Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210075/2/Ga/Fb

Linz, 02.08.1994

VwSen-210075/2/Ga/Fb Linz, am 2. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Y A E N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. Mai 1993, Zl. UR96/5/1993-3/93/Men, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall und Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach § 12 Abs.2 iVm § 39 Abs.1 lit."e" (gemeint: lit.c) Z3 AWG schuldig erkannt und deswegen mit einer Geldstrafe in der Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig bestraft, weil er am 20. März 1993 auf einer Grünfläche an einer bestimmt bezeichneten Stelle neben der K Bezirksstraße einen näher beschriebenen, nicht mehr fahrtüchtigen PKW abgestellt habe, anstatt diesen einem zur Rücknahme Befugten oder Verpflichteten zu übergeben.

2. Über die gegen dieses Straferkenntnis mündlich bei der Strafbehörde erhobene, ohne Gegenäußerung mit dem Bemerken, daß eine Berufungsvorentscheidung "als nicht notwendig erachtet" werde, vorgelegte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Im Verwaltungsstrafverfahren hat nach der Vorschrift des § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dies bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw.

Entscheidungspraxis des unabhängigen Verwaltungssenates unter anderem, daß im Spruch des Straferkenntnisses die Tat dem Beschuldigten in so konkretisierter - entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erfordernde - Umschreibung vorgeworfen werden muß, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und weiters der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es hat daher der Bescheidspruch alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des Tatverhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, zu enthalten.

2.2. Wesentliches Sachverhaltsmerkmal im Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses (und damit übereinstimmend auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. April 1993 als erste Verfolgungshandlung) ist der Vorwurf, daß der Berufungswerber seinen nicht mehr fahrtüchtigen PKW abgestellt habe.

"Abstellen" jedoch bezeichnet als Tatvorwurf keine Handlungsweise, der im Lichte der Übertretungstatbestände des § 39 AWG, aber auch nicht im Lichte der von der belangten Behörde im Straferkenntnis als verletzt angenommenen Gebotsnorm des § 12 Abs.2 AWG Relevanz zukäme. Ein mit dieser Wortwahl formulierter Tatvorwurf erfüllt in keiner Weise ein Merkmal der vom § 39 Abs.1 lit.c Z3 AWG ins Auge gefaßten 'Abfallentsorgung'. Was mit diesem Gesetzesbegriff gemeint ist, ist im § 1 Abs.2 Z3 AWG abschließend umschrieben (vgl.

hiezu auch die Erläuterungen zu diesem Begriff in 1274 BlgNR XVII. GP, 28 Z7).

2.3. Mit einem entgegen der Vorschrift des § 44a Z1 VStG derart unbestimmt gebliebenen, weil den Übertretungstatbestand in einem entscheidenden Merkmal gänzlich verfehlenden Tatvorwurf ist im Berufungsfall die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist nicht unterbrochen worden.

Weil durch diese Fehlanlastung der Berufungswerber im Sinne der hiezu ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in seinen Rechten verletzt worden ist, war das Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben; gleichzeitig war die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil zum einen die so angelastete Tat keine Verwaltungsübertretung bildet und zum anderen Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

3. Bei diesem Ergebnis war weder auf die Berufungsbegründung einzugehen noch die von der belangten Behörde dem bekämpften Straferkenntnis zugrundegelegte rechtliche Beurteilung umfänglich zu prüfen. Der unabhängige Verwaltungssenat hält jedoch fest, daß die Unterordnung eines PKW-Wracks unter den Begriff des Problemstoffes iSd § 2 Abs.6 AWG rechtlich verfehlt ist. PKW-Wracks sind keine Abfälle, die im Sinne dieser Begriffsbestimmung in einem privaten Haushalt üblicherweise, dh. als regelmäßig auftretendes Phänomen alltäglicher Lebenssachverhalte, anfallen (vgl. hiezu auch die auf der Grundlage der ausdrücklichen Ermächtigung des § 2 Abs.7 AWG erlassene Verordnung, BGBl.Nr. 771/1990, und die darin bezogenen ÖNORMEN sowie die entsprechenden, vom Amt der o.ö. Landesregierung jeweils weitergegebenen Erlässe des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie).

Davon abgesehen enthält der Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses - neuerlich entgegen der Vorschrift des § 44a Z1 VStG - keinerlei wesentliche Sachverhaltselemente, aus denen zwingend auf die Abfalleigenschaft des "abgestellten" PKW's geschlossen werden könnte. Die nicht mehr gegeben gewesene Fahrtüchtigkeit genügt diesbezüglich nach den Umständen des Falles weder aus dem Blickwinkel des § 2 Abs.1 Z1 AWG noch aus jenem der Z2 dieser Vorschrift. Dies insbesondere deswegen, weil die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses - entgegen der Vorschrift des § 58 Abs.2 und § 60 AVG (iVm § 24 VStG) - hinsichtlich der Abfalleigenschaft weder zum maßgebenden Sachverhalt noch zur rechtlichen Beurteilung irgendwelche näheren Ausführungen, die zur Interpretation des undeutlich gebliebenen Schuldspruchs dienlich sein könnten (vgl. VwGH 21.10.1985, 85/02/0139) enthält. Mit der bloßen Fahruntüchtigkeit für sich allein kann die Rechtsfrage nach der Erfüllung entweder des subjektiven oder des objektiven Abfallbegriffs nicht jedenfalls nicht mit der im Verwaltungsstrafrecht zu verlangenden Bestimmtheit - beantwortet werden.

4. Die Aufhebung und Einstellung haben auf der Kostenseite die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zum Strafverfahren zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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