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VwSen-200024/2/Gu/Bf

Linz, 27.04.1992

VwSen - 200024/2/Gu/Bf Linz, am 27. April 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Dr. H gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.3.1992, GN-7-1991/StF, wegen Übertretung des O.ö. Natur- und Landschaftschutzgesetzes 1982 zu Recht:

1. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 51e Abs.1 VStG, § 31 Abs.1 und 2 VStG, § 45 Abs.1 Z.2 VStG, § 37 Abs.2 Z.1 O.ö.NschG 1982.

2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, in der Zeit vom 13. bis 20. Mai 1991 (eine Woche vor Pfingsten bis einschließlich Pfingstwochenende) an der Almhütte, R 25 auf der H Umbauarbeiten (Änderung der Dachkonstruktion) bewilligungslos vorgenommen und dadurch ein bewilligungspflichtiges Vorhaben gemäß § 4 des O.ö. Naturund Landschaftschutzgesetzes 1982 ohne die hiefür erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung ausgeführt zu haben. Wegen Übertretung des § 37 Abs.2 des O.ö.NSchG 1982 wurde der Rechtsmittelwerber mit einer Geldstrafe von 1.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und einem Verfahrenskostenbeitrag von 100 S belegt.

In seinem dagegen gerichteten Rechtsmittel macht der Beschuldigte geltend, daß er mit der in Rede stehenden Maßnahme lediglich den vor Jahren gewünschten Zustand wieder hergestellt habe und beantragt unter dem Hinweis, daß er mit gleicher Post das Baubewilligungsverfahren veranlaßt habe, die Aufhebung des Straferkenntnisses.

Bereits ohne mündliche Verhandlung fiel bei vorgängiger Prüfung des Aktes in die Augen:

Aufgrund einer Mitteilung des Marktgemeindeamtes Bad Goisern hat die belangte Behörde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.9.1991, N96-7-1991/StF, Herrn R A, zur Last gelegt, in der Zeit von April bis dato an der Almhütte R auf der H Umbauarbeiten (Dacherneuerung und Anbau) bewilligungslos vorgenommen und dadurch ein bewilligungspflichtiges Vorhaben (§ 4 O.ö.NSchG 1982) ohne rechtskräftige Bewilligung ausgeführt und damit gegen § 37 Abs.2 Z.1 des O.ö. NSchG 1982 verstoßen zu haben. Eine Reaktion des Aufgeforderten ist im Akt nicht dokumentiert. Laut Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23.10.1991, N96-7-1991, sprach an jenem Tage Herr Dr. F (der nunmehrige Rechtsmittelwerber) anstelle des Herrn Absmeier Raimar bei der Behörde vor und gab zu seiner Rechtfertigung an, daß er die dem R zur Last gelegten Maßnahmen zu vertreten habe. Er legte ein Schreiben an die Marktgemeinde Bad Goisern vor, wonach 1976 die Dachform des westseitigen Endes der Hütte verändert worden sei. Im Rahmen der Neueindeckung der Hütte sei bloß die ursprüngliche Dachform wieder hergestellt worden. Die Arbeiten seien abgeschlossen und es sei weder das Ortsbild, noch der Bestand verändert worden.

Eine Ladung als Beschuldigter oder eine Aufforderung zur Rechtfertigung, allenfalls eine Strafverfügung ist nicht ergangen.

In der in Rede stehenden "Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten" wurde dem Rechtsmittelwerber nicht vorgehalten, daß nunmehr er wegen einer bestimmten Tat verfolgt werde. Die Erhebungen des Bezirksbauamtes Gmunden, die in Richtung zur Aufklärung des Sachverhaltes und damit zur Konkretisierung der Tat beitrugen, gingen erst am 21. November 1991 bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ein. Ein Vorhalt, bzw. die Eröffnung des Parteigehörs hiezu, welches im allgemeinen auch als Verfolgungshandlung genügt, erging nicht, hätte aber infolge des Zeitablaufes keine Unterbrechung der Verjährung bewirken können. Erstmalig mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 17.3.1992, abgesendet am 20.3.1992, wurde von seiten der Behörde dem Rechtsmittelwerber gegenüber eine Verfolgungshandlung gesetzt.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist.

Nachdem das O.ö.NSchG 1982 keine besondere Verjährungsfrist ausweist, beträgt diese sechs Monate. Die Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat (§ 31 Abs.2 VStG).

Gemäß § 37 Abs.2 Z.1 O.ö.NSchG 1982 begeht unter anderem eine Verwaltungsübertretung, wer bewilligungspflichtige Vorhaben (§ 4) ohne Bewilligung ausführt - soferne die Tat nicht gemäß Abs.3 Z.3 leg.cit. strenger zu bestrafen ist.

Die Verjährungsfrist beginnt mit Vollendung des Vorhabens (Baues).

Gemäß § 32 Abs.1 VStG ist Beschuldigter, die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache.

Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dergleichen), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Stets hat der Tatvorwurf bestimmt zu sein (§ 41 Abs.1 VStG, § 42 Abs.1 Z.1 VStG, § 48 Abs.1 Z.3 VStG, § 44 Abs.1 Z.3 VStG, bei Niederschriften siehe § 14 Abs.2 Z.1 AVG).

Nachdem dieses Erfordernis erst mit dem angefochtenen Straferkenntnis gegeben war, zwischenzeitig jedoch mehr als ein halbes Jahr seit der Tat verstrichen ist, ist eine weitere Verfolgung des Beschuldigten nicht mehr zulässig.

Am Rande wird vermerkt, daß nach den im Akt erliegenden Bauplänen aus dem Jahre 1976 ein Satteldach ausgewiesen ist. Ein Baubescheid, eine Verhandlungsschrift oder ein anderer Plan, der als die alleinige Ausführungsart des Daches nur ein Walmdach zuläßt, liegt nicht vor.

Aus all diesen Gründen mangelt es am Substrat für das angefochtene Straferkenntnis (welche dem Gehalt nach die strafrechtliche Anklage im Sinne des Art.6 Abs.1 EMRK darstellt).

Nachdem der Berufungswerber bei der Baubehörde, wenn auch erst nach Drängen, entsprechende Bestandpläne vorgelegt und um Genehmigung angesucht hat, kann das administrative Bauverfahren - für die Baubehörde und den Rechtsunterworfenen gleichermaßen befriedigend - die entsprechende Rechtssicherheit erbringen.

Das Verwaltungsstrafverfahren war hingegen aufgrund der Berufung (welche im Hinblick auf die MRK dem Gehalt nach als Einspruch gegen die Anklageschrift gesehen werden kann) einzustellen.

Demzufolge hat der Rechtsmittelwerber keine Beiträge zu Verfahrenskosten zu tragen (§§ 65 und 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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