Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161328/11/Zo/Da

Linz, 08.08.2006

 

 

 

VwSen-161328/11/Zo/Da Linz, am 8. August 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Y G, geb. , S, vom 24.4.2006 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Steyr vom 12.4.2006, Zl. S-1351/ST/06, wegen einer Übertretung des FSG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.7.2006 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Punkt 1 aufgehoben.
  2. Hinsichtlich Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z2 VStG

zu II.: §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Erstinstanz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis (Punkt 1) vorgeworfen, dass er am 6.3.2006 um 22.00 Uhr in Steyr auf der Sierningerstraße 170 den PKW mit dem Kennzeichen GR- auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl ihm die Lenkberechtigung am 24.2.2006 entzogen worden sei.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs.3 FSG begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro (Ersatzfreiheitsstraße 12 Tage) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 80 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen diesen Punkt des Straferkenntnisses richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er zum damaligen Zeitpunkt vom Entzugsbescheid nichts gewusst habe. Es sei ihm kein RSa-Brief zugestellt worden. Der Briefkasten sei defekt gewesen, weshalb der Briefträger die Post auf diesen hinaufgelegt habe. Er habe jedenfalls niemals eine Verständigung über die Hinterlegung eines Briefes bekommen. Seit von der Hausverwaltung neue Briefkästen montiert wurden, bekomme er seine Post wieder regelmäßig.

 

3. Der Polizeidirektor von Steyr hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.7.2006, an welcher der Berufungswerber sowie ein Vertreter der Erstinstanz teilgenommen haben. Weiters wurde der Zusteller J S als Zeuge einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Dem Berufungswerber wurde die Lenkberechtigung mit Bescheid der BPD Steyr vom 21.2.2006, Zl. 45/III/FE/2006, entzogen, weil er eine angeordnete Nachschulung nicht absolviert hatte. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte durch Hinterlegung, wobei der erste Zustellversuch am 23.2. und der zweite Zustellversuch am 24.2.2006 erfolgten. Die Hinterlegung beim Postamt fand am 27.2.2006 statt. Zu diesem Zeitpunkt war der Briefkasten des Berufungswerbers aufgebrochen, der Zusteller hat trotzdem die jeweiligen Verständigungszettel über den zweiten Zustellversuch bzw. die Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt. Der Briefkasten wurde auch regelmäßig geleert, weshalb der Zusteller davon ausgegangen ist, dass der Berufungswerber sich eben an dieser Adresse aufhält und die Post auch bekommt. Der Berufungswerber verwies darauf, dass er im Zeitraum von Jahresanfang bis März 2006 lediglich einmal eine Verständigung über einen RSa-Brief erhalten habe und sich in diesem Fall den RSa-Brief auch am Postamt abgeholt habe. Weitere Verständigungen über die Hinterlegung von RSa-Briefen habe er nicht erhalten, insbesondere auch nicht betreffend den gegenständlichen Führerscheinentzugsbescheid.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

Gemäß § 17 Abs.2 Zustellgesetz ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner neueren Rechtsprechung ausgeführt, dass ein Briefkasten, welcher aufgebrochen ist, nicht mehr die ihm zugedachte Funktion erfüllen kann. In einem derartigen Fall ist kein Gewähr dafür gegeben, dass der Empfänger nach seiner Rückkehr an die Abgabestelle die Hinterlegungsanzeige tatsächlich im Briefkasten vorfinden wird. Das Zurücklassen einer Hinterlegungsanzeige in einem aufgebrochenen Briefkasten bewirkt daher keine Zustellung (VwGH vom 20.1.2004, 2003/01/0362 sowie vom 20.4.2006, 2005/01/0662). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung wurde dem Berufungswerber der Führerscheinentzugsbescheid durch die Hinterlegung nicht rechtswirksam zugestellt, sodass der Berufungswerber am 6. März 2006 noch berechtigt war, den PKW zu lenken. Er hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb seiner Berufung gegen das Straferkenntnis stattzugeben und das Strafverfahren einzustellen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

 

Beschlagwortung:

Hinterlegung; defekter Briefkasten

 

 

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