Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200004/14/Gu/Bf

Linz, 02.12.1991

VwSen - 200004/14/Gu/Bf Linz, am 2. Dezember 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26. August 1991, Agrar 96-116-1991, wegen Übertretung des Futtermittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.Z.m § 24 VStG, § 9 Abs.2 VStG, § 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: §§ 65 und 66 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Berufungswerber schuldig erkannt, es als zur Vertretung nach außen Berufener der Lagerhausgenossenschaft Gmunden L reg. Gen.m.b.H. verantworten zu müssen, daß am 13. März 1991, 244 Säcke Fischmehl (Vollmehl Delta), a 50 kg, in der Filiale Laakirchen feilgeboten wurden, die nicht den Bestimmungen des Futtermittelgesetzes entsprochen hätten, weil sie nicht frei von pathogenen Keimen gewesen seien. Wegen Übertretung des § 10 Abs.2 Futtermittelgesetz, BGBl.Nr. 97/1952, i.V.m. § 14 Futtermittelverordnung 1976 i.d.g.F. wurde über den Beschuldigten in Anwendung des § 15 Abs.1 Futtermittelgesetz eine Geldstrafe von 5.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt und darüber hinaus gemäß § 15 Abs.2 Futtermittelgesetz auf den Verfall von 173 Säcken, a 50 kg, Futtermittel (Vollmehl Delta), erkannt. Darüber hinaus wurden dem Beschuldigten gemäß § 12 Abs.3 Futtermittelgesetz die aufgelaufenen Untersuchungsgebühren in der Höhe von 4.136 S und ein Pauschalkostenbeitrag für die Verfahrenskosten I. Instanz von 500 S auferlegt.

2. Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten im wesentlichen mit der Begründung, daß für die Tat nicht er, sondern eine andere Person die Verantwortung trage, weil in der Genossenschaft für den Bereich der in Rede stehenden Lagerhausfiliale Laakirchen der Filialleiter für die Einhaltung sämtlicher Vorschriften und gesetzlicher Bestimmungen verantwortlich sei.

Darüber hinaus sei der Bescheid nicht ausreichend determiniert und begründet. Aufgrund der veterinärbehördlichen Ursprungs- und Gesundheitszeugnisse habe ausgegangen werden können, daß das Futtermittel salmonellenfrei ist. Schließlich sei bei der Strafbemessung weder auf den Grad des Verschuldens, noch auf die Vermögensverhältnisse eingegangen worden.

3. Nach Erhebung der Berufung hat der Beschuldigte dem Mag. H, Vollmacht erteilt und Schriftstücke bezüglich der Delegation der Verantwortung beigebracht.

Am 26. November 1991 wurde die mündliche Verhandlung in Gegenwart des Vertreters der belangten Behörde durchgeführt, in den Akt und in die zwischenzeitig nachgereichten Urkunden Einsicht genommen. Demzufolge steht fest, daß die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Beschuldigten als das zur Vertretung der Genossenschaft berufene Organ wegen der eingangs beschriebenen Übertretung des Futtermittelgesetzes zur Verantwortung gezogen hat. Gleichzeitig hat sie auch den Prokuristen S eine Aufforderung zur Rechtfertigung zugestellt. Die Lagerhausgenossenschaft Gmunden L reg.Gen.mbH. wurde aufgefordert, bekanntzugeben, ob ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden ist, gegebenenfalls die schriftliche "Beauftragung" vorzulegen.

Eine konkrete Antwort ist im erstinstanzlichen Verfahren hiezu nicht erfolgt. Nicht einmal in der Berufung, sondern erst im vorbereitenden Verfahren und auch hier nur schlüssig durch den Vergleich der undatierten Urkunde über die Filialleiterbestellung des Schober Herbert, mit dem dieser für den Bereich der Filiale Laakirchen auch für Verwaltungsübertretungen zuständig gemacht wurde und hiezu seine Zustimmung erteilt hat, im Zusammenhalt mit dem datierten Sitzungsprotokoll vom 12. Dezember 1990, womit die Rechtswirksamkeit gefolgert werden kann, ist die Delegation der Verantwortung für gegenständliche Verwaltungsübertretung im Sinne des § 9 Abs.2 und 4 VStG nachgewiesen worden.

Nachdem im Berufungsverfahren kein Neuerungsverbot herrscht und insoweit auch der Nachweis der Delegation der Verantwortung noch erbracht werden kann (vgl. VwGH vom 26. September 1991, 91/09/0067-8 und vom 2. Juli 1990, 90/19/0053), war das angefochtene Straferkenntnis in seiner Gesamtheit zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.

Angesichts der auffallenden Sorglosigkeit, mit der salmonellenverseuchte Futtermittel angeboten und in Verkehr gebracht wurden, hatte es der O.ö. Verwaltungssenat dennoch nicht an der Hand, von dieser im Ergebnis äußerst unbefriedigenden Rechts- und Interpretationslage abzugehen.

Sehenden Auges muß dabei in Kauf genommen werden, daß eine Verwaltungsstrafpflege im Hinblick auf betroffene juristische Personen auch bei brisanten sozialschädlichen Delikten in vielen Fällen von vornherein nahezu ausgeschlossen erscheint.

Im Verhältnis zur Verantwortung einer im Berufsleben stehenden natürlichen Person kann eine Ungleichheit nicht geleugnet werden. Dieser Widerspruch zur Verfassung kann vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht dingfest gemacht und der Normenkontrolle zugeführt werden, weil der Nachweis der Präjudizialität ausgeschlossen bleibt. Anhand des eklatanten, vorliegenden Falles kann die Problematik nicht länger totgeschwiegen werden und ist die Publizität der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates dazu angetan, hinzuweisen, daß ein Handlungsbedarf besteht.

Mit der Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses wird der rechtswidrige Ausspruch des Verfalles des Futtermittels konsumiert, nachdem der im angefochtenen Straferkenntnis zitierte § 15 Abs.2 Futtermittelgesetz keine Handhabe für den Verfall mehr bietet (siehe BGBl.Nr. 180/1970 und BGBl.Nr. 70/1986).

Die Behebung des Straferkenntnisses hatte von der Kostenseite zur Folge, daß der Beschuldigte weder erstinstanzliche Verfahrenskosten zu tragen hat, noch Beiträge zum Berufungsverfahren zu leisten hat (§§ 65 und 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann binnen sechs Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von der Unterschrift eines Rechtsanwaltes umfaßt sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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