Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210080/6/Lg/Bk

Linz, 20.07.1994

VwSen-210080/6/Lg/Bk Linz, am 20. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Dipl.Ing. R F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 19. April 1993, Zl. MA 11-BauR-1296-1992a Gn/Ru, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde und des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 31 Abs.1 und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. In dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafen von je 3.000 S (zwei Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Tagen) verhängt, weil in der Zeit vom 9. Juli 1992 bis zum 14. August 1992 bei einem näher bezeichneten Objekt von einem mit näher bezeichnetem Bescheid genehmigten Bauvorhaben in baubewilligungspflichtiger Weise abgewichen wurde, und zwar durch vier näher beschriebene Baumaßnahmen. Bestraft wurde der Berufungswerber unter Anwendung der §§ 68 Abs.1 lit.b, 53 Abs.2 lit.a, 41 Abs.1 lit.d und 68 Abs.2 O.ö. BauO. und zwar einerseits als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Firma, die als Bauherr aufgetreten war (Spruchpunkt 1), andererseits als handelsrechtlicher Geschäftsführer jener Firma, die als Bauführer aufgetreten war (Spruchpunkt 2).

2. In der dagegen erhobenen Berufung wird ua die Verjährung des Delikts geltend gemacht.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

3.1. Nach der Aktenlage kommt als einzige Verfolgungshandlung die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. Juli 1992 in Betracht. Darin wurden dem Berufungswerber "zur Zeit Bauführungen ohne rechtskräftige Baubewilligung" vorgeworfen und hinzugefügt, daß mit näher bezeichnetem Bescheid genehmigte Planänderungen nicht rechtskräftig seien und mit der Bauführung bereits begonnen worden sei, ohne im Besitz einer rechtskräftigen Baubewilligung zu sein. Es liege daher eine Verwaltungsübertretung gemäß § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO.

vor.

3.2. Eine die (hier sechsmonatige - § 31 Abs.2 VStG) Verfolgungsverjährungsfrist unterbrechende Verfolgungshandlung muß - neben anderen Bestimmtheitsanforderungen - wegen eines bestimmten Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert, daß die Verfolgungshandlung (hier: die Aufforderung zur Rechtfertigung an den Berufungswerber) die Tat ua in dem Sinn ausreichend zu konkretisieren hat, daß sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 1990, S 880 f).

3.3. Gemäß § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauherr oder Bauführer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung oder vor rechtskräftigem Abschluß des Vorstellungsverfahrens gegen die Baubewilligung auszuführen beginnt, ausführt oder ausgeführt hat oder ohne rechtskräftige Baubewilligung oder vor rechtskräftigem Abschluß des Vorstellungsverfahrens gegen die Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abweicht oder abgewichen ist.

3.4. Die vorliegende Aufforderung zur Rechtfertigung erfüllt die unter 3.2. genannte Voraussetzung nicht. Geht man davon aus, daß dem Beschuldigten die Tatbestandsalternative der konsenslosen Abweichung von einem bewilligten Bauvorhaben vorgeworfen werden sollte (was wegen der textlichen Fassung nicht ganz klar ist), so fehlt diesem Vorwurf das Sachverhaltselement der Bewilligungspflichtigkeit der Abweichung. Dem Berufungswerber wurde insbesondere auch nicht konkret angelastet, durch welche Maßnahmen er von der Baubewilligung abgewichen sein soll (zur Bedeutung dieses Sachverhaltselements für die Konkretisierung der Tat vgl etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.

April 1990, Zl. 89/05/0211). Aus der Erwähnung eines Planänderungen genehmigenden Bescheids ist weder zwingend erschließbar, daß die vorgeworfenen Abweichungen mit den genannten Planänderungen identisch sein sollen, noch ist selbst dann, wenn man die Planänderungen mit den vorgeworfenen Abweichungen grundsätzlich gleichsetzt, klargestellt, welche der mehreren (nicht rechtskräftig) bewilligten Abweichungen der Berufungswerber vorgenommen haben soll. Im übrigen fehlt in der Aufforderung zur Rechtfertigung jeder Hinweis darauf, daß der Berufungswerber (über verschiedene Firmen) sowohl als Bauherr als auch als Bauführer zur Rechenschaft gezogen werden soll; keiner dieser Sachverhaltselemente wurde erwähnt.

4. Da die einzige in Betracht kommende Verfolgungshandlung die Verfolgungsverjährung nicht unterbrochen hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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