Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161200/4/Sch/Hu

Linz, 30.05.2006

 

 

 

VwSen-161200/4/Sch/Hu Linz, am 30. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn G A L H, vertreten durch Rechtsanwalt R L, vom 30.1.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.12.2005, VerkR96-11758-2005/PM, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.12.2005, VerkR96-11758-2005/PM, wurde über Herrn G A L H, O, K, vertreten durch Rechtsanwalt R L, N, K, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 436 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden, verhängt, weil er am 20.3.2005 um 00.07 Uhr im Gemeindegebiet Ansfelden auf der A1, bei Strkm 170,000 in Fahrtrichtung Wien, als Lenker des Kfz, pol. Kz. ... (D), die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 62 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 43,60 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der vorgelegte erstbehördliche Verfahrensakt stellt sich so dar, dass mit dem auf Herrn H S in Aachen/Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Kfz auf einer österreichischen Autobahn eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen wurde.

 

Der von der Erstbehörde abgefertigten Aufforderung an den Obgenannten zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers im Sinne des § 103 Abs.2 des österreichischen Kraftfahrgesetzes (KFG 1967) wurde nicht entsprochen, laut Vermerk auf dem entsprechenden Briefumschlag ist die Annahme des Poststückes verweigert worden. Hierauf, etwa vier Monate nach dem Vorfallszeitpunkt, wurde eine Aufforderung zur Rechtfertigung wegen des erwähnten Geschwindigkeitsdeliktes an den Zulassungsbesitzer übermittelt, der dazu angegeben hat, er habe das Fahrzeug Herrn G A L H, also dem nunmehrigen Berufungswerber, überlassen gehabt.

 

Es erging in der Folge eine Aufforderung zur Rechtfertigung an den Berufungswerber, die dieser durch seine rechtsfreundliche Vertretung dergestalt beantwortet hat, dass neben dem Verlangen nach Akteneinsicht bekannt gegeben wurde, "unserem Mandanten ist nicht erinnerlich, die Tat begangen zu haben".

 

Das in weiterer Folge ausgehobene Radarfoto ist zwar insoweit aussagekräftig, als die Geschwindigkeitsüberschreitung damit an sich dokumentiert ist, hinsichtlich Lenkeridentifizierung ist es aber völlig unbrauchbar.

 

In einer darauf folgenden Eingabe hat der Berufungswerber angegeben, dass das erwähnte Fahrzeug nicht nur von ihm, sondern auch von anderen Personen benützt würde.

 

Gegen das sodann ergangene Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben, wobei in dem Schriftsatz die Rede davon ist, dass sich der Berufungswerber einerseits zum Vorfallszeitpunkt nicht in Österreich aufgehalten habe, vielmehr sei mit einer namentlich benannten weiblichen Person zusammen gewesen. Andererseits wurde ausgeführt, dass "nach den Unterlagen des Beschuldigten das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt von einem Herrn C R, rumänischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Belgien geführt worden sein dürfte".

 

Die Berufungsbehörde hat den Rechtsmittelwerber eingeladen, die Anschrift dieses angeblichen Lenkers bekannt zu geben, hierauf hat er aber nicht reagiert.

 

4. Der vorliegende Aktenvorgang lässt eine Beweiswürdigung, auf die eine Bestrafung des Berufungswerbers gestützt werden könnte, nicht zu. Dies gilt auch im Hinblick auf allfällige weitere Ermittlungen durch die Berufungsbehörde, insbesondere die im Rechtshilfeweg wohl mögliche Einvernahme der oben erwähnten und vom Berufungswerber hinsichtlich Name und Anschrift bekannt gegebenen Zeugin für seinen Aufenthalt am Vorfallstag. Die Berufungsbehörde erwartet sich hier von vornherein nur entlastende Angaben.

 

Die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers alleine darauf zu begründen, dass er in einem Schriftstück des Zulassungsbesitzers als solcher bezeichnet wurde, das nicht einmal als Grundlage eine formelle Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 gehabt hat, ist für die Berufungsbehörde nicht zu vertreten. Mit der gleichen Wahrscheinlichkeit, wie diese Angabe richtig sein kann, ist es möglich, dass tatsächlich eine andere Person, allenfalls der Zulassungsbesitzer selbst, der Lenker des Fahrzeuges war.

 

Unbeschadet der obigen Ausführungen ist auch vollständigkeitshalber noch anzufügen:

 

Der Berufungsbehörde fällt aufgrund mehrerer gleichgelagerter Berufungsverfahren auf, dass Personen, die Zulassungsbesitzer bzw. sonstige Verfügungsberechtigte von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Kfz, die in Österreich gelenkt werden, sind, offenkundig pflegen, diese relativ häufig rumänischen Staatsangehörigen zu überlassen. Wären diese Angaben richtig, müsste ein beträchtlicher Prozentsatz deutscher Kfz mit rumänischen Lenkern besetzt sein. Der Berufungsbehörde bleibt es jedenfalls verborgen, wie sich eine solche Vorgangsweise in irgendeiner Form schlüssig nachvollziehen lässt, also warum diese - allesamt zum Schnellfahren neigenden - Rumänen mit deutschen Fahrzeugen unterwegs sind. Es bleibt im Grunde genommen wohl nur der Schluss übrig, dass der Wahrheitsgehalt derartiger Behauptungen ein äußerst dürftiger sein wird. Die Wahrheitsfindung in diesen Fällen ist einer Behörde in der Regel erschwert bzw. gänzlich verunmöglicht, zumindest in den Fällen, wo keine Anhaltung samt Lenkerfeststellung stattgefunden hat, nur Heckfotos, die bekanntlich zur Lenkeridentifizierung nicht geeignet sind, angefertigt wurden, oder sich die handelnden Personen entsprechend gut abgesprochen haben.

 

Der Berufungswerber war gegenständlich offenbar nicht einmal in der Lage, eine Adresse des angeblichen Lenkers bekannt zu geben, geschweige denn irgend eine schlüssige Begründung, welche Beziehung bestand, die das Lenken des Fahrzeuges durch den Genannten plausibel hätte erscheinen lassen.

 

Die Berufungsbehörde muss daher auch im vorliegenden Fall mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Berufungsentscheidung dem tatsächlichen Geschehnisablauf nicht gerecht werden dürfte. Der Grundsatz "in dubio pro reo" gebietet aber weitgehend unabhängig von der Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers und seines Vorbringens die Einstellung des gegenständlichen Verfahrens.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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