Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210046/6/Ga/La

Linz, 21.02.1994

VwSen-210046/6/Ga/La Linz, am 21. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des K T in R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 20. November 1992, Zl. BauR96-10-1991, wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung - O.ö. BauO, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruchs keine Folge gegeben und das Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß a) der zweite Satz des Spruchs wie folgt zu beginnen hat: "Dennoch wurden die Arbeiten durch die FM F GmbH als Bauherr zumindest ...."; b) das Spruchelement gemäß § 44a Z2 VStG (die durch die Tat verletzten Rechtsvorschriften) wie folgt zu lauten hat: "§ 68 Abs.1 lit.e der O.ö. Bauordnung iVm dem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Ried im Innkreis vom 19. November 1991, Zl. Bau R1-153-0/130/89/Ing.Rans/ha".

II. Hinsichtlich des Ausspruchs über die Strafe wird der Berufung teilweise stattgegeben: Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf zwölf Stunden herabgesetzt.

III. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 44a Z2, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2 VStG.

Zu III.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Übertretung des § 68 Abs.1 lit.e iVm Abs.2 O.ö. BauO schuldig erkannt: Er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der FM F GmbH in R, zu verantworten, daß die genannte Gesellschaft, obwohl ihr mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt R vom 19. November 1991, Zl. Bau R1-153-0/130/89/Ing.Rans/ha, die Fortsetzung der Bauarbeiten zur Errichtung einer LKW-Abstellhalle auf dem Grundstück Nr. und bis zur Beseitigung der am 18. November 1991 festgestellten Abweichungen von dem mit Bescheid des Bürgermeisters vom 28.

Mai 1991 genehmigten Projekts untersagt worden ist, die Arbeiten dennoch zumindest bis zum 30. November 1991 fortgesetzt habe, indem die Stahlträger durch durchlaufende Holzpfetten stabilisiert worden seien; deswegen wurde über den Berufungswerber gemäß § 68 Abs.2 O.ö. BauO eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: eine Woche) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Stattgebung eingebrachte Berufung.

Der Rechtsmittelwerber bringt vor, er habe sich an den von der Baubehörde verfügten Baustopp sehr wohl gehalten und habe in seiner Rechtfertigung vom 3. Februar 1992 die ihm angelastete Verwaltungsübertretung entgegen der Darstellung im Straferkenntnis nicht eingestanden; nämlich nur um einen verhältnismäßig großen finanziellen Nachteil hintanzuhalten und drohende Gefahr für Leib und Leben der Arbeitnehmer der Gesellschaft abzuwenden, habe er sich an die (der Berufungsschrift in Kopie beigelegte) "Vorschrift" der bauausführenden Firma, die Stahlkonstruktion mit durchlaufenden Holzpfetten zu verbinden, gehalten; er hätte gar keine Möglichkeit gehabt anders zu handeln, weil das einschreitende Organ der Baupolizei nicht bereit gewesen sei, das Risiko im Falle eines Auskippens der Stahlträger zu übernehmen; es sei nun ein Leichtes für die Behörde, im nachhinein zu behaupten, es hätte keine statischen Probleme gegeben.

Die Berufung ist zulässig.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und hat das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der Berufung hat sie sich nicht geäußert.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat stellt nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den vorgelegten Strafakt zu Zl. BauR 96-10-1991 sowie unter Einbeziehung der Berufungsbegründung den im Schuldspruch dargestellten Sachverhalt als erwiesen und als maßgebend auch für das h.

Erkenntnis fest. Dieser Sachverhalt (P. 1.1.) ist von der Aktenlage gedeckt und wird als solcher vom Berufungswerber nicht bestritten.

Hingegen verteidigt sich der Berufungswerber mit rechtlichen Argumenten. Sein gesamtes Vorbringen ist erkennbar auf den Einwand des entschuldigenden Notstandes gerichtet.

Im Hinblick auf die ausreichend geklärte Sachlage einerseits und das Verteidigungsvorbringen des Berufungswerbers andererseits war von einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung abzusehen; sie wurde auch nicht beantragt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Berufungswerber gibt zwar an, daß er entgegen der Darstellung der belangten Behörde die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in seiner Rechtfertigung vom 3.

Februar 1993 nicht eingestanden, sondern im Gegenteil angegeben habe, daß er sich an den von der Baubehörde verfügten Baustopp gehalten habe.

In einem scheinbaren Gegensatz dazu steht das weitere Vorbringen des Berufungswerbers, das unzweifelhaft darauf gerichtet ist, den Entschuldigungsgrund des Notstandes einzuwenden. Die Berufung auf Notstand ist jedoch rechtlich sinnvoll nur dann, wenn die Tat selbst nicht bestritten wird. Tatsächlich kann in einer verständigen Würdigung der Berufungsbegründung das Anliegen des Rechtsmittelwerbers sinnvoll nur so gedeutet werden, daß er zwar die Tat, nämlich: rechtswidrige Fortsetzung der Bauausführung trotz Vorliegens eines wirksamen Untersagungs-Bescheides, in Wahrheit nicht bestreitet, sich jedoch mit Berufung auf Notstand iSd § 6 VStG als exkulpiert erachtet.

Nur darauf braucht eingegangen zu werden.

4.2. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat ua. dann nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt ist. Dieser sei nach Meinung des Berufungswerbers deswegen vorgelegen, weil ohne Fortführung der Bauausführung durch Verbindung der Stahlkonstruktion mit durchlaufenden Holzpfetten hätte er, wie ihm auch die bauausführende Firma schriftlich bestätigt habe, einen "verhältnismäßig großen" finanziellen Nachteil nicht verhindern und drohende Gefahr für Leib und Leben der Arbeitnehmer nicht abwenden können; die Zwangslage sei dadurch verstärkt worden, daß auch das Organ der Baupolizei zur Übernahme des Risikos nicht bereit gewesen sei.

4.3. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß damit die rechtswidrige, wesentliche Planabweichung vom ursprünglich genehmigten Bauvorhaben selbst (wodurch erst der Untersagungs-Bescheid des Bürgermeisters vom 19. November 1991 veranlaßt worden ist) nicht gerechtfertigt werden kann.

Darüber hinaus aber hätte sich der Berufungswerber, selbst wenn wirklich in der Folge ein Notstand eingetreten wäre, durch eigenes Verschulden in diese Zwangslage versetzt, indem er ohne Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abgewichen ist. Eine durch schuldhaftes, strafbares Verhalten herbeigeführte nachfolgende Zwangslage des Täters kann jedoch nicht als Notstand iSd § 6 VStG gewertet werden (vgl. VwGH v.

2.10.1973, Z. 100/73).

4.4. Im übrigen ist der Berufungswerber noch darauf hinzuweisen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein befürchteter finanzieller Schaden für die Begründung einer entschuldigenden Zwangslage grundsätzlich nur dann herangezogen werden kann, wenn dadurch die Lebensführung des Täters selbst und unmittelbar bedroht ist.

Auch die geltend gemachte drohende Gefahr für Leib und Leben muß unmittelbar und gegenwärtig (nicht also nur demnächst unter Umständen eintretend) die Zwangslage schon bewirkt haben. Davon kann jedoch in diesem Fall nach der Aktenlage und dem Berufungsvorbringen nicht die Rede sein. So geht schon aus dem Zeitablauf hervor, daß einer gegenwärtig lebensbedrohenden Gefahrenlage nicht entgegengewirkt werden mußte, weil zwischen Baueinstellung am 19. November 1991 und unerlaubter Fortführung der Bauausführung am 30. November 1991 (an diesem Tage wurde mit der Holzpfettenmontage begonnen) immerhin elf Tage liegen.

Auch das vom Berufungswerber vorgelegte Schreiben der bauausführenden Firma vom 27. November 1991 führt zu keiner anderen Beurteilung. Dort wird ausgeführt: "In dem gesamten Konzept der Konstruktion ist berücksichtigt, daß die Stahlträger durch durchlaufende Holzpfetten verbunden werden. Es ist nun unumgänglich notwendig, diese Holzpfetten ehestmöglich zu montieren, um die Stahlkonstruktion zu stabilisieren." Mit dieser Mitteilung wird zwar auf gewisse technische Besonderheiten der Konstruktion hingewiesen, jedoch entgegen der erkennbaren Auffassung des Berufungswerbers eine unmittelbar gegenwärtige, zu sofortigen Abwehrmaßnahmen zwingende Gefahrensituation im Sinne des hier anzulegenden Verständnisses des Notstandes gemäß § 6 VStG konkret nicht dargetan.

5.1. Bei der unter I.a) verfügten Änderung des Spruchs (Klarstellung, daß die Gesellschaft als Bauherr die Bauausführung fortgesetzt hat) handelt es sich nicht um eine im Grunde des § 44a Z1 VStG verpönte Modifikation der Tat, sondern - unter Bindung an die dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorliegende Sache - um die Verdeutlichung eines bloß nicht deutlich genug formulierten, jedoch im Straferkenntnis insgesamt hinreichend belegten Tatbestandselements (vgl. VwGH v. 28.6.1988, 88/04/0047 ua.).

5.2. Die unter I.b) verfügte Änderung des Spruchs dient der im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gebotenen Richtigstellung des Spruchelements gemäß § 44a Z2 VStG (vgl.

VwGH v. 23.11.1993, 93/04/0149).

Zu II.:

1.1. Der Berufungswerber hat weder die Höhe der gegen ihn verhängten Geldstrafe bekämpft noch sonst sich in irgendeiner Weise gegen die Strafbemessung durch die belangte Behörde gewendet.

Daraus ist abzuleiten, daß der Berufungswerber für den Fall einer Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses sich durch das Ausmaß der verhängten Geldstrafe nicht ungebührlich belastet empfindet.

1.2. Tatsächlich hat die belangte Behörde bei der Bemessung der Geldstrafe die Grundsätze des hiefür beachtlichen § 19 VStG offensichtlich beachtet. Entgegen ihrer in der Begründung dargelegten Ansicht, ist jedoch die mit 5.000 S festgesetzte Geldstrafe im Hinblick auf den von der belangten Behörde offenbar angenommenen hohen Unrechtsgehalt der Tat, die offenbar erfolgte Bedachtnahme auf wenigstens durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers, weiters auf die ausdrücklich ins Treffen geführten Abschreckungszwecke der Geldstrafe, auf die zu unterstellende Bedachtnahme auf den bis zur Höchststrafe von 300.000 S reichenden Strafrahmen und schließlich auf den berücksichtigten Erschwerungsgrund von drei einschlägigen Verwaltungsvorstrafen bei gleichzeitigem Nichtvorhandensein von Milderungsgründen keineswegs als hohe Geldstrafe zu bezeichnen. Vielmehr ist unter den angegebenen Umständen das verhängte Ausmaß als ungewöhnlich mild und insofern als mit der Begründung in Widerspruch stehend zu bezeichnen.

2. In auffälligem Kontrast zu dieser milden Geldstrafe steht das mit immerhin 50 % der (hier) höchstmöglichen Freiheitsentzugsdauer festgesetzte Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche.

Da dem unabhängigen Verwaltungssenat als Strafberufungsinstanz eine dem festgesetzten Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe entsprechende Hinaufsetzung der Geldstrafe wegen des Peiorationsverbots nicht möglich ist, muß umgekehrt die Ersatzfreiheitsstrafe so herabgesetzt werden, daß sich darin - die nur bei der Verhängung der Geldstrafe zu berücksichtigen gewesene Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers weggerechnet - der in der milden Geldstrafe eben zum Ausdruck kommende Unrechts- und Schuldgehalt der Tat adaequat widerspiegelt.

3. Es war daher insbesondere auch unter Bedachtnahme auf den Strafrahmen die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwölf Stunden herabzusetzen. Die Geldstrafe hingegen war zu bestätigen.

Zu III.:

Der Ausspruch über den Entfall des Beitrages zu den Verfahrenskosten vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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