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des Landes Oberösterreich
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VwSen-161194/7/Br/Ps

Linz, 30.03.2006

 

 

 

VwSen-161194/7/Br/Ps Linz, am 30. März 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Ing. H K, F, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 24. Februar 2006, Zl. VerkR96-400-2006, nach der am 28. März 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I. Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben und das Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass dessen Spruch in Abänderung zu lauten hat:

"Sie haben am 25.1.2006 um 16.08 Uhr auf der Polizeiinspektion Ottensheim, trotz Aufforderung durch ein hierzu ermächtigtes und besonders geschultes Organ der Straßenaufsicht, durch mangelhafte und letztlich vorzeitig abgebrochene Beatmung des Atemluftmessgerätes die Untersuchung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert; dies obwohl vermutet werden konnte, dass Sie am 25.1.2006 um 15.40 Uhr, in Walding ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben."

Im Strafausspruch wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf 872 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zehn Tage ermäßigt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 20, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG.

 

 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenkosten ermäßigen sich demnach auf 87,20 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Wider den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1b StVO, eine Geldstrafe von 1.450 Euro und im Nichteinbringungsfall 500 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ihm sinngemäß zur Last gelegt, er habe, nachdem vermutet werden konnte ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, sich gegenüber einem von der Behörde hierzu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht und trotz dessen Aufforderung am 25.1.2006 um 16.08 Uhr in 4110 Ottensheim, Bahnhofstraße 7 (PI Ottensheim), geweigert die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

 

1.1. Die Übertretung wurde durch die Angaben des die Aufforderung aussprechenden Polizeibeamten der PI Ottensheim als erwiesen erachtet. Der Meldungsleger habe den Berufungswerber als Lenker eines Pkw auf der B 131 angehalten und an seiner Person deutliche Merkmale einer Alkoholbeeinträchtigung festgestellt. In der Folge wurde er auf die PI Ottensheim zwecks Durchführung einer Atemluftuntersuchung verbracht. Dort über die Durchführung der Atemluftuntersuchung aufgeklärt, lieferte der Berufungswerber sieben ungültige Blasversuche. Dies wurde als Verweigerung der Atemluftuntersuchung qualifiziert. Bei der Strafzumessung wurde die Unbescholtenheit als strafmildernd, erschwerend der Umstand gewertet, dass diese Übertretung im Zusammenhang mit dem Lenken eines KFZ begangen wurde.

 

 

2. In der fristgerecht erhobenen Berufung reklamiert der Berufungswerber im Ergebnis nur vermeintlich unberücksichtigt gebliebene Widersprüche in den ihm zugestellten Protokollen. Abschließend erachtet er die Angaben des Polizeibeamten als nicht den Tatsachen entsprechend.

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des Inhaltes des vorgelegten Verfahrensaktes.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde RI S zeugenschaftlich einvernommen. Der persönlich an der Berufungsverhandlung teilnehmende Berufungswerber wurde als Beschuldigter einvernommen.

Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

 

4.1. Unstrittig sind hier insgesamt sieben ungültige und zwei weitere Blasversuche, die zu keinem verwertbaren Messergebnis geführt haben. Letztere waren wegen einer zu großen Differenz des Messergebnisses nicht verwertbar.

Die nach Beendigung der sich über acht Minuten (von 15.58 Uhr bis 16.06 Uhr) erstreckenden Beatmungsvorgänge schienen vorerst ein verwertbares Ergebnis erbracht zu haben. Auf Grund einer entsprechenden Displayanzeige signalisierte der Meldungsleger dem Berufungswerber gegenüber sinngemäß, dass die Sache - gemeint die vorerst mehrfach gescheiterte Beatmung - nun in Ordnung sei. Erst nach Ausdruck des Messstreifens bemerkte der Meldungsleger im Zuge der Ausstellung der Abnahmebestätigung, dass die mit 0,65 mg/l und 0,59 mg/l positiven Messpaare wegen einer zu großen Probendifferenz eben doch nicht verwertbar waren. Sodann forderte der Meldungsleger nach zwischenzeitiger Rücksprache mit seinem Vorgesetzten den Berufungswerber abermals auf, das Atemluftmessgerät nochmals zu beatmen. Von einer förmlichen Beendigung der Amtshandlung konnte zu diesem Zeitpunkt nicht die Rede gewesen sein.

Diese "weitere Aufforderung" zum Beatmen verweigerte der Berufungswerber jedoch mit dem Hinweis auf die bereits gemachte Mitteilung des Meldungslegers, wonach die Sache ihm gegenüber bereits als erledigt dargestellt worden sei.

Der Berufungswerber entfernte sich sodann von der Dienststelle, wobei ihm von einem Beamten noch sinngemäß nachgerufen wurde nochmals "Blasen" zu müssen. Dies empfand der Berufungswerber als unhöfliche Geste und er befolgte diese Aufforderung daher nicht mehr. Eine subjektive motivierte Verweigerungsabsicht lag diesem Verhalten jedoch offenbar nicht zu Grunde. Ebenfalls dürften dem Berufungswerber die damit verbundenen Rechtsfolgen einer Verweigerung der Atemluftuntersuchung nicht bewusst gewesen sein. Vielmehr scheint er von einer Anzeigeerstattung im Sinne des angezeigten Alkoholisierungsgrades ausgegangen zu sein. Dies mit Blick auf die ausgestellte Abnahmebestätigung seines Führerscheins mit dem Vermerk "Lenken infolge übermäßigen Alkoholgenusses".

Diese Einschätzung gelangte im Ergebnis sowohl durch die zeugenschaftliche Aussage des Meldungslegers als auch in der Verantwortung des Berufungswerbers im Rahmen der Berufungsverhandlung inhaltsgleich zum Ausdruck.

Dass sich der Berufungswerber zuletzt über die Beendigung der Amtshandlung im Irrtum befunden hat, zeigte sich jedoch erst im Rahmen der Berufungsverhandlung. Der Meldungsleger war vor diesem Hintergrund, sich entgegen der ursprünglichen Annahme nach Ausdruck des Messstreifens nun doch mit einem nicht verwertbaren Ergebnis konfrontiert zu sehen, geradezu gezwungen die Fortsetzung der Beatmung einzufordern. Es lag eben kein verwertbares Ergebnis vor und die Amtshandlung war offenkundig auch noch nicht abgeschlossen, zumal in dieser Phase auch die Abnahmebescheinigung noch auszufüllen war.

Der durchaus mit Nachdruck gestellten Forderung "abermals zu blasen" kam der Berufungswerber aber nicht mehr nach. So wurde etwa auch der ausgedruckte Messstreifen von ihm nicht mehr unterfertigt. Dies jedoch aus seiner Sicht in der irrigen Annahme ein "verwertbares" Messergebnis ohnedies bereits erreicht zu haben.

Dies stellte sich jedoch erst unmittelbar nach erfolgtem Ausdruck des Messstreifens als irrig heraus, sodass es die ursprüngliche Mitteilung gegenüber dem Berufungswerber zu widerrufen bzw. korrigieren galt. Dies wurde wie schon dargelegt vom Berufungswerber nicht mehr angenommen bzw. eingesehen. Im Lichte dessen konnte wohl objektiv betrachtet die Amtshandlung nicht als abgeschlossen gelten.

Der Berufungswerber machte im Rahmen der Berufungsverhandlung durchaus den Eindruck, dass er keine Verweigerung setzen wollte, letztendlich aber doch nicht mehr bereit war, das Messgerät neuerlich zu beatmen. Als Motiv für die zuletzt fehlende Kooperationsbereitschaft räumte der Berufungswerber das von ihm als Unhöflichkeit empfundene "energische" Nachrufen nochmals "blasen" zu müssen ein. Ebenfalls gestand der Berufungswerber eine Ungeschicklichkeit seinerseits betreffend die mehrfach gescheiterten Beatmungsvorgänge ein.

Im Ergebnis bestätigte auch der Meldungsleger diese Darstellung, insbesondere die vorerst beim Berufungswerber geortete Bereitschaft ein verwertbares Ergebnis zu erzielen, was er mit der Zahl der gewährten Blasversuche nachvollziehbar zum Ausdruck brachte. Letztendlich war dem Meldungsleger aber darin zu folgen, dass er die Amtshandlung noch nicht abgeschlossen hatte als sich der Berufungswerber aus dem Wachzimmer entfernte.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

5.1. Nach § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Nach § 5 Abs.3 StVO ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).

Nach § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 ist eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen ist.

Grundsätzlich besteht die Verpflichtung zur Durchführung der Atemluftuntersuchung so lange bis ein verwertbares Messergebnis zu Stande gekommen ist. Mit Blick darauf wäre der Berufungswerber daher weiterhin zur Beatmung verpflichtet gewesen (VwGH 24.2.1993, 91/03/0343, sowie VwGH 11.10.2002, 2001/02/0220).

Abschließend ist auch noch auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage eines bei der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung "situationsbezogenen Verhaltens" hinzuweisen (VwGH 23.7.2004, 2004/02/0215 mit Hinweis auf VwGH 30.1.2004, 2003/02/0223).

Nicht übersehen wird jedoch, dass hier von einem minderen Grad des Verschuldens auszugehen ist, wobei es insbesondere des Hinweises bedarf, dass der Alkoholisierungsgrad des Berufungswerbers offenbar tatsächlich deutlich unter 1,6 Promille lag, was hier bei der Beurteilung des Tatunwertes und der Strafzumessung zu berücksichtigen ist und wohl auch im Administrativverfahren betreffend den Ausspruch der begleitenden Maßnahmen nicht unbeachtlich sein dürfte.

 

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Die Behörde erster Instanz erblickte in der Tatsache des Lenkens eines Kraftfahrzeuges einen straferschwerenden Umstand, wobei die Unbescholtenheit des Berufungswerbers mildernd gewertet wurde.

Da hier der hinter der Verweigerung stehende - jedoch nicht entschuldbare - Irrtum als nachhaltig schuldmildernder Aspekt zu berücksichtigen ist und letztlich auch der hinter dieser Bestimmung stehende Schutzzweck eine hochgradige Alkoholisierung zu verbergen, um dadurch einer entsprechenden Sanktion zu entgehen, in der Substanz ebenfalls nicht durchschlägt, gilt es bei der Beurteilung der Tatschuld ebenfalls zu berücksichtigen.

Dies indiziert einen Anspruch auf die Anwendung des § 20 VStG, sodass dadurch eine auf die beim Berufungswerber - gestützt auf das nicht verwertbare Messergebnis - anzunehmende Alkoholisierung gerecht erscheinende Korrektur des Strafausspruches ermöglicht wird.

Der § 20 VStG lautet: "Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden." Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100).

Derart gewichtige Milderungsgründe vermochten hier dem Berufungswerber auf Grund seiner Unbescholtenheit und seiner vollen Tatsachengeständigkeit zuerkannt werden. Der Umstand des Lenkens eines Kraftfahrzeuges vermag ohnedies nicht als ein straferschwerendes Kriterium iSd § 19 VStG iVm § 32 u. § 33 StGB angesehen werden, weil sich fast alle Alkoverfahren gegen Lenker von Kraftfahrzeugen richten und das Regelungs- und Sanktionsregime der StVO überwiegend auf die Spezies "Kraftfahrzeuglenker" abstellt. Dies hindert aber nicht iSd § 32 Abs.3 StGB die Interessensschädigung etwa bei einem Alkoverstoß durch einen Radfahrer entsprechend geringer zu werten.

Nach § 32 Abs.3 StGB ist im Allgemeinen die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.

Zuletzt gebietet auch die durchaus als prekär zu bezeichnenden ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine deutliche Reduzierung der ausgesprochenen Geldstrafe.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Tatschuld, Schutzzweck, Tatunwert, Verschulden

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