Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161380/6/Fra/Hu VwSen521327/7/Fra/Hu

Linz, 13.07.2006

 

 

 

VwSen-161380/6/Fra/Hu

VwSen-521327/7/Fra/Hu Linz, am 13. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufungen des Herrn JB vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. JP gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Mai 2006, VerkR96-1163-2006-Dg, betreffend Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 und gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Mai 2006, VerkR21-120-2006/BR, betreffend Aberkennung des Rechtes vom schweizer Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen, Aufforderung, sich einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen und sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Juli 2006, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Den Berufungen wird Folge gegeben. Das Straferkenntnis vom 2. Mai 2006, VerkR96-1163-2006-Dg, wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Weiters wird der Bescheid vom 2. Mai 2006, VerkR21-120-2006/BR, behoben.
  2.  

  3. Hinsichtlich des Verwaltungsstrafverfahrens entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Entrichtung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG und § 67a Abs.1 AVG; §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil er am 16.02.2006 um 22.30 Uhr den Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen (A), im Gemeindegebiet von Moosdorf auf der Lamprechtshausener Straße (B156), bei Strkm. 34.450 (auf Höhe des Hauses Moosdorf) lenkte und sich dabei vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Es wurden Alkoholisierungsmerkmale wie deutlicher Alkoholgeruch und schwankender Gang sowie leichte Bindehautrötung festgestellt und er wurde von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht zur Vornahme eines Alkotests am geeichten Alkomaten aufgefordert. Er hat trotz mehrerer Versuche (insgesamt 8) kein brauchbares Ergebnis abgeliefert. Er hat bei seinen Blasversuchen nicht ausreichend Luft in den Alkomaten gleichmäßig eingebracht, obwohl dies dem Probanden nur bei schweren Erkrankungen der Atemwege oder der Lunge nicht möglich ist. Aufgrund seiner Weigerung ein gültiges Testergebnis abzuliefern, wurde der Alkotest am 16.02.2006 um 23.16 Uhr abgebrochen und als Verweigerung gewertet.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Bw wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab 16.2.2006, das ist bis einschließlich 16.6.2006, das Recht aberkannt, von dem ihm vom Polizei- und Militärdepartement am 26.11.1985 unter der Zahl 30048214712 ausgestellten Führerschein der Klassen A1, B, E, F und G in Österreich Gebrauch zu machen. Gleichzeitig wurde ihm das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten. Weiters wurde angeordnet, dass sich der Bw auf seine Kosten bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen hat. Die Aberkennung des Rechtes, vom schweizer Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen und das Lenkverbot enden nicht vor Befolgung dieser Anordnung. Zudem wurde der Bw aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Verbotsdauer beizubringen. Weiters wurde angeordnet, dass sich der Bw vor abschließender Erstellung dieses Gutachtens einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer hiezu vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen hat. Die Aberkennung des Rechtes, vom schweizer Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen und das Lenkverbot enden nicht vor Befolgung dieser Anordnung.

 

I.2. Dagegen richten sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachten Berufungen. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. - als nunmehr belangte Behörde - legte die Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakten dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG sowie § 67a Abs.1 VStG) zu entscheiden hat.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Juli 2006 erwogen:

 

I.3.1. Dem Bw wird laut angefochtenem Straferkenntnis eine Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 zur Last gelegt.

 

Unstrittig ist, dass der Bw den in Rede stehenden Pkw zu der im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Örtlichkeit und zum angeführten Zeitpunkt gelenkt hat. Unstrittig ist weiters, dass der amtshandelnde Polizeibeamte berechtigt war, den Bw zur Atemluftuntersuchung mittels Alkomat aufzufordern. Unstrittig ist weiters, dass acht Versuche zu keinem gültigen Ergebnis geführt haben. Laut Messprotokoll war beim 1., 4. sowie 5. bis 8. Versuch die Atmung unkorrekt, dies bei einer (tauglichen) Blaszeit von 3 - 5 Sekunden und bei (tauglichen) Blasvolumina von 1,6 bzw. 1,7 l. Beim 2. und 3. Test war die Blaszeit mit jeweils 2 Sekunden etwas zu kurz.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Alkotest nicht nur verbal verweigert werden, sondern auch konkludent, wenn es ein Proband darauf anlegt, dass ein verwertbarer Test nicht zustande kommt.

 

Der Bw behauptet, dass das gegenständlich keineswegs so gewesen sei. Er habe sich bemüht, den Alkotest entsprechend durchzuführen. Die acht Tests belegen seine uneingeschränkte Kooperationsbereitschaft. Wäre diese nicht bestanden, hätte ihm der Beamte nicht derart viele Versuche durchführen lassen. Als Grund der Weigerung werde in der Anzeige ausgeführt: "Es kam kein gültiges Messergebnis zustande". Auf Seite 2 der Anzeige "Tatbeschreibung" wird ausgeführt, dass kein gültiges bzw. verwertbares Ergebnis erzielt werden konnte, obwohl Herrn JB acht Versuche ermöglicht wurden. Nach dem 4. Versuch nahm JB aus eigenem Antrieb die Zahnprothese aus dem Mund, da er glaubte, so ein gültiges Ergebnis zu erreichen. Diese Ausführungen unterstreichen seine uneingeschränkte Kooperationsbereitschaft.

 

Bei der Berufungsverhandlung ergänzte der Bw, den Meldungsleger gebeten zu haben, ihm etwas zum Trinken zu geben oder Schnee essen zu lassen, da er einen trockenen Gaumen habe. Nach wichtigen Gesprächen entstehe "mitten im Reden" eine Trockenheit in der Kehle und auf "null komma plötzlich" gebe es direkt einen Schmerz und die Zunge klebe am Gaumen. Auch beim Alkotest wollte er Schnee essen, weil ihm aufgrund der Stresssituation die Zunge so am Gaumen geklebt sei. Nach dem 4. Versuch habe er zum Polizeibeamten gesagt, dass er nun die Prothese herausnehme, welche er dann tatsächlich herausgenommen habe. Die weiteren Blasversuche habe er dann ohne Prothese durchgeführt.

 

Die Bitte des Bw an den Meldungsleger, Schnee essen zu dürfen, konnte dieser nicht verifizieren.

 

Der Meldungsleger RI AE, Polizeiinspektion E, führte zeugenschaftlich einvernommen bei der Berufungsverhandlung insbesondere aus, dass sich der Bw offensichtlich bemüht habe, ein Messergebnis zustande zu bringen. Medizinische Gründe habe der Bw nicht vorgebracht. Er habe nur gesagt, er sei Raucher und könne nicht mehr blasen. Ob der Bw absichtlich aufgehört hat oder weil er zu wenig Luft hatte, könne er nicht beurteilen. Herr B wollte offensichtlich ein Ergebnis zustande bringen. Er wollte auch nach dem 8. Fehlversuch noch weiterblasen. Der Bw habe auch nicht hyperventiliert. Eine Störung oder ein Defekt des Messgerätes könne er jedenfalls ausschließen. Wenn der Proband den Alkomaten beatmet, könne er an der Mimik nicht feststellen, ob er vielleicht kurzzeitig absetzt. Er habe jedenfalls den Eindruck gehabt, dass Herr B den Test so ausführt, wie er normalerweise durchzuführen ist. Sein subjektiver Eindruck sei gewesen, er wolle blasen. Warum kein Ergebnis zustande gekommen ist, könne er nicht beurteilen.

 

Unter Zugrundelegung dieser Beweisergebnisse kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Nichtzustandekommen einer gültigen Messung durch das Verhalten des Bw bewirkt wurde. Eine konkludente Verweigerung der Atemluftuntersuchung könnte dann angenommen werden, wenn die Absicht des Probanden erkennbar ist, das Gerät unzureichend zu beatmen. Im gegenständlichen Fall ist eine mangelnde Kooperationsbereitschaft nicht erwiesen, sagte doch der Meldungsleger mehrmals bei der Berufungsverhandlung aus, sein subjektiver Eindruck sei gewesen, der Proband wolle ein Ergebnis zustande bringen. Weshalb dieses nicht zustande gekommen sei, könne er nicht beurteilen. Auch der Umstand, dass der Meldungsleger dem Bw acht Versuche zugebilligt hat, obwohl dies nicht erforderlich gewesen wäre, spricht für die Kooperationsbereitschaft des Bw. Weshalb schließlich kein gültiges Messergebnis zustande gekommen ist, kann nur vermutet werden. Ein Indiz dafür könnte sein, dass - wie der bei der Berufungsverhandlung anwesende Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I., Herr DDr. B - ausführte, dass beim Bw die Atemwege nachweislich verengt sind. Sein Atemvolumen betrage nur 54 % des Sollwertes. Die Atemleistung liege ungefähr bei der Hälfte des Sollwertes. Herr B habe eine Problematik mit Atmung. Dass der Bw den Zustrom der Atemluft beim Alkotest aufgrund dieser Problematik nochmals willkürlich beeinflussen könne, schließe er aus. Weiters führt der Amtsarzt aus, dass der Körper in einer Stresssituation die Speichelproduktion reduziert. Der Körper sei angespannt und nebensächliche Körperfunktionen wie beispielsweise Speichelproduktion werden heruntergefahren. Die Argumentation des Bw betreffend "Schnee essen und Wasser trinken" passe in dieses Bild.

 

Bei der Berufungsverhandlung wurde mit dem Bw auch ein Alkotest durchgeführt, wobei es trotz eines ausreichenden Blasvolumens und einer ausreichenden Blaszeit wieder zu einem Fehlversuch mit dem Ausdruck "Atmung unkorrekt" gekommen ist, obwohl der Unterfertigte und insbesondere der Amtsarzt DDr. B den Eindruck hatte, der Bw blase gleichmäßig den Luftstrom in das Gerät und habe die Atmung nicht bewusst manipuliert.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass es dem Bw gelungen ist, die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften, weshalb ihm das Nichtzustandekommen einer gültigen Messung bei der Atemluftuntersuchung nicht als Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werden kann.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

I.3.2. Da sohin die dem Bw mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen ist, war auch der Bescheid betreffend Aberkennung des Rechtes, von dem dem Bw ausgestellten schweizer Führerschein Gebrauch zu machen sowie Anordnung weiterer Maßnahmen zu beheben. Dieser Bescheid stützt sich nämlich darauf, dass der Bw die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen hat.

 

Da diese - siehe oa. Begründung - nicht erwiesen ist, war der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

 

II. Die Kostenentscheidung im Verwaltungsstrafverfahren ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

 

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