Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200200/2/Kl/Rd

Linz, 13.08.1998

VwSen-200200/2/Kl/Rd Linz, am 13. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing. Hermann V, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 20.11.1997, MA2-Agrar-58-1997, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Qualitätsklassengesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag von 600 S, ds 20 % der verhängten Strafe, zu leisten. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG. zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 20.11.1997, MA2-Agrar-58-1997, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 26 Abs.1 Z1 und 1 Abs.4 Qualitätsklassengesetz iVm § 1 Abs.2 und 4 Qualitätsklassenverordnung für Schweinehälften verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Herbert H, zu verantworten hat, daß am 15.10.1996 von 12 bis 13 Uhr durch diese Firma Schweinehälften von 722 Schlachtkörpern durch Schlachtung in Verkehr gebracht wurden, bei denen das Hirn vor der Ermittlung des Warmgewichtes entfernt worden war.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, daß die Entfernung des Hirns vor der Warmabwaage nicht rechtswidrig und sachlich gerechtfertigt ist. Nach der Schlachtung wird nämlich der Tierkörper der Länge nach in der Mitte durchgesägt. Im Anschluß daran kann das Hirn aus den Schädelhälften herausfallen. Weil das Schweinehirn lediglich ca. 10 dag wiegt, also pro Hälfte höchstens 5 dag, der Schlachtkörper aber 80 bis 90 kg hat, nimmt das Gewicht des Hirns auf die Verwiegung keinen Einfluß und liegt daher die Differenz im Bereich der Gewichtstoleranz gemäß § 6 Z2 Qualitätsklassenverordnung. Schließlich wurde angeführt, daß die Qualitätsklassenverordnung sich auf § 2 Abs.1 Qualitätsklassengesetz 1967 stützt und vor Erlassung die Interessenvertretungen zu hören seien. Dies werde für die Verordnung bestritten und sei die Verordnung daher gesetzwidrig. Schließlich sehe das Qualitätsklassengesetz Ausnahmen von der Geltung von Verordnungen gemäß § 2 vor. § 3 Abs.3 hingegen greife im vorliegenden Fall nicht. Mangels Vorliegen des Tatbestandes der Verwaltungsübertretung wird daher die Einstellung des Strafverfahrens und Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. 3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und in einer Stellungnahme ausgeführt, daß die Entfernung des Hirns vor Ermittlung des Warmgewichtes vom Bw ausdrücklich bestätigt wurde und daher der Verstoß gegen § 1 Abs.2 Qualitätsklassenverordnung für Schweinehälften vorliegt. Ob die Anordnung des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers unpraktisch sei, liege nicht in der Prüfungsbefugnis der Behörde. Eine Stellungnahme der Agrarmarkt Austria vom 1.7.1997 verweist darauf, daß von 9.4. bis 7.10.1996 im Betrieb H die Absaugung für Hirn und Rückenmark nach der Waage aufgebaut gewesen sei und ordnungsgemäß nach Verwiegung der Schweinehälften erfolgt sei. Im übrigen gehe schon aus der Einleitung der Qualitätsklassenverordnung für Schweinehälften idF BGBl.Nr. 158/1996 hervor, daß diese im Einvernehmen mit dem BM für Gesundheit und Konsumentenschutz sowie dem BM für wirtschaftliche Angelegenheiten erlassen worden sei, was das Einvernehmen der Sozialpartner voraussetze. Es ist daher auch die Glaubhaftmachung gemäß § 5 Abs.1 VStG dem Bw nicht gelungen. Es wird daher die Bestätigung des Straferkenntnisses beantragt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und die Schriftsätze Einsicht genommen. Weil lediglich die rechtliche Beurteilung des Straferkenntnisses angefochten wurde, eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen.

Festgestellt wird, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Straferkenntnis ausreichend dargelegt wurde und auch in der Berufung vom Bw in keinster Weise angefochten wurde. Es wird daher dieser entscheidungserhebliche Sachverhalt der Berufungsentscheidung zugrundegelegt.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 26 Abs.1 Qualitätsklassengesetz, BGBl.Nr. 161/1967 idF BGBl.Nr. 523/1995 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), begeht, wer Waren entgegen §§ 2 bis 8 oder der aufgrund dieser Bestimmungen ergangenen Verordnungen in Verkehr bringt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 300.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 2 Abs.1 leg.cit. hat der BM für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem BM für Gesundheit und Konsumentenschutz und dem BM für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Qualitätsklassen einzuführen und die hiezu erforderlichen näheren Regelungen zu treffen. Gemäß § 2 Abs.2 leg.cit. sind vor Erlassung einer Verordnung iSd Abs.1 die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, die Wirtschaftskammer Österreich und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu hören.

Gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. sind Qualitätsklassen iSd Bundesgesetzes bestimmte, nach dem Grad der Qualität abgestufte und für jede Stufe zu einer Einheit zusammengefaßte Gruppen von Qualitätsnormen, denen landwirtschaftliche Erzeugnisse entsprechen müssen, damit sie unter einer bestimmten Bezeichnung in Verkehr gebracht werden dürfen. Ein Inverkehrbringen iSd Bundesgesetzes ist das Feilbieten, das Verkaufen oder sonstige erwerbsmäßige Überlassen einer Ware an andere (§ 1 Abs.3). Unbeschadet Abs.3 gelten die in der Anlage unter den KN-Codes 0201, 0202, 0203 und 0204 angeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse (Fleisch von Rindern, Schweinen, Schafen oder Ziegen) mit der Schlachtung der Tiere in einem Schlachtbetrieb als in Verkehr gebracht (§ 1 Abs.4).

Gemäß § 5 der Verordnung des BM für Land- und Forstwirtschaft über Qualitätsklassen für Schweinehälften, BGBl.Nr. 262/1994, idF BGBl.Nr. 158/1996, hat die Feststellung des Warmgewichtes spätestens 30 Minuten nach dem Ausweiden zu erfolgen. Sie ist durch Messung des Zweihälftengewichtes (§ 1 Abs.1) vorzunehmen. Gemäß § 1 Abs.1 der Verordnung sind Schweinehälften iSd Verordnung der Länge nach (median) geteilte Körper von geschlachteten und nach den fleischuntersuchungsrechtlichen Vorschriften tauglich beurteilten Schweinen aus der Position 0203 der kombinierten Nominklatur mit einem Zweihälftengewicht von mindestens 60 kg, die in frischem, gekühltem oder gefrorenem Zustand in Verkehr gesetzt werden. Gemäß § 1 Abs.2 der Verordnung sind vor der Ermittlung des Warmgewichtes iSd § 5 vom Verfügungsberechtigten oder dessen Beauftragten die in Z1 bis 5 näher beschriebenen Teile zu entfernen. Der Kopf ... das Hirn usw müssen bis nach der Abwaage am Schlachtkörper bleiben. Gemäß § 1 Abs.3 der Verordnung gelten als Schweinehälften iSd Verordnung auch Schweinehälften iSd Abs.1, soweit sie nicht abgespeckt sind, bei denen nach der Gewichtsfeststellung, Kopf, Vorderfüße, Filz, Nieren und Zuputz entfernt wurden. Gemäß § 1 Abs.4 der Verordnung unterliegen dieser Verordnung auch Schweinehälften, die an Verarbeitungsbetriebe abgegeben werden.

5.2. Im Grunde des unbestritten gebliebenen und auch dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundeliegenden Sachverhalts wurden Schweinehälften von 722 Schlachtkörpern, bei denen das Hirn vor der Ermittlung des Warmgewichtes entfernt worden war, durch Schlachtung in Verkehr gebracht. Es hat damit der Bw entgegen den Bestimmungen der auf § 2 des Qualitätsklassengesetzes erlassenen Qualitätsklassenverordnung für Schweinehälften Waren in Verkehr gebracht und daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung gemäß § 26 Abs.1 Z1 und § 1 Abs.4 Qualitätsklassengesetz iVm § 1 Abs.2 und 4 Qualitätsklassenverordnung für Schweinehälften begangen.

5.3. Den Ausführungen des Bw, daß das Hirn ohne Zutun des Personals herausfällt und im übrigen auch dem Gewichte nach auf die Verwiegung keinen Einfluß hat, ist die Bestimmung des § 1 Abs.2 Qualitätsklassenverordnung für Schweinehälften entgegenzuhalten, wonach das Hirn bis nach der Abwaage am Schlachtkörper verbleiben muß. Dieser Bestimmung hat der Bw zuwidergehandelt. Mit dem Argument, daß ein Einfluß auf die Verwiegung nicht gegeben sei, ist insofern nichts gewonnen, als die Toleranzgrenze von 3 % vom Warmgewicht berechnet wird, das nach den vorlautenden Bestimmungen auch ua Kopf, Füße, Filz, Nieren, Hirn und Zwerchfell zu enthalten hat. Übrigens gelten als Schweinehälften auch solche iSd § 1 Abs.1, bei denen "nach der Gewichtsfeststellung Kopf, Vorderfüße, Filz, Nieren und Zuputz entfernt wurden" (§ 1 Abs.3 der Verordnung). Es ist daher im § 5 der Qualitätsklassenverordnung auf § 1 Abs.1 der Verordnung und nicht auf § 1 Abs.3 der Verordnung hingewiesen.

Zum rechtlichen Argument, daß die Qualitätsklassenverordnung nicht nach dem Verfahren nach § 2 Abs.2 Qualitätsklassengesetz zustandegekommen ist, hat der Bw keine stichhaltigen Argumente für eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung vorgebracht, zumal eine Anführung der Anhörungsrechte im Verordnungstext nicht erforderlich ist. Weitere Anhaltspunkte, daß das Anhörungsverfahren nicht durchgeführt wurde, ergeben sich weder aus der Berufung noch aus der Verordnung. Es hegt daher der Oö. Verwaltungssenat keine Zweifel, daß die Qualitätsklassenverordnung für Schweinehälften auf gesetzwidrige Weise zustandegekommen ist.

Der Bw bringt weiters in seiner Berufung vor, daß § 3 des Qualitätsklassengesetzes Ausnahmen von der Geltung der Verordnungen iSd § 2 Abs.1 des Qualitätsklassengesetzes, im konkreten Fall nach den lit.b bis d, vorsieht. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß gemäß § 3 Abs.3 Qualitätsklassengesetz die Geltung der Verordnungen auch auf Erzeugnisse auszudehnen ist, die nach Abs.1 in Verkehr gebracht werden, wenn nach den Grundsätzen des § 2 Abs.1 oder nach Verordnungen der Europäischen Gemeinschaften iSd § 1 Abs.5 Z1 die Einführung der Qualitätsnormen auch für diese Erzeugnisse erforderlich ist. Es hat sich die Verordnung über Qualitätsklassen für Schweinehälften idF BGBl.Nr. 158/1996 ausdrücklich ua auf § 3 Abs.3 Qualitätsklassengesetz gestützt und auf dieser Rechtsgrundlage im § 1 Abs.4 angeordnet, daß dieser Verordnung auch Schweinehälften unterliegen, die an Verarbeitungsbetriebe abgegeben werden. Einen Umstand, warum die Erlassung dieser Ausnahme von der Ausnahme nicht gesetzmäßig sei, hat der Bw nicht angeführt und es kam auch im Berufungsverfahren ein solcher nicht hervor. Es hat daher der Oö. Verwaltungssenat auch diesbezüglich keine Zweifel an der Gesetzmäßigkeit der Qualitätsklassenverordnung.

5.4. Im Hinblick auf das Verschulden hat der Bw keine Ausführungen gemacht und auch keine Beweise angeboten, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es hat sich daher auch die belangte Behörde zu Recht auf § 5 Abs.1 VStG gestützt. 5.5. Die Berufung hat das verhängte Strafausmaß nicht bekämpft. Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung auf sämtliche Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG eingegangen. Sie hat die aktenkundigen vom Bw bekanntgegebenen persönlichen Verhältnisse zugrundegelegt. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse, des Umstandes, daß keine Unbescholtenheit und daher kein Milderungsgrund vorliegt und auch Erschwerungsgründe nicht hervorkamen, ist die verhängte Geldstrafe, welche lediglich 1 % des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens ausmacht, als gering anzusehen und durchaus tat- und schuldangemessen. Eine weitere Herabsetzung war dagegen nicht zu vertreten.

5.6. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens in bezug auf die Entfernung des Rückenmarks wurde in den Berufungsausführungen nicht weiter angefochten und ist iSd § 1 Abs.2 der Verordnung über Qualitätsklassen für Schweinehälften zu Recht erfolgt.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 600 S, aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung: Warmgewicht, Entfernung von Teilen, Anhörungsverfahren, Gehirn, Ausnahmeregelung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 21.01.2003, Zl.: 98/07/0137

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