Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200226/2/WEI/An

Linz, 27.06.2005

 

 

 VwSen-200226/2/WEI/An Linz, am 27. Juni 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Berufung des G G W, geb., Ä, R, vertreten durch G, Rechtsanwälte in M, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Juni 2004, Zl. Agrar 96-3-2004/Pl, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Düngemittelgesetz 1994 (BGBl Nr. 513/1994 idF BGBl I Nr. 110/2002), zu Recht erkannt:

 

 

Das angefochtene Straferkenntnis wird wegen örtlicher Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ersatzlos aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 27 Abs 1 VStG 1991.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zur Vertretung nach außen berufene Organ der D, P, P, zu verantworten, dass - wie von einem Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am 6.11.2003 festgestellt wurde - zumindest vom 28.5.2003 bis 6.11.2003 21 x 1 kg D Naturdünger für Tomaten mit einem festgestellten Wert an Cadmium von 3,6 mg/kg TS im D in B, J, in Verkehr gebracht wurden, obwohl der Grenzwert gemäß § 2 Abs. 3 Düngemittelverordnung 1994 1 mg/kg TS beträgt. Sie haben daher den vorgeschriebenen Grenzwert überschritten."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 5 Abs 2 Z 2 iVm § 19 Abs 1 Z 1 lit a Düngemittelgesetz 1994 (BGBl Nr. 513/1994 idF BGBl I Nr. 110/2002) iVm § 2 Abs 4 Düngemittelverordnung 2004 (BGBl Nr. 100/2004) als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 19 Abs 1 Z 1 lit a) Düngemittelgesetz 1994 eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 10 Euro und als Ersatz für Untersuchungskosten 101,20 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw laut Rückschein am 19. Juni 2004 zugestellt wurde, richtet sich die Berufungsanmeldung vom 30. Juni 2004, die am 1. Juli 2004 rechtzeitig bei der belangten Behörde einlangte. In dem binnen der von der belangten Behörde gesetzten Frist von 3 Wochen eingebrachten Schriftsatz vom 26. Juli 2004, eingelangt am 28. Juli 2004, wird die Begründung der Berufung nachgeholt und erschließbar die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt. Die Begründung lautet:

 

  1. Innerhalb der EU gibt es lediglich in Österreich, Schweden, Dänemark und Finnland Obergrenzen für den Cadmiumgehalt in Düngemitteln, die in der Landwirtschaft Verwendung finden sollen. Bei Gartendüngern gibt es - soweit ersichtlich - lediglich in Österreich eine Regelung mit einem Grenzwert von derzeit 3 mg/kg. Damit erweist sich die österreichische Düngemittelverordnung als Handelshindernis und ist deshalb wegen Verstosses gegen die EU-Verträge rechtsunwirksam.
  2.  

  3. In diesem Verfahren geht es um eine Überschreitung des in Österreich geltenden Grenzwertes von 0,6 mg/kg. Zulässig sind 3 mg/kg, der festgestellte Wert beläuft sich auf 3,6 mg/kg. Diese Feststellung wird angegriffen. Dem Akt ist nicht zu entnehmen, wie der Wert von 3,6 mg/kg ermittelt wurde. Die Straferkenntnis-Bescheide beziehen sich auf 15 1kg-Packungen Naturdünger für Beeren bzw. 21 1 kg-Packungen Naturdünger für Tomaten. Den mir überlassenen Akten kann nicht entnommen werden, ob alle 15 bzw. 21 1 kg-Packungen untersucht wurden. Es ist nicht einmal erkennbar, ob der Wert aus einer Einzelmenge ermittelt und hochgerechnet oder konkret festgestellt worden ist. Darüberhinaus lässt sich der Differenzwert von 0,6 mg/kg, der sechs 10.000/stel g/kg entspricht, mit Sicherheit nicht mit mathematischer Genauigkeit feststellen. Hier gibt es Toleranzen, die sich nicht auf den Grenzwert beziehen, wohl aber auf die Tatbestandsfeststellung. Über diese Feststellungstoleranzen bitte ich, mich zu informieren. Für den Betroffen bestreite ich, daß der Grenzwert tatsächlich überschritten wurde.
  4.  

  5. Entsprechendes gilt für die vermeintliche Unterschreitung des Anteils von Magnesiumoxid. Auch hier ist nicht erkennbar, ob alle 24 Kartons oder nur ein einziger Karton des Balkondüngers untersucht wurde. Nach den von der Firma D ermittelten Werten lag der Magnesiumoxidanteil teilweise um einiges über dem angegebenen Wert von 2 %. Es ist technisch überhaupt nicht möglich, pro kg-Packung einen bestimmten Wert mit Sicherheit einzuhalten. Eine derartige detailgenaue Mischung lässt sich nicht herstellen. Es kann immer nur darum gehen, ob der Magnesiumoxidanteil von 2 % im Mittel erreicht wird. Das ist der Fall.
  6.  

  7. In den gesamten Akten taucht der Name meines Mandanten, G W, nicht auf. Tatsächlich hat Herr G W weder mit der Herstellung noch mit dem Vertrieb von Natur- und Balkonschmuckdünger etwas konkret zu tun. Eine Tätigkeit in diesem Bereich gehört auch nicht zu seinen Aufgaben. Vorgeworfen wird meinem Mandanten fahrlässiges Handeln. Auch dieser Vorwurf setzt voraus, daß konkret festgestellt wird, welche Maßnahme oder Handlungen mein Mandant wann hätte ergreifen können oder müssen. Beides ist nicht festgestellt und lässt sich auch nicht feststellen.

 

2.1. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis pauschal auf die Anzeige des Bundesamts für Ernährungssicherheit vom 17. Februar 2004 hingewiesen, ohne diese näher auszuwerten. Aus dieser Anzeige geht hervor, dass das D in B (=B, Verwaltungsbezirk M), J, am 16. November 2003 kontrolliert worden ist. Als Verantwortlicher für diese Adresse wird ein Herr L angeführt. Als verantwortlicher Inverkehrbringer im Inland wird Herr DI S I angeführt und dazu die Adresse P, P, genannt.

 

D Naturdünger für Tomaten wurde in der Menge von 21 x 1 kg angetroffen und in der Menge von 3 x 1 kg bemustert. Als Lieferdatum wird der 28. Mai 2003 genannt.

Als Verdacht einer Verwaltungsübertretung auf Grund des Untersuchungsergebnisses (3,6 mg/kg TS anstatt 1 mg/kg TS Grenzwert) wird formuliert:

 

"Herr DI S I hat das gegenständliche Produkt mit einem den Grenzwert überschreitenden Gehalt an Cadmium in Verkehr gebracht, indem er es am 06.11.2003 an seinem Standort B feilgehalten hat."

 

Dem angeschlossenen Probenahmeprotokoll Nr. 4237 des Bundesamts für Ernährungssicherheit ist der Umfang der beprobten Partie (3 Originalgebinde als Endprobe) des Produkts D für Tomaten (Organischer NPK Dünger) im Gartencenter in B (Geschäftsführer Hr. L) und der Umstand zu entnehmen, dass die D in R, D, Erzeuger des Produkts ist. Bei den Lieferdaten wird angegeben, dass das Produkt in Kartons am 28. Mai 2003 vom Zentrallager in D R geliefert worden ist.

 

2.2. Offenbar auf Grund des Firmenbuchauszuges (FN 127581) zum Stichtag 18. Mai 2004 hat die belangte Behörde den Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer der D mit Sitz in P, P, im Hinblick auf die Regelung des § 9 Abs 1 VStG (strafrechtliche Verantwortlichkeit der vertretungsbefugten Organe der GmbH) verantwortlich gemacht und das Inverkehrbringen in der Zweigstelle B dieser G zugerechnet.

 

Die Telefaxeingabe der deutschen D vom 16. März 2004 wurde von der belangten Behörde als Einspruch gegen die Strafverfügung vom 27. Februar 2004, gewertet. Begründend nimmt die belangte Behörde auf die rechtfertigenden Angaben in der Telefaxeingabe Bezug. Da das Produkt "Knochenmehl" in Österreich nicht mehr vertriebsfähig sei habe man den "D für Tomaten" (organischer Dünger), ein Naturphosphat eingesetzt, das einen Cadmium-Gehalt von etwas über 3 mg/kg TS verursache. In Deutschland liege der Maximalwert erheblich höher als in Österreich, wo er momentan mit 1 mg/kg TS festgesetzt sei. Man habe mit Vorlieferanten gesprochen, um das Produkt Knochenmehl einsetzen zu können, um den Cadmiumgehalt unter 1mg/kg TS drücken zu können. Ein natürlicher Phosphatträger, der die österreichischen Vorschriften erfülle, sie nicht bekannt. 3 bis 4 mg/kg TS im Dünger sei ein absolut unbedenklicher Wert. Auf Grund des Verbots von Knochenmehl sei es nicht möglich, andere Phosphat-Dünger, die den Cadmiumgehalt unterschreiten, einzusetzen. In einem Telefonat habe das Bundesamt für Ernährungssicherheit mitgeteilt, dass nach einer neuen Verordnung zum 1. Februar 2004 der maximale Cadmiumwert 3mg/kg TS betrage.

 

In einer weiteren Stellungnahme der D in D vom 26. Mai 2004 wird festgehalten:

  1. Auf Grund der damaligen Gesetzgebung in Österreich war es nicht möglich Knochenmehl als Phosphatträger einzusetzen. Andere Naturphosphate haben/hatten erheblich höhere Cadmiumgehalte.
  2. Da diese Gesetzgebung wieder in Österreich revidiert wurde und Knochenmehl somit vertriebsfähig ist, werden wir das 'Ersatz-Naturphosphat' wieder aus der Mischung nehmen und Knochenmehl einsetzen. Ergebnis wird sein, dass der Cadmiumgehalt wieder im Toleranzbereich der Gesetzgebung ist.
  3. Wie Herr Dr. W vom Bundesamt für Ernährungssicherheit selbst feststellt, ist der Cadmiumgrenzwert für Düngemittel von 1 mg/kg auf 3 mg/kg hinaufgesetzt worden. Grund hiefür ist sicherlich, dass in der Praxis ein Grenzwert von 1 mg/kg kaum oder nicht realistisch ist.

 

Auf Grund dieser Fakten wurde ersucht, die Strafverfügung zu stornieren.

 

2.3. Die belangte Behörde erließ in der Folge das angefochtene Straferkenntnis. Nach Darstellung der §§ 19 Abs 1 Z 1 lit a) iVm § 5 Abs 2 Z 2 Düngemittelgesetz 1994 und dem Grenzwert 3 mg/kg TM für Cadmium nach § 2 Abs 4 iVm Anlage 2 Punkt II der Düngemittelverordnung 2004 verweist die Strafbehörde auf die widerlegbare Verschuldensvermutung bei Ungehorsamsdelikten gemäß § 5 Abs 1 VStG. Das Inverkehrbringen des Produkts mit einem Cadmiumgehalt von 3,6 mg/kg TS im D sei nicht bestritten worden. Der Bw habe zumindest fahrlässiges Verhalten zu verantworten, zumal keine Maßnahmen nachgewiesen wurden, die mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erwarten hätten lassen. Auf Rechtsirrtum könne sich der Bw nicht berufen, weil er verpflichtet gewesen wäre, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass es nach der vorgenommenen Tatanlastung bereits an der örtlichen Zuständigkeit mangelt. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Argumente der Berufung eingegangen werden musste.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Nach der Begriffsbestimmung im Satz 1 des § 3 Düngemittelgesetz 1994 ist unter Inverkehrbringen das Einführen, das Befördern, das Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen im geschäftlichen Verkehr zu verstehen.

 

In der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird nach dem Deliktscharakter, ob ein Begehungs- oder Unterlassungsdelikt anzunehmen ist, differenziert. Danach liegt der Tatort beim Unterlassungsdelikt dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung von Verstößen gegen Verwaltungsvorschriften gesetzt hätten werden müssen. Dies ist regelmäßig der Sitz der Unternehmensleitung, wenn nicht ausnahmsweise ein verantwortlicher Beauftragter für eine Filiale bestellt worden ist. (vgl VwGH 25.3.1994, Zl. 94/02/0026; VwGH 26.2.1996, Zl. 95/10/0240: § 20 LMG Hygiene im Lebensmittelverkehr; VwGH 30.6.1997, Zl. 97/10/0045 und VwGH 20.9.1999, Zl. 97/10/0011: Zuwiderhandeln gegen Kennzeichnungspflichten der LMKV). Anders liegt die Sache beim Begehungsdelikt des Inverkehrbringens einer falsch bezeichneten ( vgl § 74 Abs 1 LMG) oder nicht entsprechend gekennzeichneten (vgl § 74 Abs 2 Z 1 LMG) Ware. Dabei ist Tatort jener Ort, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht worden ist, weil nicht das Unterlassen, sondern erst das Inverkehrbringen nicht entsprechend gekennzeichneter Ware mit Strafe bedroht ist (vgl VwSlg 14.262 A/1995; VwGH 9.3.1998, Zl. 97/10/0232). Ist ein verantwortlicher Beauftragter bestellt, trifft ihn der Vorwurf iSd Begehungsdelikts des Inverkehrbringens dieser Ware (vgl VwSlg 14.262 A/1995).

 

Tatort des Inverkehrbringens durch Lieferung eines falsch bezeichneten oder nicht ordnungsgemäß gekennzeichneten Lebensmittels ist der Sitz des Unternehmens (der Gesellschaft), die die verpackte Ware expediert bzw ausgeliefert hat (vgl VwGH 30.6.1997, Zl. 97/10/0045; VwGH 20.9.1999, Zl. 97/10/0011; VwGH 9.3.1998, Zl. 97/10/0232).

 

4.2. Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Bw als handelsrechtlichem Geschäftsführer der D in P vorgeworfen, dass er das Inverkehrbringen des Naturdüngers für Tomaten mit überhöhtem Cadmiumgehalt im D in B, J, zu verantworten habe.

 

Mit diesem Tatvorwurf hat die belangte Behörde ein Begehungsdelikt vorgeworfen, bei dem nach der oben dargestellten Judikatur der Tatort des tatsächlich angelasteten Inverkehrbringens maßgeblich ist. Im gegenständlichen Fall kann die belangte Behörde nur ein Inverkehrbringen durch "Vorrätighalten zum Verkauf" oder "Feilhalten" (vgl Anzeige des Bundesamts für Ernährungssicherheit) in der Filiale des D in B in N gemeint haben.

 

Tatort dieses angelasteten Begehungsdelikts ist daher B in N und nicht der Sitz der D in P. Zuständige Strafbehörde erster Instanz ist demnach nicht die belangte Behörde, sondern die für den betreffenden Verwaltungsbezirk zuständige Bezirkshauptmannschaft M.

 

Tatort der Auslieferung war im gegenständlichen Fall ebenfalls nicht die D, zumal die beanstandete Ware nach dem Probennahmeprotokoll des Bundesamts für Ernährungssicherheit am 28. Mai 2003 direkt vom Zentrallager der deutschen D angeliefert wurde.

 

5. Da beim gewählten Tatvorwurf anstelle der belangten Behörde die Bezirkshauptmannschaft Mödling für die Erlassung des Straferkenntnisses zuständig gewesen wäre, besteht auch keine Sachzuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich. Das angefochtene Straferkenntnis war daher ersatzlos aufzuheben. Auf das Sachvorbringen der Berufung war bei diesem Ergebnis nicht einzugehen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 
 

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