Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161278/9/Bi/Ps

Linz, 03.07.2006

 

 

VwSen-161278/9/Bi/Ps Linz, am 3. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C P, M, B, vom 28. März 2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 9. März 2006, VerkR96-4785-2005, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 22. Juni 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird im Punkt 1. hinsichtlich des Schuldspruchs abgewiesen, die Geldstrafe jedoch auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt.

Im Punkt 2. wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich im Punkt 1. auf 10 Euro, im Rechtsmittelverfahren entfallen, wie im Punkt 2, jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 16 Abs.1 lit.d iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 38 Abs.5 iVm Abs.1 lit.d und 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) und 2) je 150 Euro (je 70 Stunden EFS) verhängt, weil er am 10. März 2005 um 11.25 Uhr als Lenker des Personenkraftwagens M1, Audi A6, grau, WL-, in der Gemeinde Ebensee, Landesstraße Ortsgebiet, Nr.145

  1. bei km 41.060, Schutzweg nächst der Abfahrt zur Subortschaft Trauneck im Ortsgebiet von Ebensee, auf einem nicht geregelten Schutzweg ein mehrspuriges Fahrzeug überholt habe und
  2. bei km 41.015, Ampelanlage beim Landungsplatz - Ortsgebiet von Ebensee, trotz Rotlichtes der Verkehrslichtsignalanlage nicht vor dem Lichtzeichen (da kein Schutzweg und keine Haltelinie vorhanden gewesen seien) angehalten habe, sondern weitergefahren sei, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 30 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 22. Juni 2006 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, des Vertreters der Erstinstanz Dr. G H sowie der Zeugen H H (H) und R P (P) durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe kein Fahrzeug überholt, sondern links abbiegen wollen. Da er aufgrund der Schneefahrbahn schneller geworden, ein Anhalten nicht möglich gewesen und ein Pkw entgegen gekommen sei, sei er unfreiwillig links vorbeigefahren. Es werde nun behauptet, ein sicheres Anhalten sei möglich gewesen, obwohl zwei Zeugen und er selbst ausgesagt hätten, dass zu diesem Zeitpunkt die Fahrbahn schneebedeckt gewesen sei. Vielleicht sei er auch mit 50 und nicht mit 30 km/h unterwegs gewesen. Bodenmarkierungen seien nicht sichtbar und die Ampel nicht auf Rot gewesen.

Es stelle sich die Frage, warum der Anzeiger durch ihn zu unvermitteltem Abbremsen genötigt worden und warum dieser 50 km/h gefahren sei, obwohl nach seinen Aussagen die Ampel auf Rot gewesen sei. Wäre die Ampel tatsächlich Rot gewesen, hätte der Anzeiger den Bremsvorgang schon längst eingeleitet. Da die Ampel nicht auf Rot gestanden sei, sei der Privatanzeiger durch sein Einordnen in Richtung Gmunden natürlich überrascht gewesen und habe sich zum Abbremsen gezwungen gesehen. Der Zeuge Putz sei dazu nicht befragt worden. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört, ein Ortsaugenschein durchgeführt und die Zeugen H und P unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Zeuge H lenkte am Vorfallstag den Pkw GM-557BT auf der B145 von Rindbach kommend in Richtung Gmunden. Die Straßenverhältnisse waren winterlich, die Schneefahrbahn, auf die es geregnet hatte, niedergefahren und rutschig. Nach seinen Aussagen blickte der Zeuge H auf Höhe des Bahnhofes Ebensee nach links auf den im Bahnhof stehenden Zug, wobei ihm auffiel, dass links neben seinem Fahrzeug ein Pkw fuhr, der eine nach seiner Meinung für die bestehenden Straßenverhältnisse zu hohe Geschwindigkeit einhielt. H schilderte den Vorfall in der mündlichen Verhandlung so, dass der Bw auf dem äußerst linken Fahrstreifen der B145, also der Gegenfahrbahn, gefahren sei, wobei sich vor ihm auf der Linkseinbiegespur Richtung Ortsmitte Ebensee ein silberner Golf eingeordnet hatte, der offensichtlich nach links einbiegen wollte. H befürchtete eine Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen und warnte deshalb den Golflenker mittels Lichthupe. Dieser wechselte daraufhin zumindest teilweise auf den rechten, von H benutzten Fahrstreifen, wodurch H unvermittelt bremsen habe müssen. Der Bw sei im Zuge des Überholens zunächst auf dem ungeregelten Schutzweg - dieser befindet sich in seiner Fahrtrichtung vor der Kreuzung beim Landungsplatz kurz nach dem Bahnhof Ebensee bei km 41.060 - neben seinem Pkw gefahren und dann nicht nach links eingebogen - wegen der Rotlicht zeigenden Ampel und dem geschlossenen Schranken sei das nicht möglich gewesen - sondern geradeaus in Richtung Gmunden weitergefahren. Sowohl der Golflenker als auch H hätten bei Rotlicht bei der Kreuzung beim Landungsplatz bei km 41.015 der B145 anhalten müssen, während der Bw durchgefahren sei. H habe dem Bw mit der Lichthupe Zeichen gegeben und sei ihm nachgefahren, bis beide vor Traunkirchen bei einer Rotlicht zeigenden Ampel stehen bleiben hätten müssen. Dort sei es zum Streitgespräch zwischen dem zum Pkw H zurückgehenden Bw und H gekommen, wobei die Äußerungen des Bw für H der Grund waren, diesen bei der PI Ebensee anzuzeigen.

 

Der Zeuge H schilderte seine Beobachtungen so, dass ihm, als er beim Bahnhof Ebensee erstmals den Pkw des Bw gesehen habe, kein Beifahrer aufgefallen sei - er habe beim Überholtwerden direkt ins Fahrzeuginnere geblickt und dabei den Bw im Seitenprofil gesehen. Auch beim Streitgespräch habe er keinen Beifahrer gesehen, zumal er mit dem Bw zu dessen Fahrzeug gegangen sei. An den Zeugen P konnte sich H nicht erinnern. Er gab außerdem an, bei der Kreuzung habe kein Gegenverkehr geherrscht, zumal auf der Strecke Richtung Traunkirchen eine Lawine niedergegangen und deshalb Gegenverkehr ausgeschlossen gewesen sei. H konnte sich nicht erinnern, dass der Bw beim Überholmanöver links geblinkt hätte.

 

Der Bw kam nach seiner Schilderung als Lenker des Pkw WL- aus Richtung Bad Ischl und hatte mit seinem Arbeitnehmer P beruflich in Ebensee zu tun, sodass vorerst Ebensee Fahrtziel gewesen sei. Möglicherweise sei er für die bestehenden Straßenverhältnisse zu schnell gewesen, weil er, als er links nach Ebensee einbiegen habe wollen und dazu gebremst habe, gerutscht und dadurch schneller geworden sei, sodass - noch dazu, weil Gegenverkehr in Form eines Pkw geherrscht habe - ein Linkseinbiegen ausgeschlossen gewesen sei. Deshalb habe er sich entschlossen zu beschleunigen und geradeaus in Richtung Gmunden weiterzufahren, zumal er auch dort einen beruflichen Termin gehabt habe. Dabei fiel ihm seiner Erinnerung nach nur ein Pkw auf der rechten Fahrspur auf, das müsse dann der Zeuge H gewesen sein, der ihn auch beim Weiterfahren mit der Lichthupe angeblinkt habe und ziemlich knapp aufgefahren sei. Der Bw konnte sich nicht an einen silberfarbenen Golf erinnern und bestritt auch, äußerst links, also auf der Fahrspur für den Gegenverkehr, gefahren zu sein. Als er zum Linkseinbiegen gebremst habe, sei der mit ABS ausgerüstete Pkw nur kurz gerutscht, aber nicht seitlich ausgebrochen, sodass eine Beschleunigung geradeaus möglich gewesen sei. Der Bw gestand zu, dass er sich im Bereich des ungeregelten Schutzweges - Bodenmarkierungen seien wegen der Schneefahrbahn nicht sichtbar gewesen - neben dem Pkw des Zeugen H befunden habe, aber eben nicht überholenderweise, sondern eingeordnet zum (damals noch beabsichtigten) Linkseinbiegen, sodass auch keine Verwaltungsübertretung gegeben sei.

 

Der Zeuge P führte aus, er sei damals auf dem Beifahrersitz mit seinem Chef mitgefahren und sie hätten sowohl in Ebensee als auch in Gmunden zu tun gehabt. Er bestätigte, der Bw habe sich auf der Linkseinbiegespur - sicher nicht äußerst links - eingeordnet und zum Ortszentrum Ebensee zufahren wollen. Es seien nur Spuren ausgefahren gewesen, Bodenmarkierungen habe man keine gesehen. Der Bw habe seiner Erinnerung nach gebremst, worauf das Fahrzeug - aber nur auf eine Fahrzeuglänge - geradeaus ins Rutschen gekommen und sich das Linkseinbiegen wegen der zu hohen Geschwindigkeit nicht mehr ausgegangen sei. Der Bw habe auf dem Linkseinbiegestreifen freie Fahrt gehabt. Der Zeuge konnte weder sagen, ob im Bahnhof Ebensee ein Zug gestanden sei noch ob die Ampel Rotlicht gezeigt oder Gegenverkehr bestanden habe. Er wusste auch nicht, ob der Pkw des Zeugen H gestanden oder gefahren sei und ob der Bw diesen überholt habe. Der Zeuge bestätigte nur, der Bw habe zu ihm gesagt, macht nichts, fahren wir nachher nach Ebensee. Ihm sei beim Geradeausfahren keine gefährliche Situation in Erinnerung und er habe auch nicht zurückgeschaut. Der Bw habe ihm gesagt, dass der Lenker hinter ihnen Zeichen mit der Lichthupe gebe. Weiter vorne in Richtung Traunkirchen seien dann beide Fahrzeuge bei einer Baustelle zum Stehen gekommen. Von einem Streitgespräch habe er selbst auch nichts mitbekommen, weil der Bw zum anderen Pkw zurückgegangen sei. Er habe ihm nur nachher davon erzählt.

 

Da vom im 1. Stock des Gemeindeamtes Ebensee gelegenen Verhandlungsraum aus uneingeschränkte Sicht auf die B145 und die in Rede stehende Kreuzung samt dem in Fahrtrichtung beider Lenker davor befindlichen Schutzweg bestand, wurde auf einen Ortsaugenschein durch Begehung der Kreuzung verzichtet. Festgestellt wurde auch, dass, wenn im Bahnhof Ebensee ein Zug hält, die aus Richtung Ortszentrum kommenden Lenker vor der Kreuzung mit der B145 anhalten müssen. Die Ampelanlage zeigt dann für den Verkehr auf der B145 in Richtung Gmunden und für Linkseinbieger Rotlicht, damit die Kreuzung im Querverkehr geräumt werden kann, schaltet dann aber für die Fahrtrichtung geradeaus wieder auf Grünlicht um. Nur die in Richtung Ortszentrum links einbiegenden Lenker haben weiterhin Rotlicht, bis der Zug den Bahnhof verlässt. Der Schutzweg ist nicht geregelt, aber mit blinkendem Gelblicht abgesichert und entsprechend angekündigt.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates sind die Ausführungen des Zeugen H, der in der Verhandlung bestätigt hat, als es zum Streitgespräch mit dem Bw gekommen sei, sei die Angelegenheit für ihn bereits erledigt gewesen, aber wegen der Äußerungen des Bw habe er sich dann zur Anzeige entschlossen, die wegen der telefonischen Nichterreichbarkeit der PI Ebensee nach der Arbeit erfolgt sei, durchaus glaubwürdig. Der Zeuge H hat in der Verhandlung einen vernünftigen und besonnenen Eindruck gemacht, sodass sicher nicht von einer leichtfertigen Anschuldigung auszugehen war. Dass sich der Vorfall im Wesentlichen so zugetragen hat, wie vom Zeugen H geschildert, hat nicht einmal der Bw bestritten, nämlich dass er angesichts der schlechten Straßenverhältnisse zu schnell war und zwar links einbiegen habe wollen, dies jedoch wegen der zu hohen Geschwindigkeit letztlich nicht möglich gewesen sei. Ob nun ein Fahrzeug entgegenkam oder dies wegen eines Lawinenabgangs unmöglich war, kann hier nicht beurteilt werden. Ebensowenig ist mangels rechtzeitiger Ausforschung des vom Zeugen H genannten Golflenkers eine Klärung möglich, ob sich vor dem Zeugen H noch ein Fahrzeug auf dem Linkseinbiegestreifen befunden hat. Zu den Aussagen des Zeugen P, den der Zeuge H aus welchen Gründen immer gar nicht wahrgenommen hat, obwohl er angeblich auf dem Beifahrersitz gesessen ist und daher eigentlich für H zu sehen gewesen sein müsste, ist zu sagen, dass dieser, wenn er tatsächlich bei der Situation anwesend war, eigenartigerweise nichts wahrgenommen hat - was auch auf das Naheverhältnis zu seinem Chef zurückzuführen sein könnte, dessen Version vom Vorfall er auffällig gestützt hat, obwohl er nach seiner Schilderung als, wie er selbst bestätigt hat, Inhaber einer Lenkberechtigung nichts Auffälliges oder Gefährliches gesehen und auf nichts geachtet hat, obwohl ihm die doch nicht alltägliche Situation mit Sicherheit auffallen hätte müssen. Seine Aussagen waren insgesamt zu wenig aussagekräftig.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1. des Straferkenntnisses:

Gemäß § 16 Abs.1 lit.d StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges auf und unmittelbar vor Schutzwegen und Radfahrerüberfahrten, sofern der Verkehr in einem solchen Bereich nicht durch Arm- oder Lichtzeichen geregelt wird, nicht überholen.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Pkw des Bw sich zum Zeitpunkt des Passierens des ungeregelten Schutzweges bei km 41.060 der B145 auf Höhe des Pkw des Zeugen H befunden hat. Ob nun der Bw den Pkw H überholen wollte oder sich tatsächlich zum Linkseinbiegen eingeordnet hatte, ist insofern unerheblich, als gemäß § 2 Abs.1 Z29 StVO das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem in derselben Fahrbahn in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeug als Überholen gilt. Sogar wenn auch dieses Fahrmanöver letztlich durch zu hohe Geschwindigkeit des Bw zustande gekommen sein sollte, ist von einem unzulässigen Überholen auszugehen, weil der Bw als Lenker eines Pkw gerade bei den schlechten Straßenverhältnissen verpflichtet gewesen wäre, bei Annäherung an den Schutzweg eine solche Geschwindigkeit einzuhalten, dass ihm erforderlichenfalls sogar das Anhalten davor möglich gewesen wäre. Ob die B145 vor dem ungeregelten Schutzweg bergab verläuft, ist dabei unerheblich.

Der Bw hat damit den ihm zur Last gelegten Tatbestand ohne jeden Zweifel erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Bw weist eine Vormerkung wegen § 52a Z10a StVO vom 1.10.2001 auf, die als einschlägig im Hinblick auf die ggst Übertretung anzusehen ist. Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses "rechtskräftige Bestrafungen" als erschwerend gewertet und in Ermangelung jeglicher Angaben durch den Bw dessen finanzielle Verhältnisse auf 1300 Euro Nettomonatseinkommen bei fehlendem Vermögen und Sorgepflichten geschätzt. Der Bw hat der Schätzung nicht widersprochen und auch anderes nicht geltend gemacht, sodass auch im Rechtsmittelverfahren von dieser Schätzung auszugehen war. Der Bw weist bei der Erstinstanz weitere Vormerkungen auf, darunter auch eine solche wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vom 20.4.2005, ebenso eine solche vom 8.9.2005 bei der Wohnsitzbehörde. Diese sind zwar im Hinblick auf die gegenständliche Übertretung nicht erschwerend, jedoch dokumentieren sie die offensichtliche Einstellung des Bw eindrucksvoll. Die Missachtung des Überholverbots erfolgte angesichts der Ankündigung und Erkennbarkeit des ungeregelten Schutzweges grob fahrlässig. Da jedoch "nur" von einer einschlägigen Vormerkung auszugehen war, war eine Strafherabsetzung noch gerechtfertigt.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den finanziellen Verhältnissen des Bw, liegt noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw zur genauesten Beachtung der Überholverbote anhalten. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen.

 

Zu Punkt 2. des Straferkenntnisses:

Gemäß § 38 Abs.5 StVO gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 und des § 53 Z10a an den im Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten, dh gemäß Abs.1 lit.d vor dem Lichtzeichen.

Der Zeuge H hat ausgesagt, der Bw sei trotz Rotlicht der bei der genannten Kreuzung befindlichen Ampel geradeaus weitergefahren. Er selbst habe seinen Pkw, ebenso wie der Golflenker, bei Rotlicht anhalten müssen. Er bestätigte, er habe den Golflenker vor dem links überholenden Bw gewarnt, worauf dieser nach rechts gefahren und er unvermittelt habe bremsen müssen. Das lässt angesichts der weiteren Aussage des Zeugen bei der Anzeigeerstattung, er sei ca 50 km/h gefahren, nicht den sicheren Schluss zu, dass zu diesem Zeitpunkt die Ampel bereits Rotlicht gezeigt habe, weil sonst das weitere Fahrverhalten des Zeugen H nicht erklärbar wäre. Aus den Angaben des Zeugen ergibt sich zwar, dass dieser auf den im Bahnhof stehenden Zug aufmerksam geworden sei, wobei er beim Blick nach links direkt in den daneben befindlichen, im Überholen begriffenen Pkw des Bw blickte. Dann habe er dessen Geschwindigkeit als zu hoch geschätzt und dem auf der Linkseinbiegespur vor ihm fahrenden Golflenker Warnzeichen mittels Lichthupe gegeben, worauf dieser nach rechts wechselte, wodurch der Zeuge H unvermittelt abbremsen habe müssen, um dem Lenker ein Ausweichen zu ermöglichen. Schließlich seien der Golflenker und er bei der Rot zeigenden Ampel stehen geblieben, während der Bw geradeaus weitergefahren sei.

Der Bw hat kein Rotlicht der Ampel wahrgenommen, sondern sich nur wegen der zu hohen Geschwindigkeit und einem angeblichen Gegenverkehr zum Geradeaus-weiterfahren entschlossen.

Der Zeuge P konnte sich an Rotlicht nicht erinnern. Der Golflenker, der dazu Aussagen hätte machen können, ist unbekannt.

Dem Bw wird vorgeworfen, er habe bei Rotlicht nicht angehalten, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre. Aus den vorhandenen Aussagen ergibt sich nicht, wann die Ampel auf Rotlicht umgeschaltet hat und wo genau sich zu diesem Zeitpunkt der Pkw des Bw befunden hat, obwohl nur bei Vorliegen solcher Feststellungen eine Beurteilung dahingehend möglich gewesen wäre, ob das Nichtanhalten dem Bw auch vorwerfbar ist. Außerdem hat das Beweisverfahren ergeben, dass der Bw beide rechts von ihm befindliche Pkw überholt hat, wobei laut Aussage des Zeugen H diese bei Rotlicht angehalten haben. Wenn aber der Bw beide überholt hat, ist nicht auszuschließen, dass er bei Passieren der Kreuzung - konkret des Lichtzeichens, weil infolge Schneefahrbahn keine Bodenmarkierungen sichtbar waren - bei km 41.015 der B145 vor den beiden Pkw noch nicht Rotlicht hatte, was auch seine Verantwortung erklären könnte, er habe kein Rotlicht gesehen. Der Zeuge H hat auf dem Weg vom Bahnhof zur Kreuzung eine derartige Fülle von Ereignissen geschildert, die er auch selbst zu beachten und in sein Fahrverhalten zu integrieren hatte, dass eine verlässliche Beurteilung, ob dem Bw ein sicheres Anhalten tatsächlich möglich war, nicht anzunehmen ist.

Aus diesen Überlegungen war im Zweifel zugunsten des Bw spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Der Ausspruch über Verfahrenskostenbeiträge bzw deren Entfall ist gesetzlich bestimmt.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Vorbeifahren an fahrendem Pkw auf ungeregeltem Schutzweg = Überholen; Zeitpunkt des Umschaltens der Ampel auf Rotlicht nicht ersehbar à Einstellung im Zweifel

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