Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161118/6/Zo/Da

Linz, 29.03.2006

 

 

 

VwSen-161118/6/Zo/Da Linz, am 29. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn M C, geb. 1, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. V, Dr. G, L, vom 31.1.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 11.1.2006, VerkR96-1603-2004, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.3.2006 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.
  2.  

  3. Hinsichtlich der verhängten Strafen wird die Geldstrafe mit 220 Euro bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 48 Stunden herabgesetzt.
  4.  

  5. Die Verfallserklärung hinsichtlich der am 31.5.2004 eingehobenen vorläufigen Sicherheit in der Höhe von 220 Euro wird aufgehoben.
  6.  

  7. Für das Berufungsverfahren sind keine Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 51 Abs.1, 51e, 16 Abs.2 und 19 VStG

Zu III.: § 37a Abs.5 VStG

Zu IV.: §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Erstinstanz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass dieser am 31.5.2004 um 18.25 Uhr auf der B310 bei Strkm 55,270 bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz das Sattelkraftfahrzeug, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen (CZ) und dem Sattelanhänger mit dem behördlichen Kennzeichen (CZ) später als zwei Stunden nach Beginn des zitierten Verbotes gelenkt habe, obwohl an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr sowie an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 0.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftfahrzeugen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten ist und das verwendete Fahrzeug bzw. die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen ist.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 42 Abs.1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gem. § 99 Abs.2a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 220 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 72 Stunden verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 22 Euro verpflichtet.

Die am 31.5.2004 wegen dieses Vorfalles eingehobene vorläufige Sicherheit in Höhe von 220 Euro wurde für verfallen erklärt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er nicht gegen § 42 Abs.2 StVO 1960 verstoßen habe. Zum Vorfallszeitpunkt habe er seine tägliche Ruhepause eingehalten und keinesfalls das Sattelkraftfahrzeug gelenkt.

 

Der Verfallsausspruch bezüglich der eingehobenen vorläufigen Sicherheit sei nicht berechtigt, weil der Verfall nur erklärt werden dürfe, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Strafvollzug als unmöglich erweist. Die Strafverfolgung sei aber nicht unmöglich gewesen, sondern habe bis zur Erlassung des Straferkenntnisses abgeführt werden können. Er habe auch auftragsgemäß einen Zustellbevollmächtigten in Österreich namhaft gemacht. Der Umstand, dass mit seinem Heimatstaat kein Rechtshilfeübereinkommen besteht, bedeute noch nicht, dass damit die Unmöglichkeit des Strafvollzuges erwiesen wäre. Diese müsse nämlich erwiesen und nicht nur vermutet werden. Die vorläufige Sicherheit werde auch dann frei, wenn nicht binnen drei Monaten der Verfall ausgesprochen wird. Die Verfallserklärung ist damit nicht fristgerecht erfolgt.

 

Es wurde beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen bzw. in eventu eine Ermahnung auszusprechen. Weiters beantragte der Berufungswerber, die vorläufig eingehobene Sicherheit wiederum rückauszuhändigen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des Aktes sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 23.3.2006, an welcher die Vertreterin des Berufungswerbers teilgenommen hat und der Meldungsleger GI P als Zeuge unter Ermahnung an die Wahrheitspflicht zum Sachverhalt einvernommen wurde. Weiters wurde in das Schaublatt vom 31.5.2004 Einsicht genommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 31.5.2004 um 18.25 Uhr das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von 40 t von Tschechien kommend auf der B310 zum Grenzübergang Wullowitz bei Strkm 55,27. Der 31.5.2004 war der Pfingstmontag, der Berufungswerber hatte Glasfiebergewebe geladen und wollte dieses zur Firma H nach N bringen. Er war nicht im Besitz einer Ausnahmebewilligung vom Feiertagsfahrverbot. Die Grenzkontrollstelle Wullowitz befindet sich bereits auf österreichischem Staatsgebiet, wobei der Berufungswerber die tatsächliche Staatsgrenze ca. 80 - 100 m vor dem Grenzschranken überfahren hat.

 

Dem Berufungswerber wurde die Weiterfahrt untersagt. Es ist glaubwürdig, dass er daraufhin seine Ruhezeit eingelegt hat.

 

Strittig ist, ob die Grenzkontrolle tatsächlich um 18.25 Uhr stattgefunden hat oder - wie sich aus den Zeitaufzeichnungen des vorgelegten Schaublattes ergibt - bereits um 18.10 Uhr. Dazu ist anzuführen, dass der Polizeibeamte im Rahmen der Grenzkontrolle auch das Schaublatt überprüft hat und dieses auf der Rückseite abgestempelt hat. Als Zeitraum der Kontrolle ist 18.25 Uhr bis 18.50 Uhr angegeben und der Zeuge konnte bei der mündlichen Verhandlung darlegen, dass ihm zwar die Diskrepanz von 15 Minuten zu den Zeitaufzeichnungen aufgefallen ist, die Kontrolle aber tatsächlich um 18.25 Uhr stattgefunden hat. Er hat diesen Umstand in der Anzeige nicht extra erwähnt, weil er sonst den Berufungswerber auch noch wegen der falsch eingestellten Uhrzeit hätte anzeigen müssen. Unter diesen Umständen ist als erwiesen anzusehen, dass die Kontrolle tatsächlich um 18.25 Uhr stattgefunden hat und der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu diesem Zeitpunkt begangen hat.

 

Vom Zeugen wurde während der Amtshandlung eine vorläufige Sicherheit in Höhe von 220 Euro eingehoben, diese wurde von der Erstinstanz im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 11.1.2006 für verfallen erklärt.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 42 Abs.2 StVO 1960 ist an Samstagen von 15.00 bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 0.00 bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.

 

Das vom Berufungswerber gelenkte Sattelkraftfahrzeug wies eine höchste zulässige Gesamtmasse von 40 t auf, er lenkte dieses - wenn auch nur eine kurze Strecke - auf einer österreichischen Straße. Die in § 42 angeführten Ausnahmeregelungen kamen für ihn nicht in Betracht. Hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Tatzeit wird auf die oben dargestellte Beweiswürdigung verwiesen. Selbst wenn er das Fahrzeug tatsächlich um 18.10 Uhr und nicht um 18.25 Uhr gelenkt hätte, wäre der Tatvorwurf in rechtlicher Hinsicht dennoch ausreichend konkretisiert, weil ihm im Anschluss an die Kontrolle die Weiterfahrt am Grenzübergang Wullowitz untersagt wurde. Er hat daher während des gesamten Verfahrens gewusst, welcher Vorfall ihm vorgeworfen wird und es besteht keinerlei Gefahr einer doppelten Verfolgung.

 

Der Berufungswerber hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb ihm gem. § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist. Der Umstand, dass ihm das in Österreich bestehende Fahrverbot am Pfingstmontag nicht bekannt war, kann ihn als Berufskraftfahrer nicht entschuldigen.

 

5.2. Gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 218 bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS handelt es sich um einen durchaus typischen Fall derartiger Übertretungen. Übertretungen des Wochend- und Feiertagsfahrverbotes werden häufig an Grenzübergängen festgestellt und die vom jeweiligen Fahrzeuglenker tatsächlich auf österreichischen Straßen zurückgelegte Fahrtstrecke ist in diesen Fällen regelmäßig ausgesprochen kurz. Auch wenn der Berufungswerber tatsächlich vor hatte, gleich nach dem Grenzübertritt bei der ersten geeigneten Gelegenheit die erforderliche Ruhezeit einzulegen, begründet dies kein geringes Verschulden iSd § 21 VStG. Er hätte jedenfalls auch die Möglichkeit gehabt, die Ruhezeit beim letzten möglichen Abstellplatz in Tschechien einzulegen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Als Milderungsgründe liegen die Unbescholtenheit des Berufungswerbers, der Umstand, dass er in Österreich nur eine kurze Strecke gefahren ist sowie gegen das Feiertagsfahrverbot nur aus Unkenntnis verstoßen hat, vor. Dem stehen keine Erschwerungsgründe gegenüber. Es kommt jedoch für die Anwendung des § 20 VStG nicht auf die Anzahl sondern auf das Gewicht der jeweiligen Milderungsgründe an. Die festgestellten Milderungsgründe überwiegen noch nicht in einem solchen Ausmaß, dass die gesetzliche Mindeststrafe unterschritten werden könnte.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Strafmilderungsgründe sowie ungünstiger persönlicher Verhältnisse (der Berufungswerber hat der Einkommensschätzung von 1.090 Euro nicht widersprochen, zu seinen Gunsten wird aber angenommen, dass er in Tschechien über ein wesentlich niedrigeres Einkommen verfügt und tatsächlich Sorgepflichten hat) ist die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe, welche die gesetzliche Mindeststrafe nur ganz minimal überschreitet, durchaus angemessen. Auch spezialpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung dieser Strafe.

 

Gemäß § 16 Abs.2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

 

Daraus ergibt sich, dass auch für die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe die Strafzumessungsgründe des § 19 VStG ausschlaggebend sind. Die Erstinstanz hat die Geldstrafe bloß ganz geringfügig über der gesetzlichen Mindeststrafe festgesetzt, wobei diese auch angemessen ist. Die gesetzliche Ersatzfreiheitsstrafe beträgt 48 Stunden. Die Erstinstanz hat diese erheblich überschritten, ohne dies zu begründen. Auch im Berufungsverfahren haben sich keine Gründe dafür ergeben, von dem im Gesetz festgelegten Verhältnis zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe abzuweichen. Es war daher die Ersatzfreiheitsstrafe auf die im Gesetz vorgesehene Mindestdauer herabzusetzen.

 

5.3. Gemäß § 37a Abs.5 VStG wird die vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen sechs Monaten gemäß § 37 Abs.5 der Verfall ausgesprochen wird. § 37 Abs.4 letzter Satz gilt sinngemäß.

 

Der Gesetzgeber hat der Behörde für den Verfallsausspruch nur eine kurze Frist eingeräumt. Mit BGBl. I 2001/137 wurde die früher vorgesehene Frist von drei Monaten auf sechs Monate ausgedehnt, um eben der Behörde mehr Zeit für den Verfallsausspruch einzuräumen. Nach Ablauf dieser Frist wird die vorläufige Sicherheit frei, weshalb eine spätere Verfallserklärung nicht mehr möglich ist. Im konkreten Zusammenhang ist auch anzuführen, dass der Berufungswerber die Verfahrensverzögerungen nicht selber verursacht hat. Es war deshalb der Verfallsausspruch aufzuheben. Bezüglich des Antrages auf Rückaushändigung der vorläufig eingehobenen Sicherheit wird der Berufungswerber zuständigkeitshalber an die Erstinstanz verwiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

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