Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161082/25/Fra/Sp

Linz, 14.06.2006

 

 

 

VwSen-161082/25/Fra/Sp Linz, am 14. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn MB vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. K-GH gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16.12.2005, VerkR96-1-260-2005-Ga, wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.162 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil er am 14.7.2005 gegen 00.40 Uhr den Pkw, Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,54 Promille Blutalkoholgehalt zum Zeitpunkt der Blutabnahme um 03.25 Uhr / Zeitdifferenz zwischen Lenkzeit und dem Zeitpunkt der Blutabnahme: 2 Stunden und 45 Minuten / zum Lenkzeitpunkt um 00.40 Uhr / 14.7.2005 lag daher ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,60 Promille oder mehr vor) auf der Sattledterstraße im Gemeindegebiet von Steinerkirchen an der Traun, aus Richtung Sattledt kommend in Richtung Steinerkirchen an der Traun (bis nächst dem Strkm. 11,277 der Sattledterstraße) gelenkt hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der
verhängten Geldstrafe sowie ein Betrag von 198,94 Euro für die Blutuntersuchung vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Das Straferkenntnis wird in seinem gesamten Umfang angefochten.

 

Der Bw verweist auf die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses. Darin wird ausgeführt dass sich im Zuge der Unfallserhebungen der Verdacht ergeben habe, er habe sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden (angebliche Rötung der Augenbindehäute bzw. angeblicher Alkoholgeruch). Die Durchführung einer Atemluftprobe sei jedoch aufgrund der beim Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen nicht möglich gewesen. Unter Hinweis auf diese Ausführungen bringt der Bw vor, die Behörde stelle selbst fest, dass eine Aufforderung zur Blutabnahme vor Ort nicht ergangen und demnach auch keine Zustimmung des Notarztes zur Blutabnahme am Unfallort vorgelegen sei. Der Grund der Blutabnahme - welche sodann im Krankenhaus der Kreuzschwestern in Wels durchgeführt worden ist und in weiterer Folge dem diensthabenden Organ, Frau RI S, durch das Krankenhaus der Kreuzschwestern Wels zur weiteren Verwendung ausgefolgt wurde - sei ihm nicht mitgeteilt worden.

 

Als richtig gestehe er zu, dass er beim gegenständlichen Verkehrsunfall erheblich verletzt wurde (Halswirbelbruch). Er sei zu keinem Zeitpunkt von einem Organ der öffentlichen Straßenaufsicht zur Durchführung einer Blutabnahme iSd § 5 StVO 1960 aufgefordert worden. Er wäre aufgrund der erlittenen Verletzungen am Unfallsort auch gar nicht in der Lage gewesen, den Sinngehalt einer Erläuterung vor der Blutabnahme zu verstehen, geschweige denn eine Willensentscheidung zu treffen und einer solchen Aufforderung im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte Folge zu leisten. Überdies könne eine Zustimmung zu einer ärztlichen Untersuchung gegenüber einem diensthabenden Arzt in einer öffentlichen Krankenanstalt - ohne nähere Aufklärung - nicht als Zustimmung zu einer Blutabnahme iSd § 5 StVO 1960 gewertet werden. Eine Zustimmungserklärung zur Blutabnahme könne auch konkludent erfolgen; dafür sei aber erforderlich, dass dem Betroffenen vorher zur Kenntnis gebracht wurde, aus welchem Grund man ihm Blut abnehmen wolle. Eine konkludente Zustimmung zur Blutabnahme könne nicht angenommen werden, wenn der Untersuchte aufgrund seines Verletzungszustandes nicht in der Lage ist, eine solche Zustimmung zu erteilen (VwGH vom 19.4.1988, 87/11/0214).

 

Wenn § 5 Abs.6 StVO 1960 zwar unter bestimmten Voraussetzungen eine Verpflichtung festlegt, sich einer Blutabnahme zu unterziehen, und im Verein mit § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 für den Fall der Verletzung dieser Pflicht eine Verwaltungsstrafe vorsieht, ohne jedoch die Verwaltungsbehörde zum Zwecke der Blutabnahme mit direkten Zwangsbefugnissen auszustatten, scheidet eine Blutabnahme an bewusstlosen bzw. schwerverletzten Personen schon deswegen aus, weil bei diesen eine Blutabnahme zum Zwecke der Blutalkoholfeststellung von vornherein lediglich als unmittelbare behördliche Zwangsmaßnahme denkbar und möglich ist (vgl. VfGH 6.12.1988, B1092/87, JBL1989, 374). Das Verbot stützt sich einerseits darauf, dass die Blutabnahme einen zwangsweisen Eingriff in die körperliche Integrität darstellt, andererseits auf ein auf Art.90 Abs.2 B-VG geschütztes strikt verstandenes Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung, sodass er sich in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten als verletzt erachte. Eine Verwertung des abgenommenen Blutes als Beweismittel ist nur - und ausschließlich dann - zulässig, wenn der Abnahme ausdrücklich die Zustimmung erteilt worden ist (VwGH 15.5.1981, 02/2524/79). Im Sinne dieser Ausführungen sei der Eingriff (Blutabnahme) daher gesetzlos und verletzte ihn überdies in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisten Recht auf Achtung seines Privatlebens gemäß Art.8 Abs.1 MRK. Mangels einer Zustimmung zur Blutabnahme unterliegen die Ergebnisse der Blutuntersuchung einem strengen Beweismittelverbot, weshalb nach Ansicht des Bw eine Bestrafung gemäß § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 leg.cit. von vornherein ausscheidet.

 

Wenn die Behörde in ihrem Straferkenntnis davon ausgehe, dass eine aus Gründen der Heilbehandlung erfolgte Blutabnahme samt Auswertung keine unzulässige Verletzung der körperlichen Integrität darstellt und nicht unter das Verbot des Zwanges zur Selbstbezichtigung fällt, sodass der Verwertung des Untersuchungsergebnisses, nicht zuletzt aufgrund des im Verwaltungsstrafverfahrens geltenden Grundsatzes der Unbegrenztheit der Beweismittel, kein rechtliches Hindernis im Weg stehe, habe sie nach Meinung des Bw der von ihr zitierten Entscheidung (VwGH 20.4.2001, 2000/02/0232) eine unrichtige Bedeutung zugemessen. In der zitierten Entscheidung erteilte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem UVS seine ausdrückliche Zustimmung zur Verwertung seiner Krankengeschichte, welche auch die Auswertung seines Blutes umfasste, sodass die medizinischen Unterlagen in der Folge verlesen wurden. Er habe jedoch weder einer Blutabnahme noch deren Verwertung im Verwaltungsverfahren zugestimmt. Seine Blutprobe sei dem diensthabenden Organ, Frau RI S, durch das Krankenhaus der Kreuzschwestern in Wels unter Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Achtung seines Privatlebens bzw. unter Verletzung der datenschutzrechtlichen Normen zur weiteren Verwendung ausgefolgt worden. Mangels einer Aufforderung zur Blutabnahme seitens der Organe der öffentlichen Straßenaufsicht sei die Blutprobe rechtswidrigerweise an die Behörde ausgefolgt worden, sodass ein Beweiserhebungs- bzw. Beweisverwertungsverbot vorliege. Der Beweiswürdigung fehle es überdies an jeglichen Erwägungen und beschränke sich diese lediglich auf die Anführung, dass der strafbare Tatbestand als erwiesen anzusehen ist. Dies entbehre jedoch leglicher Schlüssigkeit, da die Behörde einerseits davon ausgehe, dass die Durchführung einer Atemluftprobe aufgrund der beim Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen nicht möglich gewesen sei und somit auch keine Aufforderung zur Blutabnahme iSd § 5 StVO 1960 erfolgt sei und sich die Behörde andererseits auf die Zeugenaussage des diensthabenden Organes, Frau RI S, stütze, wonach ihm trotz Ansprechbarkeit der Grund der Blutabnahme zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden sei. Diese divergierenden Ermittlungsergebnisse seien in der Beweiswürdigung keinesfalls dargelegt und erörtert worden, sodass der angefochtene Bescheid aus diesem Grund zu beheben sei. Er spreche sich auch gegen den Ersatz der Kosten nach § 64 VStG aus, insbesondere gegen den Ersatz der Kosten der Blutuntersuchung, da die Blutabnahme - wie die Behörde selbst ausführe - lediglich aus medizinischen Gründen erfolgt ist und somit der Behörde keine Kosten erwachsen konnten.

 

Der Bw stellt aus den genannten Gründen den Antrag, der UVS möge seiner Berufung Folge geben,

  1. das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verfahren einstellen;
  2. in eventu die Strafe herabsetzen;
  3. in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz verweisen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen am 27. April 2006 und am 16. Mai 2006 erwogen:

 

Unstrittig ist, dass der Bw zu dem im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Zeitpunkt und an der angeführten Örtlichkeit den Pkw mit dem Kennzeichen gelenkt hat. Lt. Anzeige der Polizeiinspektion Steinerkirchen an der Traun vom 19.8.2005 kam der Bw als Lenker des oa Pkw´s bei Strkm. 11,227 der Sattledter Straße 537 von Sattledt kommend in Richtung Steinerkirchen an der Traun nach rechts von der Fahrbahn ab, geriet auf den dortigen Leitschienenbeginn und stieß gegen das Brückengeländer. In weiterer Folge flog der Pkw durch die Luft, das Fahrzeug prallte am linken Fahrstreifen der Autobahn A 8/ Innkreisautobahn, Fahrtrichtung Passau, auf und stieß gegen die Betonmittelleitwand. Beim Anprall wurde der Pkw in zwei Teile gerissen. Die Hinterachse samt Bodenplatte und Anbauteilen wurde vom Rest des Pkw´s getrennt. Bei diesem Verkehrsunfall wurde der Bw schwer verletzt und wurde mit dem Notarztwagen in das Krankenhaus Wels eingeliefert. Dort wurde er stationär behandelt und erlitt einen Bruch des zweiten Halswirbels. Am Fahrzeug entstand Totalschaden. Durch den Aufprall des Pkw´s auf der Betonmittelleitwand der A 8 wurden einige Kfz-Teile auf die Gegenfahrbahn (Fahrtrichtung Graz) geschleudert. Zwei Lenkern von Kraftfahrzeugen war es nicht mehr möglich, rechtzeitig auszuweichen. Die Meldungslegerin Frau RI S stellte lt. oa Anzeige deutlichen Alkoholgeruch beim Bw fest. Aufgrund der Verletzungen des Bw sei die Durchführung des Alkomattestes jedoch nicht möglich gewesen. Dem Bw wurde im Krankenhaus Wels Blut abgenommen und die Blutprobe zur weiteren Untersuchung an das GMI Salzburg-Linz weitergeleitet. Die Blutabnahme erfolgte am 14.7.2005 um 03.25 Uhr. Die Analyse des Blutes ergab einen Mittelwert von 1,54 Promille Blutalkoholgehalt (vgl. die im Akt einliegende Beurteilung der Gerichtsmedizin Salzburg-Linz vom 21.7.2005).

 

Die wesentliche Frage, die es in diesem Verfahren zu klären gilt, ist die Frage, zu welchem Zweck das Blut abgenommen wurde und daraus resultierend, ob die Blutprobe als Beweismittel verwertet hätte werden dürfen.

 

Der AB 60 führt zu § 5 Abs.6 StVO 1960 Folgendes aus:

"Die Verhandlungen im Ausschuss haben ergeben, dass es sich bei der Zulassung der zwangsweisen Abnahme von Blut zum Zwecke der Alkoholprobe um ein Problem der Grundrechte handelt und dass die Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit der geltenden Verfassungsrechtsordnung fraglich ist. Dies schon deshalb, weil sie einen zwangsweisen Eingriff in die körperliche Integrität darstellt, der in der österreichischen Rechtsordnung nach dem Stand der Gesetzgebung im Zeitpunkt des erstmaligen Inkrafttretens des B-VG am 10.11.1920 nicht vorgesehen war. Darüber hinaus aber muss auch noch beachtet werden, dass der Art.90 Abs.2 des B-VG für das Strafverfahren die Form des Anklageprozesses vorschreibt ......."

 

Die "obligatorische Blutabnahme" kann auch in der öffentlichen Krankenanstalt vorgenommen werden, in die eine Person zwar nicht "vorgeführt" wird, aber wegen bei einem Verkehrsunfall selbst erlittener Verletzungen eingeliefert worden ist. In diesem Fall wird die Vorführung durch die Einlieferung ersetzt, doch müssen die Voraussetzungen für die Vorführung und die "obligatorische Blutabnahme" zutreffen. Die Blutabnahme an einem Toten ist zulässig; die Blutabnahme an einem Bewusstlosen zum Zwecke der Feststellung des Alkoholgehaltes des Blutes ist unzulässig, da das Gesetz eine zwangsweise Blutabnahme iSd § 5 Abs.6 StVO 1960 nicht vorsieht. Da ein Bewusstloser zur Verweigerung der Blutabnahme (zur Zeit der Abnahme) nicht fähig ist, käme dies einer zwangsweisen Blutabnahme gleich (bezüglich der Verletzung des Art.8 Abs.1 MRK vgl. VfGH 6.12.1988, B1092/87; bezüglich des Beweismittelverwertungsverbotes im Verwaltungsverfahren vgl. VwGH [verstärkter Senat] 27.11.1979, 855/79. Der OGH hat die Zulässigkeit der Verwertung derartiger Proben durch den Versicherer als zulässig erachtet (OGH 27.6.1991, 7Ob12/91). Die Auswertung einer aus Gründen der Heilbehandlung erfolgten Blutabnahme an einem Bewusstlosen und deren Verwertung im Strafverfahren ist nach der jüngsten Judikatur des VwGH (20.4.2001, 2000/02/0232) zulässig.

 

Es muss daher immer unterschieden werden, zu welchem Zweck das Blut abgenommen werden soll: Dient die Blutabnahme an einem Bewusstlosen dem Zweck der Untersuchung auf den Alkoholgehalt, so ist sie unzulässig. Wurde das Blut aber zu Zwecken der Heilbehandlung abgenommen, so darf die Behörde, sofern sie von diesem Umstand Kenntnis erlangt, die Auswertung der Blutprobe durchführen und deren Ergebnis im Verfahren verwerten.

 

Bei der Berufungsverhandlung am 27. April 2006 hat die Oberärztin, Frau Dr. P D, Klinikum der Kreuzschwestern Wels, ausgesagt, Herr TT ein Krankenpfleger der Unfallerstaufnahme habe ihr gesagt, dass das Blut über Auftrag der Behörde abgenommen wurde. Sie habe auch mit der Meldungslegerin Frau S telefoniert. Diese hätte ihr gesagt, sie hätte bereits eine Aussage getätigt. Ihr sei in Erinnerung, dass das Blut für die Behörde abgenommen wurde.

 

Bei der Fortsetzungsverhandlung am 16. Mai 2006 konnte folgender Sachverhalt festgestellt werden:

Nach Abschluss der Verkehrsunfallerhebungen durch Frau RI S, Polizeiinspektion Steinerkirchen an der Traun, fuhr diese mit ihrem Kollegen in der Nacht des 14.7.2005 zum Krankenhaus des Klinikums der Kreuzschwestern in Wels und ersuchte den Krankenpfleger, Herrn T T, dem Beschuldigten zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes Blut abzunehmen. Die Meldungslegerin, Frau RI S, sagte dezidiert aus, dass sie nach Abschluss der Unfallserhebungen das Krankenhaus telefonisch in Kenntnis gesetzt hat, sie fahre nun zum Krankenhaus, um dem Bw, bei dem sie Alkoholisierungsmerkmale festgestellt hat, Blut abzunehmen. In der Folge wurde tatsächlich dem Beschuldigten, der sich zu dieser Zeit im Aufwachraum befand, Blut durch einen nicht bekannten Bediensteten des Krankenhauses Wels abgenommen. Die Blutprobe wurde sodann Herrn T und von diesem wiederum der Meldungslegerin Frau RI S übergeben. Frau RI S wurde nicht in den Aufwachraum hineingelassen, sondern diese wartete an der Tür. Herr T schilderte zudem, dass ihm das Röhrchen für die Blutabnahme von Frau RI S übergeben wurde. Es war ein "spezielles" Röhrchen von der Polizei zum Zweck der Blutalkoholbestimmung. An dieses Sachverhaltselement konnte sich die Meldungslegerin nicht mehr erinnern. Unstrittig kann sohin festgestellt werden, dass dem Bw rund zwei Stunden und 45 Minuten nach seiner Einlieferung in das Krankenhaus Wels Blut zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes abgenommen wurde und die Blutprobe sodann der Meldungslegerin übergeben wurde. Diese leitete sodann die Blutprobe an das Gerichtsmedizinische Institut Salzburg-Linz zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes weiter.

 

In rechtlicher Beurteilung dieses Sachverhaltes ist vor dem Hintergrund der oa Judikatur, insbesondere des Erkenntnisses des VwGH vom 20.4.2001, 2000/02/0232, im Ergebnis festzustellen, dass die Blutprobe als Beweismittel nicht verwertet hätte werden dürfen. Im oa Erkenntnis hat der VwGH ausgeführt, dass sich das Verbot, einem Bewusstlosen Blut abzunehmen, einerseits darauf stützt, dass die Blutabnahme "einen zwangsweisen Eingriff in die körperliche Integrität" (AB240 Blg.NR.9 GP3), andererseits ein auf Art.90 Abs.2 B-VG gestütztes (strikt verstandenes) Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung darstellt. Im vom VwGH zu entscheidenden Fall hat sich jedoch die Frage, ob ein Beweiserhebungs- oder Beweisverwertungsverbot vorliegt, aber aus anderer Sicht gestellt, weil die Erlangung des Beweismittels ausschließlich zu medizinischen Zwecken erfolgt ist; mit anderen Worten: die Blutabnahme zur Heilbehandlung hat mit einer durch irgendeine Vorschrift des § 5 StVO verbotenerweise erlangten Blutprobe nichts zu tun. Dadurch unterscheidet sich dieser Fall von demjenigen, welcher dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27.11.1979, Slg9975/A, zugrunde lag. Eine aus Gründen der Heilbehandlung erfolgte Blutabnahme samt Auswertung ist sohin lt. Aussage des VwGH keine unzulässige Verletzung der körperlichen Integrität und fällt auch nicht unter das Verbot des Zwanges zur Selbstbeschuldigung.

 

Die gegenständliche Blutabnahme erfolgte zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes über Ersuchen der Meldungslegerin. Dieser Sachverhalt unterscheidet sich sohin wesentlich von dem dem Erkenntnis des VwGH vom 20.4.2001, 2000/02/0232 zugrundeliegenden. Im gegenständlichen Fall hatte jedoch die erlangte Blutprobe zweifelsfrei - wie es der VwGH in diesem Erkenntnis ausdrückt - "mit der Vorschrift der § 5 StVO 1960 zu tun" - zumal die Blutabnahme über Initiative der Meldungslegerin zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkohlgehaltes erfolgt ist. Der Bw erlitt bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall schwere Verletzungen Es wurden lt. Aussage des Herrn T zahlreiche Röntgenaufnahmen sowie eine Computertomographie angefertigt und der Bw befand sich nach der Erstversorgung im Aufwachraum des Krankenhauses. Im Hinblick auf diese Umstände muss im Zweifel für den Bw davon ausgegangen werden, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, eine Willensentscheidung bezüglich der Blutabnahme zu treffen. Der tatsächliche Zustand des Bw zum Zeitpunkt der Blutabnahme kann jedoch, da nicht bekannt ist, von wem ihm Blut abgenommen wurde und ob ihm allenfalls die Gründe der Blutabnahme erläutert wurden (dies wäre Voraussetzung für eine allenfalls konkludente Zustimmung) nicht verifiziert werden.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass aufgrund des geschilderten Beweismittelverwertungsverbotes ein rechtlicher Grund vorliegt, welcher die Strafbarkeit nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 ausschließt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

 

 

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