Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210005/10/Gu/Bf

Linz, 10.03.1992

VwSen - 210005/10/Gu/Bf Linz, am 10.März 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des R gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29. August 1991, Ge 96-102-1990, wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 nach der am 5. März 1992 in Gegenwart des Beschuldigten durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches teilweise Folge gegeben, sodaß dieser zu lauten hat: Rudolf Obermayr ist schuldig, er hat, wie anläßlich einer Überprüfung durch den Naturschutzbeauftragten der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 14. Mai 1991 festgestellt wurde, auf den Grundstücken Nr. und der KG Feyregg, alte Buntmetalle, Wracks eines Pritschenwagens, eines 217 Fiat (Feuerwehrauto) eines alten Traktors, eines GMC-Anhängers und einer Sämaschine bzw. Heuwendemaschine, eines alten Autobusses abgelagert und dadurch, da es sich um eine Fläche, lautend auf "bestehendes Wohngebäude im Grünen" gehandelt hat, die Interessen des Naturschutzes, wie sie im O.ö. Natur- und Landschaftschutzgesetz umschrieben sind, verletzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 42 Abs.1 Z.1 lit.b i.V.m. § 8 Z.7 O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990.

Die verhängte Strafe wird auf 200 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 19 VStG.

Der Verfahrenskostenbeitrag wird auf 20 S herabgesetzt, ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat den Beschuldigten mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, er habe, wie dies die Feststellungen ihres Naturschutzbeauftragten am 14.5.1991 ergeben hätten, auf den Parzellen Nr. und seines Grundstückes der KG Feyregg, Autowracks sowie anderes Gerümpel, wie Alteisen, Fahrzeugteile, Kunststoffteile, eine alte Telefonzelle usw. abgelagert und dadurch, da es sich um eine als Grünland gewidmete Fläche handelt, die Interessen des Naturschutzes wie sie im O.ö. Natur- und Landschaftschutzgesetz umschrieben sind, verletzt. Hiefür wurde er in Anwendung des § 42 Abs.1 Z.1 lit.b i.V.m. § 8 Z.7 O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990, BGBl. Nr. 6/91 mit einer Geldstrafe von 1.000 S, im Nichteinbringungsfall mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden und einem Verfahrenskostenbeitrag von 100 S bedacht.

Begründend führt die belangte Behörde aus:

Bei der Begehung seien insgesamt 13 Autowracks (ein Klein-LKW Aufbau, ein Bus mit ca. 30 Sitzplätzen, 11 PKWs) gelagert und weiters noch ein Kran vorhanden gewesen.

Anderes Gerümpel wie Alteisen, Fahrzeugteile, Kunststoffteile, eine alte Telefonzelle usw. hätten eine Fläche von mindestens 200 m2 bedeckt. Aus der fachlichen Sicht des Natur- und Landschaftschutzes sei nach Ansicht des Bezirksbeauftragten mit Ausnahme des vorhandenen Baumaterials (Ziegel) und des Brennholzes der gesamte Unrat zu entfernen, da dieser eine Störung des Landschaftsbildes in einem unzumutbaren Ausmaß bewirke. Die vorhandene Thujenhecke und Einzelbäume bewirkten zwar eine Abschirmung gegen die Einsicht aus größerer Entfernung, im unmittelbaren Kleinbereich wirke jedoch der negative Eindruck ungeschmälert. Nicht zuletzt führe der beliebte Jahn-Wanderweg vorbei.

Der Beschuldigte sei sowohl vom Gemeindeamt Pfarrkirchen als auch von der belangten Behörde (am 6.12.1990) aufgefordert worden, sämtliche Fahrzeugwracks und auch den anderen Unrat von seinem Grundstück zu entfernen. Trotz dieser Aufforderungen seien am 14. Mai 1991 noch eine Menge Abfall - offenbar wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erwähnten Gegenstände auf dem Grundstück abgelagert gewesen. Wenn auch in der Zwischenzeit einige Wracks und Abfälle entfernt worden seien, so sei die seinerzeit bekundete Bereitschaft sämtliche Abfälle wegzubringen bei weitem nicht erfüllt worden und habe zum Tatzeitpunkt weiterhin derselbe unerquickliche negative Eindruck wie vorher geherrscht.

Der Rechtsmittelwerber macht in seiner Berufung geltend, daß es sich bei den in Rede stehenden Grundstücken um Bauland handle, für welches andere Bestimmungen gelten als für Grünland. Die im Jahre 1983 erfolgte Rückwidmung in Grünland sei rechtswidrig gewesen. Er sei bemüht gewesen, Ordnung zu schaffen, wobei er bis 5.8.1991, insgesamt 12 Autos weggebracht habe. Als Baumaterial und daher nicht als Abfall hätten nicht nur Ziegel und Holz sondern auch Baustahlgitter, Rund- und Winkeleisen, Dachrinnen, Ablaufrohre, Türen, Fenster und dergleichen angesehen werden müssen. Ähnliches gelte für den Baukran.

Die Verzögerung bei der Beseitigung der Abfälle habe sich durch seinen schlechten Gesundheitszustand ergeben, wofür er auch eine ärztliche Bestätigung vorlegte. Bezüglich seiner persönlichen und Vermögensverhältnisse führt er aus, daß er als Invalidenrentner seit Mai 1989 5.700 S und seit 1.1.1989 6.057 S monatlich beziehe, für eine Gattin und zwei Kinder im Alter von 5 bis 9 Jahren zu sorgen habe, an Bankverpflichtungen monatlich 2.000 S, an Fixkosten für das Wohnen 2.500 S und einen laufenden Kindergartenbeitrag von monatlich 650 S zu tragen habe.

Aufgrund all dieser Tatsachen beantragt er die Einstellung des Verfahrens.

Zufolge der Berufung wurde am 5. März 1992 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen der Beschuldigte und ein Amtsachverständiger vernommen sowie in den Verfahrensakt Einsicht genommen.

Aufgrund der Beweisaufnahme steht unbestritten fest, daß der Beschuldigte die im Spruch erwähnten Gegenstände zur Tatzeit auf seinen Grundstücken Nr. und KG Feyregg, gelagert hat, zumindest im Nahbereich dadurch ein häßlicher Anblick gegeben war und das Landschaftsbild gestört war. Neben den im Spruch näher bezeichneten Gegenständen lagerten auch noch andere vom Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land umfaßte Gegenstände, die, obgleich das Landschaftsbild ebenfalls störend, wegen der im folgenden zu beleuchtenden Qualifikation dem Tatbestand nicht unterlegt werden durften.

Gemäß § 42 Abs.1 Z.1 lit.b des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung - soferne die Tat nicht den Tatbestand eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 500.000 S zu bestrafen - welcher entgegen den Grundsätzen des § 8 leg.cit. Abfälle lagert, sammelt, abführt, befördert oder behandelt.

Gemäß § 8 Z.7 O.ö. AWG sind unter Beachtung der Ziele des § 3 (Abfallvermeidung, Abfallverwertung bzw. geordnete Lagerung nicht verwertbarer Abfälle) Abfälle nach Maßgabe des jeweiligen Standes der Technik so zu lagern, zu sammeln und abzuführen, zu befördern oder zu behandeln, daß unter anderem, auch die Interessen des Natur- und Landschafts- und Ortsbildschutzes wie sie im O.ö. Naturund Landschaftschutzgesetz 1982 und im O.ö. Ortsbildgesetz umschrieben sind, berücksichtigt werden. Ungeachtet der naturschutzbehördlichen Bewilligungspflicht, der Lagerung von Abfällen im Grünland, deren Zuwiderhandeln eine gesonderte nach dem Naturschutzgesetz zu ahndende strafbare Handlung darstellt, bildet ein gegen die allgemeinen Grundsätze des O.ö. NSchG zuwiderlaufendes Verhalten den Anknüpfungspunkt und damit das strafbare Verhalten im Sinne des Verweises auf § 8 Z.7 O.ö. AWG.

Nach § 1 Abs.2 O.ö. NSchG sind Eingriffe in die Natur und Landschaft, wie insbesondere Schädigung des Naturhaushaltes oder der Grundlage von Lebensgemeinschaft von Pflanzen und Tierarten Beeinträchtigungen des Erholungswertes der Landschaft und Störungen des Landschaftsbildes nach Maßgabe der näheren Bestimmungen des Gesetzes verboten. Insoferne solche Maßnahmen jedoch zulässig sind, sind sie jedenfalls so durchzuführen, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Gemäß § 2 O.ö. AWG sind Abfälle im Sinne des Landesgesetzes, bewegliche Sachen, deren sich der Eigentümer oder der Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder deren geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten ist.

Die geordnete Sammlung und Abfuhr sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann. Eine geordnete Sammlung und Abfuhr sowie Behandlung als Abfall im Sinn des Gesetzes ist dann nicht geboten, wenn eine Sache neu ist, oder solange sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht oder solange die Sache nach dem Ende ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung im unmittelbaren Bereich des Haushaltes bzw. der Anstalt, des Betriebes oder der sonstigen Arbeitstelle auf eine zulässige Weise verwendet oder verwertet wird.

Gefährliche Abfälle, zu denen zählen auch gebrauchte, nicht mehr zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge, die nicht von Ölen und Fetten bzw. Säuren und sonstigen die Umwelt gefährdenden Flüssigkeiten, Betriebsmittel und Bestandteilen befreit sind, fallen unter das Abfallwirtschaftsgesetz des Bundes.

Allfällige Verstöße gegen das Lagerungs- und Behandlungsverbot sind nach den bundesgesetzlichen Vorschriften zu ahnden.

Das Beweisverfahren ergab, daß neben Baumaterialien, die vom erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht als inkriminierend angesprochen wurden, gefährliche Abfälle von der Bestrafung mit umfaßt waren, obwohl diese Eigenschaft als gefährlicher Abfall weder in der Verfolgungshandlung noch im Straferkenntnis dem Beschuldigten vorgeworfen worden ist.

Dies berührt die Identität der Tat und es durfte vom unabhängigen Verwaltungssenat die Erstaufnahme der Verfolgung nicht erfolgen. Vom Schuldspruch auszuklammern waren auch noch jene Gegenstände, die nach der Sicht des zugezogenen Sachverständigen entsprechend der Verkehrsauffassung eine bestimmungsgemäße Verwendung noch zulassen. Hingegen war der Schuldspruch bezüglich der vom Sachverständigen konkret als in die Kompetenz der Landesgesetzgebung fallende Gegenstände, deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse geboten ist (objektiver Abfallbegriff) zu bestätigen.

Diese Umstände hatten der Strafbemessung entsprechend Berücksichtigung zu finden und war schon aus diesem Grunde die Strafe wesentlich herabzusetzen. Bezüglich der Schuldform war beachtlich, daß zumindest grobe Fahrlässigkeit anzulasten war, zumal sich die Abfälle nicht von selbst auf das Grundstück begeben haben und ein Vertrauen darauf, sie würden sich angesichts des angeschlagenen Gesundheitszustandes kurz und mühelos beseitigen lassen, nicht zu rechtfertigen war.

Mildernd war hingegen das Motiv des Beschuldigten, als einkommensschwacher Invalidenrentner sich aus dem Verkauf von Abfällen (Altstoffen) für sich und die schuldlose Familie eine Aufbesserung des Einkommens zu erwarten (§ 34 Z.3 und Z.10 StGB).

Unter Bedachtnahme auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren bekannten Einkommensverhältnisse, die glaubwürdig vorgebrachten laufenden Verpflichtungen und die Sorgepflichten entsprachen in der Zusammenschau mit dem Grad des Verschuldens und den eingeschränkten Schuldspruch die Verhängung der Geldstrafe von 200 S und der Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden den Strafzwecken. Eine Aufrechterhaltung der gesetzwidrigen Zustände (Übertretung landesrechtlicher und bundesrechtlicher Vorschriften) ist damit für die Zukunft - um Mißverständnissen vorzubeugen sei dies gesagt - nicht abgegolten.

Entsprechend der verhängten Geldstrafe war auch der Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren zu kürzen. Infolge teilweisen Erfolges der Berufung fielen Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren nicht an.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Ergeht an: Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6