Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200067/2/Kl/Bk

Linz, 03.01.1994

VwSen-200067/2/Kl/Bk Linz, am 3. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der E S , vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K W , Dr. M K , S , W I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1. Oktober 1992 , Zl. Agrar 96-109-1992, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Qualitätsklassengesetz, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 45 Abs.1 Z3 und 44a Z1 VStG.

Zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1. Oktober 1992, Agrar 96-109-1992, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 500 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 26 Abs.1 lit.b iVm § 6 Abs.2 Qualitätsklassengesetz 1967 verhängt, weil sie es zu verantworten hat, daß am 27.11.1991 in der B Filiale L , G , 16 Säcke Golden Delicious, á 2 kg, Kennzeichnung: F , H , L , Sorte: Golden Delicious, Klasse II, Größe 65/75, in Verkehr gebracht wurden, obwohl 25 % der Früchte nicht die erforderliche Mindestgröße aufwiesen. Es wurde gleichzeitig ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, welche das Straferkenntnis seinem ganzen Umfang nach anficht und dazu ausführt, daß hinsichtlich der Berufungswerberin die Verantwortlichkeit nicht näher konkretisiert wurde. Gemäß § 9 Abs.1 VStG sind für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, die zur Vertretung nach außen berufenen Organe verantwortlich. Die Berufungswerberin gibt an, daß sie weder zur Vertretung nach außen berufenes Organ der B Warenhandel AG sei noch daß sich aus dem vorliegenden Akt ein Hinweis ergibt, daß sie als verantwortliche Beauftragte bestellt worden sei. Die Bezeichnung Filialleiterin reiche keinenfalls aus. Weiters wurde geltend gemacht, daß die Wendung im Spruch "in Verkehr gebracht wurden" nicht erkennen läßt, durch welche Vorgangsweise dies geschehen sein soll. Schließlich wird in der Berufung auch noch bemängelt, daß den Unterlagen nicht zu entnehmen ist, welche Mindestgröße die Früchte tatsächlich aufweisen müssen, und wieviele Früchte tatsächlich überprüft wurden, sodaß auch der angegebene Prozentsatz von 25 % diesbezüglich nicht nachvollziehbar sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Äußerung abgegeben.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Aus der Aktenlage in Zusammenhalt mit den Berufungsausführungen war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen war (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 26 Abs.1 lit.b des Qualitätsklassengesetzes, BGBl.Nr. 161/1967 idgF, begeht, wer Waren entgegen den Bestimmungen der §§ 2 bis 8 und 10 und der aufgrund der Bestimmungen ergangenen Verordnungen in Verkehr bringt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach anderen Rechtsvorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S oder mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 1 Abs.2 leg.cit. ist ein Inverkehrbringen im Sinn dieses Bundesgesetzes das Feilbieten, das Verkaufen oder jedes sonstige erwerbsmäßige Überlassen einer Ware an andere.

Gemäß § 6 Abs.2 leg.cit. wurde in § 9 Abs.2 der Qualitätsklassenverordnung, BGBl.Nr. 136/1968 idF BGBl.Nr.

514/1989, festgelegt, daß die Früchte in der Klasse II bei großfrüchtigen Sorten (dazu gehören auch die Golden Delicious) eine Mindestgröße von 65 mm aufweisen müssen.

Gemäß § 10 lit.B der zitierten Verordnung sind Toleranzen, jeweils gemessen nach Anzahl oder Gewicht, bei der Klasse II von 10 von Hundert Früchte, die einer Größe angehören, die unmittelbar über oder unter der auf der Verpackung angegebenen Größe liegt, erlaubt.

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift wird dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es bedarf daher der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale im Bescheidspruch, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, und es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern es ist die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren.

Diesen Konkretisierungsanforderungen entspricht der angefochtene Tatvorwurf nicht und bestehen daher die Mängelrügen in der Berufung zu Recht.

Es hätte daher entsprechend den obzitierten Bestimmungen des Qualitätsklassengesetzes in Verbindung mit der Qualitätsklassenverordnung der Anführung der vom Gesetz geforderten Mindestgröße sowie auch der von diesen Bestimmungen festgelegten Toleranzgrenze bedurft bzw hätte dem Tatvorwurf und daher dem Spruch des Straferkenntnisses beigefügt werden müssen, daß diese Toleranzgrenze überschritten wurde. Entsprechend wäre daher auch dann der § 10 lit.B der Qualitätsklassenverordnung bei den verletzten Rechtsvorschriften zu zitieren gewesen.

Es kann nämlich nicht nur in der Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestgröße eine Straftat schlechthin erblickt werden, sondern ist entsprechend den festgelegten Toleranzgrenzen ein strafbarer Tatbestand erst dann gegeben, wenn diese überschritten werden. Dies kommt aber aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sowie auch aus der Begründung nicht hervor.

Im übrigen wären auch die näheren Umstände hinsichtlich des Inverkehrbringens in dem Sinn aufzuzeigen gewesen, wodurch dies geschehen ist, zB durch Feilbieten oder Verkaufen iSd § 1 Abs.2 Qualitätsklassengesetz.

Schließlich bemängelt die Berufung zu Recht, daß dem gesamten Verwaltungsstrafakt inklusive dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen ist, woraus die Verantwortlichkeit der Berufungswerberin abgeleitet wird. Schließlich werden die gegenständlichen Äpfel von der B Filiale L feilgeboten und nicht von der Berufungswerberin in eigenem Namen. Es ist dem gesamten Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen, ob die Berufungswerberin als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der B Waren AG oder als verantwortliche Beauftragte zur Verantwortung gezogen wird.

Auch liegt keine Bestellungsurkunde vor bzw ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte im Verwaltungsstrafverfahren, daß die Berufungswerberin zur verantwortlichen Beauftragten bestellt ist. Es hat aber der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, daß in der Tatumschreibung des Bescheidspruches iSd § 44a lit.a (nunmehr § 44a Z1) VStG zum Ausdruck kommen muß, ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtliche Verantwortliche begangen hat. Aus all den angeführten Gründen sowie unter Bedachtnahme darauf, daß auch hinsichtlich der aufgezeigten Tatumstände keine geeignete Verfolgungshandlung erfolgt ist und daher diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Klempt

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