Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200197/7/Kl/Rd

Linz, 25.01.1999

VwSen-200197/7/Kl/Rd Linz, am 25. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10.9.1997, Agrar96-5-1996, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Bodenschutzgesetz 1991 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10.9.1997, Agrar96-5-1996, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs.3 Z1 iVm § 49 Abs.1 Z9 Oö. Bodenschutzgesetz 1991, LGBl.Nr.115/1991, verhängt, weil er am 9.1.1996 abends, mit dem Güllefaß den Senkgrubeninhalt des landwirtschaftlichen Anwesens in R, auf dem Feld ausgebracht hat, obwohl zu dieser Zeit der Boden durchgefroren war und sich eine geschlossene Schneedecke befand.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese damit begründet, daß der Boden nicht durchgefroren gewesen sei und keine geschlossene Schneedecke vorhanden gewesen sei. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hegte Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf die Kundmachung des Oö. Bodenschutzgesetzes 1991 und stellte daher mit Schriftsatz vom 23.7.1998, VwSen-200197/2/Kl/Bk, an den VfGH den Antrag, der VfGH möge erkennen, daß § 49 Abs.1 Z9 des Landesgesetzes vom 3.7.1991 über die Erhaltung und den Schutz des Bodens vor schädlichen Einflüssen sowie über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Oö. Bodenschutzgesetz 1991), LGBl.Nr. 115/1991, verfassungswidrig war. In Anlehnung an die Erkenntnisse des VfGH vom 28.9.1996, G 50/96 et al., zum Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983, und vom 12.3.1998, G 366/97-7 et al., zum Oö. Spielapparategesetz, wurden Bedenken dahingehend geäußert, daß das Oö. Bodenschutzgesetz nach Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag vom Landeshauptmann kundgemacht wurde, weshalb eine Verletzung des Art. 97 Abs.2 B-VG vorliege und das Gesetz daher in verfassungswidriger Weise zustandegekommen sei. Im Hinblick auf Art. 140 Abs.3 zweiter Satz und Abs.4 B-VG wurde angeregt, der VfGH möge erkennen, daß das (ganze) Oö. Bodenschutzgesetz 1991, LGBl.Nr. 115/1991, verfassungswidrig war.

Gemäß diesem Antrag bzw dieser Anregung hat der VfGH mit Erkenntnis vom 30.11.1998, G 127/98-6, das Landesgesetz vom 3.7.1991 über die Erhaltung und den Schutz des Bodens vor schädlichen Einflüssen sowie über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Oö. Bodenschutzgesetz 1991), LGBl.Nr. 115/1991 idFd LGBl.Nr. 19/1997, als verfassungswidrig erklärt.

Gemäß Art. 140 Abs.7 B-VG sind, wenn ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden ist oder der VfGH gemäß Abs.4 ausgesprochen hat, daß ein Gesetz verfassungswidrig war, alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des VfGH gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der VfGH nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Ein solcher Ausspruch wurde im gegenständlichen Fall nicht getroffen.

Weil das Strafverfahren gegen den Bw den Anlaßfall für das gegenständliche Gesetzesprüfungsverfahren darstellte, kommt ihm die genannte "Anlaßfallwirkung" zu, weshalb das Oö. Bodenschutzgesetz 1991 nicht auf ihn anzuwenden war. Es war daher das zugrundeliegende Straferkenntnis mangels einer gesetzlichen Grundlage aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG - weil die zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet - einzustellen.

4. Gemäß § 66 Abs.1 VStG waren bei diesem Verfahrensergebnis keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: nicht gehörige Kundmachung; Aufhebung durch VfGH; Anlaßfallwirkung; keine gesetzliche Grundlage

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