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des Landes Oberösterreich
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VwSen-161458/7/Br/Ps

Linz, 27.07.2006

 

VwSen-161458/7/Br/Ps Linz, am 27. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, H, T, vertreten durch Ing. Mag. K H, Rechtsanwalt, S, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl. VerkR96-27881-2004-Hol/Pi, vom 7. Juni 2006, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des FSG 1997, nach der am 26. Juli 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

I. Im Punkt 1.) wird der Berufung keine Folge gegeben, das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Tatvorwurf bei gleich bleibender Tatort-, Tatzeit- und Fahrzeugbeschreibung zu lauten hat, ...... "weil Sie bei einer Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h einen Abstand zum Vorderfahrzeug von maximal 18 m eingehalten haben, wodurch Ihnen im Falle eines plötzlichen Abbremsens des Vorderfahrzeuges ein rechtzeitiges Anhalten Ihres Fahrzeuges nicht möglich gewesen wäre."

Im Punkt 2.) wird der Berufung im Schuldspruch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 km/h auszugehen ist; die Geldstrafe wird auf 330 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 86 Stunden ermäßigt.

Im Punkt 3.) wird das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II. Im Punkt 1.) werden als Kosten des Berufungsverfahrens 8 (acht) Euro auferlegt. Im Punkt 2.) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten demnach auf 33 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt diesbezüglich ein Verfahrenskostenbeitrag. Im Punkt 3.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2, § 65 und § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.) 40 Euro, 2.) 460 Euro u. 3.) 40 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt, wobei ihm nachfolgende Fehlverhalten zur Last gelegt wurden:

"1) Sie haben zu einem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre.

Tatort: Gemeinde Linz, Autobahn Freiland, Nr. A1 bei km 164.050.

Tatzeit: 20.08.2004, 19:23 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 18 Abs. 1 StVO

 

2) Sie haben die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 61 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Tatort: Gemeinde Linz, Autobahn Freiland, Nr. A1 bei km 166.840.

Tatzeit: 20.08.2004, 19:23 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 a Zif. 10 a StVO

 

3) Sie haben den Führerschein nicht mitgeführt.

Tatort: Gemeinde Linz, Autobahn Freiland, Nr. A1 bei km 168.234.

Tatzeit: 20.08.2004, 19:23 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 37 Abs.1 FSG.i.V.m. § 14 Abs. 1 Zif. 1 FSG

 

Fahrzeug:

Kennzeichen, Personenkraftwagen, B, d"

 

1.2. Die Behörde erster Instanz traf nachfolgende Erwägungen:

"Gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrende Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Laut § 20 Abs. 2 darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Gemäß § 14 Abs.1 Zif. 1 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs. 5 KFG 1967 auf Fahrten den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein mitzuführen.

 

Wenn Sie die korrekte Geschwindigkeitsmessung und die Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes bestreiten, so werden Ihnen die Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten - welche Ihnen mit dem Dienstfahrzeug nachgefahren sind - sowie das entsprechende Videoband entgegen gehalten.

 

Die Behörde sah keinerlei Veranlassung, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen der fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln, zumal diese wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen die Zeugen anlässlich ihrer Einvernahme hingewiesen wurden, auf sich nehmen würden, während Sie als Beschuldigter einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen und sich in jede Richtung verantworten können.

 

Wie aus dem vorgelegten Eichschein ersichtlich ist, war das gegenständliche Messgerät zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß geeicht und voll funktionsfähig.

 

Lt. VwGH-Erkenntnis vom 18.12.1997, Zl. 96/11/003 ist als Sicherheitsabstand mindestens der Reaktionsweg einzuhalten, der in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h beträgt.

 

Zu den übrigen Beweisanträgen wird festgestellt, dass diese Einwendungen von der Behörde nicht als geeignet angesehen wurden, die Richtigkeit der Messung in Frage zu stellen. Da während des Ermittlungsverfahrens für die Behörde keine bestimmten Tatsachen zutage getreten sind, denen zufolge bei der Bedienung oder Aufstellung des Messgerätes die vorgesehenen Verwendungsbestimmungen nicht eingehalten wurden bzw. ein das Messergebnis wesentlich beeinflussender Fehler unterlaufen sein soll, war diesbezüglich keine weitere Ermittlungspflicht seitens der Behörde gegeben (vgl. VwGH 86/02/0004, vom 24.04.1986, 85/18/0360, vom 31.01.1986).

 

Zu Ihren Einspruchsangaben, dass im gegenständlichen Verfahren keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, da die Fahrtrichtung im Tatvorwurf nicht angeführt wurde, darf auf das VwGH-Erkenntnis vom 17.05.1989, Zl.: 86/02/0185 verwiesen werden, welches lautet:

 

Bei Verstößen gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen ist im Spruch des Bescheides die Fahrtrichtung nur dann anzugeben, wenn bezüglich beider Fahrtrichtungen verschiedene Höchstgeschwindigkeiten verordnet sind oder wenn die Sprengelgrenze einer Strafbehörde auf der Mitte der Fahrbahn ist.

 

Aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses erscheint es für die Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angetastete Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG 1991 bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Hinsichtlich der für die Strafbemessung zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wird von folgender Schätzung ausgegangen:

Einkommen: mtl. 1.400 Euro netto, Sorgepflicht: keine, Vermögen: keines;

 

Straferschwerend war die gravierende Überschreitung der Geschwindigkeit und die Vorstrafen zu werten, strafmildernde Umstände waren nicht zu berücksichtigen."

 

2. In der dagegen durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber Folgendes aus:

"Gegen das mir am 20.6.06 zugegangene Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 7.6.06 erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Vertreter binnen offener Frist

 

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat und fechte das Straferkenntnis der BH Linz-Land wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften vollinhaltlich an.

 

1.)

 

Gem. § 18 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Der Tatbestand des § 18 StVO setzt somit nicht nur die Eigenschaft als Lenker, sondern auch die Unmöglichkeit des rechtzeitigen Anhaltens im Falle des plötzlichen Abbremsen des vorausfahrenden Fahrzeuges voraus.

 

Die BH Linz-Land hat mir zu keiner Zeit vorgeworfen, dass ich als Lenker des Fahrzeuges B mit dem Kennzeichen die mir zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen habe, sodass innerhalb der Verfolgungsverjährung von sechs Monaten keine Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

 

Weiters hat mir die BH Linz-Land zu keinem Zeitpunkt zur Last gelegt, dass mir das Anhalten meines Fahrzeuges bei einem plötzlichen Abbremsen des vor mir fahrenden Fahrzeuges nicht möglich gewesen wäre, sodass ebenfalls keine Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsjährung gesetzt wurde.

 

Die BH Linz-Land hat weiters nicht festgestellt, in welchem Abstand ich mich zu dem vor mir fahrenden Fahrzeug befunden habe und welche Geschwindigkeit ich zu diesem Zeitpunkt eingehalten habe. Mangels diesbezüglicher Feststellungen im Straferkenntnis gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ein rechtzeitiges Anhalten hinter dem von mir gelenkten Fahrzeug nicht möglich gewesen wäre.

 

Der von der BH Linz-Land vertretenen Rechtsansicht ist zu entgegnen, dass selbst der Verwaltungsgerichtshof von einem besonders aufmerksam fahrenden Lenker einen Tiefenabstand von 0,3-0,7 sec akzeptiert.

 

Aufgrund meines voll konzentrierten und stets bremsbereiten Fahrverhaltens wäre ich selbst bei plötzlichem Abbremsen des vor mir fahrenden Fahrzeuges in der Lage gewesen, mein Fahrzeug unfallverhindernd anzuhalten. Zu berücksichtigen ist weiters, dass mit einem jähen und abrupten Abbremsen des vorausfahrenden Fahrzeuges nicht gerechnet werden muss.

 

Zum Beweis dafür, dass der vor mir fahrende O unmittelbar vor mir einen Fahrstreifenwechsel von rechts nach links durchgeführt hat und es dadurch zu einem kurzfristigen Unterschreiten des Sicherheitsabstandes von einer Sekunde kam, habe ich die ergänzende zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers beantragt, der dazu befragt werden sollte, zu welchem Zeitpunkt und bei welchem Straßenkilometer mit der Videoaufzeichnung begonnen wurde, ob ursprünglich eine längere, als der Behörde vorliegende Aufzeichnungsdauer gegeben war, wenn ja, warum nicht die volle Aufzeichnungsdauer vorgelegt wurde, wo sich das Fahrzeug des Meldungslegers im Zeitpunkt des Beginns des der Behörde übermittelten Verfolgungsvideobandes befand (auf dem rechten oder auf dem linken Fahrstreifen), wie groß der Abstand zu dem von mir gelenkten Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt war, über welche Wegstrecke der Meldungsleger mir zuvor nachgefahren ist und welchen Abstand er dabei zu dem von mir gelenkten Fahrzeug eingehalten hat.

 

Diesem Beweisantrag ist die BH Linz-Land nicht nachgekommen und ist daher das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben. Weiters hat die BH Linz-Land den Grundsatz der Offizialmaxime verletzt, nachdem nicht offenbar unerhebliche Beweismittel von Amts wegen beizuschaffen sind.

 

Wäre die BH Linz-Land meinem Beweisantrag nachgekommen, hätte die BH Linz-Land das gegen mich geführte Verwaltungsstrafverfahren eingestellt, da sich herausgestellt hätte, dass ich keinen zu geringen Tiefenabstand zu dem vor mir fahrenden Fahrzeug eingehalten habe.

 

2.)

 

Zum Beweis dafür, dass ich die mir zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht eingehalten habe, da sich der Meldungsleger im Zeitpunkt des Ablesens des Geschwindigkeitswertes meinem Fahrzeug angenähert hat und somit nicht ich, sondern der Meldungsleger die mir zur Last gelegte Geschwindigkeit eingehalten hat, habe ich die fotogrammetrische Auswertung des Verfolgungsvideobandes im Abstand von einer Sekunde vor Erreichen einer Geschwindigkeit von 200 km/h beantragt.

 

Auch diesem Beweisantrag ist die BH Linz-Land nicht nachgekommen.

 

Aus der von mir beantragten Beischaffung der Verwendungsbestimmungen für den Geschwindigkeitsmesser ergibt sich im Zusammenhang mit den Angaben des Meldungsleger - die Rückseite des Eichscheines besteht lediglich aus weißem Papier - dass der vom Meldungsleger herangezogene Geschwindigkeitswert mir nicht zur Last gelegt werden hätte dürfen, da bei Nichteinhaltung der Verwendungsbestimmungen - das Umstecken der Reifen wäre zu vermerken gewesen - des Geschwindigkeitsmessgerätes nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der vom Geschwindigkeitsmesser angezeigte Messwert der eingehaltenen Geschwindigkeit entspricht.

 

Die BH Linz-Land hätte daher allenfalls eine Überschreitung der zulässigen Höchst-geschwindigkeit ohne Angabe eines bestimmten Geschwindigkeitswertes feststellen dürfen.

 

3.)

 

Gem. § 14 Abs. 1 Z 1 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges den für das von ihm gelenkte Fahrzeug vorgeschriebenen Führerschein auf Verlangen den gem. § 35 Abs. 2 zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen.

 

Wesentlicher Tatbestand des § 14 Abs. 1 Z 1 FSG ist, dass der Führerschein auf Verlangen eines zuständigen Organes nicht ausgehändigt wird.

 

Da mir lediglich zur Last gelegt wurde, dass ich den Führerschein nicht mitgeführt habe, diesen aber zur Tatzeit bei mir hatte, besteht der gegen mich erhobene Tatvorwurf nicht zu Recht.

 

4.)

 

Gem. § 19 VStG ist Grundlage für die Strafbemessung das aus mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die Erschwerungs- und Milderungsgründe sind gegeneinander abzuwägen, auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen und sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die von der BH Linz-Land vorgenommene Strafbemessung beschränkt sich auf eine Schätzung hinsichtlich des Einkommens, der Sorgepflichten und des Vermögens, ohne jedoch auf den Tatbestand des § 19 VStG einzugehen, geschweige denn diesbezügliche Feststellungen zu treffen.

 

Erschwerend wurden ausserdem Vorstrafen gewertet, ohne jedoch anzuführen, um welche Vorstrafen es sich dabei handelt.

 

Durch die Nichtauseinandersetzung der BH Linz-Land mit dem Tatbestand des § 19 VStG sowie mangels Begründung der für die verhängte Strafe maßgebenden Umstände ist die Strafbemessung weder für mich noch für den UVS nachvollziehbar, sodass auch die von der BH Linz-Land für die Ermittlung der Strafe herangezogenen Kriterien keiner Überprüfung zugänglich sind.

 

II.

 

Es wird daher gestellt der

 

Antrag,

 

der UVS möge der Berufung Folge geben und

  1. das gegen mich geführte Verwaltungsstrafverfahren einstellen;
  2. in eventu die über mich verhängten Strafen herabsetzen;
  3. jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung zur Aufnahme nachstehend angeführter Beweismittel durchführen:

*PV

*Beischaffung und Vorführung des Verfolgungsvideobandes

*Fotogrammetrische Auswertung des Verfolgungsvideobandes, wobei dieses 5 sec. vor Erreichen einer Geschwindigkeit von 200 km/h im Abstand von einer

Sekunde ausgewertet werden möge

*Beischaffung des Originaleichscheines für den im gegenständlichen Fall

verwendeten Geschwindigkeitsmessers

*Beischaffung der Verwendungsbestimmungen für den Geschwindigkeitsmesser

der Type Multavision

*zeugenschaftliche Einvernahme der Meldungsleger

 

L, am Freitag, 1. September 2006 M K"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war hier ungeachtet der unter 500 Euro liegenden Geldstrafe, in Wahrung der nach Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vorgelegten Verwaltungsstrafaktes. Beweis geführt wurde ferner durch Erstattung einer sachverständigen Stellungnahme seitens des Amtssachverständigen TOAR Ing. R H, in dessen Beisein die Videoaufzeichnung gesichtet und daraus rechnerische Schlussfolgerungen des Weg-Zeitablaufes gezogen wurden.

Der Berufungswerber wurde als Beschuldigter einvernommen. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung entschuldigt nicht teil. Der ebenfalls als Zeuge geladene ChefInsp. F erschien auf Grund einer in dessen Bereich offenbar unterbliebenen Weiterleitung der Ladung zur Verhandlung nicht. Auf dessen Anhörung wurde aber letztlich seitens des Rechtsvertreters des Berufungswerbers verzichtet.

 

4. Zum Sachverhalt:

 

4.1. Die Tatvorwürfe zu Punkt 1.) und 2.) basieren auf der Wahrnehmung im Rahmen einer Nachfahrt und der dabei erfolgten Videodokumentation mittels einer hierfür geeichten und zugelassenen "Multavisionsanlage Nr. 214029".

Aus dem Video ergibt sich anschaulich und optisch zweifelsfrei nachvollziehbar, dass der Berufungswerber auf der A1 in Fahrtrichtung Linz im Bereich des sogenannten "Ebelsberger Berges" auf dem linken Fahrstreifen auf ein Vorderfahrzeug im knappen Abstand mit etwa 130 km/h nachfährt. Die Bremsleuchten lassen auf eine vorher noch höhere Geschwindigkeit schließen. Zum Zeitpunkt dieses knappen Auffahrens um 19:23:17 Uhr (Bildausdruck im Akt) befinden sich auf allen drei Fahrstreifen der Autobahn mehrere Fahrzeuge, davon auf der rechten Spur zwei Lkw´s. Diese Feststellung gilt es mit Blick auf die Beurteilung des abstrakten Gefährdungspotenzials und der subjektiven Tatschuld zu treffen. In der Folge bleibt der Abstand zum Vorderfahrzeug für die Dauer von etwa zehn Sekunden annähernd gleich, wobei der Berufungswerber nach dem Umspuren des Vorderfahrzeuges sein Fahrzeug kurzzeitig derart beschleunigt, dass 58 Sekunden später auf der Multavisionsanlage eine Fahrgeschwindigkeit von 202 km/h angezeigt wird.

Nach mehrfacher Sichtung und fortgesetzter Anhaltung der Videoaufzeichnung im Rahmen der Berufungsverhandlung kann vom Sachverständigen unter Berücksichtigung sämtlicher Verkehrsfehler und der Annahmen der sich aus dem Bild ergebenden Abstandspunkte zu Gunsten des Berufungswerbers ein Nachfahrabstand von maximal 18 m grundgelegt werden. Dies bei einer Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h. Als gesichert kann gelten, dass sich in dieser Phase der Abstand zum Vorderfahrzeug eher vergrößerte, sodass die Fahrgeschwindigkeit des Dienstkraftfahrzeuges als gesicherte Basis für den Rückschluss auf die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers angenommen werden kann.

Im Gegensatz zur Bewertung in der Anzeige durch die Meldungsleger, worin von einem Abstand zum Vorderfahrzeug von nur 9 m und demnach nur 0,24 Sekunden die Rede ist, konnte als beweissicher nur das im Rahmen der Berufungsverhandlung vom Sachverständigen errechnete Ergebnis dem Schuldspruch zu Grunde gelegt werden. Der Sachverständige vermeinte, dass sich dieses Ergebnis durch eine fotogrammetrische Auswertung wohl nur zu Ungunsten des Berufungswerbers verändern würde. Den Ausführungen des Sachverständigen war auf Grund der an Hand zweier Bildeinstellungen in Verbindung mit den sich darauf durch die sichtbaren Leitlinien ergebenden Distanzen logisch nachvollziehbar zu folgen, wobei hier vom Sachverständigen die Toleranzen zu Gunsten des Berufungswerbers großzügigst berücksichtigt scheinen.

Zugunsten des Berufungswerbers war daher letztlich auch die im erstinstanzlichen Verfahren zugerechnete Geschwindigkeitsüberschreitung auf das Ausmaß von (nur) 50 km/h als erwiesen zu erachten. Diesbezüglich verwies der Sachverständige im Ergebnis auf das Aufleuchten der Bremslichter beim Berufungswerberfahrzeug zum Zeitpunkt einer Geschwindigkeitsanzeige von 202 km/h beim Messfahrzeug. Unter Berücksichtigung sämtlicher Annahmen zu Gunsten des Berufungswerbers können daher nur 180 km/h als beweissicher angenommen werden.

Rein optisch erscheint der Abstand wesentlich knapper, sodass selbst die von den Meldungslegern getätigte Beurteilung durchaus nicht abwegig erscheint.

Letztendlich wurde seitens des Berufungswerbers bzw. seines Rechtsvertreters auf eine noch genauere fotogrammetrische Auswertung verzichtet, wobei sich insbesondere aus Gründen der Verfahrensökonomie auch die Berufungsbehörde, angesichts des zur Stützung des Tatvorwurfes ausreichenden Beweisergebnisses, auf diesen überproportionalen Verfahrensaufwand zu verzichten veranlasst sah.

Der Berufungswerber selbst zeigte sich letztendlich im Ergebnis schuldeinsichtig und sich des Schutzzwecks des § 18 Abs.1 StVO inhaltlich bewusst. Seit diesem Vorfall sei er nicht mehr negativ in Erscheinung getreten und in diesem Zusammenhang wies er auf seine jährliche Fahrleistung im Umfang von 60.000 km hin.

Dies trifft jedoch nur mit der Einschränkung einer abermals erfolgten Bestrafung im Umfang von 29 Euro zu VerkR96-35279-2005 am 14.3.2006 zu.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 130 km/h [= 36,11 m pro Sekunde] ein Abstand von maximal 18 Metern nur einer Wegzeit im Bereich von maximal 0,48 Sekunden entspricht. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Ausgangssituation immer noch mit höchster Wahrscheinlichkeit zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der geringsten Reaktionszeit auf ein solches Manöver nicht mehr rechtzeitig und wirkungsvoll reagiert werden könnte (s. unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443).

Beim Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs. 1 StVO genügt "in der Regel" ein dem mit einer Sekunde anzunehmenden Reaktionsweg entsprechender Sicherheitsabstand; dies aber nur wenn nicht besondere Umstände einen größeren Abstand geboten erscheinen lassen. Der Reaktionsweg beträgt in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (VwGH 5.5.2006, 2003/03/0299 mit Hinweis auf VwGH 23.10.1986, 86/02/0081). In der zum Vorfallszeitpunkt herrschenden Verkehrsdichte müssten hier vielmehr Umstände für einen noch größeren Sicherheitsabstand erblickt werden (VwGH 9.11.1984, 84/02B/0064 mit Hinweis auf OGH 16.3.1967,11 Os 5/67 = ZVR 1968/50).

Nach der o.a. Formel hätte demnach der Sicherheitsabstand zumindest 39 m zu betragen gehabt.

Im Übrigen kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die von der Behörde erster Instanz in den Punkten 1.) u. 2.) getätigten rechtlichen Ausführungen verwiesen werden.

 

5.1. Im Sinne des § 44a Abs.1 Z1 VStG war der Schuldspruch zu korrigieren und auf die wesentlichen Tatbestandselemente nämlich in eine nachvollziehbare Beziehung zum Weg-Zeit-Diagramm zu setzen. Der bloße Vorwurf "nicht einen solchen Abstand zum Vorderfahrzeug eingehalten zu haben, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre" trifft nicht sämtliche den Tatbestand des § 18 Abs.1 StVO begründenden Elemente. Darin wäre dem Berufungswerber durchaus zu folgen gewesen. Jedoch wurde von ihm offenbar übersehen, dass ihm nach Zustellung einer Aufforderung zur Rechtfertigung am 1. Dezember 2004 am 7.1.2005 Akteneinsicht gewährt wurde. Schon aus der Anzeige ging ein Nachfahrabstand von nur 9 m bzw. 0,24 Sekunden zum Vorderfahrzeug hervor. Dies ist als geeignete Verfolgungshandlung zu werten, wobei er sich diesbezüglich mit einer Stellungnahme vom 4. Februar 2005 zu diesem Beweisergebnis bereits äußerte. Damit war er durchaus in der Lage auf den Tatvorwurf hin sich zu verteidigen und Beweismittel anzubieten, was er in der zuletzt genannten Stellungnahme auch getan hat.

Der Einwand der Verfolgungsverjährung greift daher in diesem Punkt nicht.

 

5.2. Nach § 14 Abs.1 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs. 5 KFG 1967 auf Fahrten den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein oder Heeresführerschein mitzuführen und auf Verlangen die entsprechenden Dokumente den gemäß § 35 Abs.2 (FSG) zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen.

Dem Berufungswerber wurde in diesem Zusammenhang lediglich zur Last gelegt den Führerschein nicht mitgeführt zu haben. Diesbezüglich wurde in keinem Stadium des Verfahrens eine dem § 44a Abs.1 Z1 VStG taugliche, nämlich alle Tatbestandselemente umfassende Verfolgungshandlung gesetzt. Auch in der Anzeige ist nur vom "Nichtmitführen des Führerscheines" die Rede. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Berufungswerber den Führerschein - wie in der Verhandlung ausgeführt - im Handschuhfach bloß nicht gefunden hat und ihn daher nicht vorweisen konnte.

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Zu § 18 Abs.1 StVO:

Diesbezüglich ist zur erstinstanzlichen Strafzumessung zu bemerken, dass dieses angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials unangemessen niedrig festgesetzt wurde. Dies insbesondere im Vergleich zur gleich hohen Strafbemessung wegen des Nichtmitführens des Führerscheins. Dass hier offenbar nur ein Irrtum die Ursache sein kann, muss auf sich bewenden. Unter Hinweis auf das Verschlechterungsverbot ist diesbezüglich eine Korrektur im Berufungsverfahren nicht mehr möglich.

Die Festsetzung empfindlicher Geldstrafen für dieses Delikt erschiene insbesondere mit Blick auf ein in jüngerer Zeit von einem Gericht in Deutschland erlassenen Urteils. Darin wurde wegen eines unfallskausalen Drängens iVm anderen gefährlichen Verhaltensmustern im Straßenverkehr eine Freiheitsstrafe von 11/2 Jahren ausgesprochen.

 

Zu § 20 Abs.2 StVO 1960:

Der Berufungswerber ist bereits mehrfach einschlägig wegen Geschwindigkeitsverstößen in Erscheinung getreten.

In einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h erblickte der Verwaltungsgerichtshof einen gravierenden Unrechtsgehalt, wobei bereits vor nunmehr sechzehn Jahren eine Geldstrafe von (damals) ATS 4.000 selbst bei einem Geständnis und der Unbescholtenheit des Beschuldigten (auch) aus Gründen der Spezialprävention nicht überhöht erachtete (VwGH 15.11.1989, 89/03/0278).

Da nunmehr im Gegensatz zur erstinstanzlichen Beweislage "nur" von einer kurzzeitigen Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 50 km/h auszugehen ist und die Tat darüber hinaus bereits zwei Jahre zurückliegt kann die mit 460 Euro bemessene Strafe nicht gehalten werden. Dennoch war aber unter Hinweis auf die einschlägigen Vormerkungen und demnach aus Gründen der Spezialprävention eine empfindliche Strafe zu verhängen um die Schutzziele straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften entsprechend zu unterstreichen und damit beim Berufungswerber ein nachhaltiges Umdenken hinsichtlich seiner fortgesetzten Neigung sich über Verkehrsvorschriften hinwegzusetzen, herbeizuführen.

Mit Blick darauf scheint unter Bedachtnahme auf ein zumindest durchschnittliches Einkommen die Geldstrafe in Höhe von 330 Euro als angemessen.

 

II. Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

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