Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210041/3/Ga/La

Linz, 27.01.1994

VwSen-210041/3/Ga/La Linz, am 27. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des G M in F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.

Oktober 1992, Zl. Ge96-2355-1991/Ba, Spruchpunkte b) und c), wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; in den Spruchpunkten b) und c) wird das Straferkenntnis aufgehoben und diesbezüglich die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zum Verwaltungsstrafverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1 und Z2, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber in zwei Fällen Geldstrafen in der Höhe von je 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: je vier Tage) je kostenpflichtig verhängt, weil er Verwaltungsübertretungen dadurch begangen habe, daß er b) als Abfallbesitzer in V, (auf den Grundstücken und auf der Baufläche , je KG F), in der Zeit vom 19. September bis 19.

November 1991 keine fortlaufenden Aufzeichnungen über Art, Menge, Herkunft und Verbleib von Abfällen, nämlich von Autowracks, Bleiakkumulatoren, leeren Farb- und Lackdosen, Motorblöcken und Zylinderköpfen, geführt habe; dadurch habe er § 39 Abs.1 lit.c Z6 iVm § 14 Abs.1 AWG und § 3 Abs.1 der Abfallnachweisverordnung verletzt; c) als Besitzer von gefährlichen Abfällen im selben Standort und im selben Zeitraum (wie unter b) angeführt) nicht die Art, Menge, Herkunft und Verbleib von gefährlichen Abfällen, nämlich von Autowracks samt Motoren, Getrieben und Differentialen, von Bleiakkumulatoren, von leeren Farb- und Lackdosen und von mit Mineralöl behafteten Teilen (Motorblöcke, Zylinderköpfe), durch Begleitscheine nachgewiesen habe; dadurch habe er § 39 Abs.1 lit.c Z7 iVm § 14 Abs.4 AWG und § 5 Abs.1 der Abfallnachweisverordnung verletzt.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und hat das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der zulässigen - Berufung hat sie sich nicht geäußert.

3. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das Straferkenntnis in den Spruchpunkten b) und c) - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung aufzuheben ist. Dies aus folgenden Gründen:

4.1. Zum Spruchpunkt b) Sache iSd § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) für die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates ist hier der Spruchvorwurf eines Tatverhaltens, das darin besteht, daß einer in bestimmter Weise durch Rechtsvorschriften geregelten Pflicht zur fortlaufenden Aufzeichnung hinsichtlich bestimmter "Abfälle" nicht entsprochen wurde.

Die "Abfälle", hinsichtlich derer die Aufzeichnungspflicht verletzt wurde, führt der Tatvorwurf explizit an. Dabei fällt auf, daß eine völlige Wortidentität mit den in den Spruchpunkten a) und c) angeführten Abfällen nicht gegeben ist. Es ist der Frage nachzugehen, ob diese Abweichung von der belangten Behörde deswegen beabsichtigt war, um damit gezielt auszudrücken, daß der Spruchpunkt b) auf andere Abfälle abgestellt sein soll als die Spruchpunkte a) und c).

Im Zweifel war daher die Bescheidbegründung zur Erforschung des dem Spruch zugrundegelegten maßgebenden Sachverhalts heranzuziehen (vgl. VwGH v. 31.3.89, 87/12/0165) und das Auslegungsergebnis auch auf Übereinstimmung mit dem (sonstigen) Inhalt des Strafaktes zu prüfen.

4.1.1. Aus dieser Vorgangsweise ergibt sich unzweifelhaft, daß mit den im Spruchpunkt b) aufgezählten Abfällen keine anderen erfaßt sein sollten als diejenigen, die auch in den Tatvorwürfen der Spruchpunkte a) und c) aufgezählt, dort aber ausdrücklich als gefährliche Abfälle beurteilt sind.

Dies ist im ersten Absatz auf Seite sechs der Begründung des Straferkenntnisses in eindeutiger Weise dadurch klargestellt, daß die nicht geführten fortlaufenden Aufzeichnungen sprachlich allein an die "angeführten" Abfälle gebunden sind. Andere als die schon angesprochenen gefährlichen Abfälle sind in der Begründung jedoch gar nicht "angeführt". Vielmehr wird gerade in diesem Abschnitt der Begründung dargetan, daß und warum die belangte Behörde die angeführten Abfälle als gefährliche Abfälle einordnet. Auch aus dem letzten Absatz auf Seite fünf der Begründung des Straferkenntnisses geht zweifelsfrei hervor, daß der von der belangten Behörde zugrundegelegte maßgebende Sachverhalt zB hinsichtlich der Autowracks ausschließlich solche meint, die noch Motoren, Getriebe und Differentiale, somit noch gefährliche Betriebsmittel enthalten. Daß noch andere Autowracks, nämlich solche ohne Motoren, Getriebe und Differentiale, am Sammelplatz des Berufungswerbers gelagert gewesen sein könnten, schließt darüber hinaus die Begründung des Straferkenntnisses auf Seite sechs, 4. und 5. Zeile von oben, ausdrücklich aus. Das selbe Ergebnis ist hinsichtlich der Bleiakkumulatoren und der leeren Farb- und Lackdosen festzustellen.

4.1.2. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Einsicht in den Bericht des Amtssachverständigen vom 29. November 1991.

Danach berichtet der Amtssachverständige an die belangte Behörde, daß er am 19. November 1991 sowohl sogen.

nichtgefährliche Abfälle als auch gefährliche Abfälle im Gelände des Berufungswerbers gelagert vorgefunden hat.

Während er hingegen die sogen. nichtgefährlichen Abfälle in seinem Bericht im einzelnen nicht beschreibt (der Sachverständige ordnet sie lediglich allgemein - insoweit die Beurteilung einer Rechtsfrage vorwegnehmend - der Kategorie "sonstige Abfälle" zu), gibt er nach Art eines Befundes hinsichtlich jener von ihm vorgefundenen beweglichen Sachen, die er - neuerlich eine Rechtsfrage beurteilend - als gefährliche Abfälle im Sinne des (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetzes einordnet, genau jene Detailbeschreibung, die dann die belangte Behörde den Tatvorwürfen in allen drei Spruchpunkten des bekämpften Straferkenntnisses zugrundegelegt hat.

Aus der das gegenständliche Strafverfahren einleitenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. März 1992 ergibt sich kein anderes Bild.

4.2. Es ist daher alles in allem das als Verwaltungsübertretung angelastete Tatverhalten vom Akteninhalt nicht gedeckt.

4.3. Zusammenfassend hätte, gestützt auf das im Strafakt dokumentierte Ermittlungsergebnis, dem Berufungswerber nicht die Verletzung der Aufzeichnungspflicht bloß hinsichtlich von "Abfällen" (womit aus dem Blickwinkel der Begriffswelt des Abfallwirtschaftsgesetzes im Grunde des § 14 Abs.1 iVm § 3 Abs.2 AWG nur andere als gefährliche Abfälle gemeint sein konnten), sondern die Verletzung der Aufzeichnungspflicht ausdrücklich hinsichtlich gefährlicher Abfälle vorgeworfen werden müssen. Für gefährliche Abfälle allerdings ist vom Bundesgesetzgeber ein anderes System der Aufzeichnung vorgesehen und jedenfalls nicht in jenen Rechtsvorschriften geregelt, die das bekämpfte Straferkenntnis zum Spruchpunkt b) gemäß § 44a Z2 VStG als verletzt angibt.

4.4. Der aktenwidrige Tatvorwurf macht das Straferkenntnis im Spruchpunkt b) inhaltlich rechtswidrig. Die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung hat der Berufungswerber nicht begangen. Das Straferkenntnis war daher in diesem Punkt aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 erste Alternative VStG einzustellen.

5.1. Zum Spruchpunkt c) Form und Inhalt der den Sammler gefährlicher Abfälle hinsichtlich solcher Abfälle treffenden Aufzeichnungs- und Nachweispflichten sind in der Abfallnachweisverordnung, BGBl.Nr. 65/1991, geregelt. Die Übertretung darin niedergelegter, hier einschlägiger Pflichten durch den Abfallsammler erklärt § 39 Abs.1 lit.c Z7 AWG zur Verwaltungsübertretung.

§ 3 der Verordnung normiert die allgemeine Aufzeichnungspflicht der Abfallbesitzer, worunter gemäß der Begriffsbestimmung des § 2 Abs.1 leg.cit. auch Abfallsammler fallen. Hinsichtlich gefährlicher Abfälle allerdings ergeben sich die Nachweispflichten und Aufzeichnungspflichten des Abfallsammlers nicht aus § 3, sondern aus den darin verwiesenen spezielleren Regelungen der §§ 5 bis 7 der Verordnung.

Unter der Überschrift "Begleitscheinsystem" ordnet § 5 Abs.1 der Verordnung an, daß (auch) der Sammler von gefährlichen Abfällen die Art, Menge, Herkunft und Verbleib solcher Abfälle durch Begleitscheine (die auf Verordnungsstufe als Formblatt determiniert sind) UND durch fortlaufende Aufzeichnungen auf Grund dieser Begleitscheine nachzuweisen hat.

Die Übertretung der Gebotsnorm des § 5 Abs.1 der Verordnung wird im vorgelegten Fall dem Berufungswerber als Verwaltungsübertretung angelastet.

5.2. Mit ihrer Spruchformulierung zielt jedoch die belangte Behörde am hier maßgeblichen Tatbestand vorbei. Sie wirft dem Berufungswerber nämlich nur vor, hinsichtlich der im einzelnen aufgezählten gefährlichen Abfälle deren Art, Menge, Herkunft und Verbleib nicht "durch Begleitscheine nachgewiesen" zu haben.

Dieser Vorwurf kann jedoch den Tatbestand nicht erfüllen.

Gemäß ausdrücklicher Verordnungsvorschrift sind nämlich die genannten Nachweise nicht nur durch das bloße Vorhandensein der ausgefüllten Begleitscheine, sondern zusätzlich ("und") durch fortlaufende Aufzeichnungen auf Grund dieser Begleitscheine zu führen.

5.3. Damit aber hat die belangte Behörde den Berufungswerber im Spruchpunkt c) des bekämpften Straferkenntnisses die Erfüllung eines Tatbestandes angelastet, der in dieser wesentlich verkürzten - Fassung keine Verwaltungsübertretung bildet.

Diesen Mangel hat auch schon die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. März 1992 (als erste Verfolgungshandlung auch zum Spruchpunkt c)) aufgewiesen.

Eine Verbesserung des dadurch inhaltlich rechtswidrigen Schuldspruchs war dem unabhängigen Verwaltungssenat deswegen nicht zugänglich, weil es sich vorliegend nicht um die Verdeutlichung von bloß nicht deutlich genug formulierten Tatbestandselementen (vgl. VwGH v. 28.6.1988, 88/04/0047), sondern um einen von vornherein wesentlich unvollständig vorgeworfenen Tatbestand handelt.

5.4. Es war daher das Straferkenntnis im Spruchpunkt c) aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweite Alternative VStG einzustellen.

6. Bei diesem Ergebnis war auf die Begründung der Berufung nicht mehr einzugehen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

(Über den Spruchpunkt a) des Straferkenntnisses vom 27.

Oktober 1992 ist mit h. Erkenntnis vom 24.1.1994, VwSen-210040/13/Ga/La, entschieden worden.

Festgehalten wird auch, daß die anwaltliche Vertretung des Berufungswerbers noch während des beim unabhängigen Verwaltungssenat behängenden Berufungsverfahrens einvernehmlich beendet worden ist.) Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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