Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161256/9/Ki/Da

Linz, 11.05.2006

 

 

 

VwSen-161256/9/Ki/Da Linz, am 11. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des E S, L, W, vom 23.3.2006, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2.3.2006, VerkR96-21548-2005/Pi, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Übertretung der StVO 1960) nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 10.5.2006 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid behoben. Der Antrag des Berufungswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Laut dem Entwurf einer Strafverfügung vom 9.8.2005, VerkR96-21548-2005, hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Berufungswerber eine Übertretung der StVO 1960 zur Last gelegt. Diese Strafverfügung sollte dem Berufungswerber zugestellt werden, wurde jedoch mit dem Vermerk, dass diese nicht behoben wurde, an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zurückgeschickt.

 

Im Verfahrensakt liegt diesbezüglich ein RSa-Abschnitt auf, worauf der Zusteller einen ersten Zustellversuch am 16.8. und einen zweiten Zustellversuch am 17.8. vermerkt hat. Die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches bzw. die Verständigung über die Hinterlegung sollen laut RSa-Abschnitt jeweils in das Hausbrieffach eingelegt worden sein. Vermerkt wurde auf dem Abschnitt weiters, dass die Hinterlegung beim Zustellpostamt erfolgte, ein Beginn der Abholfrist wurde nicht vermerkt.

 

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 16.11.2006 an den Berufungswerber eine Zahlungsaufforderung geschickt mit dem Hinweis, dass er mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, VerkR96-21548-2005 vom 9.8.2005, zur Leistung von 80 Euro verpflichtet worden sei bzw. wurde er ersucht, den Betrag von 80 Euro zu überweisen.

 

Herr S reagierte auf diese Zahlungsaufforderung hin mit Schreiben vom 29.11.2005, dass er den Bescheid nie erhalten habe und er ersuche, ihm diesen Bescheid zukommen zu lassen.

 

Im Rahmen eines Erhebungsauftrages hat der Berufungswerber vor der Polizeiinspektion Leonding am 10.1.2006 erklärt, dass er die Schuld nicht anerkennen und die ausstehende Geldstrafe nicht bezahlen werde. Es geht aus dem Schreiben der Polizeiinspektion Leonding jedoch nicht hervor, dass dem Rechtsmittelwerber die Strafverfügung ausgehändigt worden wäre.

 

Letztlich hat dann der Berufungswerber um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ersucht, dieses Ersuchen wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat zur Klärung der Sachlage am 10.5.2005 eine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, an welcher der Berufungswerber teilgenommen hat. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat sich entschuldigt. Zur Berufungsverhandlung wurde der zuständige Zusteller der Zustellbasis Leonding als Zeuge geladen, dieser hat die Ladung laut vorliegendem RSb-Rückschein eigenhändig übernommen, er ist jedoch nicht zur Verhandlung erschienen.

 

Der Berufungswerber erklärte bei seiner Einvernahme, dass er in einem Mehrparteienhaus (ca. 70 Wohnparteien) wohne, die Briefkästen seien im Erdgeschoss im Hauseingangsbereich situiert, es handle sich um Briefkästen, in welche die Poststücke durch einen oben situierten Briefschlitz eingeworfen werden. Er selbst wohne im 2. Stock. Er habe niemals eine Verständigung, weder eine Ankündigung des zweiten Zustellversuches noch Verständigung über die Hinterlegung, erhalten und er wisse auch aus Erfahrung, dass der Zusteller niemals einen direkten Zustellversuch vornehme, d.h. dass er an den Wohnungstüren läuten würde. Grundsätzlich kümmere er sich zu 90 % selbst um die Entleerung des Postkastens, doch auch wenn seine Gattin diesen entleert hätte, hätte diese ihm seine Poststücke jedenfalls zukommen lassen. Weiters erklärte der Berufungswerber auf Befragen, dass ihm die Strafverfügung bisher nicht zugestellt wurde.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn (Z1) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz grundsätzlich eine hinterlegte Sendung als zugestellt gilt, dies allerdings nur dann, wenn eine ordnungsgemäße Vorgangsweise bei der Hinterlegung gegeben ist.

 

Gemäß § 17 Abs.2 Zustellgesetz ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Diese Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstür (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben, sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

 

Im Falle einer Zustellung zu eigenen Handen ist gem. § 21 Abs.2 Zustellgesetz überdies der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein, wenn die Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden kann.

 

Im vorliegenden Falle konnte sich der Berufungswerber glaubhaft rechtfertigen, dass er offensichtlich weder eine Ankündigung eines zweiten Zustellversuches noch eine Verständigung über die Hinterlegung erhalten hat bzw. dass derartige Dokumente auch nicht in seinem Hausbrieffach eingelegt worden sind. Der Zusteller konnte diesbezüglich nicht befragt werden, da er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Angabe von Gründen nicht zur Verhandlung erschienen ist. Überdies wurde der betreffende RSa-Abschnitt nicht vollständig ausgefüllt, zumal darauf einerseits ein Beginn der Abholfrist nicht vermerkt wurde und andererseits auch der Stempelabdruck hinsichtlich des Zustellpostamtes kaum leserlich ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet daher diesen RSa-Abschnitt nicht als ordnungsgemäß erstellte Urkunde bzw. sind die Angaben auf dem RSa-Abschnitt unter Berücksichtigung der Aussage des Berufungswerbers zumindest in Zweifel zu ziehen, überdies kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Zusteller eine unmittelbare Zustellung gar nicht versucht hat.

 

Weiters stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass laut den glaubhaften Angaben des Herrn S die Strafverfügung ihm bis dato nicht zugestellt wurde, sodass auch keine Heilung iSd § 7 Zustellgesetz eingetreten ist.

 

Als Ergebnis wird daher festgehalten, dass dem Einschreiter die gegenständliche Strafverfügung bisher nicht zugekommen ist und diese Strafverfügung daher rechtlich nicht existent ist, weshalb auch nach dem derzeitigen Verfahrensstand der Einschreiter keinen Rechtsnachteil erleiden kann.

 

Nachdem eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur für jene Fälle vorgesehen ist, durch welche die Partei durch Versäumung einer Frist einen Rechtsnachteil erleidet, war über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht inhaltlich zu entscheiden, weshalb der angefochtene Bescheid aus Anlass der Berufung zu beheben war. Gleichzeitig war jedoch der ursprünglich gestellte Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

 

Was die inhaltliche Frage der vorgeworfenen Übertretung der StVO 1960 anbelangt, so ist im derzeitigen Verfahrensstadium eine Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich nicht gegeben, es obliegt zunächst der Erstbehörde das Verfahren weiterzuführen.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

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