Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161252/2/Sch/Bb/Hu

Linz, 06.07.2006

 

 

 

VwSen-161252/2/Sch/Bb/Hu Linz, am 6. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn Ing. A D, geb. ..., vertreten durch Herrn Ing. F D, B, O, vom 10.3.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 24.2.2006, wegen einer Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 36 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt wird.
  2. Im Spruch des Straferkenntnisses hat es anstelle von "Bundespolizeidirektion St. Pölten" zu lauten: "Bezirkshauptmannschaft St. Pölten".

    Die Strafbestimmung des § 134 Abs.1 KFG 1967 wird dahingehend konkretisiert, dass sie in der Fassung BGBl. I Nr. 175/2004 angewendet wird.

     

  3. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 3,60 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

I. § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

II. §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Berufungswerber vorgeworfen, als Zulassungsbesitzer des Pkw, Chrysler Stratus, silber, Kennzeichen ..., nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten werden. Er habe es unterlassen, sein Fahrzeug zumindest bis zum 28.9.2005 abzumelden, obwohl er den dauernden Standort des Fahrzeuges am 28.4.2005 von O, B nach P, G und somit vom Bereich der Bundespolizeidirektion St. Pölten in den Bereich der Bezirkshauptmannschaft Perg verlegt hat.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs.4 lit.b KFG begangen, weshalb eine Geldstrafe in Höhe von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag 11 Euro) gemäß § 134 Abs.1 KFG verhängt wurde.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig die begründete Berufung vom 10.3.2006 erhoben und darin festgehalten, dass der dauernde Standort zum Zeitpunkt der Zulassung des Pkw der örtliche Wirkungsbereich der BH St. Pölten gewesen sei, und dafür das behördliche Kennzeichen ... vergeben wurde. Mit 28.4.2005 sei von ihm als weiterer Wohnsitz P, G, begründet worden, ohne dass der Wohnsitz im örtlichen Wirkungsbereich der BH St. Pölten aufgegeben wurde.

In den EB 67 werde der Zweck der Bestimmung des ordentlichen Wohnsitzes, nunmehr Hauptwohnsitz, damit begründet, dass der Besitzer eines Kfz jeweils ohne weitere Umstände festgestellt und erreicht werden kann. Mit den im Bundesgebiet geführten und gepflegten Meldedaten und den elektronischen Hilfsmitteln (elektronisches Melderegister) sei es möglich, dem vorgenannten Zwecke ohne weitere Umstände nachzukommen.

Der Berufungswerber wendet weiters ein, dass der Bundesgesetzgeber in massiver Einschränkung durch Anwendung des Hauptwohnsitzgesetzes 1994 eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte auf Gleichheit, Recht auf den gesetzlichen Richter und Schutz der Privatsphäre begangen habe, er rügt die seiner Meinung nach Mangelhaftigkeit des Verfahrens und beruft sich auf örtliche Unzuständigkeit der Behörde I. Instanz.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus dem Akt ergibt und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.2 ff VStG).

 

I.5. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des Kfz, Pkw, Chrysler Stratus, silber, Kennzeichen ..., welches am 18.8.2004 angemeldet und an der Adresse B, O zugelassen wurde. Beim zugewiesenen Kennzeichen handelt es sich offensichtlich um ein Wechselkennzeichen.

An der Adresse in O war der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Zulassung des Kfz hauptwohnsitzlich gemeldet. Am 28.4.2005 hat er seinen Hauptwohnsitz B, O, zu seinem Nebenwohnsitz erklärt und gleichzeitig per 28.4.2005 an der Adresse G, P, einen neuen Hauptwohnsitz begründet.

Die Abmeldung des in Rede stehenden Kfz, Chrysler mit dem Kennzeichen ... von der Adresse B, O, wurde zumindest bis zum 28.9.2005 - Zeitpunkt der Anzeigeerstattung durch die Polizeiinspektion Perg - unterlassen.

 

I.6. In rechtlicher Hinsicht hat der UVS wie folgt erwogen:

Gemäß § 43 Abs.4 lit.b KFG hat der Zulassungsbesitzer sein Fahrzeug abzumelden, wenn er den dauernden Standort des Fahrzeuges in den örtlichen Wirkungsbereich einer anderen Behörde verlegt hat.

 

Die Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs.4 lit.b KFG ist ein Unterlassungsdelikt. Als Tatort des Unterlassungsdeliktes kommt daher der Sitz sowohl der einen als auch der anderen Behörde in Betracht (vgl. VwGH vom 29.4.1987, Zlen. 86/03/0201, 0202).

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat daher zu Recht ihre Zuständigkeit für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens in Anspruch genommen.

Als dauernder Standort eines Fahrzeuges gilt nach § 40 Abs.1 zweiter Satz KFG der Hauptwohnsitz des Antragstellers, bei Fahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt.

Aus dem Wortlaut dieser Regelung ergibt sich klar (arg.: "Als dauernder Standort ... gilt der Hauptwohnsitz"), dass dann, wenn der Antragsteller eine physische Person ist, danach immer der "Hauptwohnsitz" maßgebend ist (vgl. VwGH vom 5. Juli 1996, Zl. 96/02/0094; vom 29.4.2002, Zl. 2002/03/0048).

 

Für die Zulassung eines Kfz und damit zur Zuweisung eines Kennzeichens (auch Wechselkennzeichen) ist die Behörde zuständig, in deren örtlichen Wirkungsbereich der dauernde Standort des Fahrzeuges liegt. Dies ist bei Privatpersonen stets deren ordentlicher Hauptwohnsitz. Dies gilt auch dann, wenn ein Fahrzeug für das ein Wechselkennzeichen zugewiesen wurde, häufig oder regelmäßig an einem weiteren (Neben-)Wohnsitz abgestellt wird, welcher im Wirkungsbereich einer anderen Behörde liegt (Grundtner, KFG, 5. Auflage, Anm.2 zu § 40 KFG, Seite 227).

 

Wird demnach von einer Privatperson - wie dem Berufungswerber - der Hauptwohnsitz in den örtlichen Wirkungsbereich einer anderen Behörde verlegt, ist damit gemäß § 40 Abs.1 zweiter Satz KFG auch ein Wechsel des dauernden Standortes des Fahrzeuges verbunden und hat der Zulassungsbesitzer gemäß § 43 Abs. 4 lit.b KFG das Fahrzeug jedenfalls abzumelden.

 

Zum Unterschied von § 42 Abs.1 KFG besteht für die Abmeldeverpflichtung nach § 43 Abs.4 lit.b KFG keine Frist von einer Woche, die Abmeldung hat am Tage der Aufgabe des Standortes zu erfolgen.

 

Der Berufungswerber hat im konkreten Fall seinen Hauptwohnsitz unbestritten am 28.4.2005 von B, O nach G, P verlegt und es - obwohl sämtliche Voraussetzungen nach § 43 Abs.4 lit.b KFG zutreffen - zumindest bis zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung (28.9.2005) unterlassen, das Fahrzeug abzumelden. Er hat somit den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht; es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche ihn im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde in Anbetracht der unbestrittenen Verlegung des Hauptwohnsitzes des Berufungswerbers von O nach P die Auffassung vertreten hat, dass mit der Verlegung dieses Hauptwohnsitzes eine dauernde Standortänderung des in Rede stehenden Fahrzeuges verbunden ist. Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

Zu den verfassungsrechtlich geäußerten Bedenken des Berufungswerbers darf festgestellt werden, dass das Ziel des Hauptwohnsitzgesetzes die Festlegung nur eines Hauptwohnsitzes jedes in Österreich niedergelassenen Menschen war. Im Vorblatt zu den Erläuterungen der Regierungsvorlage (BlgNR 1334, XVIII. GP) wird dieses Ziel wie folgt formuliert:

"Verankerung des durch eine gleichzeitige B-VG-Novelle in die Verfassung eingeführten Begriffes des Hauptwohnsitzes im übrigen Rechtsbestand des Bundes. Für jeden in Österreich niedergelassenen Bürger soll ein zentraler örtlicher Anknüpfungspunkt geschaffen und der Begriff des ordentlichen Wohnsitzes durchwegs durch jenen des Hauptwohnsitzes ersetzt werden."

 

Das Ziel war also in erster Linie, dass nur noch ein Hauptwohnsitz für jeden in Österreich niedergelassenen Bürger registriert wird.

Der Gesetzgeber wollte zudem einem Meldepflichtigen - wenn er mehrere Wohnsitze hat und die objektiven Kriterien nach Art.6 Abs.3 B-VG bzw. § 1 Abs.7 MeldeG 1991 mehrfach zutreffen - grundsätzlich die Entscheidung überlassen, wo er seinen Hauptwohnsitz erklärt.

Der Hauptwohnsitz ist Anknüpfungspunkt für zahlreiche, verschiedene in der Rechtsordnung vorgesehene Rechtsbereiche (zB Kfz-Zulassung, waffenrechtliche Urkunden, Sozialhilfe, ua.). Beim Hauptwohnsitz geht es deshalb nicht allein nur um die "ungestörte Gestaltung" des privaten Bereiches eines Bürgers, sondern handelt es sich beim Hauptwohnsitz um ein zentrales Ordnungskriterium für die gesamte Rechtsordnung, weshalb aus Sicht der Berufungsbehörde durch das Hauptwohnsitzgesetz, BGBl. Nr. 505/1994 keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte zu erblicken ist.

 

Die vorgenommene Korrektur des Spruches war zur Konkretisierung des Tatvorwurfes erforderlich und auch zulässig, weil damit keine Tatauswechslung verbunden ist und durch die Zitierung "O, B" ohnehin ableitbar ist, dass diese Adresse im Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten gelegen ist.

 

I.7. Zur Strafbemessung ist Folgendes zu bemerken:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Für die gegenständliche Verwaltungsübertretung sieht § 134 Abs.1 KFG, in der zur Tatzeit geltenden Fassung eine Höchststrafe von 2.180 Euro vor.

Der Berufungswerber verfügt - gemäß seinen Angaben - über ein monatliches Einkommen von ca. 1.900 Euro und ist sorgepflichtig für ein Kind und seine Lebensgefährtin.

Er war zum Vorfallszeitpunkt - soweit aus der Aktenlage ableitbar - verwaltungsstrafrechtlich gänzlich unbescholten, weshalb ihm dies als Strafmilderungsgrund zugute kommt, der für den Berufungswerber besonders positiv ins Gewicht fällt. Auch der Umstand, dass keine Erschwerungsgründe festgestellt wurden, lässt erwarten, dass mit der herabgesetzten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um ihn künftig zur Beachtung dieser Bestimmung des KFG 1967 zu bewegen. Zudem ist dem Berufungswerber eine gewisse Einsichtigkeit zuzugestehen. Positiv wirkte sich für den Berufungswerber auch aus, dass die Verletzung dieser Norm keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat.

Der Schutzzweck der Bestimmung des § 43 Abs 4 lit. b KFG (Abmeldepflicht) ist es, dass der Besitzer eines Fahrzeuges jeweils ohne weitere Umstände festgestellt und erreicht werden kann. Dafür hält es der Gesetzgeber für erforderlich, dass Hauptwohnsitz des Zulassungsbesitzers und dauernder Standort des Fahrzeuges nicht divergieren.

Im Hinblick auf den Schutzzweck dieser gesetzlichen Bestimmung der bei der Bemessung der Strafe nicht außer acht zu lassen war, konnte mit einer Ermahnung gemäß § 21 VStG - wie beantragt - nicht das Auslangen gefunden werden.

 

Es war damit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

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