Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210023/3/Ga/La

Linz, 11.06.1993

VwSen - 210023/3/Ga/La Linz, am 11. Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des M gegen das wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15. April 1992, Zl. Ge-96/316/1991-12/92/H, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung schuldig gesprochen, weil er "vermutlich im Sommer 1991, jedenfalls in der Zeit vom 1. Juni 1991 bis zum 30. September 1991" auf einem näher bezeichneten Grundstück in der Gemeinde Eidenberg Abfall in Form eines Autowracks gelagert habe, "obwohl dies durch die Bestimmungen des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 verboten ist"; deswegen wurde über ihn wegen Verletzung des § 42 Abs.1 iVm § 2 Abs.7 Z7 und § 8 des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (O.ö. AWG) gemäß § 42 dieses Landesgesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 300 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die mündlich (ohne Begründung) bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge96/316/1991-14/92/Hf, über die - zulässige - Berufung erwogen:

3.1. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

3.2. Gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache, auf deren Entscheidung der unabhängige Verwaltungssenat dabei beschränkt ist, ergibt sich zu allererst aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses. Dessen zwingenden Inhalt regelt § 44a VStG. Die Ziffer 1 dieser Bestimmung verlangt den Vorwurf der als erwiesen angenommenen Tat, die hinsichtlich des Täters und der Tatumstände (= alle wesentlichen Sachverhaltselemente) so genau umschrieben sein muß, daß zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und zum anderen die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Es muß daher dem Beschuldigten die Tat in derart konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf widerlegen zu können; und schließlich muß der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (zB. VwGH vom 10.6.1992, 92/04/0055).

3.3. Gemäß § 42 Abs.1 Z1 lit.b O.ö. AWG begeht vorbehaltlich strafgerichtlicher Zuständigkeiten - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis 500.000 S zu bestrafen ist, wer (diesem Landesgesetz unterliegende, sogen. nicht gefährliche) Abfälle entgegen den Grundsätzen des § 8 lagert, sammelt und abführt, befördert oder behandelt.

§ 8 O.ö. AWG umschreibt in der Art eines - nicht abgeschlossenen - Katalogs solche (grundsätzlichen) Schutzgüter und Interessen bzw. Gefahren und Beeinträchtigungen, die durch die Lagerung etc. von Abfällen nicht gefährdet oder gestört bzw. herbeigeführt oder verursacht werden dürfen. Es sind dies im einzelnen: 1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen; 2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen; 3. die Umwelt (Boden, Luft und Wasser), die über das unvermeidliche Ausmaß hinaus nicht verunreinigt werden darf; 4. Brand- und Explosionsgefahren; 5. Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder andere Belästigungen, die nur im zumutbaren Ausmaß verursacht werden dürfen; 6. das Auftreten und die Vermehrung von schädlichen Tieren und Pflanzen sowie von Krankheitserregern; 7. Interessen des Natur-, Landschafts- und Ortsbildschutzes, wie sie im O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 und im O.ö. Ortsbildgesetz umschrieben sind; 8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

3.4. Vor dem Hintergrund dieses hier anzuwendenden materiellen Rechts entspricht den dargelegten Konkretisierungsanforderungen (Punkt 3.2.) weder die im Ermittlungsverfahren der belangten Behörde ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. Jänner 1992 noch der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses. Es wäre nämlich erforderlich gewesen, schon in die das Verwaltungsstrafverfahren einleitende (erste) Verfolgungshandlung und sodann in den Spruch des Straferkenntnisses solche wesentliche Sachverhalte aufzunehmen, die mit Eindeutigkeit erkennen und zuordnen lassen, gegen welchen der Grundsätze des § 8 O.ö. AWG verstoßen worden ist. Gerade weil der § 42 Abs.1 Z1 lit.b O.ö. AWG ausdrücklich auf den § 8 dieses Gesetzes verweist, muß der Tatvorwurf die (im Ermittlungsverfahren nachzuweisende) Grundsatzverletzung im einzelnen dartun, weil sonst auf die Tatbildlichkeit des angelasteten Verhaltens nicht geschlossen werden kann. Die jedoch in diesem Fall von der belangten Behörde getroffene, völlig indifferenzierte Formulierung, daß nämlich die vorgeworfene Lagerung des Autowracks "durch die Bestimmungen des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 verboten" sei, bleibt hinter den vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entwickelten und daher auch in diesem Fall beachtlichen Konkretisierungsanforderungen weit zurück; schon deswegen hat die belangte Behörde die objektive Tatseite nicht nachgewiesen.

4. Zusammenfassend war aus diesem Grund das Straferkenntnis aufzuheben. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Vefolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen (die Verjährungsfrist des § 31 VStG ist wegen Unbestimmtheit der einleitenden Verfolgungshandlung, aber auch durch die stattgefundenen Vernehmungen nie unterbrochen worden). Auf weitere Mängel des Spruchs des Straferkenntnisses war nicht mehr einzugehen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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