Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161105/12/Kof/Hu

Linz, 01.03.2006

 

 

 

VwSen-161105/12/Kof/Hu Linz, am 1. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn GM vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. HV gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 5.1.2006, VerkR96-5582-2005, wegen Übertretung des § 5 Abs.2 StVO, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 27.2.2006 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen.

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern stattgegeben, als die Geldstrafe auf 1.162 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Tage herabgesetzt wird.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Verfahrenskostenbeitrag zu zahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG

§§ 64 und 65 VStG.

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu entrichten:

  • Geldstrafe.........................................................................................1.162,00 Euro

  • Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz...................................................116,20 Euro

1.278,20 Euro

 

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt 14 Tage.

 

 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis wie folgt erlassen:

"Sie haben das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie sich beim Lenken in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befunden haben.

Die Verweigerung erfolgte am 13.11.2005 um 05.37 Uhr in PI G.

Tatort des Lenkens:

Gemeinde E., Privatstraße Ortsgebiet vor Wohnanlage "I. S. 2-6".

Tatzeit des Lenkens: 13.11.2005, 05.10 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 99 Abs.1 lit. b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO

Fahrzeug: Kennzeichen AM-...., Einspuriges Motorrad........

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1.300,00

400 Stunden

§ 99 Abs.1 lit. b StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

130,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d. s.10 % der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 1.430,00 Euro."

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 23.1.2006 eingebracht.

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

Am 27.2.2006 wurde vom UVS - in den Räumlichkeiten des Gemeindeamtes E. - eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher

der Bw, dessen Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde

und die Zeugen, Herr RI J.W., PI G.,

Herr W.H. (= Zeitungszusteller und Zulassungs-Besitzer des Motorrades),

und die beiden Nachbarn des Bw, Herr G.K. und Frau C.H., teilgenommen haben.

 

Aus dem Verfahrensakt sowie insbesondere der mündlichen UVS-Verhandlung ergibt sich nachfolgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

In der Nacht vom 12.11. auf 13.11.2005 (Beginn: 12.11.2005, ca. 20.00 Uhr) fand in der Siedlung I.S. in E. im Freien eine Feier ("Siedlungsfest") statt, an welcher ursprünglich ca. 40 Personen - u.a. auch der Bw - teilgenommen haben.

Am 13.11.2005 um ca. 05.00 Uhr waren bei dieser Feier noch der Bw und weitere ca. 7 bis 8 Personen anwesend.

Zu dieser Zeit fuhr der Zeitungszusteller, Herr W.H., mit seinem Motorrad bis vor das Haus I.S. 8, stellte dieses auf den Hauptständer, ließ jedoch den Motor laufen und ging in den ersten Stock dieses Gebäudes um dort zwei Zeitungen zuzustellen.

Währenddessen setzte der Bw sich auf dieses Motorrad und fuhr auf dem Gehweg zwischen den Häusern I.S. 8 und I.S. 10.

Dabei handelte es sich um eine Strecke von ca. 15 m.

Herr W.H. ging zu seinem Motorrad bzw. zu dem sich auf diesem Motorrad befindlichen Bw und forderte diesen auf, abzusteigen, da er weiterfahren wollte sowie noch viele Zeitungen zuzustellen hatte.

Dieser Aufforderung kam der Bw erst nach einiger Zeit nach, er zog jedoch den Schlüssel aus dem Zündschloss und weigerte sich, diesen Schlüssel Herrn W.H. herauszugeben.

Herr W.H. verständigte daraufhin die PI G., welche kurz danach in der Wohnsiedlung I.S. in E. eintraf.

Anlässlich der Amtshandlung wurde der Bw am 13.11.2005 um 05.37 Uhr in der PI G. zur Vornahme des Alkotests aufgefordert, welcher von diesem verweigert wurde.

Unstrittig steht fest, dass der Bw

Der Bw hat - im gesamten Verfahren - weder das Lenken des Motorrades, noch die Verweigerung des Alkotests bestritten.

Zu den Einwendungen des Bw in der Berufung sowie in der mündlichen Verhandlung ist im Einzelnen auszuführen:

Tatort und Tatzeit einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 StVO sind

im vorliegenden Fall: PI G. am 13.11.2005 um 05.37 Uhr.

VwGH vom 25.11.2005, 2004/02/0145; vom 11.5.2004, 2004/02/0056;

vom 29.8.2003, 2003/02/0146 alle mit Vorjudikatur uva.

Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 StVO sind Zeit und Ort des Lenkens keine Tatbestandsmerkmale;

VwGH vom 21.10.2005, 2004/02/0086 mit Vorjudikatur

Es ist daher nicht erforderlich, in den Spruch eines Straferkenntnisses wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 StVO Tatzeit und Tatort des Lenkens aufzunehmen bzw. handelt es sich - sofern Tatzeit und Tatort des Lenkens im Spruch des Straferkenntnisses enthalten sind - um einen überflüssigen Spruchbestandteil.

Dass im erstinstanzlichen Straferkenntnis unter

Tatort des Lenkens: "Gemeinde E., Privatstraße Ortsgebiet vor Wohnanlage"

unrichtigerweise: "I.S. 2-6" anstelle: richtigerweise: "I.S. 8-10",

angeführt ist, ist somit rechtlich bedeutungslos.

Der Bw bringt weiters - im Ergebnis - vor, der Gehweg vor der Wohnanlage I.S. 8 bis I.S. 10 sei eine Straße ohne öffentlichen Verkehr iSd § 1 Abs.2 StVO.

Dieser Gehweg liegt unstrittig auf Privatgrund - Eigentümer ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs.1 StVO kommt es jedoch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund bzw. nicht darauf an, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht;

VwGH vom 12.5.2005, 2003/02/0098; vom 26.1.2001, 2001/02/0008 uva.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung wurde ein Lokalaugenschein durchgeführt.

Der Gehweg befindet sich unmittelbar neben den Objekten I.S. 8 bis I.S. 10. Auf der anderen Seite des Gehweges befindet sich in diesem Bereich durchgehend ein Zaun.

Der Zugang zu diesem Gehweg ist nicht abgeschrankt und befinden sich dort auch keinerlei Verbotstafeln.

Der Zugang ist somit für jedermann möglich.

Auch bei einem für den Fußgängerverkehr bestimmten, von der Fahrbahn abgegrenzten Gehsteig oder Gehweg, handelt es sich grundsätzlich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr; VwGH vom 31.10.1990, 90/02/0081.

Der Bw hat bei der UVS-Verhandlung vorgebracht, dass ein Betreten des Gehweges zu bzw. bei den Häusern I.S. 8 und 10 nicht für jedermann, sondern nur für die Wohnungseigentümer möglich sei.

Dieser Gehweg wird idR nur von Bewohnern der Wohnhäuser I.S. 8 und I.S. 10 sowie deren Besucher, Lieferanten usw. benützt.

Weiters erachten es die Bewohner der Häuser I.S. 8 und I.S. 10 als unerwünscht, falls andere Personen diesen Gehsteig benützen würden.

Dies ändert jedoch nichts daran, dass dieser Gehweg faktisch von jedermann benützt werden kann; z.B. wurde bei der mündlichen UVS-Verhandlung im Rahmen des Lokalaugenscheines dieser Gehweg von allen anwesenden (insgesamt acht) Personen begangen bzw. benützt.

Bei diesem Gehweg - auf welchem der Bw das Motorrad des Herrn W.H. auf einer Strecke von ca. 15 m gelenkt hat - handelt sich somit um eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs.1 StVO; VwGH vom 3.10.1990, 90/02/0094 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 25.4.1985, 85/02/0122, 0123.

Unabhängig davon ist noch auszuführen, dass eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 StVO bereits dann vorliegt, wenn der bloße "Verdacht" gegeben ist, der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt.

Dies gilt auch hinsichtlich des Lenkens auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs.1 StVO, sodass auch in dieser Hinsicht ein Verdacht genügt!

VwGH vom 19.10.2004, 2002/02/0049.

Der Bw war im Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest der Meinung, die StVO sei - da er auf Privatgrund gefahren ist - nicht anwendbar und er wäre somit nicht verpflichtet (gewesen), einen Alkotest durchzuführen.

Es liege daher entschuldbare Rechtsunkenntnis bzw. mangelndes schuldhaftes Verhalten iSd § 5 Abs.2 VStG vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kann jedoch die Unkenntnis oder irrige Auslegung von Bestimmungen der StVO für Lenker von Kfz nicht als unverschuldet angesehen werden. Insbesondere hätte der Bw aufgrund der durch einen Polizeibeamten erfolgten Aufforderung zur Vornahme des Alkotests jedenfalls Zweifel an seiner unrichtigen Rechtsansicht haben müssen;

VwGH vom 19.10.2004, 2002/02/0049 mwH; vom 11.8.2005, 2003/02/0170;

siehe auch VwGH vom 11.5.2004, 2004/02/0005 - dieses Erkenntnis hat einen Radfahrer betroffen, welcher sich nicht im Besitz einer Lenkberechtigung befunden hat und somit kein geprüfter und geschulter Fahrzeuglenker war!

Polizeiorgane sind - im Zuge der von ihnen durchgeführten Amtshandlungen - nicht verpflichtet, rechtliche Aufklärungen über die Folgen der Verweigerung der Atemluftprobe zu geben, da einem geprüften Kfz-Lenker die Bestimmungen der StVO bekannt sein müss(t)en;

VwGH vom 15.12.1992, 92/11/0198; vom 21.10.1992, 92/02/0195;

vom 25.3.1992, 92/02/0006 und vom 20.5.1994, 94/02/0184 alle mit Vorjudikatur.

Die Berufung war daher hinsichtlich des Schuldspruchs als unbegründet abzuweisen.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Bw bislang unbescholten war und mit dem Motorrad eine Fahrtstrecke von "nur" ca. 15 m zurückgelegt.

Es ist daher gerechtfertigt und vertretbar, die im § 99 Abs.1 lit.b StVO vorgesehene Mindeststrafe von 1.162 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage, festzusetzen.

Gemäß § 64 Abs.2 beträgt der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz 10 % der neu festgesetzten Geldstrafe (= 116,20 Euro).

Gemäß § 65 VStG für das Verfahren vor dem UVS kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kofler

 

 

Beschlagwortung:

§ 5 Abs.2 StVO; Tatort und Tatzeit; Straße mit öffentlichem Verkehr; Rechtsunkenntnis

 

 

 

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