Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161058/8/Kei/Bb/Ps

Linz, 15.02.2006

 

 

 

VwSen-161058/8/Kei/Bb/Ps Linz, am 15. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die am 27.12.2005 zur Post gegebene und am 28.12.2005 eingelangte Berufung der Frau G W, L, B, gegen den Zurückweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7.12.2005, Zl. VerkR96-11000-2005/Her, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 49 VStG, § 51 VStG und § 17 ZustG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufungswerberin (Bw) mit Strafverfügung vom 10.10.2005, Zl. VerkR96-11000-2005, wegen einer Übertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 für schuldig befunden und über sie eine Verwaltungsstrafe von 180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) verhängt. Diese Strafverfügung wurde laut vorliegendem Verfahrensakt am 19.10.2005 - im Wege der Hinterlegung beim Postamt W - zugestellt.

 

2. Der gegen diese Strafverfügung erhobene und mit 30.10.2005 datierte Einspruch - eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 10.11.2005 - wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7.12.2005, Zl. VerkR96-11000-2005/Her, nach erfolgtem Verspätungsvorhalt, gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

 

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Bw fristgerecht Berufung mit der Begründung, dass sie ortsabwesend gewesen sei. Sie argumentiert, dass sie zum Zeitpunkt der Zustellung auf Urlaub in Osttirol gewesen sei. Sie könne keine Hotelrechnungen beibringen, da sie von 17.10. bis 28.10.2005 bei langjährigen Freunden wohnhaft gewesen sei.

 

4. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land und Wahrung des Parteiengehörs. Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt, weil bereits aus der Aktenlage bzw. aufgrund der ergänzenden Erhebungen ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).


Auf den im Rahmen des Parteiengehörs erfolgten Verspätungsvorhalt vom 17.1.2006 - nachweislich zugestellt am 19.1.2006 - hat die Bw mit Schriftsatz vom 22.1.2006 neuerlich ausdrücklich erklärt, von 17.10.2005 bis 28.10.2005 bei Freunden in S (Osttirol) Urlaub gemacht zu haben. Die Adresse laute: Familie R E und E, A, S. Eine schriftliche Bestätigung ihrer Freunde werde noch vorgelegt. Das Datum ihrer Rückkehr sei der 28.10.2005 (Freitag) gewesen. Am Samstag, den 29.10.2005 habe sie sich den Brief abgeholt. Retour geschrieben habe sie am Sonntag, den 30.10.2005 und am 31.10.2005 habe sie diesen der Post zur Beförderung übergeben.

 

Mit Eingabe vom 8.2.2006 wurde von Herrn und Frau R schriftlich bestätigt, dass die Bw in der Zeit von 17.10. - 28.10.2005 bei ihnen in A auf Besuch gewesen sei.

 

Die belangte Behörde führte im Rahmen des ihr eingeräumten Parteiengehörs mit Schriftsatz vom 13.2.2006 aus, dass die Ortsabwesenheit der Bw zur fraglichen Zeit niemals in Zweifel gezogen worden sei. Faktum sei, dass der Einspruch rechtzeitig verfasst worden sei, obwohl die Strafverfügung erst gegen Ende der Hinterlegungsfrist behoben worden sei. Die Frage sei, warum ein rechtzeitig verfasster Einspruch erst am 10.11.2005 bei der Behörde eingelangt ist. Das Briefkuvert weise anstelle des Poststempels einen chiffrierten Code auf, welcher grundsätzlich nur bei Massensendungen verwendet werde. Von einer Dechiffrierung habe die belangte Behörde abgesehen, da dies einen zusätzlichen Aufwand bedeuten würde, der ihrer Meinung nach, von der Bw zu tragen sei, da diese eine rechtzeitige Einspruchserhebung nachweisen müsse.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.


Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs.3 leg.cit zu vollstrecken.


Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist das Schriftstück, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.


Im gegenständlichen Fall konnte die Bw durch Vorlage geeigneter Bescheinigungsmittel glaubhaft machen, dass sie sich weder zur Zeit des ersten noch des zweiten Zustellversuchs noch zur Zeit der Hinterlegung an der Abgabestelle aufgehalten hat und sie somit nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Die diesbezügliche Bestätigung ihrer Freunde erscheint der Berufungsbehörde glaubhaft und schlüssig.

 

Wenn auch nicht auszuschließen ist, dass der Zusteller annehmen konnte, dass sich die Bw regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so war doch die Zustellung iSd § 17 Abs.3 Zustellgesetz vorerst unwirksam, dh, diese Zustellung wurde erst an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam. Nachdem die Bw erst am 28.10.2005 (Freitag) zur Abgabestelle zurückgekehrt ist, ist davon auszugehen, dass die Bw wegen Abwesenheit von der Abgabestelle, nicht vor dem 28.10.2005 vom gegenständlichen Zustellvorgang hat Kenntnis erlangen können. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass die Zustellung der gegenständlichen Strafverfügung nicht vor dem 28.10.2005 erfolgt ist und der erfolgte mit 30.10.2005 datierte Einspruch - eingelangt am 10.11.2005 bei der belangten Behörde - fristgerecht erhoben wurde.

Erhebungen hinsichtlich des Tages, an dem der Einspruch der Post zur Beförderung übergeben wurde, waren sohin entbehrlich.

 

Der Berufung war sohin Folge zu geben und es ist durch die Erstbehörde das ordentliche Verfahren (§ 49 Abs.2 VStG) einzuleiten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Keinberger

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum