Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161433/2/Ki/Da

Linz, 28.06.2006

 

 

 

VwSen-161433/2/Ki/Da Linz, am 28. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des G S, P, N, vom 12.6.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 31.5.2006, BauR96-460-2005, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 31.5.2006, BauR96-460-2005, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe als Verantwortlicher für das Kraftfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen trotz schriftlicher, nachweislich zugestellter Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13.2.2006, BauR96-460-2005, nicht binnen zwei Wochen, bis zum 8.3.2006, der Behörde Auskunft darüber erteilt, wer dieses oben angeführte Kraftfahrzeug am 14.10.2005 um 9:16 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann. Er habe auf das Auskunftsverlangen der Behörde in keiner Weise reagiert und somit keine gesetzeskonforme Lenkerauskunft erteilt. Er habe dadurch § 103 Abs.2 KFG 1967 verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt; außerdem wurden Kosten für das Strafverfahren in Höhe von 36,50 Euro vorgeschrieben (§ 64 VStG).

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 12.6.2006 Berufung mit dem Antrag die Strafe aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Da er weder der Lenker, der Auskunftspflichtige noch der Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges war bzw. ist, sei es nicht seine Pflicht den Lenker bekannt zu geben.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Auf eine Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 vom 7.11.2005 hin teilte die Zulassungsbesitzerin des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges (Z Transport GmbH, P) mit, dass das Fahrzeug zum relevanten Zeitpunkt Herrn S G überlassen war.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat daraufhin gegen Herrn S wegen einer in Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeug begangenen Verwaltungsübertretung eine Strafverfügung (BauR96-460-2005 vom 30.11.2005) erlassen, dagegen wurde rechtzeitig Einspruch erhoben. Der Berufungswerber rechtfertigte sich dahingehend, dass ihm das Fahrzeug zwar überlassen war, er es aber zum betreffenden Zeitpunkt nicht gelenkt habe.

 

Mit Schreiben vom 13.2.2006, BauR96-460-2005, hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen an den Berufungswerber ein Schreiben mit folgendem Inhalt gerichtet:

 

"Sehr geehrter Herr S!

 

Die Z Transport GmbH, P, I, wurde mit Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 ersucht, den Lenker bekannt zu geben, welcher am 14.10.2005, 09.16 Uhr, den LKW mit dem deutschen Kennzeichen auf der A 8, ABKM 37,400, gelenkt hat. Die Z Transport GmbH teilt mit Schreiben vom 22.11.2005 mit, dass Ihnen das betreffende Fahrzeug mit dem Kennzeichen am 14.10.2005 überlassen war. Mit Strafverfügung vom 30.11.2005, BauR96-460-2005, wurden Sie wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 mit einer Geldstrafe von 400 Euro bestraft. Dagegen haben Sie mit Schreiben vom 19.12.2005, eingelangt am 2.12.2005, rechtzeitig Einspruch erhoben. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.01.2006, BauR96-460-2005, wurden Sie aufgefordert, den Grund des Einspruches bekannt zu geben. Im Schreiben vom 06.02.2006 teilen Sie lediglich mit, dass Sie den LKW zum fraglichen Zeitpunkt nicht gelenkt haben.

 

Sie werden nun letztmalig gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 (Verfassungsbestimmung) aufgefordert, binnen zwei Wochen den Lenker mit Geburtsdatum und genauer Anschrift bekannt zu geben, der den LKW mit dem deutschen Kennzeichen am 14.10.2005, 09.16 Uhr, auf der A 8, ABKM 37,400 gelenkt hat.

Sollten Sie binnen zwei Wochen den Lenker nicht bekannt geben, wird gegen Sie ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 eingeleitet."

 

Der Berufungswerber hat auf dieses Schreiben nicht reagiert und es wurde in der Folge ein Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 durchgeführt bzw. letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Zunächst fällt auf, dass die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen dem Berufungswerber zur Last gelegt hat, er habe als Verantwortlicher für das bezeichnete Kraftfahrzeug die Auskunft nicht gesetzeskonform erteilt. Diese Formulierung kommt nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich nicht dem in § 44a Z1 VStG normierten Konkretisierungsgebot nach, zumal in § 103 Abs.2 KFG 1967 ausdrücklich festgelegt ist, dass die Auskunftspflicht zunächst den Zulassungsbesitzer bzw., falls der Zulassungsbesitzer eine Person benennt, welche die Auskunft erteilen kann, diese Person trifft. Im gegenständlichen Falle hätte somit vorgeworfen werden müssen, dass der Berufungswerber als die vom Zulassungsbesitzer benannte Person die Auskunft nicht erteilt hat und es stellt dies ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dar. Der Begriff "Verantwortlicher" erscheint in Zusammenhang mit der gegenständlichen Gesetzesbestimmung als zu weit gefasst, um dem Konkretisierungsgebot des § 44a Abs.1 VStG zu entsprechen.

 

Da die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist im vorliegenden Falle noch nicht abgelaufen ist, könnte die Berufungsbehörde eine entsprechende Tatkorrektur vornehmen, letztlich ist aber im Ergebnis der Berufung aus nachstehendem Grund Erfolg beschieden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat den Berufungswerber aufgefordert, binnen zwei Wochen den Lenker mit Geburtsdatum und genauer Anschrift bekannt zu geben, der den LKW mit dem deutschen Kennzeichen am 14.10.2005, 09.16 Uhr, auf der A 8 ABKM 37,400 gelenkt hat.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sieht aber § 103 Abs.2 KFG ein Verlangen nach Auskunft, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Kraftfahrzeug an einem bestimmten Ort gelenkt habe, nicht vor. Bei einer Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG steht im Vordergrund, dass nach jener Person gefragt wird, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug gelenkt hat. Der Anführung des Ortes des Lenkens kommt keine besondere Bedeutung zu (VwGH 2002/02/0203 vom 29.4.2003 u.a.).

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vermengte in ihrer Anfrage in unzulässiger Weise den Inhalt der verschiedenen im § 103 Abs.2 KFG enthaltenen Fälle, die einem Auskunftsverlangen der Behörde zu Grunde liegen können. Im vorliegenden Falle ging es der anfragenden Behörde darum, den Lenker zu ermitteln, welcher einer durch ein gelenktes KFZ begangenen Übertretung verdächtig ist und es scheidet somit der Fall des Abstellens des Fahrzeuges aus. Nur in den Fällen des Abstellens eines Fahrzeuges sieht die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG auch vor, dass eine Anfrage nach dem Ort des Abstellens erfolgen kann.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt daher die Auffassung, dass die Anfrage in der vorliegenden Form, nämlich u.a. nach dem Ort des Lenkens, nicht zulässig war und daher der Berufungswerber nicht verpflichtet war, diese Anfrage zu beantworten. Das Unterlassen der Auskunft steht daher im konkreten Falle unter keiner Strafsanktion, es war somit der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

Beschlagwortung:

§ 103(2) KFG 1967; Auskunftsverlangen hinsichtlich eines bestimmten Ortes des Lenkers unzulässig.

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