Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400467/5/WEI/Bk

Linz, 08.08.1997

VwSen-400467/5/WEI/Bk Linz, am 8. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des Sami T, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheids vom 15. Juli 1997, Zl. Fr-94.980, sowie der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 3.365,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen: §§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz -FrG (BGBl Nr. 838/1992) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 474/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom folgenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (Bf), ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien albanischer Volkszugehörigkeit, ist mit Hilfe eines Schleppers am 10. Juli 1997 auf der Ladefläche eines LKWs versteckt illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist. Er bestieg den LKW in Pristina/Jugoslawien und verließ ihn erst am Nachmittag des 10. Juli 1997 in Wien. Dem Schlepper zahlte er noch in Pristina DM 2.100,--. In der Folge stellte der Bf einen Asylantrag und wurde am 15. Juli 1997 vom Bundesasylamt, Außenstelle Linz, niederschriftlich einvernommen. Nach dieser Einvernahme wurde der Bf von Organen der belangten Behörde in Schubhaft genommen. Die Übernahme des Schubhaftbescheides hat der Bf durch seine Unterschrift auf dem aktenkundigen Rückschein bestätigt.

Mit dem Mandatsbescheid vom 15. Juli 1997, Zl. Fr-94.980, ordnete die belangte Behörde zur Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens sowie zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung des Bf (Schubhaft) an. Begründend verwies die belangte Behörde auf die illegale Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne Reisedokument und unter Sichtvermerk. Der Bf wäre mittellos und nicht in der Lage, den Besitz der Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen. Da er als unstet betrachtet werden müßte, bestünde Grund zur Annahme, er könnte sich auf freiem Fuß durch Untertauchen in der Anonymität den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen oder diese zumindest erschweren.

1.2. Die belangte Behörde hat die fremdenpolizeiliche Einvernahme bereits am 16. Juli 1997 unter Beiziehung eines Dolmetschers durchgeführt. Der Bf schilderte seine Reise nach Österreich und gab an, daß er zur Zeit DM 70,-- und S 182,-- besitze und nur einen Personalausweis hätte. Es wurde ihm mitgeteilt, daß die Erlassung eines auf fünf Jahr befristeten Aufenthaltsverbots beabsichtigt sei. Der ledige Bf gab an, daß seine Eltern und eine Schwester noch im Kosovo lebten. Ein Bruder, dessen Adresse ihm aber nicht bekannt sei, befände sich in Österreich. Außerdem sei er nicht vorbestraft und werde in Jugoslawien auch nicht gesucht. Die Polizei verfolge ihn allerdings aus den Gründen, die er im Verfahren vor dem Bundesasylamt geäußert hätte.

Die belangte Behörde eröffnete dem Bf, daß er in sein Heimatland abgeschoben werden soll. Seine Vertretungsbehörde werde daher ersucht werden, ein Heimreisezertifikat auszustellen. Nach Belehrung über eine Antragstellung iSd § 54 FrG stellte der Bf den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in den Staat Jugoslawien und verwies dazu auf seine Angaben beim Bundesasylamt.

1.3. Mit Bescheid vom 17. Juli 1997, Zl. Fr-94.980, hat die belangte Behörde im Grunde des § 18 Abs 1 und 2 Z 7 FrG gegen den Bf ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot ausgesprochen und gleichzeitig gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen. Der Bf hat die Übernahme dieses Bescheids noch am 17. Juli 1997 mit seiner Unterschrift bestätigt. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Bf nicht die Mittel zum Nachweis seines Unterhalts besitze und illegal mit Hilfe von Schleppern eingereist sei. Es bestehe die Gefahr, daß sich der Bf seinen Lebensunterhalt durch strafbare Handlungen verschaffen werde. Er könnte infolge Mittellosigkeit auch eine finanzielle Belastung für die Republik Österreich werden. Eine Gefährdung öffentlicher Interessen liege daher vor.

Gegen dieses Aufenthaltsverbot hat der Bf durch seinen Rechtsvertreter die Berufung vom 31. Juli 1997, eingelangt am 4. August 1997, eingebracht. Eine Entscheidung der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich ist noch nicht aktenkundig.

1.4. Mit Schreiben vom 21. Juli 1997 hat die belangte Behörde das jugoslawische Generalkonsulat in Salzburg unter Vorlage zweier Paßbilder und des Personalausweises um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf ersucht. Eine Reaktion dieser Vertretungsbehörde ist noch nicht aktenkundig.

1.5. Mit Bescheid vom 23. Juli 1997, Zl. 97 03.162-BAL, hat das Bundesasylamt, Außenstelle Linz, den Asylantrag des Bf gemäß § 3 AsylG 1991 abgewiesen und die aufschiebende Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs 2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen. Das Bundesasylamt teilte der belangten Behörde mit, daß dem Bf keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 AsylG 1991 zukomme, da er illegal über Drittstaaten in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 AsylG 1991 wurde vom Bundesasylamt nicht erteilt.

Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes brachte der Bf durch seinen Rechtsvertreter rechtzeitig die Berufung vom 5. August 1997 ein. Der Asylakt befindet sich zur Berufungsentscheidung beim Bundesminister für Inneres.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Juli 1997 wurde der anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme vom Bf gestellte Antrag gemäß § 54 Abs 1 FrG auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien negativ entschieden und festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Bf in der Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 37 Abs 1 oder 2 FrG bedroht sei. Seine Abschiebung in dieses Land sei daher zulässig.

1.6. Mit Schriftsatz vom 31. Juli 1997, eingelangt beim O.ö. Verwaltungssenat am 4. August 1997, hat der Bf durch seinen Rechtsvertreter Schubhaftbeschwerde mit den Anträgen eingebracht, die Rechtswidrigkeit des Bescheides, der Festnahme und der Anhaltung kostenpflichtig festzustellen.

2.1. Die Schubhaftbeschwerde führt unter Hinweis darauf, daß die Erledigung des Asylantrages noch nicht rechtskräftig wäre, zur Situation des Bf in seinem Heimatland aus. Der Bf wäre als Kosovo-Albaner schon 1995 von der serbischen Polizei verhaftet und geschlagen worden, weil er zu einer Schießerei in der Nähe seines Wohnsitzes keine Angaben machen konnte. Bei einem Fluchtversuch hätte er sich an einem Gartenzaun so schwer verletzt, daß er bewußtlos ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Im November 1996 wäre es wieder zu einer willkürlichen Verhaftung durch die serbische Polizei gekommen. Der Bf wäre stellvertretend für seinen Bruder Mosle T, einem leitenden Funktionär der Albanischen Demokratischen Partei, grundlos verhaftet und verprügelt worden. Regelmäßige Verhaftungen und Mißhandlungen auf Polizeistationen wären von der serbischen Polizei praktizierte Druckmittel gegen Oppositionspolitiker und deren Familienangehörige. Deshalb hätte der Bf um Asyl ersucht, dessen Gewährung nicht wegen der in Anspruch genommenen Schlepperdienste in Frage stehen könne.

Zur Mittellosigkeit des Bf bringt die Schubhaftbeschwerde vor, daß die Caritas in Wien, dem Bf Nahrung und Unterkunft gewähren würde, wofür auch eine Garantieerklärung beigebracht werden könnte. Die Verhängung der Schubhaft wäre daher nicht notwendig gewesen.

2.2 Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt, die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt und im Vorlageschreiben unter Hinweis auf die Aktenlage ihren Standpunkt bekräftigt, daß der Bf auf freiem Fuße in die Anonymität untertauchen und sich der zu erwartenden Abschiebung entziehen werde. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Die formellen Voraussetzungen der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde liegen vor. Sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Die Inschubhaftnahme des Bf zur Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens und der späteren Abschiebung war offensichtlich notwendig, weil der Bf illegal unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne Reisedokument sowie ausreichende Mittel für seinen Lebensunterhalt in das Bundesgebiet eingereist ist. Aus der Aktenlage ergibt sich auch eindeutig, daß der Bf nicht bereit sein wird, das österreichische Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Mangels eines gültigen Reisedokuments wäre ihm das auf legalem Wege auch nicht möglich. Mittlerweile ist das auf fünf Jahre befristete, sofort durchsetzbare Aufenthaltsverbot vom 17. Juli 1997 für das Gebiet der Republik Österreich erlassen worden. Gemäß § 48 Abs 3 FrG gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft mit Durchsetzbarkeit des Administrativbescheides als zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Somit geht es beim derzeitigen Stand des Verfahrens bereits um die Sicherung der Abschiebung des Bf.

Da die Abschiebung als Maßnahme zur Vollstreckung des durchsetzbaren Aufenthaltsverbots ungeachtet des Asylverfahrens mit Rechtskraft der negativen Entscheidung iSd § 54 Abs 1 iVm § 37 Abs 1 und 2 FrG zulässig und nach Einlangen des beantragten Heimreisezertifikates auch tatsächlich möglich wird, besteht nach dem gegebenen Stand des Verfahrens für den Bf die alsbaldige Aussicht in seine Heimat abgeschoben zu werden. Da er dies nicht hinnehmen will, erscheint sein Bestreben evident, sich dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme zu entziehen. Die Schubhaft ist daher ungeachtet einer allfälligen Verpflegungsmöglichkeit durch die Caritas Wien notwendig, weil diese Organisation keine Gewähr dafür bieten kann, daß sich der Bf freiwillig zum Abschiebetermin bei der Fremdenpolizeibehörde einfindet.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, daß dem unabhängigen Verwaltungssenat nach übereinstimmender Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes in der Frage des sog Refoulementverbotes (Verfahren nach § 54 Abs 1 iVm § 37 Abs 1 und 2 FrG) keine Prüfungskompetenz zukommt (vgl dazu jüngst Morscher, Die Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes zum Fremdengesetz, EuGRZ 1997, 133 ff, 140 f mit zahlreichen Nachw). Sämtliche Ausführungen in diese Richtung sind daher im Schubhaftbeschwerdeverfahren irrelevant und bedürfen keiner weiteren Erörterung.

Die gegenständliche Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die darauf beruhende Festnahme und Anhaltung durch die belangte Behörde war daher als unbegründet abzuweisen und auszusprechen, daß die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung zur Sicherung der Abschiebung vorliegen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG iVm § 52 Abs 2 FrG für den Vorlageaufwand und den Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Nach der geltenden Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers (BGBl Nr. 855/1995) beträgt der Pauschbetrag für den Vorlageaufwand S 565,-- und für den Schriftsatzaufwand S 2.800,--. In Summe ergeben sich daher S 3.365,--.

Eine Leistungsfrist sieht der novellierte § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Fall des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Dr. W e i ß

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