Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161171/4/Fra/He

Linz, 30.03.2006

 

 

 

VwSen-161171/4/Fra/He Linz, am 30. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn EB vertreten durch Herrn MB gegen das Faktum 1 (Art. III. Abs.1 der 3. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 352/1976 [nunmehr § 106 Abs.2 KFG 1967]) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Steyr vom 22.2.2006, GZ: S5560/ST/05, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Der Berufungswerber wird iSd § 21 Abs.1 VStG ermahnt.

 

Die Verpflichtung zur Entrichtung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

 

Der Antrag auf Zuerkennung von Schadenersatz ist unzulässig und wird daher zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21 und 24 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat im Spruchpunkt 1 des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des Art. III Abs.1 der 3. KFG-Novelle, BGBl. 352/1976 (nunmehr § 106 Abs.2 KFG 1967) eine Geldstrafe von 45 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt,

weil er, wie anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 26.7.2005 um
15.20 Uhr in 4400 St. Ulrich, W.....straße, vor dem Haus Nr. .... festgestellt wurde, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem pol. Kennzeichen SR-............. den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet hat. Dies wurde bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt. Der Bw hat die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl ihm eine solche angeboten wurde.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. In der rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung bestreitet der Bw die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung. Er bringt ua vor, nachdem er vor einem Polizeibeamten zum Anhalten aufgefordert wurde, sich abgegurtet zu haben. Mit Schriftsatz vom 20.3.2006 schränkte der Bw seine Berufung hinsichtlich des gegenständlichen Faktums auf das Strafausmaß ein. Begründend bringt er vor, dass es infolge von Kommunikationsschwierigkeiten zwischen ihm und seinem Vertreter (telefonische Besprechung) im sachverhaltsgegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zu einer divergierenden Auffassung des tatsächlichen Tatumstandes gekommen sei, die mit der Berufungseinschränkung nun berichtigt werden habe könne.

 

Der Bw gesteht nun die Verwaltungsübertretung wegen des Nichtbestimmungsgebrauches des Sicherheitsgurtes ausdrücklich ein und beantragt die Anwendung des § 21 VStG. Er habe vor dem Kraftwerk G Schwierigkeiten mit seinem Pkw gehabt (Stottern des Motors). Daraufhin habe er die Warnblinkanlage betätigt und seinen Pkw an einer ungefährlichen Stelle vor der gegenständlichen Kreuzung abgestellt. Er habe sich den Motorraum seines Pkw´s angesehen und habe keinerlei Schäden gefunden, welche sein sofortiges Handeln (Werkstättenbesuch) als erforderlich erachtet hätte. Leider habe er vergessen, sich danach wieder anzuschnallen und sei bis zum Anhalten des Polizeibeamten ca. sieben bis neun Meter gefahren, ohne angegurtet gewesen zu sein. Als er bemerkte, dass er nicht angegurtet war, habe er sofort den Gurt bestimmungsgemäß gebrauchen wollen, was jedoch durch das Anhalten des Polizeibeamten nicht mehr möglich gewesen sei. Da es sich hier nur um wenige Meter handelt, die er nicht mit dem Gurt gefahren ist, sei die Anwendung des § 21 VStG angebracht und zielführend. Der Bw hält auch ausdrücklich fest, dass mit seiner Berufungseinschränkung ein aufwendiges Verfahren verhindert werde, zumal nach seiner Ansicht das Verwaltungsstrafverfahren verfassungswidrig sei.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51 c erster Satz VStG) erwogen:

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Der Bw weist in seinem Rechtsmittel zurecht darauf hin, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes diese Vorschrift die Behörde trotz der Verwendung des Wortes "kann" nicht zur Ermessensübung berechtigt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG hat ein Beschuldigter einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung. Der VwGH judiziert weiters, dass § 21 Abs.1 leg.cit. auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters zur Anwendung kommen kann, allerdings nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie zB Unbesonnenheit diesen Schluss rechtfertigen.

 

Eine Anwendung des § 21 VStG kommt bei Zurücklegung einer Strecke von
50 Meter ohne Gebrauch des Sicherheitsgurtes nicht in Betracht (VwGH vom 4.6.1987, 87/02/0027).

 

Im konkreten Fall hat der Bw plausible Umstände aufgezeigt, weshalb er ca. sieben bis neun Meter den in Rede stehenden Pkw eine kurze Strecke gelenkt hat, ohne angegurtet gewesen zu sein. Mit diesem Vorbringen vermag der Bw das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ds § 21 Abs.1 VStG aufzuzeigen. Es ist hier von einem geringfügig objektiven Unrechtsgehalt des Nichtanlegens des Sicherheitsgurtes auszugehen. Der Bw weist auch keine einschlägige Vormerkung auf. Hinzuweisen ist auch darauf, dass der Schutzzweck dieser Bestimmung nicht in erster Linie die Hintanhaltung der Gefährdung von Verkehrsteilnehmern ist, allenfalls mit Ausnahme des Lenkers selbst, sondern ist die Verletzung der Gurtenpflicht primär mit hier nicht weiter auszuführenden zivilrechtlichen Folgen nach einem Verkehrsunfall sanktioniert (vgl. hiezu auch VwSen-160268/10/Sch/Pe vom 22.9.2005). Der Ausspruch einer Ermahnung war daher erforderlich aber auch (noch) ausreichend, um dem Aspekt der Spezialprävention iSd § 21 Abs.1 zweiter Satz VStG Rechnung zu tragen.

Abschließend wird der Bw darauf hingewiesen, dass die Zuerkennung von Schadenersatz im Verwaltungsstrafverfahren - wie von ihm beantragt - rechtlich nicht vorgesehen ist.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

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