Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200189/2/Kl/Rd

Linz, 08.01.1997

VwSen-200189/2/Kl/Rd Linz, am 8. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über den Antrag des FR, vertreten durch RA, auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens vom 5.11.1996 zu Recht erkannt:

Der Wiederaufnahmeantrag vom 5.11.1996 wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 69 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 18.9.1996, VwSen-200178/2/Gb/Rd, wurde die Berufung des Antragstellers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.11.1995, Agrar96-148-1995-Li, wegen einer Übertretung nach dem DMG 1994 sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit Spruchkorrekturen abgewiesen. Lediglich die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde im Grunde der Bestimmung des § 19 Abs.4 DMG 1994 aufgehoben.

In der zugrundeliegenden Berufung vom 22.11.1995 hat der Antragsteller das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und in der Berufung lediglich Spruchmängel gemäß § 44a VStG im Hinblick auf die Tatumschreibung und die Tatzeit geltend gemacht. In der gesamten Berufung führte der Antragsteller aber aus, daß er die gegenständlichen Düngemittel an die Firma S & K in S liefern habe lassen (Seite 3, zweiter Absatz der Berufung sowie auch Seite 4 der Berufung, wo sich der Beschuldigte darauf stützt, daß die Düngemittellieferung nicht nur an die Firma S & K, sondern an andere Abnehmer geliefert wurde). Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2. Mit dem gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag vom 5.11.1996 wurde die Wiederaufnahme des unter Punkt 1 angeführten, mit rechtskräftiger Entscheidung abgeschlossenen Berufungsverfahrens begehrt und der Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs.1 Z2 AVG iVm § 24 VStG von neuen Tatsachen oder Beweismitteln angeführt. Begründend legte der Antragsteller dar, daß er bestritten habe, im Mai 1995 das Düngemittel an die Firma S & K HandelsgesmbH geliefert zu haben, er aber kein präsentes Beweismittel gehabt hätte. Im Zuge der Erhebung der Beschwerde an den VwGH gegen das Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 18.9.1996 habe er versucht, eine Bestätigung dieses Unternehmens darüber zu bekommen, daß das Düngemittel nicht von ihm stamme, was nunmehr mit der beigelegten Bestätigung vom 31.10.1996 zugestanden werde. Weil der Antragsteller seit 31.10.1996 im Besitz dieses Beweismittels, einer Urkunde, ist, sei die Frist für den Wiederaufnahmeantrag nach § 69 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG gewahrt. Es werde daher die Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens zu VwSen-200178 beantragt sowie der Antrag gestellt, der Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.11.1995 aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Gemäß § 69 Abs.1 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und 2) neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat (Abs.2 leg.cit.). Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem (Abs.4).

3.2. Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren wurde mit Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 18.9.1996, VwSen-200178/2/Gb/Rd, zugestellt am 23.9.1996, formell rechtskräftig abgeschlossen. Auch wurde die Antragsfrist von zwei Wochen gemäß § 69 Abs.2 AVG eingehalten. Der Wiederaufnahmeantrag ist daher zulässig. Er ist aber nicht begründet.

3.3. Der Antragsteller stützt seinen Wiederaufnahmeantrag auf den Besitz des vorgelegten Beweismittels, nämlich einer Urkunde (Bestätigung vom 31.10.1996), somit auf den Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs.1 Z2 AVG.

Entgegen den Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag hat aber der Antragsteller in seiner Berufung vom 22.11.1995 die "Auslieferung" an die Firma S & K GesmbH zu keiner Zeit bestritten, sondern wurden lediglich Spruchmängel im Hinblick auf das Tatverhalten und die Tatzeit geltend gemacht.

Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des VwGH können aber Tatsachen und Beweismittel nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens darstellen, wenn sie bei Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist (nova reperta), nicht aber, wenn es sich um erst nach Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (nova causa superveniens) (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 650 ff mN). Bei den im § 69 Abs.1 Z2 AVG bezeichneten "Tatsachen und Beweismittel" muß es sich um neu hervorgekommene, dh nur solche handeln, die bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden haben, aber erst später nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens bekannt wurden. Auch ermöglicht § 69 AVG nicht die neuerliche Aufrollung eines abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens in Fragen, die in früheren Verfahren vorgebracht hätten werden können (VwGH 12.9.1995, 95/06/0109).

Es liegt daher eindeutig auf der Hand, daß die vorgelegte Bestätigung vom 31.10.1996 als Urkunde erst nach rechtskräftigem Abschluß des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens erstellt wurde und es sich daher um kein neu hervorgekommenes Beweismittel, sondern um ein nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens neu entstandenes Beweismittel handelt. Es war daher schon aus diesem Grund der Wiederaufnahmeantrag abzulehnen.

Wenn sich der Antragsteller in seinem Wiederaufnahmeantrag auch nur auf ein nicht präsentes Beweismittel und nunmehr im Wiederaufnahmeantrag vorgelegtes Beweismittel bezieht, so kann der Antragsschriftsatz auch nicht im Lichte neu hervorgekommener Tatsachen einem Erfolg zugeführt werden.

Auch unter der Annahme, daß nunmehr neu hervorgekommen sei, daß der Antragsteller nicht der Lieferant der gegenständlichen und beprobten Düngemittel gewesen sei, und dies nunmehr neu hervorgekommen sei, wäre dem Antragsteller vorzuwerfen, daß er seine Täterschaft bzw. die Lieferung durch ihn zu keiner Zeit (weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren) bestritten hat, obwohl ihm zugemutet werden konnte, daß er bei gehöriger Verfolgung seiner Interessen im Zuge des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens (immerhin Dauer von eineinhalb Jahren) Erkundigungen über seine Täterschaft einholt und zumindest diese bestreitet und diesbezügliche Tatsachenbehauptungen aufstellt. Indem er aber ein solches Vorgehen vor Erlassung des abschließenden Bescheides unterlassen hat, kann nicht mehr davon die Rede sein, daß er dies ohne sein Verschulden nicht geltend machen konnte (Ringhofer, Verwaltungsverfahren, Band I, Seite 715 E93 mN). Dabei wurde als Maßstab ein solcher Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit angelegt, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten aufgewendet werden kann (Ringhofer, Seite 717 E109). Im übrigen hat der Antragsteller auch gar nicht dargetan, daß die von ihm behaupteten neuen Tatsachen oder Beweismittel im Verwaltungsverfahren ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten, was aber seine Pflicht nach ständiger Judikatur des VwGH gewesen wäre (Ringhofer, Seite 714 E90). Diese Überlegungen zum Verschulden gelten im übrigen auch hinsichtlich des vorgelegten Beweismittels.

Aus all den angeführten Gründen war daher der Wiederaufnahmeantrag abzulehnen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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