Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161153/9/Zo/Da

Linz, 31.03.2006

 

 

 

VwSen-161153/9/Zo/Da Linz, am 31. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn G K F, geb., vertreten durch Dr. R W, L, vom 6.2.2006 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 18.1.2006, Zl. S-28469/05, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.3.2006 und sofortiger Verkündung zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG

Zu II.: §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Erstinstanz wirft dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vor, dass er am 21.7.2005 um 16.55 Uhr in Linz auf der Stadlerstraße im Bereich der Kreuzung Stadlerstraße/Landwiedstraße als Lenker des Kombi L- den Fahrstreifen nach links gewechselt habe, ohne sich vorher zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 35 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 7 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber darauf hinweist, dass die Angaben des Zeugen keineswegs glaubwürdiger seien als seine eigenen. Auch der Zeuge könne sich geirrt haben. Er selbst habe sich schon seit mindestens 200 m auf dem linken Fahrstreifen befunden, was sein Unfallgegner übersehen haben dürfte. Der Zeuge habe weder gehupt noch eine Bremsung eingeleitet, was darauf hinweist, dass er sein Fahrzeug übersehen oder nicht beachtet habe. Die Situation sei jedenfalls so unklar, dass keinesfalls eine Bestrafung erfolgen könne. Das vom Zeugen angefertigte Gedächtnisprotokoll sei weder eindeutig noch schlüssig. Sein Fahrzeug befinde sich nicht einmal in einer leichten Schrägstellung, woraus geschlossen werden müsse, dass er eben keinen Fahrstreifenwechsel kurz vorher durchgeführt habe. Er habe zwar den Fahrstreifen gewechselt, dies allerdings so rechtzeitig und so weit vor der Kreuzung, dass es dem Zeugen leicht möglich gewesen wäre, sein Fahrzeug wahrzunehmen. Er habe auch die Durchführung eines Ortsaugenscheins und die Beiziehung eines Sachverständigen beantragt, was die Behörde unterlassen habe.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.3.2006, bei welcher der erstinstanzliche Akt verlesen sowie ein Lokalaugenschein durchgeführt und der Berufungswerber im Beisein seines Vertreters und der Zeuge Ing. L unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht zum Sachverhalt einvernommen wurden.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte seinen Kombi von der Ramsauerstraße kommend auf der Stadlerstraße in Richtung zur Kreuzung mit der Landwiedstraße. Dort musste er sein Fahrzeug wegen Rotlicht anhalten, wobei er sich so weit auf dem linken Fahrstreifen befand, dass seine rechten Räder ungefähr auf der zur Trennung der beiden Fahrstreifen angebrachten Leitlinie zum Stillstand kamen. Der Zeuge Ing. L lenkte seinen PKW in der selben Richtung und kam letztlich leicht links versetzt so zum Stillstand, dass er mit seinem rechten vorderen Scheinwerfer bzw. Kotflügel den linken hinteren Kotflügel des Berufungswerbers ganz geringfügig streifte. Wegen des Seitenversatzes ragte sein Fahrzeug ca. mit der halben Fahrbahnbreite über die Leitlinie in die Fahrbahn für den Gegenverkehr.

 

Die örtliche Situation stellt sich wie folgt dar:

Auf der Ramsauerstraße befindet sich in Fahrtrichtung der Beteiligten lediglich ein Fahrstreifen, nach der Kreuzung mit der Stadlerstraße ist die Fahrbahn in Fahrtrichtung zur Landwiedstraße ca. 4,5 m breit. In diesem Bereich ist lediglich eine Leitlinie zur Trennung von der Gegenverkehrsfahrbahn vorhanden. Ca. 40 m vor der Haltelinie bei der Kreuzung mit der Landwiedstraße verbreitert sich die Fahrbahn der Stadlerstraße geringfügig auf annähernd 5 m. In diesem Bereich sind mit Bodenmarkierungen zwei Fahrstreifen markiert. Der linke Fahrstreifen ist ausschließlich zum Linksabbiegen, der rechte Fahrstreifen sowohl zum Rechtsabbiegen als auch zum Linksabbiegen gekennzeichnet. In weiterer Folge führen auf der Landwiedstraße zwei durch Bodenmarkierungen gekennzeichnete Fahrstreifen in Richtung stadtauswärts bis zur Kreuzung mit der Europastraße. Nach der Kreuzung mit der Europastraße verengen sich die beiden Fahrstreifen auf lediglich einen Fahrstreifen. Der rechte Fahrstreifen der Landwiedstraße wird sowohl zum Rechtsabbiegen in die Europastraße als auch zum Geradeausfahren benutzt, der linke Fahrstreifen ausschließlich zum Geradeausfahren.

 

Die Angaben des Berufungswerbers sowie des Zeugen, wie es zu dieser doch außergewöhnlichen Situation auf der Stadlerstraße gekommen ist, weichen wesentlich voneinander ab. Der Berufungswerber führt dazu aus, dass er gleich nach der Kreuzung mit der Ramsauerstraße sich auf der Stadlerstraße in Richtung Fahrbahnmitte also zur Mittelleitlinie eingeordnet hat und auf diesem Fahrstreifen geradeaus zur ampelgeregelten Kreuzung mit der Landwiedstraße gefahren ist. Er habe sich deshalb gleich links eingeordnet, weil er auf der Landwiedstraße links abbiegen und diese in weiterer Folge geradeaus befahren wollte. Auf das Fahrzeug des Berufungswerbers sei er erst aufmerksam geworden, als dieses ihn berührt habe. Dieses Fahrzeug habe ihn auch nicht angehupt.

 

Der Zeuge Ing. L gab dazu an, dass er seinen PKW ebenfalls von der Ramsauerstraße kommend geradeaus in die Stadlerstraße lenkte. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich vermutlich etwas nach links versetzt hinter dem Berufungswerber. Ungefähr 100 m vor der Kreuzung der Landwiedstraße habe er sich entlang der Leitlinie auf dem linken Fahrstreifen fortbewegt. Das Fahrzeug des Berufungswerbers sei zu diesem Zeitpunkt am rechten Teil des Fahrstreifens ungefähr eine Autolänge vor ihm gewesen. Etwa in jenem Bereich, in welchem die zwei Fahrstreifen durch eine Leitlinie getrennt sind, habe der Berufungswerber begonnen, auf den linken Fahrstreifen zu wechseln. Der Fahrzeuglenker habe nicht geblinkt und es sei für ihn unklar gewesen, wohin er eigentlich weiterfahren wolle. Er sei deshalb nach links ausgewichen, wobei er über die Mittelleitlinie fahren musste. Er habe den Berufungswerber nicht angehupt und auch nicht daran gedacht, dass er ihn auf den linken Fahrstreifen vor ihm wechseln lassen könnte, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst habe, ob dieser überhaupt den linken Fahrstreifen benutzen wolle. Der Berufungswerber habe dann auf dem linken Fahrstreifen wegen Rotlicht angehalten, er selbst habe nicht mehr weiter nach links ausweichen wollen, um nicht einen Abbieger von der Landwiedstraße zu gefährden. Er sei dann leicht seitlich versetzt neben bzw. hinter dem anderen Fahrzeug zum Stillstand gekommen, wobei es zu einer leichten Berührung der Fahrzeuge gekommen sei.

 

Beide Beteiligten gaben in weiterer Folge übereinstimmend an, dass es bezüglich des Identitätsnachweises und des Datenaustausches nach dem Verkehrsunfall Unstimmigkeiten gegeben habe, weshalb dann letztlich die Polizei verständigt worden sei.

 

4.2. Zu diesen unterschiedlichen Schilderungen des Vorfalles ist im Rahmen der Beweiswürdigung festzuhalten, dass die Angaben des Zeugen Ing. L durchaus wahrscheinlich sind. Sie könnten die vorgefundene Endstellung der Fahrzeuge erklären und es kommt im Straßenverkehr laufend vor, dass Fahrzeuglenker den Fahrstreifen wechseln, ohne auf den nachfolgenden Verkehr Rücksicht zu nehmen. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass auch die Angaben des Berufungswerbers in sich schlüssig sind und er sich im ganzen Verfahren - beginnend von der polizeilichen Einvernahme bis zur mündlichen Berufungsverhandlung - nicht widersprochen hat. Der Berufungswerber machte auch bei der mündlichen Verhandlung einen sachlichen und besonnenen Eindruck. Zum Zeugen ist anzuführen, dass - wenn man die Richtigkeit seiner Angaben unterstellt - doch nur schwer nachvollziehbar ist, weshalb er den Berufungswerber in der von ihm behaupteten Situation nicht angehupt hat. Hätte sich die Situation so abgespielt, wie sie der Zeuge schildert, so wäre es ihm außerdem leicht möglich gewesen, durch eine geringfügige Verringerung der Geschwindigkeit bereits in der Annäherung an die Kreuzung dem Berufungswerber das Einordnen vor ihm zu ermöglichen. Es bestehen daher doch gewisse Zweifel daran, ob sich der Vorfall genau so abgespielt hat, wie ihn der Zeuge schildert. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sind die Beweisergebnisse nicht ausreichend, um mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen zu können, dass der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Wie bereits dargelegt wurde, kann nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, dass der Berufungswerber in Annäherung an die Kreuzung mit der Landwiedstraße tatsächlich einen Fahrstreifenwechsel nach links durchgeführt hat. Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" sind in einem Strafverfahren doch hohe Anforderungen an die Beweisergebnisse zu stellen. Eine Bestrafung darf nur erfolgen, wenn auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens erwiesen ist, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Übertretung tatsächlich begangen hat. Im konkreten Fall bestehen daran doch nicht unerhebliche Zweifel, weshalb das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

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