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des Landes Oberösterreich
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VwSen-161163/8/Br/Ps

Linz, 22.03.2006

 

 

VwSen-161163/8/Br/Ps Linz, am 22. März 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn B T, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, AZ. VerkR96-3177-2005, vom 31. Jänner 2006, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach der am 22.3.2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren im Punkt 1., 2. u. 3. nach § 45 Abs.1 Z3 VStG und im Punkt 4. u. 5. nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1 u. Z3, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 117/2002 - VStG.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 16 Abs.1 lit.a StVO, § 18 Abs.1 StVO, § 7 Abs.1 StVO, § 102 Abs.1 iVm § 14 Abs.6 KFG und § 26 Abs.5 KFG insgesamt fünf Geldstrafen (€ 58,00, € 100,00, € 35,00 und € 80,00, insgesamt € 353,00) und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 162 Stunden verhängt und in dessen Spruch folgende Tatvorwürfe formuliert:

"1) Sie haben ein Fahrzeug überholt, wodurch andere Straßenbenützer behindert und gefährdet wurden.

Tatort: Gemeinde Langenstein, Landesstraße Freiland, Nr. 3 bei km 223.600.

Tatzeit: 08.09.2005, 05:50 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 16 Abs. 1 lit. a StVO

2) Sie haben zu einem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Sie sind dadurch einem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug aufgefahren.

Tatort: Gemeinde Langenstein, Landesstraße Freiland, Nr. 3 bei km 224.600.

Tatzeit: 08.09.2005, 05:50 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 18 Abs. 1 StVO

3) Sie haben als LenkerIn des angeführte Fahrzeuges, dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie Ihnen dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da das hinter ihnen fahrende Einsatzfahrzeug behindert wurde.

Tatort: Gemeinde Langenstein, Landesstraße Freiland, Nr. 3 bei km 224.600.

Tatzeit: 08.09.2005, 05.50 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 7 Abs. 1 StVO

4) Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug die Kennzeichenleuchte nicht funktionierte.

Tatort: Gemeinde Langenstein, Landesstraße Freiland, Nr. 3 bei km 224.600.

Tatzeit: 08.09.2005, 05.50 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 14 Abs. 6 KFG

5) Sie haben einem Einsatzfahrzeug, welches sich im Einsatz befand (mit eingeschaltetem Blaulicht), nicht Platz gemacht.

Tatort: Gemeinde Langenstein, Landesstraße Freiland, Nr. 3 bei km 228.000.

Tatzeit: 08.09.2005, 05:50 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 26 Abs. 5 StVO".

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Die im Spruch genannten Sachverhalte wurden von Beamten der Polizeiinspektion Mauthausen dienstlich festgestellt.

 

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 17.10.2005 wurden Sie wegen der im Spruch genannten Verwaltungsübertretungen bestraft.

Dagegen erhoben Sie fristgerecht Einspruch und begründeten diesen im Wesentlichen wie folgt:

 

Es ist richtig, dass Sie Ihren PKW zur Tatzeit am Tatort gelenkt haben. Als Sie das vor Ihnen fahrende KFZ überholten, wäre Ihnen ein Motorradlenker entgegen gekommen, der sein Motorrad bis ca. 200 km/h beschleunigte. Am Beginn des Überholvorganges wäre der Abstand zun Gegenverkehr sicherlich noch groß genug gewesen. Vor dem Überholvorgang hätten Sie Ihren PKW nicht äußerst rechts gelenkt, da Sie sich mehrmals vorher überzeugen mussten, ob Sie überholen könnten. Die Kennzeichenbeleuchtung Ihres PKW's hätte auch während der Kontrolle funktioniert. Als Sie das Blaulicht hinter Ihnen sahen, wären Sie bis zu einer Ausweichmöglichkeit weiter gefahren, um dem Einsatzfahrzeug ausreichend Platz zum Vorbeifahren anzubieten. Als Zeugen für Ihre Angaben könnten Sie Ihren Beifahrer, M J, benennen.

 

Am 15.12.2005 gab einer der beiden Anzeigenleger unter Wahrheitsverpflichtung bei der Bezirkshauptmannschaft Perg im Wesentlichen folgendes zu Protokoll:

Er habe das Dienstkraftfahrzeug hinter dem Angezeigten gelenkt, wobei ein PKW zwischen ihm und dem Angezeigten fuhr. Dabei habe er eindeutig feststellen können, dass der Angezeigte auf einer Länge von ca. 1 - 1,5 km mit ungenügendem Sicherheitsabstand hinter einem LKW nachfuhr und ständig mit dem Linken Reifenpaar über die Fahrbahnmitte fuhr. Weiters habe er eindeutig feststellen können, dass beim Überholvorgang des Angezeigten der entgegenkommende Motorradlenker sein Motorrad abbremsen musste. In weiterer Folge wäre er unter Verwendung des Blaulichtes dem Angezeigten nachgefahren, wobei dieser aufgrund der Fahrbahnbreite der B3 Donaustraße ohne weiteres für ein Überholen Platz machen hätte können. Im Zuge der Lenker- und Fahrzeugkontrolle habe er feststellen können, dass die Kennzeichenbeleuchtung nicht funktionierte.

 

Am 09.01.2006 gab der zweite Beamte unter Wahrheitsverpflichtung bei der Bezirkshauptmannschaft Perg im Wesentlichen folgendes zu Protokoll:

Zur Tatzeit saß er am Beifahrersitz des Dienstkraftfahrzeuges und habe eindeutig freie Sicht auf den Angezeigten PKW gehabt. Er konnte feststellen, dass dieser zu dem vor ihm fahrenden KFZ keinen entsprechenden Sicherheitsabstand einhielt und zumindest mit dem linken Räderpaar über der Fahrbahnmitte fuhr. Während dessen Überholvorganges kam ein Motorrad entgegen, wobei der Motorradlenker sein KFZ abbremsen musste. Er konnte eindeutig sehen, dass die Vorderradgabel des Motorrades nach unten ging. Die Amtshandlung nach der Anhaltung wurde vom Kollegen durchgeführt.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 10.01.2006 wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern.

 

Am 20.01.2006 gaben Sie bei der Bezirkshauptmannschaft Perg nach Akteneinsicht zu Protokoll, dass Sie auf Ihre Angaben laut Einspruch vom 03.11.2005, die aus Ihrer Sicht den Tatsachen entsprechen, verweisen würden.

 

Die vorliegenden Sachverhalte erscheinen der Behörde aufgrund der Anzeige und der beiden zeugenschaftlichen Aussagen der Anzeigenleger als erwiesen, weshalb auf eine zeugenschaftliche Einvernahme Ihres Beifahrers verzichtet wurde.

 

Sie haben somit durch die vorliegenden Sachverhalte die im Spruch genannten Tatbestände verwirklicht und diese verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keine Umstände vorliegen, die geeignet wären, Ihr gesetzwidriges Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen.

 

Die verhängte Strafe wurde unter Bedachtnahme auf Ihre soziale und wirtschaftliche Lage festgesetzt und entsprechen dem Ausmaß des Verschuldens.

 

Mildernde oder erschwerende Umstände liegen nicht vor.

Die Vorschreibung der Kosten des Strafverfahrens ist in der im Spruch zitierten Gesetzesstelle begründet."

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch protokollarisches Anbringen bei der Behörde erster Instanz erhobenen Berufung verweist der Berufungswerber lediglich auf seine Ausführungen im Einspruch gegen die Strafverfügung.

Sein inhaltliches Vorbringen lässt sich demnach dahingehend zusammenfassen, als er einen vor ihm fahrenden LKW überholte, habe das entgegenkommende Motorfahrrad auf 200 km/h beschleunigt. Zu Beginn des Überholmanövers sei der Abstand zum Gegenverkehr noch groß genug gewesen. Seine teilweise nicht äußerst rechts gehaltene Fahrbahnlinie rechtfertigt der Berufungswerber mit der bevorstehenden Überholabsicht eines mehrere Kilometer vor ihm fahrenden LKW´s, wodurch er sich die Sicht nach vorne verschaffen hat wollen.

Die Funktionsuntüchtigkeit der Kennzeichenbeleuchtung wird abschließend ebenso wie die Behinderung des Einsatzfahrzeuges bestritten.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg und dessen Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch die Beischaffung eines Luftbildes über den fraglichen Streckenverlauf aus dem System Doris, sowie durch die Einvernahme des Meldungslegers und des Beifahrers J. M als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

 

4.1. Eingangs ist festzustellen, dass die von der sogenannten Gendisanzeige in sämtliche Verfolgungshandlungen übernommenen Daten auf der Tatzeit 05:50 Uhr basieren. Legt man die im Rahmen der Berufungsverhandlung als auf dem fraglichen Streckenabschnitt wahrscheinlich festzustellende Fahrgeschwindigkeit im Bereich von 60 km/h zu Grunde, bedingt die von den Tatvorwürfen umfasste Wegstrecke zumindest eine Zeitspanne von vier Minuten, sodass sich schon dadurch die für alle Übertretungspunkte angezogene Tatzeit "05.50 Uhr" als verfehlt erweist. Sohin würde sich die Tatzeit nur im Punkt 1. und 4. als nachvollziehbar erweisen. Hinsichtlich der übrigen Punkte sind entsprechende Abweichungen zwingend.

Darüber hinaus ist aus den Tatvorwürfen nicht wirklich erkennbar in welcher Form das Fahrverhalten des Berufungswerbers etwa im Punkt 1. "einen anderen Straßenbenützer gefährdet oder behindert haben soll". Im Punkt 2. findet sich etwa kein Anhaltspunkt in welchem Abstand der Berufungswerber hinter dem Vorderfahrzeug, das er überholen wollte bzw. das er laut Punkt 1. folglich überholt hat, nachgefahren war. Wenn diesbezüglich (nur) in der Anzeige von zwei Fahrzeuglängen die Rede ist, so ist einerseits fraglich, ob dies bei Dunkelheit und mehreren dazwischen befindlichen Fahrzeugen tatsächlich mit ausreichender Sicherheit festgestellt gelten könnte. Immerhin würde bei der hier anzunehmenden Geschwindigkeit von 60 km/h eine im Zuge eines beabsichtigten Überholmanövers die kurzzeitige Verkürzung des Sicherheitsabstandes auf eine Sekunde, was einer Tiefe von etwa 15 m entsprechen würde, ausreichend sein. Auch im Punkt 3. wurde keine Relation zu einer Fahrgeschwindigkeit und ein sich daraus ableitbarer "angemessener" Abstand zum rechten Fahrbahnrand hergestellt.

Der vom Berufungswerber selbst im Rahmen der Berufungsverhandlung noch bestrittene Defekt einer Kennzeichenleuchte kann letztlich nicht als von einem betroffenen Lenker verschuldet erachtet werden. Da Leuchten typischerweise während des Betriebes kaputt gehen, was als logische Folge wegen der nunmehr durchgehenden Lichtverwendung auch am Tag nun verstärkt zu erwarten ist, objektiv besehen zumindest bei einem älteren Fahrzeugmodell auch nicht durch eine Kotrollleuchte feststellbar ist, kann dahinter jedenfalls im Zweifel kein schuldhaftes Verhalten erwiesen gelten. Der Berufungswerber verantwortete sich dahingehend, dass diese Leuchte nur sehr schwach geleuchtet hätte.

Zuletzt ist zu bemerken, dass der Berufungswerber auf das Anhaltezeichen seine Fahrt hinter dem Polizeifahrzeug noch bis zum Anhalteort fortgesetzt hat. Ein nicht sofortiges Anhalten rechtfertigte er im Ergebnis durchaus plausibel mit der Dunkelheit und der auf der B 3 nur eingeschränkten Anhaltemöglichkeit.

Als augenscheinlich zutreffend erwies sich die Darstellung des Berufungswerbers, dass die B 3 nach der Abzweigung nach Langenstein kaum Buchten aufweist, welche ein Anhalten ermöglichen bzw. sind zwei kleine Buchten in der Dunkelheit wohl kaum erkennbar.

 

 

4.2. Die zur Anzeige gebrachten Faktendarstellungen sind an sich unstrittig. Strittig ist jedoch deren Qualifizierung und die Beurteilung des Fahrverlaufes im Detail. Während etwa der Meldungsleger die Nachfahrt in zu knappem Abstand zum Vorderfahrzeug einschätzte, konnte der Berufungswerber und sein Mitfahrer dies nicht so sehen, wobei er insbesondere auf die relativ geringe Fahrgeschwindigkeit des nach längerem Nachfahren schließlich überholten LKW´s hinwies. Zu bemerken ist diesbezüglich, dass sich zwischen dem Dienstfahrzeug und dem des Berufungswerbers offenbar mehrere Fahrzeuge befunden haben, was die Einschätzung des Sicherheitsabstandes bei Dunkelheit wohl erheblich erschwerte. Das teilweise Verschwenken nach links begründete der Berufungswerber mit seiner Überholabsicht um sich von deren Ausführungsmöglichkeit in geeigneter Weise zu überzeugen. Auch dieser Vorgang ist durchaus üblich und nicht weiter verwerflich. Dies könnte nur auf den ersten Blick als Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot qualifiziert werden, jedoch erfolgte dies mit Blick auf einen beabsichtigten Überholvorgang. Diesbezüglich waren auch die Aussagen des Mitfahrers glaubwürdig und logisch nachvollziehbar. Im Sinne der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs kann darin zumindest keine erwiesene Verletzung des Schutzziels iSd Rechtsfahrgebots erblickt werden.

Was schließlich die Behinderung oder Gefährdung des Gegenverkehrs anlangt, was in keinem Stand des Verfahrens in annähernd § 44a VStG-tauglicher Form zur Last gelegt wurde, konnte dem Berufungswerber ebenfalls gefolgt werden, dass er bei Einleitung des Überholvorganges das seiner Ansicht mit geschätzten 200 km/h ihm entgegenkommende Motorrad noch nicht gesehen hat. Geht man davon aus, dass der Überholvorgang bis knapp zum neuerlichen Umspuren nach rechts etwa mit sechs Sekunden angenommen werden kann, wäre das Motorrad zu Beginn des Überholvorganges noch ca. 330 m entfernt gewesen.

Da scheint eine Fehleinschätzung ebenfalls durchaus plausibel, wobei in diesem Punkt dem Meldungsleger in seiner Einschätzung sehr wohl zu folgen gewesen wäre.

Nach dem Überholen des LKW´s durch den Berufungswerber schloss das Dienstfahrzeug unter Verwendung des Blaulichtes unmittelbar auf dessen Fahrzeug auf. Der Berufungswerber und dessen Beifahrer nahmen dies wahr, bezogen jedoch die Einsatzfahrt vorerst noch nicht auf ihr Fahrzeug und setzten die Fahrt fort. Erst als sie vom Einsatzfahrzeug überholt wurden und das entsprechende Haltezeichen angezeigt bekamen, wurde die Fahrt noch 500 bis 800 m fortgesetzt. Insgesamt erstreckte sich die Nachfahrt des Einsatzfahrzeuges unmittelbar hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers über zwei Kilometer.

Wenn schließlich der Berufungswerber bei Dunkelheit nicht unverzüglich nach dem Haltezeichen sein Fahrzeug zum Stillstand brachte, vermag ihm diesbezüglich angesichts der Dunkelheit und des ihm in der Folge vorausfahrenden Polizeifahrzeuges kein Schuldvorwurf treffen. Es finden sich nämlich - wie im Rahmen eines abgesondert durchgeführten Augenscheins festgestellt werden konnte - im fraglichen Streckenbereich kaum Möglichkeiten zum sicheren Anhalten auf der bzw. neben der B 3, wobei ein Anhalten auf einer weitestgehend gerade verlaufenden Bundesstraße insbesondere bei Dunkelheit als äußerst problematisch bezeichnet werden müsste.

Wie im Rahmen der Berufungsverhandlung hervorkam, dürfte es zuletzt auf Grund der nur eingeschränkten Deutschkenntnisse des Berufungswerbers zur vermeintlichen Ablehnung einer mit knappen Worten angebotenen Organmandatsstrafe und demnach zu dieser Anzeigeerstattung gekommen sein.

In der inhaltlichen Substanz der Anzeigedaten konnte insbesondere auch zum Punkt 5. ein Beweis eines schuldhaften Fehlverhaltens nicht erwiesen gelten. Die wahrgenommenen Fakten waren jedenfalls nicht in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit qualifizierbar.

 

 

5.1. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

 

Mit den unter Punkt 1. bis 3. erhobenen Tatvorwürfen, welche jegliche Umschreibung des Tatbildes vermissen lassen, kann eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG nicht erblickt werden (VwGH 23.1.1991, 89/03/0302, mit Hinweis auf HAUER/LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. zu § 32 VStG, S. 882, und die dort zitierte Judikatur).

Die entsprechenden Tatbestandselemente lassen sich auch nicht aus der Anzeige und der Strafverfügung entnehmen, sodass ein als Verfolgungshandlung zu qualifizierender Verfahrensschritt (innerhalb von sechs Monaten) nicht erfolgt ist.

Die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs.1 StVO erfordert einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist und andererseits die konkrete Angabe darüber, wie weit ihm dies zumutbar und möglich gewesen wäre. Die Formulierung, der Beschuldigte habe "die rechte Fahrbahnseite nicht eingehalten", wird dem Konkretisierungsgebot nicht gerecht (VwGH 15.12.1993, 92/03/0249 mit Hinweis auf VwGH 22.11.1985, 85/18/0101).

Der Berufungswerber war dadurch in Wahrheit auch nicht in der Lage auf den (richtigen) Tatbestand zielende Verteidigungshandlungen vorzunehmen. Daher wäre er mit einer Änderung des Tatvorwurfes in seinen Verteidigungsrechten verletzt. Selbst der Berufungsbehörde wäre nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist eine Korrektur verwehrt, wobei auf sich bewenden bleiben muss, ob hier überhaupt die in diesen Punkten zur Last gelegten Verhalten nachweisbar oder als Übertretungshandlungen qualifizierbar gewesen wären.

Am wahrscheinlichsten schiene dies im Punkt 1., weil die Zulässigkeit des Überholens nicht vom Endpunkt des Überholmanövers, sondern von dessen Beginn aus zu beurteilen ist (VwGH 20.11.1967, ZVR 1969/11 u.v.a.). Dabei ist für eine diesbezügliche Entscheidung grundsätzlich die Feststellung jener Umstände vorausgesetzt, die für die Länge der für den Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung ist; das sind in erster Linie die Geschwindigkeiten des Überholenden und des (der) zu überholenden Fahrzeuge(s). Ebenso sind vor dem Überholmanöver Umstände zu beurteilen, welche einem Wiedereinordnen in den Verkehr entgegenstehen könnten (VwGH 12.3.1986, 85/03/0152). Ein präsumtiver Gegenverkehr spielt dabei ebenfalls eine entscheidende Rolle.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat jedoch der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das bedeutet, dass die Tat hinsichtlich der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass eine Zuordnung zur Verwaltungsvorschrift, die durch diese Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11.466/A, VwGH 13.12.2000, 2000/03/0294).

Da weder eine diesen Erfordernissen Rechnung tragende Verfolgungshandlung vorliegt, noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die erforderlichen Kriterien aufweist, war in den Punkten 1. bis 3. das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

Was die vermeintliche Behinderung des Einsatzfahrzeuges anlangt, konnte hier jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten nicht erwiesen gelten. Unter der im § 26 Abs 5 StVO angeordneten Pflicht ist einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen. Dies umfasst im Einzelfall wohl auch Pflicht mit dem Fahrzeug gegebenenfalls anzuhalten, wenn anders ein Vorbeifahren des Einsatzfahrzeuges nicht möglich sein sollte (VwGH 5.6.1991, 91/18/0052 mit Hinweis auf VwGH 3.11.1977, 1806/76). Die Notwendigkeit des Anhaltens kann die damalige Situation auf der B 3 nicht erfordert haben. Wie der Berufungswerber dem Einsatzfahrzeug konkret "Platz zu machen" gehabt hätte, lässt nicht nur die Tatumschreibung vermissen, sondern ließ sich ein dem entgegenstehendes Verhalten auch nicht erweisen. Die Fahrt erfolgte bei regem Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße, wobei in einem zeitlich vertretbaren Rahmen die Anhaltung offenbar mühelos erfolgen konnte, welcher der Berufungswerber durch seine Nachfahrt doch zweifelsfrei folgte. Was den festgestellten Defekt bei der Kennzeichenleuchte betrifft, kann ein Verschulden - nämlich ein Mangel bereits vor Antritt der Fahrt - keinesfalls als erwiesen gelten.

Demnach folgt hinsichtlich der Punkte 4. u. 5. aus § 45 Abs.1 Z1 VStG, dass schon bei bloßen Zweifeln an der Begehung einer Verwaltungsübertretung - die auch auf der subjektiven Tatebene erwiesen sein muss - bestehen, von der Fortführung des Verfahrens abzusehen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist (VwGH 12.3.1986,84/03/0251 u.a. mit Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

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