Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210044/2/Ga/Hm

Linz, 11.12.1992

VwSen - 210044/2/Ga/Hm Linz, am 11. Dezember 1992 DVR.0690392 - &

B e s c h l u ß

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dr. J in gegen den die Beschlagnahme von Gegenständen anordnenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 4. November 1992, Zl. BauR96/17/1992/B, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid über die Beschlagnahme aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 39 Abs.1 und Abs.6, § 51 und § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem eingangs zitierten verfahrensrechtlichen Bescheid die (endgültige) Beschlagnahme bestimmter Werkzeuge und Materialien angeordnet; diese Werkzeuge und Materialien sind vorher auf einer in der Gemeinde Treubach gelegenen, dem Berufungswerber als Bauherr zugerechneten Baustelle von Organen des Gendarmeriepostens Mauerkirchen vorläufig in Beschlag genommen worden.

1.2. Gegen diesen dem Berufungswerber am 5. November 1992 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 10. November 1992 - und damit rechtzeitig - durch Postbeförderung eingebrachte Berufung.

2.1. Den angefochtenen Beschlagnahmebescheid begründet die belangte Behörde im wesentlichen so: Es stehe fest, daß der Berufungswerber ein im Sinne der O.ö.Bauordnung bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt habe; im Ergebnis seien "somit die Voraussetzungen für die Anwendung des § 39 Abs.1 VStG" vorgelegen.

2.2. Der Berufungswerber bekämpft mit seiner Eingabe die Beschlagnahme nicht direkt. Vielmehr bringt er vor, daß er sich im Zusammenhang mit von ihm beabsichtigten Baumaßnahmen an einem ihm gehörigen, ehemaligen Gasthof durch verschiedene Stellen, vor allem aber durch die örtliche Baubehörde ungerecht und repressiv behandelt fühle. Insgesamt muß jedoch diese Eingabe, die zugleich auch offensichtlich als schriftliche Rechtfertigung in dem von der belangten Behörde gegen ihn wegen unbefugter Bauführung eingeleiteten Strafverfahren eingebracht wurde, als eine im Sinne des § 63 Abs.3 AVG (iVm § 24 VStG) zulässige Berufung deswegen angesehen werden, weil der Berufungswerber in einer gerade noch ausreichenden Weise erkennen läßt, daß er die Voraussetzungen für die Beschlagnahme für nicht gegeben hält; davon in vertretbarer Weise ableitbar, ersucht er um "Hilfe für dieses Problem". Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wertet das Vorbringen des Berufungswerbers als einen im Sinne des Gesetzes begründeten Berufungsantrag.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn - als nunmehr belangte Behörde - hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Verfahrensakt, jedoch ohne Gegenäußerung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 30. November 1992 vorgelegt. Dieser ist, wenngleich der Spruch keine örtliche Fixierung der Beschlagnahme selbst enthält, als Berufungsbehörde gegen den bekämpften verfahrensrechtlichen Bescheid deswegen auch örtlich zuständig, weil der gemäß § 51 Abs.1 VStG (hier: in sinngemäßer Anwendung) die Zuständigkeit bestimmende Beschlagnahmeort in Beachtung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 16.10.1991, G 187/91-10 uaZ.) wenigstens aus der Bescheidbegründung in Zusammenschau mit der Einleitung des Bescheides eruiert werden kann.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu Zl. BauR96/17/1992/B. Schon daraus war ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 39 Abs.1 VStG kann, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die als Strafe der Verfall von Gegenständen vorgesehen ist, die für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens sachlich und örtlich zuständige Behörde in einem (verfahrensrechtlichen) Bescheid zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen. Die Beschlagnahme ist daher nur zulässig, wenn 1. der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, die 2. nach der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift mit der Strafe des Verfalls bedroht ist und 3. die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls offenkundig notwendig ist.

Gegen den die Beschlagnahme anordnenden Bescheid steht dem betroffenen Verfügungsberechtigten in sinngemäßer Anwendung des § 51 VStG Berufung an den örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat zu; die Berufung hat aber gemäß § 39 Abs.6 VStG keine aufschiebende Wirkung.

5.2. § 68 Abs.3 der O.ö.Bauordnung ist nun eine solche, von § 39 Abs.1 VStG vorausgesetzte und im vorliegenden Fall in Betracht kommende Verwaltungsvorschrift. Sie ermächtigt die Strafbehörde dazu, bei einer, nach durchgeführtem Verwaltungsstrafverfahren festgestellten Übertretung gemäß § 68 Abs.1 lit. b O.ö.BauO. (im wesentlichen: als Bauherr Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne rechtskräftige Baubewilligung), den Verfall solcher Baustoffe, Werkzeuge und Baueinrichtungen auszusprechen, die bei der strafbaren Handlung verwendet wurden oder am Ort der Bauführung für die strafbare Bauausführung bereitgestellt waren.

5.3. Der Spruch des bekämpften Beschlagnahmebescheides lautet wörtlich:

"Gemäß § 39 Abs.1 VStG 1991 wird die Beschlagnahme der durch die Gendarmerie Mauerkirchen vorläufig sichergestellten Werkzeuge und Materialien (siehe beiliegendes Verzeichnis) angeordnet".

Diesem Spruch fehlt jegliche Aussage darüber, welcher von der Beschlagnahmebehörde als vorliegend angenommene Verdacht welcher Verwaltungsübertretung voraussetzungsgemäß die Beschlagnahme überhaupt veranlaßt hat. Aber auch den Ausspruch, daß die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls notwendig gewesen ist, enthält der Spruch nicht.

5.3.1. Ein Spruch eines Beschlagnahmebescheides mit einem derart verkürzten Inhalt ist dem Spruchtorso eines Straferkenntnisses vergleichbar, der nichts anderes enthält als den Ausspruch der Strafe, aber entgegen der Vorschrift des § 44a VStG Z.1 gänzlich verschweigt, welche als erwiesen angenommene Tat überhaupt zur Bestrafung geführt hat. In dieser rudimentären Formulierung ist der Spruch des bekämpften Beschlagnahmebescheides gesetzwidrig, weil er keines der drei rechtserheblichen Tatbildmerkmale enthält (s. VwGH vom 21.4.1971, 1139/79). Dieser Spruch greift darüber hinaus aber auch in die grundrechtlich geschützte Rechtssphäre des Berufungswerbers deswegen ein, weil er ihn als (nach dem Akteninhalt vermuteten und offensichtlichen) Eigentümer der beschlagnahmten Gegenstände in seiner Verfügungsmacht über eben diese Gegenstände in einer Weise einschränkt, die mit dem grundrechtlich verbürgten Eigentumsschutz völlig unvereinbar ist. Ein so formulierter, ausdrücklich auf § 39 Abs.1 VStG gestützter Beschlagnahmeausspruch unterstellt eben dadurch dieser Gesetzesermächtigung, würde sie demgemäß eine Beschlagnahme ohne Angabe des Grundes und ihrer Notwendigkeit ermöglichen, einen verfassungswidrigen Inhalt (vergleichbar: VfGH vom 27.9.1988, B 159/88).

5.3.2. An diesem Befund ändert nichts, daß im Spruch auf ein "beiliegendes" Verzeichnis verwiesen ist, weil durch diese Art der Verweisung das Verzeichnis weder zu einem Bestandteil des Spruchs geworden ist, noch das (im Akt einliegende) Verzeichnis selbst erkennen läßt, aus welchem Verdacht welcher Verwaltungsübertretung Geräte und Materialien vorläufig beschlagnahmt worden sind.

5.3.3. Auch daß in der Begründung des angefochtenen Beschlagnahmebescheides die Bezugnahme zu § 68 Abs.3 O.ö.BauO. hergestellt ist, mindert die Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht. Über Grund und Notwendigkeit der Beschlagnahme muß schon im Bescheidspruch selbst abgesprochen sein. Davon abgesehen ist der erste Absatz der Begründung für sich schon rechtswidrig, weil er eine erwiesene zugrundeliegende Tatbegehung vorwegnimmt. Ob nämlich der Berufungswerber ein bewilligungspflichtes Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung tatsächlich ausgeführt hat, dies kann im Rechtssinne allenfalls erst nach durchgeführtem und mit Straferkenntnis abgeschlossenem Verwaltungsstrafverfahren "feststehen". Die vorliegende Formulierung in diesem Absatz bedeutet eine unzulässige Vorwegnahme des Ergebnisses eines erst zu führenden Verwaltungsstrafverfahrens. Zum einen ist daher für eine Feststellung dieser Art im gegebenen Zusammenhang die Beschlagnahmebehörde funktionell unzuständig, zum anderen genügt für die Beschlagnahme eben schon der, freilich zu begründende Verdacht der Verwaltungsübertretung; bei bereits feststehender, d.h. erwiesener Verwaltungsübertretung kann ohnehin bereits der Verfall selbst ausgesprochen werden.

5.3.4. Gemäß der Darstellung im letzten Absatz der Begründung "lagen somit die Voraussetzungen für die Anwendung des § 39 Abs.1 VStG vor". Tatsächlich ist im einzelnen nicht begründet, warum die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Beschlagnahme als erfüllt angesehen hat. Möglicherweise hat die belangte Behörde den im Strafverfahrensakt einliegenden Bericht des Bürgermeisters der Gemeinde Treubach vom 27. Oktober 1992 als Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme gewertet. In diesem Bericht wird Klage darüber geführt, daß der Berufungswerber trotz mehrmaliger schriftlicher Aufforderung baubehördliche Bewilligungen nicht beantrage, daß er baupolizeiliche Aufträge nicht beachte, daß er trotz bescheidförmiger Untersagung der Fortführung der Bauausführung die Bauarbeiten nicht eingestellt habe, daß er die Einschaltung der Gendarmerie nicht beachte und daß er bereits mehrere bewilligungspflichtige Bauten ohne Bewilligung errichtet habe; aus all diesen Gründen äußert der Bürgermeister der Gemeinde Treubach die Ansicht, daß "nunmehr eine entsprechende Bestrafung angebracht" sei. Den Ausspruch des Verfalls gemäß § 68 Abs.3 O.ö.BauO. regt der Bürgermeister nicht an; er berichtet auch nicht, daß er dem Berufungswerber bereits den ihm möglicherweise drohenden Verfall von Werkzeugen und Materialien vorgehalten hätte, etwa in der Absicht und Hoffnung, ihn durch einen solchen Vorhalt endlich zu einem gesetzestreuen Verhalten bewegen zu können. Diesem einer Anzeige vergleichbaren Vorbringen der örtlichen Baubehörde kann somit weder ein direkter noch ein indirekter Hinweis dafür entnommen werden, daß der Berufungswerber aktuell vorgehabt hätte, allenfalls verfallsbedrohte Gegenstände beseitigen und dadurch Verfallsmaßnahmen vereiteln zu wollen. Auch die gleichfalls im Akt einliegende Anzeige des GPK Mauerkirchen vom 28. Oktober 1992 enthält keinerlei Hinweis, daß der tatverdächtige Berufungswerber vor der Beschlagnahme mit einem Vorhalt eines u.U. möglichen bzw. drohenden Verfalls konfrontiert worden wäre. Nur aber dann, wenn das Ermittlungsverfahren ausreichende Indizien auf eine nicht nur abstrakt zu befürchtende Beseitigungs- bzw. Vereitelungsgefahr erbracht hätte, hätte davon ausgegangen werden dürfen, daß die Beschlagnahme "zur Sicherung des Verfalls" (und zwar ausschließlich dafür; nicht also nur zur indirekten Erzwingung der Beachtung baupolizeilicher Anordnungen) notwendig ist. Nach der Aktenlage ist somit die Annahme einer derartigen, die bescheidförmige Beschlagnahme rechtfertigenden Beseitigungs- bzw. Verteilungsgefahr weder dokumentiert, noch wäre eine solche Annahme berechtigt gewesen. In diesem Sinne ist nicht einmal ein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, daß die für die am 28. Oktober 1992 durchgeführte vorläufige Beschlagnahme gemäß § 39 Abs.2 VStG vorauszusetzen gewesene "Gefahr in Verzug" (u.zw. als Befürchtung, daß sonst eine behördliche Anordnung der Beschlagnahme zu spät käme, s. Kurt RINGHOFER, Verwaltungsverfahren II, Manz 1992, Seite 348, Anm.5) gegeben war.

6. Im Ergebnis war der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Beschlagnahmebescheid wegen Rechtswidrigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

7. Die Veranlassung der unverzüglichen Freigabe der beschlagnahmten Werkzeuge und Materialien obliegt der belangten Behörde.

8. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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