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des Landes Oberösterreich
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VwSen-200186/3/Kl/Rd

Linz, 08.10.1997

VwSen-200186/3/Kl/Rd Linz, am 8. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des J, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19.7.1996, Agrar96-15-1996, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz 1990 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19.7.1996, Agrar96-15-1996, wurde gegen den Bw eine Ermahnung ausgesprochen, weil er am 27.3.1996 und am 2.4.1996 um 10.45 Uhr jeweils in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in I, die unten angeführten Pflanzenschutzmittel (landwirtschaftliche Spritzmittel) in der jeweils angegebenen Menge und Art aus Luxembourg in das Zollgebiet eingeführt hat, ohne eine Bestätigung darüber eingeholt zu haben, daß diese Pflanzenschutzmittel zugelassen und im Pflanzenschutzmittelregister eingetragen sind, weshalb er jeweils gegen § 23 Abs.1 lit.a iVm Abs.4 Z1 Pflanzenschutzmittelgesetz verstoßen und somit jeweils ein rechtswidriges Verhalten gesetzt hat: Pflanzenschutzmittel in folgender Menge und Bezeichnung:

1. Einfuhr am 27.3.1996:

 

Art.Nr.

Artikelbezeichng.

Geb.

Menge

 

g 4-5

Goltix

5 kg

20 kg

p 5-5

Pyramin

5 kg

10 kg

s 5-5

Stomp SC

5 lt

50 lt

d 13-5

DuaL 960

5 lt

30 lt

2. Einfuhr am 2.4.1996:

 

Art.Nr.

Artikelbezeichng.

Geb.

Menge

t 6-1

Tilt EC 250

1 lt

6 lt

Es wurden daher § 23 Abs.1 Z1 lit.a, Abs.4 Z1 Pflanzenschutzmittelgesetz 1990 (PMG 1990) verletzt. 2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, und diese damit begründet, daß dem Bw zwar die gesetzlichen Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes im wesentlichen bekannt seien, daß jedoch seiner Meinung nach aufgrund des EU-Beitritts Österreichs diese gesetzlichen Bestimmungen keine Anwendung finden. Er sei zwar zum Zeitpunkt der Einfuhr der Pflanzenschutzmittel darüber informiert gewesen, daß sein Antrag auf Feststellung der Identität notwendig gewesen wäre. Er stütze sich aber auf ein Schreiben der Europäischen Kommission vom 17.1.1996, worin die Rechtsmeinung vertreten wurde, daß ein mit einem bereits in Österreich zugelassenen Pflanzenschutzmittel identisches Pflanzenschutzmittel frei in den Verkehr gebracht werden darf und die Feststellung der Identität keine Voraussetzung für das Inverkehrbringen darstellt. Der Bw sah daher keinen zwingenden Grund, die Pflanzenschutzmittel aus Luxemburg nicht zu importieren bzw. vorher einen Antrag auf Prüfung der Identität zu stellen. Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19.7.1996 aufzuheben.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Weil keine Geldstrafe verhängt wurde, eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde, die Berufungsausführungen lediglich die rechtliche Beurteilung des Bescheides anfechten und schließlich schon aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht abzuhalten (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

Aufgrund der Aktenlage steht zweifelsfrei fest, daß der Bw am 27.3.1996 und 2.4.1996 die von ihm bestellten und im Bescheid näher angeführten Pflanzenschutzmittel in der ebenfalls angeführten Menge mittels einer von ihm beauftragten Transportfirma aus Luxemburg importiert hat. Eine Bestätigung, daß die Pflanzenschutzmittel zugelassen und im Pflanzenschutzmittelregister eingetragen sind, wurde nicht eingeholt und lag nicht vor. Lediglich das Mittel "Stomp SC" ist mit keinem in Österreich zugelassenen Mittel ident. 4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 4 Abs.1 des Pflanzenschutzmittelgesetzes - PMG, BGBl.Nr. 476/1990 idF BGBl.Nr. 300/1995 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), dürfen Pflanzenschutzmittel nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie zugelassen sind, die zugelassene Zusammensetzung und Beschaffenheit aufweisen und den Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften entsprechen. Unter "Inverkehrbringen" ist nach § 2 PMG das Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen im geschäftlichen Verkehr zu verstehen. Das Herstellen und Verwenden von Waren im eigenen Bereich ist kein Inverkehrbringen iSd vorliegenden Definition (RV 1317/XVII, GP zu BGBl. 1990/476). Es ist daher gemäß der Legaldefinition nach § 3 Z1 PMG die Einfuhr und die nachweisliche Ausfuhr von Pflanzenschutzmitteln unter "Inverkehrbringen" nicht zu verstehen. Dementsprechend wurde daher auch das Inverkehrbringen im zweiten Teil des PMG (Pflanzenschutzmittelverkehr) gesondert von der Einfuhr im 6. Teil des PMG geregelt. Gemäß § 23 Abs.1 Z1 PMG dürfen Pflanzenschutzmittel aus Nr. 3808 des Zolltarifs (Zolltarifgesetz 1988, BGBl.Nr. 155/1987) in das Zollgebiet nur eingeführt werden, wenn sie ua zugelassen und im Pflanzenschutzmittelregister eingetragen sind (lit.a) und vom Zulassungsinhaber oder seinem schriftlich bevollmächtigten Vertriebsunternehmer eingeführt werden (lit.c), wobei die Voraussetzungen des Abs.1 Z1 lit.a und c durch Vorlage einer Bestätigung der Bundesanstalt für Pflanzenschutz nachzuweisen sind (Abs.2) und die Bundesanstalt für Pflanzenschutz auf Antrag des Zulassungsinhabers oder seines schriftlich bevollmächtigten Vertriebsunternehmers über das Zutreffen der Voraussetzungen des Abs.1 Z1 lit.a eine Bestätigung auszustellen hat (Abs.4 Z1).

Während die belangte Behörde die importierten Pflanzenschutzmittel nicht einer Überprüfung dahingehend unterzogen hat, ob sie der Nr. 3808 des Zolltarifs und daher der Bestimmung des § 23 PMG entsprechen, hegt der O.ö. Verwaltungssenat aber auch dahingehende Bedenken, daß die Bundesanstalt für Pflanzenschutz nur auf Antrag des Zulassungsinhabers oder seines schriftlich bevollmächtigten Vertriebsunternehmers eine Bestätigung auszustellen hat; nur diese Personen haben also eine Antragslegitimation. Demnach hätte der Bw einen diesbezüglichen Antrag gar nie stellen können bzw. hätte ihm keine Bestätigung ausgestellt werden können. Dies deshalb, weil zur Antragstellung auf Zulassung gemäß § 5 PMG nur der Hersteller, der Importeur oder der Vertriebsunternehmer berechtigt sind, wobei gemäß der Legaldefinition des § 1 Abs.11 PMG "Importeur" nur ist, wer ein Pflanzenschutzmittel zu Erwerbszwecken einführt, ausgenommen das Transportunternehmen.

Da der Bw die gegenständlichen Pflanzenschutzmittel lediglich zum Eigenverbrauch für seine Landwirtschaft importiert hat, erfüllt er weder die Voraussetzung des Inverkehrbringens noch jene eines Importeurs, woraus folgt, daß er auch zu einer Antragstellung auf Zulassung und auf Bestätigung der Zulassung nicht legitimiert ist. Der Bw hat aber die Pflanzenschutzmittel jedenfalls nicht als Zulassungsinhaber oder Vertriebsunternehmer eingeführt, was ihm auch nicht zum Vorwurf gemacht wurde. Es trifft der § 23 PMG daher weder eine Regelung hinsichtlich der Einfuhr für den "Eigengebrauch" noch eine Regelung für Parallelimporte, also Importe von Pflanzenschutzmittel, die mit in Österreich zugelassenen ident sind, noch eine Regelung für im Ausland zugelassene Pflanzenschutzmittel, bzw. sind diese Fälle im österreichischen Recht nicht vorgesehen. Schließlich unterliegen die Pflanzenschutzmittel den Bestimmungen der Abs.1 und 2 erst zu den in Abs.3 Z1 bis 4 angegebenen Zeitpunkten (§ 23 Abs.3 PMG). 4.2. Wie aber der Bw zu Recht ausführt, ist Österreich mit Wirkung 1.1.1995 der Europäischen Union beigetreten. Im Beitrittsvertrag, BGBl.Nr. 45/1995, hatte sich Österreich verpflichtet, das gesamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Beitritts geltende Gemeinschaftsrecht (Acquis communautaire) zu übernehmen. Wesentliche Auswirkung dabei ist die unmittelbare Wirkung des Gemeinschaftsrechts und der Vorrang des Gemeinschaftsrechts, und zwar auch vor nationalem Verfassungsrecht. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt das Gemeinschaftsrecht unmittelbar in den Mitgliedstaaten, ohne daß es einer Transformation in staatliches Recht bedürfe, und zwar habe es Anwendungsvorrang, nämlich es darf widersprechendes nationales Recht im Konfliktfall nicht angewendet werden.

Gemäß Art.30 EG-Vertrag sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Gegen Art. 30 EG-Vertrag kann entsprechend dem Urteil des EuGH vom 11.7.1974, RS 8/74 "Dassonville, Slg. 1974, S 837, jede Maßnahme verstoßen, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern. Wie der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 20.5.1976 (RS 104/75 "De Peijper") ausführt, stellt eine nationale Regelung oder Praxis, die dazu führt, die "Einfuhren" in der Weise zu kanalisieren, daß sie nur bestimmten Unternehmen möglich sind, andere jedoch davon ausgeschlossen werden, eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung iSd Art.30 EG-Vertrag dar. Ein Verstoß gegen Art. 30 EG-Vertrag könnte unter den in Art. 36 EG-Vertrag genannten Voraussetzungen - zB zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen - zulässig sein, doch ist Art.36 EG-Vertrag als Durchbrechung des für den Binnenmarkt grundlegenden Prinzips des freien Warenverkehrs eng auszulegen. Nationale Maßnahmen sind demnach mit dem Vertrag nur insoweit vereinbar, als sie notwendig sind, um eines der in dieser Vorschrift genannten Rechtsgüter zu schützen. Eine gegen Art. 30 EG-Vertrag verstoßende Regelung oder Praxis fällt nicht unter die Ausnahmebestimmungen des Art.36 EG-Vertrag, wenn die Gesundheit oder das Leben von Menschen genauso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden kann, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken (vgl. Rechtssache "De Peijper").

4.2.1. Mit der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15.7.1991, wurde das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmittel geregelt. Die Präambel zu dieser Richtlinie bringt darin den Vorrang des Schutzes der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt gegenüber dem Ziel der Produktionsverbesserung bei der Pflanzenerzeugung zum Ausdruck und hebt die Notwendigkeit einer amtlichen Zulassung zur Ausschaltung von Risken und Gefahren hervor, wobei durch eine Angleichung der betreffenden Vorschriften der Mitgliedstaaten Hemmnisse für das Funktionieren des Binnenmarktes beseitigt werden sollen. "Diese Richtlinie ergänzt die gemeinschaftlichen Bestimmungen über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von Schädlingsbekämpfungsmitteln; sie gewährleistet zusammen mit diesen Bestimmungen eine wesentliche Verbesserung des Schutzes der Personen, die Pflanzenschutzmittel anwenden, und der Verbraucher von Pflanzen und -erzeugnissen".

Gemäß Art.1 Abs.1 der Richtlinie betrifft sie die Zulassung, das Inverkehrbringen, die Anwendung und die Kontrolle von Pflanzenschutzmitteln in handelsüblicher Form sowie das Inverkehrbringen und die Kontrolle von Wirkstoffen ...

Gemäß Art.2 Z10 der Richtlinie ist Inverkehrbringen jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe, ausgenommen die Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Gemeinschaft. Die Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels in das Gebiet der Gemeinschaft wird als Inverkehrbringen iSd Richtlinie angesehen. Gemäß Art.2 Z11 der Richtlinie ist die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels ein Verwaltungsakt, mit dem die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats auf Antrag eines Antragstellers das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels in seinem Gebiet oder einem Teil desselben zu läßt. Gemäß Art.3 Abs.1 der Richtlinie schreiben die Mitgliedstaaten vor, daß in ihrem Gebiet nur die Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht und angewendet werden dürfen, die sie nach den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen haben. Nach Abs.3 schreiben die Mitgliedstaaten vor, daß Pflanzenschutzmittel sachgemäß angewendet werden müssen. Gemäß Art.9 Abs.1 der Richtlinie ist die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels von demjenigen, der für das erste Inverkehrbringen im Gebiet eines Mitgliedstaats verantwortlich ist, oder in seinem Namen bei den zuständigen Behörden eines jeden Mitgliedstaats, in dem das Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden soll, zu beantragen. 4.2.2. Weil das zum Tatzeitpunkt geltende PMG 1990 auf den Verkehr mit und die Einfuhr von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft keinen Bezug nimmt bzw. den diesbezüglichen geschäftlichen Verkehr nicht differenziert, gemäß Art.30 EG-Vertrag, welcher unmittelbar anwendbar ist, aber Beschränkungen des Binnenmarktes - mit Ausnahme der Gründe nach Art.36 EG-Vertrag - nicht zulässig sind, ist jedenfalls im gegenständlichen Fall, weil ein unmittelbarer Bezug durch den Warenverkehr von Luxemburg nach Österreich gegeben ist, das EU-Recht anzuwenden.

Danach wäre die Republik Österreich verpflichtet gewesen, das nationale Recht (PMG 1990) spätestens bis zum Beitritt anzupassen, also die der genannten Richtlinie entsprechenden Bestimmungen zu erlassen.

Insbesondere hat die Richtlinie auf eine gegenseitige Anerkennung der Zulassung Bedacht genommen. Gemäß Art.10 Abs.1 der Richtlinie muß auf Ersuchen des Antragstellers, der die vergleichbaren Elemente nachzuweisen hat, ein Mitgliedstaat, bei dem ein Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels gestellt wird, das in einem Mitgliedstaat bereits zugelassen ist, davon absehen zu verlangen, daß die Versuche und Analysen, die im Zusammenhang mit der Zulassung des Pflanzenschutzmittels in diesem letztgenannten Mitgliedstaat bereits durchgeführt worden sind, wiederholt werden, soweit die für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels relevanten Bedingungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse - in den betreffenden Gebieten vergleichbar sind, und zulassen - soweit die einheitlichen Grundsätze gemäß Art.23 festgelegt worden sind -, daß dieses Pflanzenschutzmittel, falls es nur Wirkstoffe des Anhangs I enthält, auch in seinem Staatsgebiet in den Verkehr gebracht wird, soweit die für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels relevanten Bedingungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse - in den betreffenden Gebieten vergleichbar sind.

4.2.2.1. In einer Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 17.1.1996, P/95/4763, teilt diese mit, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln auf eine Regelung über Parallelimporte von Pflanzenschutzmitteln verzichtet hat. Damit obliegt es dem nationalen Gesetzgeber des Bestimmungsmitgliedstaates, eine Regelung betreffend den Parallelimport vorzunehmen, wobei die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts zu beachten sind. "Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache 'De Peijper' sowie der Mitteilung der Kommission vom 6.5.1982 über die Parallelimporte von Arzneimittelspezialitäten, räumt die Kommission ein, daß dem Parallelimporteur auferlegt werden kann, den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats bestimmte Auskünfte zu erteilen, zu denen er leicht Zugang hat, sofern er zum ersten Mal ein vom Hersteller oder seinem bevollmächtigten Vertreter bereits in den Verkehr gebrachtes Pflanzenschutzmittel verkaufen will". "Die Kommission geht demnach davon aus, daß bei Vorliegen der Identität keine erneute Zulassung erforderlich ist. Vielmehr dient ein vereinfachtes Verfahren der Überprüfung, ob das parallelimportierte Pflanzenschutzmittel effektiv in Österreich bereits zugelassen worden ist".

4.2.3. Wenn auch nach der ständigen Judikatur des EuGH Richtlinien per se nicht unmittelbare Wirkung haben, so kann ihnen trotzdem unter gewissen Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zukommen, nämlich wenn die Frist zur Umsetzung abgelaufen ist, wenn sie hinreichend genau und bestimmt sind und wenn sie begünstigend sind. Wenn daher auch nach der Richtlinie 91/414/EWG über die Voraussetzungen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und über die Zulassungsverfahren in den Mitgliedstaaten einheitliche Vorschriften erlassen werden müssen (vgl. Art.23 der Richtlinie), so geht doch aus der Richtlinie eindeutig und genau hervor, wofür und von wem die Beantragung einer Zulassung eines Pflanzenschutzmittels erforderlich ist. Gemäß der obzitierten Art.2 Z10 und Art.3 der Richtlinie ist eine Zulassung eines Pflanzenschutzmittels für das Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels erforderlich, wobei das Inverkehrbringen jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe und die Einfuhr in das Gebiet der Gemeinschaft bedeutet. Die Einfuhr von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat allein hingegen ist noch kein Inverkehrbringen, sofern damit nicht eine entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe verbunden ist. Im Zusammenhalt mit Art.9 der Richtlinie (Legitimation zur Beantragung der Zulassung) ist aber ersichtlich, daß nur der die Zulassung beantragen bzw in dessen Namen die Zulassung beantragt werden kann, der das erste Inverkehrbringen - also die Abgabe - zu verantworten hat. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, daß unabhängig davon, ob es sich um ein in einem anderen Mitgliedstaat bereits zugelassenes oder nicht zugelassenes Pflanzenschutzmittel oder ein in Österreich bereits zugelassenes oder ein einem solchen identes Pflanzenschutzmittel handelt, die Pflicht zur Zulassung bzw vereinfachten Zulassung nicht den Käufer bzw den Importeur bzw den Anwender trifft, sondern denjenigen, der das Pflanzenschutzmittel abgibt, veräußert usw. In diese Richtung argumentiert auch die Europäische Kommission, wenn sie den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats die Erteilung von bestimmten Auskünften zugesteht, "sofern er zum erstenmal ein vom Hersteller oder seinem bevollmächtigten Vertreter bereits in den Verkehr gebrachtes Pflanzenschutzmittel verkaufen will". Bei richtlinienkonformer Auslegung und Anwendung des § 23 Abs.1 und Abs.4 iVm § 31 Abs.1 Z1 lit.d PMG bedeutet dies daher, daß den Bw keine Strafbarkeit trifft, weil die Einfuhr ebenso wie die Annahme und Anwendung eines Pflanzenschutzmittels keinen Tatbestand bildet, welche eine Zulassung erforderlich macht. Aus diesen Gründen war daher der getroffene Schuldspruch und die Ermahnung aufzuheben und das Strafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen. 4.3. Abschließend wird noch angemerkt, daß der nationale Gesetzgeber mit dem Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl.Nr.60/1997, den Erfordernissen der Richtlinie 91/414/EWG nunmehr Rechnung getragen hat, wonach gemäß § 3 Abs.1 nur die Pflanzenschutzmittel, die nach diesem Bundesgesetz zugelassen sind, in Verkehr gebracht werden dürfen; die Zulassung ist von demjenigen zu beantragen, der beabsichtigt, daß Pflanzenschutzmittel im Inland erstmals in Verkehr zu bringen (§ 4 Abs.1 leg.cit.). Das Inverkehrbringen ist mit Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen an andere sowie die Einfuhr aus Drittländern definiert (§ 2 Abs.10 leg.cit.). Auch ist eine vereinfachte Zulassung von Pflanzenschutzmitteln (§ 11) sowie die Zulassung von in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Pflanzenschutzmitteln (§ 12 leg.cit.) und die Einfuhr von Pflanzenschutzmitteln mit Herkunft oder Ursprung in Drittländern (§ 27) geregelt. Eine Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist hingegen gemäß dem Prinzip des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt nicht mehr geregelt. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K l e m p t

Beschlagwortung: Einfuhrbeschränkung; Einfuhr zum Eigengebrauch; Landwirt; Anwender

 

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