Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161042/2/Br/RSt

Linz, 31.12.2005

 

 

VwSen-161042/2/Br/RSt Linz, am 31. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau S T, F K, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 5. Dezember 2005, VerkR96-18877-2005, zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Geld- u. Ersatzfreiheitsstrafe behoben und statt dessen eine Ermahnung ausgesprochen wird. Im Schuldspruch wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

  1. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 21, 24 und 51 VStG.

zu II: § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen der Übertretungen nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt. Es wurde ihr zur Last gelegt, sie habe es am 13.6.2005 um 06.45 Uhr, im Gemeindegebiet von Leonding, F K, als Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden unterlassen, hievon die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die von der Berufungswerberin am Vorfallstag, jedoch erst um 16.00 Uhr, erstatteten Anzeige. Demnach sei sie um 6.45 Uhr beim Ausparken vor ihrem Wohnhaus gegen einen Metallsteher gestoßen wodurch dieser geknickt und demnach beschädigt worden sei.

Zur Strafzumessung führte die Behörde erster Instanz aus, dass die nunmehr verhängte Strafe, im Gegensatz zu der vorher per Strafverfügung in der Höhe von 190 Euro ausgesprochenen Geldstrafe, angemessen sei. In einem Aktenvermerk vom 13.10.2005 wurde der Umstand "ihrer Meldung des Vorfalls bei der Polizeiinspektion Leonding" als strafmildernd gewertet.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung tritt die Berufungswerberin der Bestrafung entgegen. Sie führt im Ergebnis aus, bereits 13 Jahre Mieterin der geschädigten Verfahrenspartei zu sein. Sie schilderte die Umstände des Schadensereignisses. Sie habe es daher als vertretbar erachtet den Schaden nach dem Eintreffen im Büro zu melden. Dies habe sie jedoch in der Folge vergessen, wobei sie erst wieder am Abend nach der Rückkehr auf ihren Stellplatz - als sie den umgebogenen Steher gesehen habe - daran gedacht habe. Sie habe dann sogleich per Handy die Meldung erstattet und sei etwa fünfzehn Minuten später mit Organen der Polizeiinspektion Leonding am Unfallort zusammengetroffen, welche sich zwischenzeitig offenbar auf ihren Anruf hin zu diesem Ort begeben hatten. Am Folgetag habe sie sich auch mit der Wohnungsgenossenschaft in Verbindung gesetzt. Demnach sei sie keinesfalls vom Unfallort geflohen noch hätte sie diesen Vorfall verschleiern wollen.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt.

Aus dem Akt ergibt sich das monatliche Nettoeinkommen der Berufungswerberin mit 1.275,95 Euro (Gehaltsabrechnung vom August 2005). Die Berufungswerberin ist für ein Kind sorgepflichtig und hat laut Aktenlage diverse aushaftende Zahlungsverbindlichkeiten und offene Rückzahlungsverpflichtungen.

 

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.3 Z1 VStG nicht erforderlich.

 

 

4. Zusammenfassend kann der Sachverhalt dahingehend umschrieben werden, dass durch die nicht unverzüglich erstattete Meldung der Berufungswerberin keinerlei nachteilige Auswirkungen für irgend jemanden verbunden gewesen sind. Ebenfalls wird als unstrittig erachtet, dass der Berufungswerberin keinerlei Verschleierungsabsicht zugerechnet werden kann. Sie hat vielmehr im morgendlichen Stress, in Verbindung mit der Verpflichtung ihr Kind in den Kindergarten zu bringen, den unverzüglichen Anruf bei der Polizei nach dem Eintreffen am Arbeitsplatz offenbar tatsächlich vergessen. Dies wurde nach der Arbeit nachgeholt, wobei hierdurch weder dem Geschädigten noch Bewohnern der Anlage hierdurch Nachteile entstanden waren.

Diese Darstellung ist lebensnah und könnte in der jeweiligen Situation auch einem anderen Verkehrsteilnehmer genauso unterlaufen.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen.

 

Der § 4 Abs.5 StVO 1960 lautet:

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Ein solcher konkreter Identitätsnachweis mit dem Geschädigten fand nicht statt.

Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass hier mit der etwa erst neun Stunden nach dem Vorfall erstatteten Meldung, das vom Gesetz intendierte Zeitlimit bei weitem überschritten wurde.

 

 

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde jedoch auch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten (hier der Beschuldigten) geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten (die Beschuldigte) jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines (ihres) Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten (die Beschuldigte) von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Der Oö. Verwaltungssenat übersieht nicht, dass im Unterbleiben der Erfüllung der Meldepflicht nach einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden in der weithin überwiegenden Zahl der Fälle die Voraussetzungen des § 21 VStG nicht gegeben sind, wobei hinsichtlich des Tatbestandes nach § 99 Abs.3 lit.b iVm § 4 Abs.5 StVO in einer bereits zur Begutachtung ausgesendet gewesenen Novelle eine wesentlich längere Zeitspanne für die Erfüllung dieser Pflicht vorgesehen gewesen wäre. Dies wurde letztlich aber vom Gesetzgeber nicht beschlossen. Diese legistische Intention lässt es daher geboten erscheinen, die Einzelfallbeurteilung durchaus dynamisch zu gestalten. Dies vor allem mit Blick auf die Einzelfallgerechtigkeit.

Überwiegend muss, wie bereits dargelegt, die Anwendung des § 21 VStG bei einer derartigen Übertretung, in aller Regel an der damit einhergehenden qualifizierten Tatschuld und Tatfolgen scheitern. Hier fühlte sich durch die verspätete Meldung weder jemand subjektiv geschädigt, noch zu vermeidbaren Dispositionen (Nachforschungen) veranlasst und der Berufungswerberin kann hier darüber hinaus auch nicht zugesonnen werden, dass sie diesen Vorfall je zu verschleiern gedachte. Vielmehr sind glaubhafte und sachlich nachvollziehbare Umstände der unverzüglichen Meldung entgegen gestanden, die es bei der Beurteilung des Verschuldens zu berücksichtigen galt (vgl. etwa auch die h. Erk. vom 10. Mai 2004, VwSen-109647/8/Sch/Jo Linz und 9. August 2005, VwSen-160675/2/Ki/Da).

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet es jedoch auch hier als geboten, diesbezüglich zumindest eine Ermahnung auszusprechen, um die Beschuldigte vor Übertretungen gleicher Art künftig abzuhalten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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