Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210040/13/Ga/La

Linz, 24.01.1994

VwSen-210040/13/Ga/La Linz, am 24. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Fragner, Berichter: Mag. Gallnbrunner, Beisitzerin: Mag.

Bissenberger) über die Berufung des G M in F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. Oktober 1992, Zl.

Ge96-2355-1991/Ba, im Spruchpunkt a), wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruchs teilweise Folge gegeben, sodaß dieser zu lauten hat:

"Sie haben in der Zeit vom 19. September bis 19.

November 1991 im Standort V, (auf den Grundstücken und auf der Baufläche , je KG F), durch das Entgegennehmen von gefährlichen Abfällen, nämlich von Bleiakkumulatoren (ca. 200 kg) und von mit Mineralöl behafteten Teilen (Motorblöcke, Zylinderköpfe) die Tätigkeit eines Abfallsammlers ausgeübt, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Erlaubnis des Landeshauptmannes gewesen zu sein." II. Die verhängte Geldstrafe von 25.000 S wird bestätigt; die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf einen Tag herabgesetzt.

III. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 20, § 44a Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1 und § 51i VStG.

Zu III.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Übertretung des § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 19. September 1991 bis 19. November 1991 im Standort V (auf den Grundstücken und auf der Baufläche , je KG F), durch das Abholen, Entgegennehmen und Behandeln von gefährlichen Abfällen, nämlich von Autowracks samt Motoren, Getrieben und Differentialen (ca. 12 Stück), von Bleiakkumulatoren (ca.

200 kg), von leeren Farb- und Lackdosen (in einem 200 l Faß) und von mit Mineralöl behafteten Teilen (Motorblöcke, Zylinderköpfe), die Tätigkeit des Abfallsammlers und -behandlers ausgeübt habe, ohne im Besitz der erforderlichen Erlaubnis des Landeshauptmannes von Oberösterreich gewesen zu sein; deswegen wurde über ihn gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG iVm § 20 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und hat das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der zulässigen - Berufung hat sie sich nicht geäußert.

3. Auf Grund der Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat am 12. Jänner 1994 die öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Berufungswerbers und des als Zeugen geladenen Amtssachverständigen, die beide vernommen wurden, durchgeführt. In den Akt der belangten Behörde zu Zl. Ge96-2355-1991 wurde Einsicht genommen; der Akt lag bei der Berufungsverhandlung auf und sein Inhalt ist - ohne Einwand des Berufungswerbers - als bekannt vorausgesetzt worden. Die belangte Behörde als Verfahrenspartei war geladen, jedoch nicht vertreten.

4. Unter Hinweis auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz des § 51i VStG wird als Ergebnis aus dieser Beweisaufnahme folgender maßgebener Sachverhalt festgestellt:

Im Zeitraum und im Standort, so wie im Spruchpunkt a) des bekämpften Straferkenntnisses angelastet, hat der Berufungswerber bestimmte bewegliche Sachen, deren sich die Übergeber jeweils entledigen wollten, nämlich eine größere Anzahl von Akkumulatoren (insgesamt ca. 2.000 kg), die noch mit Säure und Bleiplatten versehen waren, sowie eine größere Anzahl (jedenfalls über 100 Stück) von Motorblöcken und Zylinderköpfen, die noch mit Mineralöl behaftet waren, entgegengenommen. Die im § 15 Abs.1 AWG geregelte Erlaubnis hat der Berufungswerber zur Tatzeit nicht besessen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Eine gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung begeht, wer gemäß Z1 dieser Gesetzesbestimmung die Tätigkeit eines Abfallsammlers oder Abfallbehandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 AWG erforderlichen Erlaubnis zu sein.

Gemäß § 15 Abs.1 AWG bedarf, wer gefährliche Abfälle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt), hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes.

Gemäß § 2 Abs.9 AWG ist Abfallsammler, wer Abfälle abholt oder entgegennimmt; gemäß § 2 Abs.10 AWG ist Abfallbehandler, wer Abfälle verwertet, ablagert oder sonst behandelt.

Gemäß § 2 Abs.1 Z1 AWG sind bewegliche Sachen Abfälle im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes jedenfalls dann, wenn sich ihrer der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff).

Gemäß § 2 Abs.5 AWG sind gefährliche Abfälle im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes solche Abfälle, deren ordnungsgemäße Behandlung besondere Umsicht und besondere Vorkehrungen im Hinblick auf die in diesem Bundesgesetz festgeschriebenen öffentlichen Interessen erfordert und deren ordnungsgemäße Behandlung jedenfalls weitergehender Vorkehrungen oder einer größeren Umsicht bedarf, als dies für die Behandlung von Hausmüll entsprechend den Grundsätzen des § 1 Abs.3 erforderlich ist.

Gemäß § 1 Abs.3 AWG besteht ua. ein öffentliches Interesse, daß durch (gefährliche) Abfälle die Umwelt nicht über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt wird (Z3), und weiters, daß Brand- oder Explosionsgefahren nicht herbeigeführt werden (Z4).

5.2. Vor dem Hintergrund der hier anzuwendenden Rechtslage steht fest, daß der Berufungswerber im Sinne des Tatvorwurfs gegen die Gebotsnorm/Verbotsnorm des § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG verstoßen hat, indem er - im schon genannten Zeitraum und Standort Abfälle zufolge subjektiven Abfallbegriffs, nämlich solche beweglichen Sachen, die ihm von den bisherigen Eigentümern oder Inhabern mit einem auf Abfall gerichteten Entledigungswillen (vgl. zB Erk. vom 27.8.1993, VwSen-210059/15) übergeben wurden, entgegengenommen hat, wobei es sich bei diesen Abfällen, soweit dies mit Bleiplatten und gewissen (Rest-)Mengen von Säuren versehene Akkumulatoren einerseits und mit Mineralöl behaftete Motorblöcke und Zylinderköpfe andererseits waren, jedenfalls um gefährliche Abfälle gehandelt hat; - für dieses Entgegennehmen (= Sammeln) bestimmter gefährlicher Abfälle keine Erlaubnis des Landeshauptmannes für sich beantragt und erwirkt hatte.

5.3. Hinsichtlich der anderen, im Spruchpunkt a) des bekämpften Straferkenntnisses als gefährliche Abfälle noch aufgezählten beweglichen Sachen (ca. 12 Stück Autowracks samt Motoren, Getrieben und Differentialen; leere Farb- und Lackdosen in einem 200 l-Faß) konnte deren Gefährlichkeit im Sinne des Tatbestandsmerkmals des § 2 Abs.5 AWG nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit geklärt werden. So hat der vernommene Zeuge glaubwürdig angegeben, daß nicht alle Autowracks noch Bauteile mit gefährlichen Betriebsmitteln enthalten haben; zumindest einige dieser Autowracks (welche dies waren, konnte der Zeuge nicht mehr benennen) wären daher als sogen. nicht gefährliche Abfälle einer ganz anderen Rechtsvorschrift, nämlich dem O.ö.

Abfallwirtschaftsgesetz 1990 zu unterstellen gewesen. Im Zweifel waren zugunsten des Berufungswerbers alle Autowracks aus dem Tatvorwurf zu eliminieren.

Ähnliches gilt für die leeren Farb- und Lackdosen: Auch hier kam hervor, daß zumindest ein Teil dieser Farb- und Lackdosen keine solchen Farbreste mehr enthalten hatte, die diesen Abfall zu einem gefährlichen Abfall im Sinne der hier anzuwendenden bundesgesetzlichen Rechtsvorschrift gemacht hätte. Auch diese Abfallart war daher im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers aus dem Tatvorwurf zu eliminieren.

Für den Vorwurf des Abholens der im Straferkenntnis aufgezählten gefährlichen Abfälle hat die mündliche Berufungsverhandlung keinen Beweis erbracht. Hingegen hat der Berufungswerber den Sachverhalt des Übernehmens von Abfällen selbst zugestanden.

Auch der Vorwurf des Behandelns der entgegengenommenen Abfälle konnte auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht aufrechterhalten werden. Weder nämlich eine Verwertung, eine Ablagerung noch eine sonstige Behandlung der entgegengenommenen gefährlichen Abfälle konnte dem Berufungswerber nachgewiesen werden. Im übrigen war der schon in der ersten Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. März 1992) enthaltene Tatvorwurf des Behandelns der übernommenen gefährlichen Abfälle vom Inhalt des Strafaktes nicht gedeckt. Im Bericht des Amtssachverständigen vom 29. November 1991, der die belangte Behörde zur Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens schließlich veranlaßt hatte, ist nur die Lagerung der hier gegenständlichen Abfälle festgestellt. Im Beweisverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat hat der Zeuge bestätigt, daß der von ihm gewählte Begriff der Lagerung keinesfalls auf ein Versehen zurückgeht, sondern den von ihm an Ort und Stelle gewonnenen Eindruck der eben nur vorübergehenden Fraktionierung der Abfälle wiedergibt.

5.4. Aus all diesen Gründen hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung so verwirklicht, wie dies der nun geänderte Schuldspruch zum Ausdruck bringt.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite war vorliegend von einem sogen. Ungehorsamsdelikt auszugehen. Wenngleich dies aufzuzeigen die belangte Behörde unterlassen hat, ist sie im Ergebnis zu Recht von der im Sinne des § 5 Abs.1 VStG ohne weiteres anzunehmen gewesenen Fahrlässigkeitsschuld des Berufungswerbers ausgegangen. Schuldausschließungsgründe hat der Berufungswerber auch im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat keine eingewendet.

Zusammenfassend war daher der Schuldspruch - mit den im Lichte des § 44a Z1 VStG gleichzeitig zu verfügen gewesenen Einschränkungen - zu bestätigten.

6. Abschließend zu diesem Abschnitt hält der unabhängige Verwaltungssenat fest: In der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist hervorgekommen, daß die im Schuldspruch hinsichtlich der Bleiakkumulatoren angegebene Menge von 200 kg, die so auch schon in der ersten Verfolgungshandlung enthalten gewesen ist, auf einem offenbaren Versehen beruht.

Tatsächlich hätte, wie dies auch im Bericht des Amtssachverständigen vom 29. November 1991 enthalten ist, die Menge von 2.000 kg vorgeworfen werden müssen. Eine Richtigstellung in diesem Punkt war dem unabhängigen Verwaltungssenat jedoch verschlossen, weil dies unter Verletzung seiner Sachbindung die Tat selbst - zu Lasten des Berufungswerbers - modifiziert hätte.

Zu II.:

1. In der Strafbemessung hat die belangte Behörde § 20 VStG angewendet und gegen den Berufungswerber wegen beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe die hier vom Gesetz vorgesehene Mindeststrafe von 50.000 S bis zum äußersten unterschritten und die Geldstrafe mit 25.000 S festgesetzt. Eine weitere Herabsetzung dieser Geldstrafe ist dem unabhängigen Verwaltungssenat von Gesetzes wegen verwehrt. Auch der - wie aus Abschnitt I. hervorgeht - nicht unerheblich geminderte Unrechtsgehalt der Tat kann daran nichts ändern. Andererseits konnte auch nicht im Sinne des § 21 Abs.1 VStG von der Strafe gänzlich abgesehen werden, weil vorliegend von bloß unbedeutenden Folgen der Übertretung, wie es diese Gesetzesbestimmung als Voraussetzung ihrer Anwendung (ua.) verlangt, schon im Hinblick auf die immerhin zweimonatige Tatzeit keine Rede sein konnte.

Im Ergebnis hatte der unabhängige Verwaltungssenat die verhängte Geldstrafe zu bestätigen.

2. Indem jedoch die belangte Behörde trotz gehandhabter außerordentlicher Milderung der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe dennoch mit dem hier zulässigen Höchstausmaß von 14 Tagen festgesetzt hat, ohne dies zu begründen, ist sie rechtswidrig vorgegangen. Da § 16 Abs.2 letzter Satz VStG anordnet, die Ersatzfreiheitsstrafe nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen, muß vorliegend auch das festzusetzende Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe widerspiegeln, daß im vorgelegten Fall zum einen schon von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen gewesen ist und zum anderen, daß im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat eine nicht unerhebliche Minderung des Unrechtsgehalts der Tat (nämlich: Reduzierung der von der belangten Behörde noch angelasteten Arten und Mengen der übernommenen Abfälle; Wegfall des Vorwurfs des Behandelns) hervorgekommen ist.

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war daher aus rechtlichen Gründen entscheidend zu mindern und wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat mit einem Tag festgesetzt.

Dieses Ausmaß wahrt auch die Verhältnismäßigkeit zu der in Anwendung des § 20 VStG außerordentlich gemilderten Geldstrafe.

Zu III.:

Der Ausspruch über den Entfall des Beitrages zu den Verfahrenskosten vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gesetzlich begründet.

(Über die Spruchpunkte b) und c) des Straferkenntnisses vom 27. Oktober 1992 ergeht die Entscheidung gemäß § 51c VStG durch das zuständige Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates.

Festgehalten wird auch, daß die anwaltliche Vertretung des Berufungswerbers noch vor der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernehmlich beendet worden ist.) Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r