Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200044/6/Kl/Rd

Linz, 16.09.1993

VwSen - 200044/6/Kl/Rd Linz, am 16. September 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des E, R gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9.7.1992, N-96/6/1992, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a und 45 Abs.1 Z3 VStG; § 37 Abs.2 Z1 O.ö.NSchG 1982.

II. Es entfallen jegliche Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9.7.1992, N-96/6/1992, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 37 Abs.2 Z1 O.ö.NSchG 1982 verhängt, weil er dafür verantwortlich ist, daß am 6.3.1992 mittels LKW, welche mit Schotter aus der Schottergrube in R, Gst. 3166, KG Aigen, beladen wurden, Schotter, insgesamt 16 LKW-Fuhren, abtransportiert wurden. Das Material wurde zur Beschotterung des PKW-Abstellplatzes der Fa. B in Aigen verwendet. Die konsenslose Schotterentnahme stellt eine Übertretung gemäß § 4 Abs.1 Z2 lit.h O.ö.NSchG 1982 dar, zumal für die Eröffnung oder Erweiterung einer Schotterentnahmestelle im ausgewiesenen Grünland eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist. Er sei jedoch nur im Besitz einer diesbezüglichen Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, welche auf die Entnahme von Schotter zur Errichtung der Forststraße "Rudolfing" beschränkt ist.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, welche im wesentlichen damit begründet wurde, daß durch die rein formal bescheidwidrige Schotterentnahme keine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes erfolgte. Vielmehr wurde für den R Forstweg nicht so viel Schotter benötigt, als berechnet wurde, und entstand daher eine für die Wiederbegrünung sehr ungünstige Abbaufläche. Auch hätte das Material noch für weitere Erhaltungsmaßnahmen des Forstweges deponiert werden können. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses begehrt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat mit Schreiben vom 1.9.1992 eine Stellungnahme zur Berufung abgegeben, in welcher sie darauf hinweist, daß der Schotter zur Beschotterung des Parkplatzes der Fa. B und nicht zur Herstellung der Forststraße verwendet wurde. Voraussetzung für das Vorliegen einer strafbaren Handlung sei das Nichtvorliegen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung und nicht die Beurteilung, ob durch das konkrete Vorhaben das Landschaftsbild beeinträchtigt wurde. Es hat der Beschuldigte jedenfalls unterlassen, vor dem Schotterabbau die naturschutzrechtliche Genehmigung zu beantragen.

Weiters wurde der bezughabende Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 Z2 lit.h des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 - O.ö.NSchG 1982 bedarf die Eröffnung und die Erweiterung von Steinbrüchen, von Sand-, Lehm- oder Schotterentnahmestellen ... zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde.

Gemäß § 37 Abs.3 Z1 O.ö.NSchG 1982 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, wer bewilligungspflichtige Vorhaben (§ 4) ohne Bewilligung ausführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht einhält, sofern nicht Abs.3 Z3 anzuwenden ist.

Im Sinne der obzitierten Bestimmung enthält daher die auch dem Berufungswerber vorgeworfene verletzte Verwaltungsvorschrift zwei Alternativtatbestände, nämlich einerseits die Ausführung eines bewilligungspflichtigen Vorhabens ohne Bewilligung, und andererseits die Nichteinhaltung von Bedingungen, Befristungen oder Auflagen eines Bewilligungsbescheides für ein bewilligungspflichtiges Vorhaben. Anzumerken ist, daß sich die beiden genannten Tatbestände einander ausschließen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat gemäß § 44a lit.a VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Auch muß dem Beschuldigten aufgrund des Spruches eindeutig erkennbar sein, welcher Tatbestand ihm vorgeworfen wird. Dies trifft im gegebenen Fall nicht zu. Es ist nämlich aufgrund des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses nicht eindeutig erkennbar, ob dem Berufungswerber eine konsenslose Schotterentnahme (erste Alternative) oder eine - zwar generell bewilligte - Schotterentnahme entgegen Bescheidauflagen (zweite Alternative) vorgeworfen wird.

Auch die Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zur Berufung läßt eher den Schluß zu, daß die belangte Behörde vom Nichtvorliegen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung (also erste Alternative) ausgeht. Andererseits weist auch die belangte Behörde auf eine zweckwidrige Verwendung des abgebauten Schotters hin.

Da nicht mit Eindeutigkeit nachgewiesen werden kann, welche Verwaltungsübertretung nunmehr konkret dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen werden soll, war das Straferkenntnis spruchgemäß wegen mangelnder Konkretisierung aufzuheben. Eine Spruchberichtigung bzw. Spruchänderung war dem unabhängigen Verwaltungssenat zufolge des Ablaufes der Verfolgungsverjährungsfrist nicht mehr möglich.

Im übrigen ergab sich auch noch eine Mangelhaftigkeit des Bescheidspruches dahingehend - sofern überhaupt eine Nichteinhaltung der Bescheidauflage der Zweckwidmung vorgeworfen werden hätte sollen -, daß der Hinweis auf den konkreten Bescheid sowie auf die konkrete Auflage im Spruch des Straferkenntnisses fehlt. Dies ist insbesondere dadurch erforderlich, da § 37 Abs.2 Z1 2. Alternative O.ö.NSchG durch Verweis auf die konkreten Auflagen diese zum verletzten Gebot und daher zur verletzten Norm macht, welche auch im Straferkenntnis zu zitieren ist.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6