Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161405/8/Ki/Da

Linz, 16.08.2006

 

 

 

VwSen-161405/8/Ki/Da Linz, am 16. August 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des G S, L, V, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H V und Dr. G G, L, S, vom 22.5.2006, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 4.5.2006, AZ: S-5792/06-4, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10.8.2006 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 4.5.2006, AZ: S-5792/06-4, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 17.12.2005 um 07.50 Uhr in Gemeinde Edlbach, B138, Strkm 68,6, Richtung Spital/Pyhrn, als Lenker des KFZ, Kz, ein Fahrzeug überholt, obwohl nicht einwandfrei erkennbar war, ob das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr eingeordnet werden kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Er habe dadurch § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 220 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 22 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 22.5.2006 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Im Wesentlichen wird der zur Last gelegte Tatvorwurf bestritten.

 

I.3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 10.8.2006. An dieser Verhandlung nahmen der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teil, die Bundespolizeidirektion Linz hat sich entschuldigt. Als Zeugen wurden die Meldungsleger RI F S und BI G W einvernommen.

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Klaus vom 11.1.2006 zu Grunde. Danach sei die Fahrbahn der B138 in Richtung Spital/Pyhrn mit Schneematsch bedeckt gewesen, die Fahrspuren (Spurrinnen) seien salznass gewesen. Die Fahrbahn der B138 entgegen der Fahrtrichtung in Richtung Roßleithen sei schneebedeckt gewesen. Vor dem Dienstkraftfahrzeug in Richtung Spital/Pyhrn sei eine durchgehende Fahrzeugkolonne mit LKW gefahren. Zu diesem Zeitpunkt habe es stark geschneit und die Sicht sei eingeschränkt gewesen. Die Fahrzeugkolonne sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h bei einem durchschnittlichen Abstand von ca. 30 m in Richtung Spital/Pyhrn gefahren. Ungefähr bei Strkm 68,6 der B138 habe der Berufungswerber das Dienstkraftfahrzeug und drei PKW überholt, obwohl zu erkennen gewesen sei, dass nicht genügend Platz für ein gefahrloses Wiedereinordnen nach dem Überholvorgang gegeben gewesen sei. Der Berufungswerber habe wegen dem Gegenverkehr den Überholvorgang abbrechen und sich wieder einordnen müssen. Dabei habe er die vor dem Dienstkraftfahrzeug fahrenden PKW zum Abbremsen (Aufleuchten der Bremsleuchten) genötigt. Anschließend habe ca. bei Strkm 69,8 der B138 der Berufungswerber erneut mehrere PKW überholt und sich wegen dem Gegenverkehr wieder auf der Fahrbahn in Richtung Spital/Pyhrn einordnen müssen. Dabei hätte die Fahrzeugkolonne (Aufleuchten der Bremsleuchten) erneut abbremsen müssen.

 

Bei seiner Einvernahme in der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte Herr S, dass er zur vorgeworfenen Tatzeit, wie im Straferkenntnis angeführt wurde, unterwegs gewesen sei, bestritt jedoch, einen nicht gesetzeskonformen Überholvorgang durchgeführt zu haben. Die vor ihm fahrenden Fahrzeuge seien mit ausreichendem Sicherheitsabstand mit einer Geschwindigkeit von 30 - 35 km/h unterwegs gewesen, die Sicht sei ausreichend gewesen, und er habe sich entschlossen, den Überholvorgang durchzuführen. Wegen einer leichten Rechtskurve habe er dann den Überholvorgang noch vor dem ersten in der Kolonne fahrenden Fahrzeug beendet und sich problemlos wieder eingeordnet. Er habe dabei keine anderen Fahrzeuge zum Abbremsen genötigt oder diese sonst behindert. Es habe zum Vorfallszeitpunkt nur mehr ganz leicht geschneit, die Fahrbahn sei ordnungsgemäß geräumt gewesen, eine millimeterdicke Schneeschicht könnte vorhanden gewesen sein.

 

Die Meldungsleger bestätigten in ihren Aussagen, dass der Berufungswerber den Überholvorgang durchgeführt habe, konnten jedoch, bezogen auf den verfahrensgegenständlichen Tatort, nicht bestätigen, dass zu Beginn des Überholvorganges die Voraussetzungen hiefür nicht gegeben gewesen wären. Ausdrücklich befragt erklärten beide Meldungsleger, dass jenes Fahrzeug, vor dem sich der Berufungswerber nach dem Überholvorgang eingereiht hat, abgebremst hat, dies hätten sie auf Grund des Aufleuchtens der Bremsleuchten feststellen können, beide konnten jedoch nicht konkret angeben, ob tatsächlich ein zu geringer Abstand zwecks ordnungsgemäßem Einreihen gegeben gewesen sei. Nicht verifizieren konnten die Meldungsleger auch, dass es sich im vorliegenden Falle um eine geschlossene Kolonne gehandelt hat, die Meldungsleger konnten lediglich ausführen, dass kolonnenartiger Verkehr gegeben war, konnten jedoch nicht ausschließen, dass es sich um sogenannte Fahrzeugblöcke gehandelt hat. Beide Meldungsleger schlossen auch letztlich aus, dass, auf den konkreten Tatort bezogen, sich ein LKW in der Kolonne befunden hätte.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens ausschließlich die vorgeworfene Verwaltungsübertretung bezogen auf Strkm 68,6 der B138 (Fahrtrichtung Spital/Pyhrn) ist. Allfällige weitere Überholmanöver wurden von der Erstbehörde nicht in das vorliegende Verfahren einbezogen.

 

Weiters wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Danach ist eine Bestrafung nur zulässig, wenn nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung keine Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben.

 

Im gegenständlichen Falle hat die Befragung der Zeugen im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung den Tatvorwurf nicht erhärten können. Beide Meldungsleger konnten zwar den Überholvorgang feststellen, konnten jedoch letztlich nicht definitiv bestätigen, dass tatsächlich andere Verkehrsteilnehmer durch den Überholvorgang des Berufungswerbers gefährdet oder behindert worden sind. Es mag zutreffen, dass das Abbremsen des Fahrzeuges, vor welchem sich der Berufungswerber eingereiht hat, ein Indiz dafür darstellt, dass eine entsprechende Behinderung gegeben war, nicht ausgeschlossen werden kann aber auch, dass letztlich es sich bloß um eine subjektive Reaktion des betroffenen Fahrzeuglenkers gehandelt hat. Letztlich haben sowohl der Berufungswerber als auch die beiden Meldungsleger, bezogen auf den konkreten Tatort, ausgeführt, dass zu Beginn des Überholvorganges die Sichtverhältnisse entsprechend gegeben waren, bzw. ist auch hervorgekommen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Berufungswerber den Überholvorgang letztlich wegen einer leichten Rechtskurve beendet hat.

 

Ob letztlich die Fahrbahn mit Schnee bedeckt war bzw. ob es tatsächlich stark geschneit hat, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, zumal es sich dabei um andere Tatbestände handeln würde, ebenso sind auch weitere von den Meldungslegern ins Treffen geführte Überholvorgänge nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren konnte nach Durchführung aller Beweise und trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten nicht aufräumen, weshalb in Entsprechung der vorangeführten Bestimmung der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

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