Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161264/2/Ki/Da

Linz, 06.04.2006

 

 

 

VwSen-161264/2/Ki/Da Linz, am 6. April 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des G S, P, S, vom 13.3.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7.3.2006, VerkR96-1308-2006, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt wird. Bezüglich Schuldspruch und verhängter Geldstrafe wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass als Strafnorm § 99 Abs.2a StVO 1960 festgestellt wird.

 

II. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 7.3.2006, VerkR96-1308-2006, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am Sonntag, dem 8.1.2006 um 14.20 Uhr im Gemeindegebiet von Kematen am Innbach, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, auf der Innkreisautobahn A8 auf Höhe des Strkm.s 24,950 in Fahrtrichtung Wels als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges der Marke Volvo mit dem behördlichen Kennzeichen ME- (Sattelzugfahrzeug der Marke Volvo) und dem behördlichen Kennzeichen ME- (Sattelanhänger der Marke Schwarzmüller) mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t dieses Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl an Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten ist und das verwendete Fahrzeug bzw. die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen ist, zumal der Transport von raffiniertem, gehärtetem Palmöl 45 nicht unter leicht verderbliches Lebensmittel fällt, da dieses Öl ein gut haltbar gemachter Lebensmittelrohstoff zur Erzeugung von Margarine oder Frittierfett oder Öl ist und es sich somit um keine Margarine handelt. Er habe dadurch § 42 Abs.2 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.2b StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 90 Stunden verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 21,80 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen das Straferkenntnis mit Schreiben vom 13.3.2006 Berufung mit dem Ersuchen, dieses aufzuheben. Er vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass es sich im vorliegenden Falle um eine Ausnahme vom Wochenendfahrverbot gehandelt habe. Bei Palmöl handle es sich um ein Speisefett, dieses sei daher vom Transport vom Wochenendfahrverbot ausgenommen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 8.1.2006 zu Grunde, der zur Last gelegte Sachverhalt wurde vom Polizeibeamten festgestellt. Danach bestand die Ladung des vom Berufungswerber zur Tatzeit am Tatort gelenkten Sattelkraftfahrzeuges aus raffiniertem, gehärtetem Palmöl 45.

 

Dieser Sachverhalt wird vom Berufungswerber nicht bestritten und daher als erwiesen angenommen.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsordnung verstößt.

 

Dazu wird der Ordnung halber festgestellt, dass im vorliegenden Falle die Strafbestimmung des § 99 Abs.2b StVO 1960 nicht zur Anwendung kommt, da die gegenständliche Übertretung nicht innerhalb von 2 Stunden ab Beginn des entsprechenden Fahrverbotes begangen wurde.

 

Gemäß § 42 Abs.2 StVO 1960 ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten. Ausgenommen von diesem Verbot sind gemäß § 42 Abs.3 leg.cit. u.a. Fahrten, die ausschließlich der Beförderung von leicht verderblichen Lebensmitteln dienen.

 

Unbestritten bleibt, dass der Berufungswerber zur vorgeworfenen Tatzeit am vorgeworfenen Tatort mit dem im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Sattelkraftfahrzeug Palmöl transportiert hat. Der Berufungswerber vermeint jedoch, dass es sich bei diesem Produkt um ein leicht verderbliches Lebensmittel handle, zumal es zur Herstellung von Margarine verwendet wird, und daher der gegenständliche Transport zulässig gewesen wäre.

 

Laut einer im Verfahrensakt aufliegenden Stellungnahme der Sanitätsdirektion des Amtes der Oö. Landesregierung (Sanitätsdienst-Lebensmittelaufsicht) ist gereinigtes, raffiniertes, gehärtetes Palmöl ein bereits gut haltbar gemachter Lebensmittelrohstoff zur Erzeugung von Margarine oder Frittierfett oder Öl. Das Öl weist zwar einen niedrigen Schmelzpunkt zwischen 33 - 38º C auf, ist jedoch im gehärteten Zustand weitgehend von oxidativen Verbindungen befreit und daher haltbar.

 

Eine Recherche durch das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich im Internet, u.a. unter "http://de.wikipedia", hat ergeben, dass Palmöl aus dem Fruchtfleisch der Palmfrüchte gewonnen wird. Die Früchte werden sterilisiert und gepresst. Früchte und Öl haben wegen ihres hohen Carotingehaltes eine orangerote Färbung, die bei der Raffination entfernt wird. Das Öl enthält bis zu 80 % Palmitinsäure, es hat einen spezifischen Veilchengeruch. Es wird als Rohstoff bei der Herstellung von Margarine, Süßigkeiten und Fertiggerichten, von Waschmitteln, Seife und Kerzen, Kosmetika, sowie für technische Fette verwendet. Palmöl ist reich an Olefinen und eignet sich auch für die Herstellung von Biodiesel.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen ist daher im Recht, wenn sie davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem gegenständlichen transportierten Gut nicht um leicht verderbliche Lebensmittel (Margarine) gehandelt hat, sondern dass es sich bei diesem Öl um einen Rohstoff handelt, welcher zur Erzeugung von Margarine verwendet wird. Darüber hinaus wird dieser Rohstoff aber auch zu anderen Zwecken, wie etwa zur Herstellung von technischen Fetten verwendet.

 

Die Ausnahmebestimmung vom Wochenendfahrverbot umfasst jedoch ausdrücklich nur den Transport von leicht verderblichen Lebensmitteln, nicht jedoch von Rohstoffen, welche allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt zur Herstellung von Lebensmitteln verwendet werden können, mit anderen Worten, bei dem transportierten Palmöl handelt es sich nicht um einen Ausnahmetatbestand vom Wochenendfahrverbot. Der dem Berufungswerber zur Last gelegte Sachverhalt wurde daher in objektiver Hinsicht verwirklicht und es sind auch, was die subjektive Tatseite anbelangt, keine Umstände hervorgekommen, welche den Berufungswerber entlasten würden. Insbesondere ist unter dem Maßstab eines sorgfältig handelnden Kraftwagenlenkers allgemein zu erwarten, dass er sich vor Durchführung der Fahrt über die tatsächlichen und rechtlichen Eigenschaften der zu transportierenden Ladung entsprechend informiert.

 

Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

 

Was die Straffestsetzung anbelangt (§ 19 VStG) so misst der Gesetzgeber der Übertretung des Wochenendfahrverbotes (wenn diese Übertretung später als zwei Stunden ab Beginn des jeweiligen Fahrverbotes begangen wird) einen besonderen Unrechtsgehalt bei. In diesem Sinne wurde auch für derartige Übertretungen ein höherer Strafrahmen (Geldstrafe von 218 Euro bis 2.180 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu 6 Wochen) festgelegt. Aus diesem Grunde ist der Übertretung des Wochenendfahrverbotes mit einer besonders strengen Bestrafung entgegenzutreten, wobei auch general- bzw. spezialpräventive Überlegungen miteinzubeziehen sind. Im Hinblick darauf, dass dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute kommt und auch keinerlei erschwerende Umstände vorliegen, war es jedoch gerechtfertigt, dass die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen bloß die vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt hat.

 

Was die Ersatzfreiheitsstrafe anbelangt, so lässt sich dem Gesetz zwar nicht entnehmen, dass innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchstsätze ein bestimmtes Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe bestehen müsse. Es ist jedoch auch diesbezüglich eine Prüfung der Tat- und Schuldangemessenheit vorzunehmen. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, die von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen festgelegte Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend dem durch die Geldstrafe bewerteten Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung zu hoch bemessen wurde, weshalb eine entsprechende Reduzierung auf die vorgesehene Mindestersatzfreiheitsstrafe geboten schien.

 

Die Korrektur hinsichtlich der angewendeten Strafnorm war zur Konkretisierung iSd § 44a VStG geboten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

 

Beschlagwortung:

Palmöl ist ein Lebensmittelrohstoff und kein leicht verderbliches Lebensmittel i.S.d.
§ 42 StVO 1960.