Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161306/2/Bi/Be

Linz, 08.06.2006

 

 

 

VwSen-161306/2/Bi/Be Linz, am 8. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn RA Dr. E P, A, W, vom 24. März 2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8. März 2006, VerkR96-15726-2005, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 2. Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 80 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 16. August 2005, 10.25 Uhr, in der Gemeinde Steinbach/A., Landesstraße Freiland Nr.153 bei km 5.367 in Fahrtrichtung Bad Ischl die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 31 km/h überschritten habe - Pkw W-, Mercedes Kombi silbergrau, Standort des Beamten km 5.510.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 8 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. Der Bw macht unter Bestreitung der Begehung der Verwaltungsübertretung im Wesentlichen geltend, die Aufstellung der Geschwindigkeitsbeschränkung sei nicht gültig gewesen. Sie betreffe das Erhaltungsgebiet der Straßenmeisterei Seewalchen am Attersee und die Verkehrsbeschränkungen seien nur für die unumgänglich notwendige Dauer der Arbeiten erlassen. Die Geschwindigkeitsbeschränkung hätte nur zum Schutz der auf der Fahrbahn, auf Gehsteigen und Banketten tätigen Arbeiter angebracht werden dürfen. Er habe als Zeugin dafür, dass zum Tatzeitpunkt keine Bauarbeiter da gewesen seien, seinen Gattin angeführt, und auch die übrigen Lenker von 11.12 bis 11.20 Uhr, die in unmittelbarer Zeitabfolge vor und hinter ihm gefahren seien, könnten dies bestätigen. Er beantragt dazu auch die Beischaffung des Bautagebuchs der Niederndorfer BauGesmbH und die Einvernahme des Geschäftsführers als Zeugen. Auch die Polizisten hätten dies gesehen. Es seien durchwegs alle Fahrzeuglenker über 30 km/h gefahren und es sei keine Gefährdung von Straßenarbeitern erfolgt. Die Beschränkung sei unzulässig angebracht oder von der Baufirma in fehlerhafter Weise nicht entfernt worden. Auch von einer Behinderung iSd Punktes 11 des Bescheides sei keine Rede - deshalb seien auch alle Lenker über 30 km/h gefahren. Auch könne nicht ein Bescheid, der sich auf eine Verordnung stütze, vor Erlassung der Verordnung ergehen. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, der mittlerweile auch ein - dem Bw offenbar unbekanntes - Schreiben der Straßenmeisterei Bad Ischl vom 10. November 2005, StM-BI-153/5, 294-2005, an die Erstinstanz enthält. Darin wird auf Anfrage der Erstinstanz zu den Bauarbeiten auf der B153 Weißenbacherstraße insofern Stellung genommen, als ausgeführt wird, die Fa Vialit habe im Gemeindegebiet Steinbach/A. auf der B153 im Bereich zwischen km 4.3 und 5.6 Oberflächenbehandlungen durchgeführt, wobei vorgesehen gewesen sei, die Baustelle mit dem Gefahrenzeichen "Baustelle" während der Bauarbeiten und dem Gefahrenzeichen "Andere Gefahren" mit der Zusatztafel "Rollsplitt" abzusichern. Es hätten jedoch Verkehrsteilnehmer die Rollsplitttafel nicht beachtet. Da im Weißenbachtal sehr viele Lenker einspuriger Fahrzeuge unterwegs seien, sei von 12. bis 17. August 2005 eine Geschwindigkeitsbeschränkung nach § 44b StVO aufgestellt worden - so auch von km 4.308 bis 5.635 eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h - und am 17. August 2005 sei der Rollsplitt abgekehrt und die Tafeln seien um 16.00 Uhr entfernt worden.

Die Erstinstanz hat dazu mitgeteilt, dass die - dem Bw bekannte, aber nicht zutreffende - Verordnung vom 25. Mai 2005, VerkR01-1390-2005, versehentlich diesem Akt zugrunde gelegt worden sei.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Aus dem Verfahrensakt lässt sich somit keine der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h zugrundeliegende Verordnung ersehen. Im Schreiben der Straßenmeisterei wird auf § 44b StVO 1960 als Grundlage für die Aufstellung von Geschwindigkeitsbeschränkungen zur Absicherung von Bauarbeiten, die in der Oberflächenbehandlung eines Abschnitts der B153 bestanden haben, verwiesen.

§ 44b StVO 1960 sieht unter der Überschrift "Unaufschiebbare Verkehrsbeschränkungen" vor, dass gemäß Abs.1 im Fall der Unaufschiebbarkeit Organe der Straßenaufsicht, des Straßenerhalters, die Feuerwehr, des Bundesheeres oder des Gebrechensdienstes öffentlicher Versorgungs- oder Entsorgungsunternehmen nach Erfordernis eine besondere Verkehrsregelung durch Anweisungen an die Straßenbenützer oder durch Anbringung von Verkehrsampeln oder Signalscheiben oder eine der in § 43 Abs.1 lit.b Z1 und 2 bezeichneten Maßnahmen - dazu gehören auch Geschwindigkeitsbeschränkungen - durch Anbringung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen mit der Wirkung treffen dürfen, als ob die Veranlassung oder Maßnahme von der Behörde getroffen worden wäre. Dies gilt insbesondere,

  1. wenn ein Elementarereignis bereits eingetreten oder nach den örtlich gewonnenen Erfahrungen oder nach sonst erheblichen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist,
  2. bei unvorhersehbar aufgetretenen Straßen- oder Baugebrechen u dgl,
  3. bei unvorhersehbar eingetretenen Ereignissen, wie zB Brände, Unfälle, Ord-nungsstörungen u dgl, die besondere Verkehrsverbote oder -beschränkungen oder eine besondere Verkehrsregelung (zB Einbahnverkehr, abwechselnder Gegenverkehr, Umleitungen o dgl) erfordern.

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates traf im gegenständlichen Fall keine der genannten Voraussetzungen zu, sondern es handelte sich, wie auch im Schreiben der Straßenmeisterei Bad Ischl so bezeichnet, um Bauarbeiten, die vorhersehbar, geplant und organisiert waren, aber keine "unaufschiebbaren Verkehrsbeschränkungen" im Sinne des § 44b StVO 1960 erforderlich machten. Dass im Weißenbachtal im Sommer viele Motorradlenker unterwegs sind, ist eine seit Jahren allgemein bekannte Tatsache und dass diese Lenker zu ihrem eigenen Schutz in angemessener Weise zur Einhaltung einer baumaßnahmeentsprechenden Geschwindigkeit im jeweiligen Gefahrenbereich veranlasst werden müssen, keine Frage. Tatsächlich fanden dort aber "normale" Bauarbeiten statt, die in üblicher Weise vorbereitet werden hätten müssen. Ein Verfahren bei der zuständigen Behörde fand aber offenbar mangels entsprechenden Antrages nicht statt, sondern wurden ohne entsprechende gesetzliche Grundlage Straßenverkehrszeichen aufgestellt und die Einhaltung rechtlich nicht existierender Geschwindigkeitsbeschränkungen - wobei zu betonen ist, dass die Verkehrszeichen aber sicher in wohlmeinender Absicht dort aufgestellt waren, wenn auch die Fahrbahnverhältnisse und nicht die Arbeiter Grund für die Überlegungen waren - durch Polizeibeamte mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln überwacht, nämlich durch Lasermessung. Die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung seines Fahrzeuges, dh nach Abzug aller Toleranzen 61 km/h, hat der Bw im Rechtsmittel auch nicht ausdrücklich in Zweifel gezogen.

Aus den obigen Überlegungen ergibt sich aber, dass die dem Bw zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, sodass gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG - naturgemäß ohne Verschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen - spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Vorsatz nicht nachweisbar - Einstellung

 

 

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