Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161313/11/Bi/Be

Linz, 06.06.2006

 

 

 

VwSen-161313/11/Bi/Be Linz, am 6. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau C S P, T, E, vertreten durch RA Mag. J H, S, L, vom 25. April 2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 11. April 2006, VerkR96-534-2006, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes, aufgrund des Ergebnisses der am 6. Juni 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 VStG iVm §§ 1 Abs.3 und 37 Abs.3 Z1 FSG eine Geldstrafe von 365 Euro (132 Stunden EFS) verhängt, weil sie Herrn F S die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich dadurch erleichtert habe, dass sie als Verfügungsberechtigte des Pkw UU- dieses Herrn S zum Lenken überlassen habe, obwohl dieser keine von der Behörde erteilte Lenkberechtigung besitzt. Das Fahrzeug sei von der genannten Person am 26. Dezember 2005, 13.19 Uhr, in Engerwitzdorf, Mühlholz Gemeindestraße, Kreuzung mit der Klendorferstraße, gelenkt worden.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 36,50 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 6. Juni 2006 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Bw, ihres rechtsfreundlichen Vertreters RA Mag. J H und des Zeugen F S durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz J O war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe erstmals nach dem Verkehrsunfall erfahren, dass F S keine Lenkberechtigung besitze - dieser sei dazu nicht zeugenschaftlich einvernommen worden. Sie habe daher auch nicht bedingt vorsätzlich gehandelt. Beantragt wird Verfahrenseinstellung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Bw bzw ihr rechtsfreundlicher Vertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt und der oben genannte Zeuge unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden..

Unbestritten ist, dass die Bw dem Zeugen F S den Pkw, der auf ihre Mutter zugelassen und ihr von dieser überantwortet worden war, auf seine Frage hin überlassen hat. Sie holte ihn in Linz ab und F S lenkte den Pkw bis nach Engerwitzdorf, wo er an einem Verkehrsunfall beteiligt war. Die Bw erfuhr nach eigenen Aussagen erstmals davon, dass der Zeuge S keine Lenkberechtigung besitzt, als die Polizei vom Zeugen den Führerschein verlangte.

Sie kannte den Zeugen seit etwa einem Jahr, wobei dieser auch für etwa fünf Monate im Jahr 2005 bei ihr gemeldet war. Sie habe aber nie ausdrücklich einen Führerschein von ihm verlangt, habe ihn aber zuvor einmal einen Pkw lenken gesehen. An seiner Fahrweise fiel ihr nichts besonderes auf.

Der Zeuge S bestätigte insofern die Aussage der Bw, als er für möglich hielt, dass ihn die Bw früher einmal beim Lenken eines Pkw gesehen habe. Er habe sich immer mit seinem Reisepass ausgewiesen, einen Führerschein habe die Bw nie ausdrücklich von ihm zu sehen verlangt. Es sei richtig, dass sie erstmals bei der Unfallaufnahme am 26. Dezember 2005 davon erfahren habe, dass er noch nie eine Lenkberechtigung besessen habe.

 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den - hier nicht vorliegenden - Fällen des Abs.5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt.

Gemäß § 7 Abs.1 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Verwaltungsübertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Gemäß § 5 Abs.1 StGB handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass die Bw erstmals nach dem Verkehrsunfall vom 26. Dezember 2005 davon erfuhr, dass der Zeuge S keine gültige Lenkberechtigung besitzt. Es war daher nicht zu widerlegen, dass die Bw zum Zeitpunkt des Überlassens des Lenkens des Pkw am 26. Dezember 2005 nicht wusste, dass der Zeuge nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung für die Klasse B war.

Nach der Definition des Vorsatzes im § 5 Abs.1 StGB in der Form des dolus eventualis ist jedenfalls erforderlich, dass der Täter die Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbildes zumindest ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet, dh die Bw hätte ernstlich für möglich halten müssen, dass der Zeuge keine Lenkberechtigung besitzt, und sie hätte ihm trotzdem den Pkw zum Lenken überlassen müssen. Allein der Umstand, dass sie nie einen Führerschein zu sehen verlangt hat, bedeutet noch nicht, dass sie ernstlich für möglich halten musste, dass er nicht im Besitz eines solchen Dokuments ist - der Zeuge hat sogar bestätigt, die Bw habe ihn möglicherweise vorher einmal beim Lenken eines Kraftfahrzeuges gesehen. Vorsätzliches Verhalten ist der Bw damit letztlich auch auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nachzuweisen. Es war daher im Zweifel zugunsten der Bw spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben waren.

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Vorsatz nicht nachweisbar - Einstellung

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