Windschutzscheibe geschleudert - eine Ausnahmesituation zugebilligt; allerdings stand er bei seiner Entscheidung über seine Antwort auf die Aufforderung zur Blutabnahme nie unter Zeit- oder sonstigem Druck vonseiten des Ml oder des Zeugen.

Dass der Bw gesundheitlich in der Lage war, die Aufforderung zur Blutabnahme als solche zu begreifen und richtig zuzuordnen, ist nach Ansicht des UVS auch insofern anzunehmen, als sonst die geschilderten Überlegungen und Fragen des Bw nicht erklärbar wären. Ob er die Konsequenzen seiner Erklärung zu begreifen und demgemäß zu handeln in der Lage war, ist aus der Sicht des UVS unerheblich, weil die Ankündigung einer Anzeige für diesen Fall durch den Ml zunächst einmal pauschal Ärger bedeutete und für den Bw nicht die Frage des Ausgangs eines eventuell aufgrund seiner Erklärung einzuleitenden Verwaltungsstrafverfahrens einzuschätzen war. Er besitzt keine Lenkberechtigung, sodass er diesbezüglich auch nichts zu überlegen oder zu befürchten gehabt hätte. Abgesehen davon wäre auch im Fall einer nicht unerheblichen Alkoholbeeinträchtigung nicht zu klären, ob der Aufgeforderte solche Konsequenzen zu beurteilen imstande wäre.

Zusammenfassend war daher nach Ansicht des UVS die beantragte Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen, der den Bw im letztlich zu beurteilenden Zustand selbst nicht gesehen hat, unter Hinweis auf die schlüssigen, nachvollziehbaren und glaubwürdigen Aussagen des sachverständigen Zeugen nicht erforderlich (vgl VwGH 11.11.1992, 92/02/0182).

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vor der 21. StVO-Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.6 StVO (Verfassungsbestimmung) ist an Personen, die gemäß Abs.4a zu einem Arzt gebracht werden, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.4a StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht (weiters) berechtigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs.2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu bringen.

Außer Zweifel steht, dass der Bw im genannten Kreuzungsbereich zur genannten Zeit ein Fahrrad gelenkt hat - Unfallzeit und -ort sind in diesem Zusammenhang lediglich objektivierte Anhaltspunkte für die Konkretisierung von Zeit und Ort des Lenkens gemäß § 44a Z1 VStG, wobei das Zustandekommen eines Verkehrsunfalls nicht Tatbestandmerkmal ist - und dass beim Ml aufgrund des starken Alkoholgeruchs aus dem Mund des Bw und dessen Trinkangaben der nachvollziehbare Verdacht bestand, der Bw könnte sich nach vorangegangenem Alkoholkonsum beim Lenken des Fahrrades in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben.

Auf der Grundlage des Beweisverfahrens, nämlich der unbedenklichen Aussage des sachverständigen Zeugen, ist davon auszugehen, dass beim Bw aufgrund seiner beim Unfall erlittenen Verletzungen, insbesondere der Gehirnerschütterung und der Rippenbrüche, eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat gemäß Abs.2 ebenso wenig möglich war wie eine klinische Untersuchung zum Zweck der Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung gemäß Abs.5. Die Voraussetzungen für eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehalts waren jedoch aus medizinischer Sicht gegeben, wobei nach Darlegung der üblichen Vorgangsweise durch den Zeugen und den Ml in der Verhandlung nicht ein im UKH diensthabender Arzt die Blutabnahme durchgeführt hätte, sondern bei entsprechender Zustimmung des Bw der Ml den Polizeiarzt geholt hätte, der im UKH beim Bw eine Blutabnahme durchgeführt hätte.

Zum Tatbestandsmerkmal des Verdachtes, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, ist zu sagen, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zwar dieser Verdacht in Form einer "Vermutung" etwas zurückhaltend umschrieben ist, jedoch vom Bestehen des im Abs.4a genannten Verdachtes insofern mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit auszugehen ist, als insbesondere der starke Alkoholgeruch der Atemluft beim Bw eindeutig mehrfach bestätigt wurde und er selbst gegenüber dem Zeugen und dem Ml zugegeben hat, vor dem Lenken des Fahrrades 3 oder 4 Halbe Bier getrunken zu haben (vgl VwGH 18.5.1988, 87/02/0178).

Der Bw wurde vom Ml über den Grund für die Aufforderung und über die Folgen der Verweigerung, nämlich die Erstattung einer Anzeige, aufgeklärt und hat sich nach eingehender Überlegung ohne jede Beeinflussung durch anwesende Personen entschlossen, einer Blutabnahme nicht zuzustimmen. Dafür, dass er die Aufforderung zur Blutabnahme durch den nach außen hin als Polizeibeamten erkennbaren Ml nicht als solche zu verstehen oder zuzuordnen imstande gewesen sein könnte, besteht insofern kein Anhaltspunkt, als der Bw nach der Darlegung des sachverständigen Zeugen eine doch milde Form einer Gehirnerschütterung ohne länger anhaltende oder erhebliche Bewusstseinsstörung erlitten hat und sowohl kontakt- als auch urteilsfähig war. Der Zeuge hatte lediglich Bedenken im Hinblick darauf, ob der Bw in der ihm wohl zuzubilligenden Ausnahmesituation nach dem Verkehrsunfall imstande war, die Konsequenzen seiner Antwort abzuschätzen, obwohl ihn der Ml zuvor aufmerksam gemacht hatte, er werde bei Verweigerung der Blutabnahme Anzeige erstatten.

Nach der Rechtsprechung des VwGH kommt es nicht darauf an, ob sich der Bw anlässlich der Aufforderung zur Blutabnahme des Sinngehaltes, also der Tragweite einer Verweigerung bewusst war (vgl E 25.11.1997, 97/02/0399).

Weiters hat der VwGH (vgl E 28.1.2000, 99/02/0042) ausgesprochen, dass im dort zugrunde liegenden Fall die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Zurechnungsfähigkeit schon auf Grund eines situationsbezogenen Verhaltens des Beschwerdeführers entbehrlich gewesen wäre.

Angesichts der übereinstimmenden und glaubwürdigen Schilderung sowohl des Ml als auch des sachverständigen Zeugen ist beim Bw für den Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme sehr wohl von situationsbezogenem Verhalten auszugehen, zumal er nach eigener Bestätigung seines vorangegangenen Alkoholkonsums den Ml und den Zeugen mehrmals gefragt hat, was er tun solle und sichtlich länger überlegt hat, jedoch kein konkreter Anhaltspunkt dafür besteht, dass er die Aufforderung zur Blutabnahme zur Bestimmung des Blutalkoholgehalts nicht als solche verstanden hätte. Da sich auch ein Radfahrer über die ihn betreffenden Bestimmungen der StVO entsprechend informieren muss, war beim Bw auch vorauszusetzen, dass ihm seine Verpflichtung, der Aufforderung zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes durch den Ml nachzukommen, grundsätzlich bewusst war. Der Bw ist zur mündlichen Verhandlung ohne Angabe von Gründen trotz ordnungsgemäß ausgewiesener Ladung nicht erschienen und hat sich daher selbst der Möglichkeit, den Vorfall aus seiner Sicht darzulegen, begeben. Auf dieser Grundlage bestehen weder Zweifel an der Richtigkeit noch an der Glaubwürdigkeit der Aussagen des Ml und des Zeugen.

Das von der BV vorgelegte Sachverständigengutachten des Gerichtsmediziners Prof. Johann Haberl vom 3. Oktober 2005 wurde im Rahmen des Gerichtsverfahrens zur Klärung des Verletzungsgrades des Bw in der Strafsache gegen den Unfallgegner des Bw wegen § 88 StGB eingeholt, wobei die Zurechnungsfähigkeit des Bw bei der Aufforderung zur Blutabnahme nicht Gegenstand der Begutachtung war. In diesem Licht ist auch der von der BV in der Verhandlung eingewandte Satz auf Seite 5 zu sehen: "Diesbezüglich darf nur am Rande darauf hingewiesen werden, dass Herr R. (das ist der Bw) sicherlich zumindest in der Anfangsphase commotiobedingt eine Bewusstseinsstörung aufgewiesen hat." Abgesehen davon, dass der Begriff "zumindest in der Anfangsphase" sehr ungenau ist, widerspricht er letztlich nicht der Aussage des Zeugen, der Bw habe sich bei der Versorgung durch den Notarzt nicht an den Unfallshergang erinnern können, weshalb die Diagnose Gehirnerschütterung für ihn festgestanden sei, und ist zu wenig aussagekräftig für einen möglichen Rückschluss auf die Beurteilung des Zustandes des Bw zum Zeitpunkt der Verweigerung der Blutabnahme. Zu bedenken ist aber auch, dass der Gerichtssachverständige den Bw nicht persönlich im zum Zeitpunkt der Verweigerung der Blutabnahme bestehenden gesundheitlichen Zustand gesehen hat, sondern auf die Krankengeschichte, die VU-Anzeige und die sehr vage und ausweichende Aussage des Bw vom 5.4.2005 (dieser hatte inzwischen genügend Zeit, über die für ihn günstigste Verantwortung nachzudenken) zurückgreifen musste. Die von der BV als (fast automatischer) Anhaltspunkt für die Annahme einer behaupteten Unzurechnungsfähigkeit eingewandte Erstversorgung des Bw durch den Notarzt, die Versorgung im Schockraum, die Verabreichung von Sauerstoff, der Aufenthalt des Bw auf der Intensivstation in den ersten zwei Tagen nach dem Unfall usw ist, insbesondere im Hinblick auf die schlüssigen Schilderungen des Zeugen und des Ml, nicht geeignet, Zweifel am Bestehen der Zurechnungs- bzw Dispositionsfähigkeit des Bw zum maßgeblichen Zeitpunkt zu begründen.

Da somit kein Anhaltspunkt für eine behauptete Unzurechnungsfähigkeit bestand, ist das Verhalten des Bw zweifelsohne als Verweigerung der Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehalts anzusehen. Er hat daher den ihm nunmehr aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens eingeschränkt zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zum Einwand in der Berufung, in der Anzeige scheine 15.20 Uhr als Zeitpunkt der Verweigerung der Blutabnahme auf, während sich der Tatvorwurf auf 15.10 Uhr beziehe, ist zu sagen, dass durch die Tatanlastung der Bw weder in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt wurde noch die Gefahr einer Doppelbestrafung besteht.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 von1.162 Euro bis 5.813 Euro Geldstrafe und für den Fall der Uneinbringlichkeit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Bw weist eine einschlägige Vormerkung wegen § 5 Abs.1 StVO vom 20.2.2003 auf, die von der Erstinstanz zutreffend als erschwerend gewertet wurde. Die finanziellen Verhältnisse wurden - vom Bw unbestritten - auf ein Einkommen (Pension) von 500 Euro netto monatlich bei Fehlen von Vermögen und Sorgepfllichten geschätzt und auf dieser Grundlage eine Geldstrafe nahe der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und die Mindestersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz damit den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgend einer Weise überschritten hätte. Anhaltspunkte für eine Herabsetzung der Geldstrafe liegen nicht vor und wurden solche auch vom Bw nicht konkret behauptet. Das fehlende Verschulden am Verkehrsunfall steht in keinem Zusammenhang mit dem Tatvorwurf.

Dem Bw steht angesichts seiner finanziellen Situation frei, bei der Erstinstanz unter Nachweis seiner tatsächlichen Einkünfte um die Möglichkeit der Bezahlung der ohnehin sehr niedrig bemessenen Geldstrafe in Teilbeträgen anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Bw war zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutentnahme zurechnungsfähig

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