Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161072/8/Zo/Da

Linz, 02.03.2006

 

 

 

VwSen-161072/8/Zo/Da Linz, am 2. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H F, geb. , G, vom 12.12.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 20.10.2005, Zl. VerkR96-1403-2005, wegen mehrerer Übertretungen der Verordnung (EWG) 3821/85 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündigung am 27.2.2006 zu Recht erkannt:

 

  1. Hinsichtlich Punkt 5 wird der Berufung stattgegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
  2.  

  3. Hinsichtlich der Punkte 1, 2, 3 und 4 wird die Berufung gegen den Schuldspruch abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Strafen werden für jeden Punkt auf jeweils 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 80 Stunden) herabgesetzt.
  4.  

  5. Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren reduzieren sich auf 48 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.4 iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

Zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Erstinstanz wirft dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vor, dass er am 5.2.2005 um 10.35 Uhr das Sattelkraftfahrzeug UU-, UU- auf der A25 in Fahrtrichtung Linz gelenkt habe, wobei anlässlich einer Kontrolle auf Höhe von km 9,625 festgestellt worden sei, dass er

1. das Schaublatt vom 1.2.2005 dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen nicht vorgelegt habe, obwohl er als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges dem Kontrollbeamten auf dessen Verlangen die Schaublätter der laufenden Woche sowie des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen müsse.

In den Punkten 2, 3 und 4 des Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er jeweils das Schaublatt vom 2.2.2005, vom 3.2.2005 und vom 4.2.2005 dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen nicht vorgelegt habe.

Im Punkt 5 wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er die Fahrt mit einem defekten Kontrollgerät angetreten bzw. fortgesetzt habe, obwohl das Kontrollgerät schon länger als eine Woche defekt gewesen sei und eine Reparatur nicht durchgeführt wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre: Die Grundlinie des Geschwindigkeitsaufschriebes habe sich unter der Markierung befunden.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu 1. bis 4. jeweils Übertretungen des Art.15 Abs.7 der Verordnung (EWG) 3821/85 und zu 5. eine Übertretung nach Art.16 Abs.1 der Verordnung (EWG) 3821/85 begangen. Es wurden deshalb zu den Punkten 1, 2, 3 und 4 jeweils Geldstrafen in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 144 Stunden) sowie zu 5. eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 90 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er den Sachverhalt ohnedies schon schriftlich erklärt habe. Seine Verurteilung beruhe lediglich auf Mutmaßungen und es würde ihm unterstellt, dass er vier Tage lang wahrscheinlich ein anderes Fahrzeug gelenkt habe. Das würde nicht den Tatsachen entsprechen. Die vier fehlenden Schaublätter könne er nicht vorlegen, weil er nicht gefahren sei. Der LKW sei nach Schottland unterwegs gewesen und die Schaublätter für diese vier Tage müsse der tatsächliche Fahrer bei sich führen. Diesen kenne er nicht persönlich, er habe nur zwei- oder dreimal mit ihm telefoniert.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.2.2006, bei welcher der Verfahrensakt verlesen und der Arbeitgeber des Berufungswerbers, Herr P H als Zeuge einvernommen wurde. Sowohl der Berufungswerber als auch die Erstinstanz haben an der Verhandlung nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit das gegenständliche Sattelkraftfahrzeug auf der A25. Bei einer Verkehrskontrolle auf Höhe von km 9,625 wies er dem Gendarmeriebeamten das Schaublatt vom 30.1.2005 sowie jenes vom 5.2.2005 vor. Die Schaublätter vom 1., 2., 3. und 4.2.2005 legte er dem Gendarmeriebeamten trotz Aufforderung nicht vor. Er gab an, dass er das Sattelkraftfahrzeug am Zollhof übernommen habe und den Lenker M K nicht gesehen habe. Den Fahrzeugschlüssel habe Herr K beim Sattelkraftfahrzeug im Filtereinsatz hinterlegt. Eine Bestätigung des Arbeitgebers über freie Arbeitstage habe er sich nicht besorgen können.

 

Der Berufungswerber besuchte am 2.2.2005 in der Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr einen Arzt (vgl. die im Verfahren vorgelegte Bestätigung). Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Arbeitgeber des Berufungswerbers aufgefordert, die entsprechenden Schaublätter der Erstinstanz zu übermitteln. Dazu gab dieser an, dass der Berufungswerber die Schaublätter noch hätte und sich dieser im Krankenstand befinden würde.

 

Bei der Berufungsverhandlung gab der Geschäftsführer des Arbeitgebers des Berufungswerbers, Herr P H als Zeuge an, dass der Berufungswerber im Juli 2004 bei ihm als Kraftfahrer begonnen habe. Das Dienstverhältnis sei am 24.6.2005 beendet worden. Der Berufungswerber habe sich vom 24.2.2005 bis einschließlich 11.6.2005 im Krankenstand befunden. In der Zeit vom 1. bis 23.2.2005 habe er durchgehend bei der T T GmbH gearbeitet. Diesbezüglich legte der Zeuge auch eine Aufstellung der Krankenstände des Berufungswerbers an die Oö. Gebietskrankenkasse in Kopie vor. Nach Angaben des Zeugen lenkte der Berufungswerber im gegenständlichen Zeitraum ausschließlich das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen UU-. Hinsichtlich der konkreten Schaublätter vom 1. bis 4.2.2005 sei der Berufungswerber aufgefordert worden, diese seinem Arbeitgeber zu übermitteln, er ist dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen. Zu den Angaben des Berufungswerbers anlässlich der Kontrolle, dass ein Herr M K das Sattelkraftfahrzeug gelenkt habe, gab der Arbeitgeber des Berufungswerbers an, dass er sicher nie einen "Herrn K" beschäftigt habe.

 

Bezüglich des defekten Geschwindigkeitsaufschriebes gab der Zeuge an, dass die Kraftfahrer die Anweisung haben, Defekte nach Möglichkeit bei der Vertragswerkstätte in Haid reparieren zu lassen. Entsprechend dem im Akt befindlichen Schaublatt vom 30.1.2005 war der Geschwindigkeitsschreiber zumindest seit diesem Tag defekt.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Art.15 Abs.7 der Verordnung (EWG) 3821/85 lautet: Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, muss er dem Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

die Schaublätter für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist,

die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen Karte ist und

die Ausdrucke aus dem Kontrollgerät gemäß Anhang I B mit dem in Absatz 3 zweiter Gedankenstrich Buchstaben a, b, c und d genannten Zeiten, falls der Fahrer in dem im ersten Gedankenstrich genannten Zeitraum ein Fahrzeug gelenkt hat, das mit einem solchen Gerät ausgerüstet ist.

 

Ein ermächtigter Kontrollbeamte kann die Einhaltung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 überprüfen, indem er die Schaublätter, die im Kontrollgerät oder auf der Fahrerkarte gespeicherten Daten oder anderenfalls jedes andere beweiskräftige Dokument, das die Nichteinhaltung einer Bestimmung rechtfertigt, analysiert.

 

Gemäß Art.16 Abs.1 muss der Unternehmer bei einer Betriebsstörung oder bei mangelhaftem Funktionieren des Gerätes die Reparatur, sobald die Umstände dies gestatten, von einem zugelassenen Installateur oder einer zugelassenen Werkstatt durchführen lassen.

Kann die Rückkehr zum Sitz des Unternehmens erst nach mehr als einer Woche nach dem Tag des Eintritts der Störung oder der Feststellung des mangelhaften Funktionierens erfolgen, so ist die Reparatur unterwegs vorzunehmen.

 

5.2. Hinsichtlich des defekten Geschwindigkeitsaufschriebes ist festzuhalten, dass dieser Defekt am Kontrollgerät auf Grund des im Akt befindlichen Schaublattes vom 30. Jänner 2005 offenkundig ist. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht festgestellt werden konnte, ob der Geschwindigkeitsaufschrieb bereits über längere Zeit defekt war. Entsprechend Art.16 Abs.1 der Verordnung (EWG) 3821/85 hat der Unternehmer für die Reparatur eines derartigen Defektes eine Woche Zeit. Entsprechend den im Akt befindlichen Unterlagen hat dieser Defekt zumindest 6 Tage angedauert. Ob er bereits seit mehr als einer Woche bestanden hat, kann jedoch nicht bewiesen werden. Es ist daher Punkt 5 des angeführten Straferkenntnisses im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers einzustellen.

 

Hinsichtlich der Schaublätter vom 1., 2., 3. und 4.2.2005 hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben, dass der gegenständliche LKW in dieser Zeit vom Berufungswerber gelenkt wurde. Entsprechend den Angaben seines Arbeitgebers war er in dieser Zeit durchgehend beschäftigt und auch nicht im Krankenstand. Der Umstand, dass er am 2.2.2005 vormittags bei einem Arzt war, ändert nichts daran, dass der Berufungswerber auch an diesem Tag den gegenständlichen LKW lenken konnte. Er war jedenfalls nicht den ganzen Tag über krank gemeldet sondern hat sich lediglich 4 Stunden bei einem Arzt aufgehalten. Es ist daher als erwiesen anzusehen, dass der Berufungswerber an den gegenständlichen Tagen das konkrete Sattelkraftfahrzeug tatsächlich lenkte und die Schaublätter dem Gendarmeriebeamten trotz dessen Verlangen nicht vorlegte.

 

Das Verfahren hat keinerlei Hinweise ergeben, dass den Berufungswerber an diesen Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffen würde. Es ist ihm daher gemäß § 5 Abs.1 VStG zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd gewertet. Sie hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass derartige Verwaltungsübertretungen häufig dazu dienen, Überschreitungen der Lenkzeit bzw. Unterschreitungen der Ruhezeit zu verschleiern. Im Hinblick auf die erheblichen Gefahren, welche von übermüdeten Lenkern von Schwerkraftfahrzeugen ausgeht, ist die Verhängung von spürbaren Geldstrafen sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die konkreten Verwaltungsübertretungen beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 175/2004 2.180 Euro. Unter Berücksichtigung dieses gesetzlichen Strafrahmens sowie der von der Erstinstanz geschätzten Einkommens- und Vermögungsverhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen 1.500 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten), welcher dieser nicht widersprochen hat, erscheinen die von der Erstinstanz festgesetzten Strafen dennoch überhöht. Die bisherige Unbescholtenheit stellt bei einem Berufskraftfahrer doch einen wesentlichen Strafmilderungsgrund dar, weshalb die von der Erstinstanz festgesetzten Geldstrafen herabgesetzt werden konnten. Eine weitere Herabsetzung war jedoch aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht mehr möglich.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

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