Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200174/2/Kl/Rd

Linz, 04.03.1996

VwSen-200174/2/Kl/Rd Linz, am 4. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des N P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 3.2.1995, Agrar96/17/1993/Lac, gegen die verhängte Strafe wegen Übertretungen nach dem Viehwirtschaftsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen die verhängten Strafen wird Folge gegeben, die Strafen werden aufgehoben und es wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

II. Es entfallen jegliche Kostenbeiträge zum Verwaltungsstrafverfahren.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 21, 1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 3.2.1995, Agrar96/17/1993/Lac, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von zweimal 1.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit von zweimal 72 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Viehwirtschaftsgesetz verhängt, weil er 1) am 29.9.1993 im Standort D einen Tierbestand von 55 Zuchtsauen hatte, obwohl mit Bescheid des Landeshauptmannes von vom 26.4.1988, Agrar-70002-9-IV/Kr-1988, ein Tierbestand von max. 50 Zuchtsauen bewilligt wurde; dies stellt eine Überschreitung des bewilligten Tierbestandes um 10 % dar und 2) am 29.9.1993 im Standort D einen Tierbestand von 33 Mastschweinen hatte, obwohl mit Bescheid des Landeshauptmannes von vom 26.4.1988, Agrar-70002-9-IV/Kr-1988, nur ein gesamter Tierbestand von 50 Zuchtsauen und 16 Kühen bewilligt wurde. Die Haltung von 33 Mastschweinen stellt daher eine Überschreitung des bewilligten Tierbestandes um 8,2 % dar (400 Mastschweine sind 100 % Tierbestand).

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt, daß der festgestellte Tierbestand zwar zum Zeitpunkt der Kontrolle (Tatzeitpunkt) bestanden habe, daß dieser aber sofort nach der Kontrolle auf das bewilligte Ausmaß reduziert wurde. Der höhere Tierbestand sollte einen weiteren Arbeitsplatz für ein Nebeneinkommen neben der Landwirtschaft einsparen. Weiters sollte damit ein Darlehen zurückbezahlt werden. Im übrigen seien in EU-Ländern wesentlich größere Tierbestände möglich als in Österreich, weshalb nur mit höheren Tierbeständen dem Wettbewerb standgehalten werden kann. Es werde daher um Straferlassung gebeten.

3. Die BH Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Weil nur gegen die Strafhöhe berufen wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 13 Abs.1 des Viehwirtschaftsgesetzes, BGBl.Nr.

621/1983 idF BGBl.Nr. 374/1992 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), dürfen Inhaber von Betrieben ohne Bewilligung folgende Tierbestände halten: 400 Mastschweine (Z1), 50 Zuchtsauen (Z2), 30 Kühe (Z4) uam. Abweichend von Z4 dürfen auf Betrieben ohne Einzelrichtmenge 50 Kühe gehalten werden.

Jeder der genannten Bestände entspricht dem höchstzulässigen Gesamtbestand von 100 %; werden mehrere dieser Tierarten gehalten, so dürfen die Bestände insgesamt nicht mehr als 100 % betragen.

Gemäß § 13 Abs.3 leg.cit. ist für das Halten größerer Tierbestände als nach Abs.1 eine Bewilligung erforderlich.

Gemäß § 27 Abs.4 leg.cit. begeht, wer Tiere ohne die gemäß § 13 erforderliche Bewilligung hält, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 S bis 200.000 S zu bestrafen.

4.2. Anläßlich einer Kontrolle im Betrieb des Bw am 29.9.1993 (Tatzeitpunkt) bestand eine Tierhaltungsbewilligung für 16 Kühe und 50 Zuchtschweine, wobei allerdings tatsächlich der Bestand von 13 Kühen, 55 Zuchtschweinen und 33 Mastschweinen festgestellt wurde. Dies wurde dem Bw mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen und von diesem in der Berufung auch als richtig anerkannt bzw. nicht bestritten. Es richtet sich daher die gegenständliche Berufung nicht mehr gegen den Tatvorwurf und die Schuld sondern nur mehr gegen die Höhe der festgelegten Strafe. Der Schuldspruch erwuchs daher bereits in Rechtskraft.

4.3. Der Bw stützt sich in seinen Berufungsausführungen ua auch auf eine geänderte wirtschaftliche Lage durch den Beitritt Österreichs zur EU mit 1.1.1995. Damit ist der Bw auch teilweise im Recht.

Bereits mit der Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1994, BGBl.Nr.

664/1994, in Kraft getreten mit 1.7.1994, dürfen gemäß § 13a Abs.1 leg.cit. ab dem 1.7.1994 abweichend vom § 13 Abs.1 Inhaber von Betrieben folgende Tierbestände ohne Bewilligung halten: 1.000 Mastschweine (Z1), 125 Zuchtsauen (Z2), 75 Kühe (Z4) usw. Abweichend von Z4 dürfen auf Betrieben ohne oder nach Wirksamwerden des Beitrittes Österreichs zur EU auch mit einer Einzelrichtmenge bis 120.000 kg 125 Kühe gehalten werden.

Gemäß § 13a Abs.2 leg.cit., ist, soweit in Bestimmungen auf § 13 Abs.1 verwiesen wird, ab dem 1.7.1994 § 13 Abs.1 iVm § 13a anzuwenden.

Wenn auch die belangte Behörde zunächst in richtiger Anwendung des § 1 Abs.1 VStG ihrem Straferkenntnis die Rechtslage zum Zeitpunkt der Tatbegehung, also die zum Tatzeitpunkt geltende Rechtslage, zugrundegelegt hat, so war dennoch folgendes bei ihrer Entscheidung am 3.2.1995 zu berücksichtigen.

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich nämlich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Nicht geregelt ist in § 1 Abs.2 VStG was dann rechtens sein soll, wenn die zur Zeit der Begehung der Tat in Geltung gestandene Strafdrohung vor Bestrafung des Täters (in erster Instanz) zur Gänze außer Kraft tritt. Im Regelfall wird hier anzunehmen sein, daß das seinerzeit strafbar gewesene Verhalten nicht mehr zu ahnden ist; es sei denn, es ergibt sich aus der Situation - insbesondere wenn Taten der gleichen Art auch weiterhin strafbar sind - daß der Gesetzgeber sein Unwerturteil über Nichtbefolgung der Vorschrift prinzipiell aufrechterhalten hat (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren, Band II, S.41). Es hat daher auch der VwGH zu diesem Problemkreis entschieden, daß, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz überhaupt nicht mehr strafbar war, er, wie aus § 1 Abs.2 VStG geschlossen werden muß, nicht mehr bestraft werden durfte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Strafvorschrift im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz zur Gänze durch ersatzlose Aufhebung oder durch ersatzloses Auslaufen außer Kraft tritt (vgl. Ringhofer, S. 44 u. 45 mN).

Im Lichte dieser Judikatur war daher im gegenständlichen Fall zwar anzumerken, daß der Gesetzgeber das strafrechtliche Unwerturteil über die Nichteinholung der Bewilligung zwar nicht zur Gänze fallen gelassen hat, daß aber der strafrechtliche Unwert erst ab einer höheren Tierhaltung nach der Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1994 eintritt. Für die gegenständlich vorgeworfene Tierhaltung des Bw lag daher kein Unrechtsgehalt mehr vor, weshalb im Grunde des Wertewandels des Gesetzgebers eine Strafwürdigkeit des Täters nicht mehr vorliegt und daher von der Verhängung einer Strafe abzusehen war. Der Strafausspruch der belangten Behörde war daher aufzuheben.

4.4. Wenn auch dem O.ö. Verwaltungssenat zufolge der bereits eingetretenen Teilrechtskraft hinsichtlich des Schuldvorwurfes eine Überprüfung hinsichtlich der Schuld verwehrt war, so ist doch anzumerken, daß Adressat der Bewilligungs- bzw.

Strafnorm im Viehwirtschaftsgesetz der Betriebsinhaber ist, was auch im Tatvorwurf zum Ausdruck zu kommen hat. Weiters vertritt der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß gemäß der Bestimmung des § 13 Abs.1 bzw. § 13a Abs.1 jegliche Überschreitung des Gesamtbestandes von 100 %, gleichgültig ob nur hinsichtlich einer Tierart oder hinsichtlich mehrerer Tierarten, eine einheitliche Verwaltungsübertretung bildet und daher nur eine Strafe zu verhängen gewesen wäre.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge aufgrund der im Spruch zitierten Gesetzesbestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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